Frauen spielten in der Russischen Revolution von 1917 eine zentrale Rolle. Die Machtübernahme der Arbeiterklasse ermöglichte ein noch nie dagewesenes Programm für die Befreiung der Frau und transformierte ihre Stellung in der Gesellschaft. Wir müssen von diesem Beispiel lernen, wenn wir es mit der Befreiung der Frau ernst meinen. Von S. Varela.
Im Jahr 1917 stürzte die Arbeiterklasse in Russland den herrschenden Zaren, enteignete die kapitalistischen Ausbeuter und begann mit dem Aufbau einer neuen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Die Frauen aus der Arbeiterklasse standen in dieser heldenhaften Revolution an vorderster Front. Die neue Sowjet-Regierung setzte sofort das umfassendste Programm zur Befreiung der Frau um, das die Geschichte je gesehen hatte.
Eine der ersten Maßnahmen der bolschewistischen Regierung war die komplette Gleichstellung der Frau vor dem Gesetz. Doch die Bolschewiki machten nicht bei dieser rein rechtlichen Anpassung halt, sondern wussten, dass sie die materiellen Verhältnisse fundamental verändern mussten, um wahre Befreiung zu erreichen.
Die lebendige Erfahrung des Bolschewismus zeigt eindrücklich: Durch den Klassenkampf und eine kommunistische Revolution wird die Befreiung der Frau möglich. Der Schlüssel zum Erfolg dieser Revolution lag darin, dass sich die Partei der Bolschewiki auf die revolutionären Ideen des Marxismus gestützt hat. Diese Lektionen müssen wir studieren.
Die Frau wird Teil der Arbeiterklasse
Vor der Revolution 1917 war Russland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern extrem unterentwickelt. Die große Mehrheit der Bevölkerung waren arme Bauern, beherrscht von Kirche und Großgrundbesitzern. Dies traf besonders die Frauen. Im zaristischen Russland galten Frauen als Besitz der Männer. Sie waren nicht mehr als ihre Sklaven. Die wenigsten hatten Zugang zu Bildung. Sofern Mädchen überhaupt die Schule besuchen konnten, mussten sie spätestens mit 14 Jahren in die Fabrik oder zurück aufs Feld. Im Jahr 1897 konnten nur 13,1% der Frauen lesen.
Die niedrige Stellung der Frau in Russland erschwerte die Auseinandersetzung mit politischen und gewerkschaftlichen Fragen. So galten Frauen in der russischen Arbeiterbewegung sogar als reaktionär. Viele Gewerkschaften weigerten sich anfänglich, Arbeiterinnen in ihre Reihen aufzunehmen. Nicht so die Marxisten! Seit den Zeiten von Marx und Engels kämpften sie für den Einbezug der Frau in die gesellschaftliche Produktion und die Arbeiterbewegung. Denn die industrielle Entwicklung, die der Kapitalismus hervorbringt, zieht die Frau aus der Isolation vom „trauten Heim“, wo sie den patriarchalen Beziehungen schutzlos ausgesetzt ist. Diese Anteilnahme an der Produktion gibt Frauen eine neue, unabhängigere Stellung in der Gesellschaft. Erstmals in der Geschichte der Klassengesellschaft hat die Frau die Macht, sich selbst zu befreien – und zwar als Teil der Arbeiterklasse und durch sie. Diese fortschrittliche Tendenz des Kapitalismus legt den Grundstein für das Ende der Versklavung der Frau, die seit Jahrtausenden andauert.
Die Bolschewikin Natasha Samoilova schreibt in der Prawda vom Februar 1914: „Als die Frauen in die Fabriken gingen und an denselben Maschinen wie die Männer arbeiteten, entdeckten sie eine neue Welt, neue Beziehungen zwischen den Menschen im industriellen Prozess. … dieArbeiterinnen begannen zu spüren, dass sie Teil einer industriellen Familie waren, dass ihre Interessen mit denen der gesamten Arbeiterklasse verbunden waren.“
In Abgrenzung zu den (klein-)bürgerlichen Feministinnen betonten die Bolschewiki, dass nicht der Kampf der Geschlechter, sondern der Kampf der Klassen notwendig ist, um die Frau zu befreien. Unabhängig vom Geschlecht haben Arbeiter ein gemeinsames Interesse, den Kapitalismus zu stürzen, da sie beide von den Kapitalisten ausgebeutet werden. Die Kapitalistinnen dagegen haben das entgegengesetzte Interesse der Arbeiterinnen. Sie wollen lediglich einen Platz an der Sonne im Kapitalismus. Sie wollen die Arbeiterklasse genauso ausbeuten, wie es ihre männlichen Gegenstücke tun.
