Schwarz-Blau will die Umverteilungsspirale von Reichtum und Lebenschancen noch schneller hin zu den ohnehin Privilegierten in Bewegung setzen. Statt „Selbstbestimmung über das Leben“, steht bei ihnen die sogenannte „Selbstverantwortung“ im Mittelpunkt. Die „Selbstverantwortung“ ist dabei eine ebensolche Demagogie, wie die permanente Inszenierung von MigrantInnen als Ursache der sozialen Probleme.
Verstärkte Ausbeutung der Arbeit wie durch den 12 Stunden Tag oder die Zurückdrängungen von Kollektivverträgen und Arbeitsschutzbedingungen wird von der Kürzung bei den Sozialausgaben begleitet. Eine wichtige Rolle kommt dabei, wenn es nach der Regierung geht, Frauen aus der Arbeiterklasse zu – sie sollen die Lücke im Sozialsystem füllen.
Die gegebenen sozialen und ökonomischen Umstände – die nun bewusst politisch vorangetrieben werden – beeinflussen die Beziehung zwischen den Geschlechtern und bestärken die Vorstellung von Männern, Besitzansprüche gegenüber Frauen erheben zu können. Der Druck, der auf allen Menschen, die in diesem System leben, lastet, entlädt sich innerhalb in der Familie und führt zu vermehrter Gewalt gegen Frauen.
Die Rolle der Frau wird im Regierungsprogramm „in der Erziehung, Pflege, Bildung, Wirtschaft, Umwelt oder in ehrenamtlichen Tätigkeiten“ gesehen. Frauen sollen also einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, durch aufopferungsvolle, unbezahlte Arbeit als treusorgende Mutter, Tochter und Ehefrau öffentliche Sozial-, Gesundheits- und Bildungsausgaben zu senken. Gesellschaftlich notwendige Arbeit sollen sie gratis erbringen. Dies soll in erster Linie im Rahmen der klassischen Kleinfamilie passieren, die als „die natürliche Keimzelle und Klammer für eine funktionierende Gesellschaft“ definiert wird.
Das alles exerzierte die oberösterreichische schwarz-blaue Landesregierung mit der Streichung der gratis Kinder-Nachmittagsbetreuung bereits vor. Dabei werden schon jetzt 80% der Pflegearbeit im Haushalt von Frauen durchgeführt, und in etwa 70% der Paarfamilien mit Kindern verdienen Frauen Teilzeit oder gar nicht, da sie Betreuungspflichten haben (dies geben 67% der Frauen zwischen 30 und 44 Jahren als Hauptgrund für Teilzeitarbeit an!). Der geplante „Familienbonus“ der Regierung verstärkt diesen Trend, da er hohe Einzeleinkommen, d.h. vor allem Einkommen von Männern, begünstigt.
Die offene ideologisch-kulturelle Frauenverachtung, typisch für den Burschenschafter und den gelernten Konservativen, wird heute in der Öffentlichkeit hintangehalten. Stattdessen präsentieren sich die männerbündlerischen Eliten als „Frauenversteher“. Diese interpretieren Gewalt gegen Frauen rassistisch und islamfeindlich, also als etwas, das ‚von außen‘ kommt. In diesem Zusammenhang sprechen sie von „Wertekursen“ und verbieten das Kopftuchtragen im öffentlichen Dienst. Dieselben Parteien, die erst kürzlich gegen den „Po-Grapsch“-Paragraphen stimmten, spielen sich als Retter des Abendlandes auf.
Andererseits wird die privilegierte Karrierefrau und –Mutter in Ministerrang oder Vorstand gerade unter der neuen Regierung auf die Titelseiten gehoben. Sie verkörpert das Idealbild der einfachen Vereinbarkeit von Beruf und Familie – ein Trugbild, das sich im alltäglichen Leben der Arbeiterklasse gerade unter den schlechter werdenden Bedingungen nicht wiederholen lässt. Die Sache der Befreiung der Frau ist untrennbar verknüpft mit der Befreiung der Arbeiterklasse aus den kapitalistischen Fesseln.
Um der Offensive der Regierung etwas entgegenzusetzen, schlagen wir vor, dass am Frauentag in den kommenden Jahren eine Großdemonstration – der Gewerkschaften, Jugendorganisationen, Frauenorganisationen etc. – gegen die Regierung organisiert wird, auf der Männer und Frauen; Menschen mit jeder Identität und sexuellen Orientierung gemeinsam und massenhaft demonstrieren. Proteste unter anderem in Polen, den USA und Spanien haben gezeigt, wie kraftvoll so eine Bewegung sein kann. Wer es mit der Sache der Befreiung der Frau ernst nimmt, setzt sich mit diesen Leuten nicht an einen Tisch, sondern führt den Kampf offen gegen sie und ihre Politik!
Dabei halten wir den reaktionären Vorhaben der Regierung ein klares Programm entgegen, das die Situation der Frauen der Arbeiterklasse real verbessern würde und tatsächliche Selbstbestimmung über Leben, Körper und Sexualität ermöglichen würde:
- Für flächendeckende öffentliche und kostenlose Kinderbetreuung ab dem Ende des Mutterschutzes!
- Für die öffentliche Finanzierung von Altenpflege in menschenwürdigen Altersresidenzen!
- Für wissenschaftlichen Sexualkundeunterricht ab der Volksschule, freie Verhütungsmittel und kostenlose, flächendeckende Möglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch
- Keine Bekleidungsvorschriften für Frauen, weder vom Staat noch durch die Familie!