Deshalb beschränken sich die Forderungen der bürgerlichen Feministen auf die Gleichstellung von Frauen vor dem Gesetz. Sie haben kein Interesse an einer fundamentalen Veränderung der Gesellschaft.
Marxisten haben immer für die rechtliche Gleichstellung der Frau gekämpft. Aber sie betonen, dass man hier nicht stehen bleiben darf. Die Wurzel der Frauenunterdrückung liegt in den materiellen Verhältnissen der Klassengesellschaft. Diese Wurzel können wir nur mit dem Sturz des Kapitalismus durch die sozialistische Revolution ausreißen. Nur die vereinte Arbeiterklasse ist dazu fähig. Deshalb kann der Kampf für die Frauenbefreiung nur als Teil des revolutionären Klassenkampfs erfolgreich sein. Die Russische Revolution von 1917 bestätigt diesen klassenbasierten Ansatz an die Frauenfrage.
Einheit ist Stärke
„Teile und Herrsche“, ein Prinzip, das schon die alten Römer kannten, war einer der wichtigsten Grundpfeiler des Zarismus. Im Russischen Kaiserreich wurden etliche verschiedene Nationalitäten unterdrückt und gegeneinander ausgespielt. Genauso diente auch Sexismus dazu, die werktätigen Klassen untereinander zu spalten und politisch zu lähmen. Deshalb war es eine der wichtigsten Aufgaben der Bolschewiki, die Spaltung der Arbeiterklasse entlang nationaler wie geschlechtlicher Linien zu bekämpfen.
Die Grundlage dafür war die Anerkennung dieser speziellen Unterdrückung und dass der Kampf dagegen untrennbar mit dem Kampf der Arbeiterklasse verbunden ist. Die Kommunisten müssen zeigen, „dass wir alles hassen, jawohl, hassen und beseitigen wollen, was die Arbeiterin, die Arbeiterfrau, die Bäuerin, die Frau des kleinen Mannes, ja in mancher Beziehung sogar auch die Frau der besitzenden Klassen drückt und quält“, wie Lenin sagte. Doch im Gegensatz zu Reformisten, die sich den Bürgerlichen unterordnen und an sie appellieren, wollen die Revolutionäre echte Klassenkämpferinnen gewinnen und ausbilden, „die Frauen aufrufen, als Gleichberechtigte selbst mit an der Umwälzung der Wirtschaft und des ideologischen Überbaus zu arbeiten.“
Ab 1913 verstärkten die Bolschewiki deshalb die Arbeit unter Arbeiterinnen. Sie starteten eine Kampagne rund um den 8. März, den internationalen Kampftag der arbeitenden Frau. Diese hatte zum Zweck, breite Schichten der Arbeiterinnen unter dem Banner des Sozialismus zu organisieren. Die Kampagne hatte eine große Resonanz und der 8. März wurde in Russland zur Tradition. Pünktlich zum Internationalen Frauenkampftag 1914 brachten die Bolschewiki die Zeitung „Rabotniza“ (Die Arbeiterin) heraus. Sie war ein Werkzeug, um das Klassenbewusstsein der Arbeiterinnen zu stärken. Sie brachten Artikel über die Anliegen der Arbeiterinnen heraus, aber auch Briefe und Gedichte, die die Arbeiterinnen an die Redaktion sandten, wurden veröffentlicht.
Die zusätzlichen Anstrengungen Frauen zu organisieren, hatten immer den Zweck, Frauen in die bestehende Arbeiterbewegung mit den Arbeitern zu ziehen und niemals die Arbeiterklasse anhand Geschlechterlinien zu spalten. Nur indem die Arbeiterklasse gemeinsam gegen ihre Ausbeuter kämpft und die Macht über die Gesellschaft erlangt, können die spezifischen Forderungen der Arbeiterin erfüllt werden. Gerade in diesem gemeinsamen Kampf werden am effektivsten sexistische Vorurteile, Konservativismus und Rückständigkeit, die auch in der Arbeiterschaft verwurzelt sind, durchbrochen.
Speerspitze der Revolution
Ab 1912 intensivierte sich der Klassenkampf in Russland. Streiks nahmen zu, auch in Sektoren mit hohem Frauenanteil. Der Schock des Ersten Weltkriegs 1914 führte zu einer jähen Unterbrechung der aufkommenden Streikbewegung. Der Krieg hatte verheerende Folgen für die Frauen in Russland. Sie mussten die Männer, welche an die Front geschickt wurden, ersetzen. Die Bäuerinnen pflügten ihr Land ohne ihre Männer. Breite Schichten von Frauen wurden proletarisiert und ersetzten die Männer in der Fabrik. Zwei Drittel der Angestellten in der Textilund Waffenindustrie waren Frauen. Gleichzeitig herrschte eine große Hungersnot. Es war schier unmöglich für die Arbeiterinnen, ihre Familien durchzubringen. Dies führte zu einer tiefen Radikalisierung der Arbeiterklasse, insbesondere der Frauen. Die unterbrochene Streikwelle kam wieder in Fahrt.
Am 8. März 1917 versuchten die Arbeiterinnen der M. Aivaz Fabrik in Petrograd eine Demonstration für den Internationalen Tag der arbeitenden Frau zu organisieren. Die Regierung reagierte darauf mit Polizeirepression. Doch statt so die Bewegungen im Zaum zu halten, brachte es das Fass zum Überlaufen. Mehr und mehr Fabriken schlossen sich dem Streik und den Demonstrationen an. Die Textilarbeiterinnen gingen zu den Metallarbeitern und forderten sie auf, sich ihrem Kampf anzuschließen. Sie trugen Transparente mit der Aufschrift: „Arbeiter-Genossen und Soldaten, unterstützt unsere Anliegen!“. Ein beeindruckendes Beispiel, dass die Arbeiterklasse intuitiv nach Einheit strebt!
Am 8. März befanden sich dank der Agitation der Arbeiterinnen 90.000 Arbeiter und Arbeiterinnen im Streik. Der 8. März wurde zum ersten Tag der Russischen Revolution 1917. Nur fünf Tage später war der Zar gestürzt! Die Massen in Russland begannen, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Es waren die werktätigen Frauen, die die großartige Revolution ausgelöst hatten.
Die Massen der Arbeiterklasse hatten den Zaren gestürzt, aber zunächst übernahm die bürgerliche Provisorische Regierung die Macht. Diese erwies sich als unfähig, die Forderungen der Arbeiterinnen und Arbeiter nach „Brot, Land und Frieden“ umzusetzen.
In den Monaten bis zur Oktoberrevolution organisierten sich tausende Frauen in den Reihen der Bolschewiki. Herzstück dieser Agitation und Organisierung war die neu aufgelegte „Rabotniza“. In Fabriken fanden Treffen mit oft über 1000 Teilnehmerinnen statt, Fabriksberichterstatterinnen bildeten das Bindeglied zwischen revolutionärer Arbeit und Zeitung.
Nur neun Monate nach der Februarrevolution stürzte die Arbeiterklasse auch die bürgerliche Regierung und übernahm mit den Bolschewiki an der Spitze selbst die Macht in Russland.
Resultat der Revolution: Rechtliche Gleichstellung
Die Machtübernahme der Arbeiterklasse in Russland 1917 ist das wichtigste Ereignis der Geschichte. Es ist – abgesehen von der kurzlebigen Pariser Kommune 1871 – das einzige Mal, dass die Arbeiterklasse durch die Arbeiterräte („Sowjets“) selbst die Macht ergriffen hat. Sie brachen mit dem Kapitalismus, enteigneten die Kapitalisten und begannen, einen Arbeiterstaat aufzubauen.
Die junge Regierung der Ausgebeuteten hatte kein Interesse, die verschiedenen Formen von Unterdrückung aufrechtzuerhalten. Im Gegenteil, vom ersten Tag an machten sie sich daran, diese auszumerzen. Dies ermöglichte eine totale Revolutionierung der Stellung der Frau in Russland. Eine der ersten Maßnahmen, die die Bolschewiki ergriffen, war die Abschaffung aller Gesetze, die Frauen und Homosexuellen eine untergeordnete Stellung gaben. Im Sowjetstaat wurde das Frauenstimmrecht im Jahr 1917 eingeführt. Auch Abtreibung wurde 1917 entkriminalisiert und 1920 legalisiert. Im Sowjetrussland von 1918 wurde Homosexualität entkriminalisiert, gleicher Lohn und gleiche Arbeit, voller Zugang zu umfassender Bildung für Frauen, bezahlter Mutterschaftsurlaub, Kinderzulagen, Recht auf Scheidung usw. eingeführt.
Die komplette Gleichstellung der Frau vor dem Gesetz! Das war eine der ersten Aufgaben, der sich die Bolschewiki annahmen. In diesem Sinne war die Sowjetunion allen kapitalistischen Ländern meilenweit voraus. Lenin sagte, dass die Gleichstellung der Frau vor dem Gesetz „verhältnismäßig leicht und einfach“ ist. Sei dies einmal erreicht, so würde die Arbeit erst richtig anfangen.
Echte Gleichheit
Die untergeordnete Stellung der Frau in der Gesellschaft ist nicht einfach eine Frage des Gesetzes, sondern der materiellen Verhältnisse. Es ist die historisch tief verwurzelte Rolle der Frau in der Familie, die sie daran hindert, die gleichen Voraussetzungen wie der Mann in der Gesellschaft zu haben.
1884 ist das Meisterwerk „Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ von Friedrich Engels erschienen. Engels untersucht darin den Ursprung der Frauenunterdrückung und zeigt auf, dass sie mit der Entstehung der Klassengesellschaft verwoben ist. Diese hat dazu geführt, dass die Frau im Haus isoliert und an den Mann gekettet wurde.
Aber mit dem Aufkommen der kapitalistischen Industrie wurde die Isolierung der Frau zumindest für die Arbeiterklasse immer unmöglicher. Frauen wurden massenhaft als Arbeiterinnen in die Produktion gesogen. Dies legt die Basis für die Befreiung der Frau, da es die Abhängigkeit vom Mann untergräbt und ihr eine unabhängigere Stellung in der Gesellschaft gibt. Aber im Kapitalismus erlangt die Frau nicht die Freiheit. Im Gegenteil, ihre Stellung als Arbeiterin und „Haussklavin“ führt nur zu einer immensen Doppelbelastung.
Marx und Engels leiteten aus ihrer Analyse ab, dass die Frau nur wirklich frei sein kann, wenn die Klassengesellschaft aufgehoben und mit der Planwirtschaft die Hausarbeit vergesellschaftet wird. Dafür muss das Privateigentum beseitigt und die Profitlogik des Kapitalismus gebrochen werden.
Die marxistische Theorie gab den Bolschewiki das richtige Verständnis dafür, welche Schritte unternommen werden mussten, um die Frau dem Mann gleichzustellen. Ihr Ziel war es, die Hausarbeit zu vergesellschaften. Die öde Schufterei der Frau zuhause muss aus der privaten Sphäre der Kleinfamilie in die Sphäre der Öffentlichkeit verlegt und kollektiv organisiert werden.
Vergesellschaftung der Hausarbeit
Die Familie kann nicht einfach „abgeschafft“ werden – sie muss durch etwas ersetzt werden. Laut einer Berechnung von 1922 hätte es in Russland pro 20 Mio. Einwohner 7,2 Mio. Vollzeitangestellte gebraucht, um die Hausarbeit gesellschaftlich zu erledigen. Das ist der in Zahlen gegossene ökonomische Zwang der Familie!
Mit der Verstaatlichung der Wirtschaft und dem Aufbau der Planwirtschaft in der Sowjetunion wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass ein umfangreiches Netz an Wäschereien, Kantinen, Kinderkrippen, Schulen und vieles mehr aufgebaut werden konnte. Auf dieser materiellen Grundlage würden sich auch die Familien- und Geschlechterbeziehungen verändern: Die Familie wäre nicht mehr eine ökonomische Einheit, die aufgrund von finanziellem Druck aufrechterhalten wird und genau unter diesem leidet.
1923 sagte Trotzki: „Dann wäre das Band zwischen Mann und Frau von allem Äußeren und Zufälligen befreit, und der eine würde aufhören, das Leben des anderen zu absorbieren. Echte Gleichheit würde endlich hergestellt werden. Das Band wird auf gegenseitiger Verbundenheit beruhen.“
Die sowjetische Regierung nahm die Aufgabe der Vergesellschaftung der Hausarbeit in Angriff. Die Basis für den Aufbau des Sozialismus ist die moderne Industrie, die vom Kapitalismus geschaffen wurde. Die Bolschewiki wussten, dass die Bedingungen für die Realisierung ihres Programms im ökonomisch rückständigen Russland sehr ungünstig waren. Sie setzten ihre Hoffnung darauf, dass sich die sozialistische Revolution auf die weiter entwickelten westlichen Länder ausbreiten würde.
Die Aufgabe wurde durch den Bürgerkrieg noch zusätzlich erschwert, nachdem der junge Sowjetstaat kurz nach der Machtübernahme im Oktober 1917 von 14 imperialistischen Ländern angegriffen wurde. 70.000 Frauen meldeten sich freiwillig für die Rote Armee. Dies zeigt, was für einen großen Rückhalt die Politik der Bolschewiki unter den Frauen hatte. Um den Krieg zu gewinnen und den Sozialismus in der Sowjetunion aufzubauen, musste die Regierung parteilose Arbeiter und Bauern vom Sozialismus überzeugen. Frauen dafür zu gewinnen, war eine der wichtigsten Aufgaben der bolschewistischen Regierung. Dafür wurde der Schenotdel als Abteilung des Zentralkomitees der Bolschewiki gegründet.
Die Aufgabe des Schenotdel war es, Frauen aktiv zum politischen Leben zu erwecken, ihnen Selbstbewusstsein zu geben und sie für führende Positionen im Staat, den Gewerkschaften, den Genossenschaften und überhaupt der gesamten Gesellschaft auszubilden. Inmitten des Bürgerkriegs und einer großen Hungersnot wurden Konferenzen organisiert; Arbeiterinnen und Bäuerinnen wählten Delegierte, die zur Weiterbildung von der Lohnarbeit freigestellt wurden, um anschließend die praktischen Erfahrungen weiterzugeben. Es gab massive Alphabetisierungs- und Bildungskampagnen. 1921 gab es ca. 60.000 Delegierte, die drei Millionen Frauen vertraten. Der Schenotdel wurde 1930 von Stalin mit dem Vorwand, die Frauenfrage sei bereits gelöst, aufgelöst.
Konterrevolution
Die Revolutionen im Westen endeten in Niederlagen. Damit blieb die Revolution im extrem rückständigen Russland isoliert, was zur Degeneration der Revolution und zum Aufkommen des Stalinismus führte. Aufgrund der materiellen Not konnte sich die konservative Strömung um Stalin durchsetzen, die sich später zur konterrevolutionären Bürokratie entwickelte. Die Arbeiterdemokratie wurde zunichtegemacht.
Dies traf die Frauen besonders stark. Die stalinistische Bürokratie setzte die alten bürgerlichen Familienvorstellungen wieder durch. Das Programm zur Vergesellschaftung der Hausarbeit wurde aufgegeben, Hausarbeit musste wieder durch die Frau innerhalb der Familie erledigt werden. Ein Bild der Frau als „heilige Mutter“ wurde zelebriert. 1936 wurde Abtreibung wieder verboten, usw.
Doch die Planwirtschaft und der damit verbundene rasante Aufbau der Sowjetunion ermöglichten trotz allem eine Verbesserung der Stellung der Frau. Die Lebenserwartung von Frauen betrug unter dem Zarismus 30 Jahre. In den 1970ern betrug diese 74 Jahre. Kindersterblichkeit wurde um 90% reduziert. 1976 befanden sich 12 Millionen Kinder in Kinderkrippen. Ab den 1930er Jahren hat das Bildungsniveau bei Frauen stark zugenommen. In den 1960ern absolvierten 49% der Frauen eine höhere Bildung. 1950 gab es bereits 600 Frauen mit einem wissenschaftlichen Doktortitel! Im Jahr 1984 waren es 5.600!
Im Gegensatz zum kapitalistischen Westen gab es in der Sowjetunion einen Bruch mit den „traditionellen“ Gender-Stereotypen bei der Arbeit. Viele Frauen waren in der Forschung, Industrietechnik und als Ärztinnen tätig. Die Sowjetunion beweist, dass die Planwirtschaft sogar trotz der Diktatur der tyrannischen stalinistischen Bürokraten noch weitaus besser für Arbeiterinnen ist als der Kapitalismus mit seiner Anarchie des Marktes! Stellen wir uns nur vor, was eine sozialistische Planwirtschaft mit einer echten sozialistischen Arbeiterdemokratie bedeuten würde, noch dazu auf der Grundlage der heutigen, deutlich weiter entwickelten Wirtschaft!
Unser Erbe
Über 100 Jahre nach der Russischen Revolution ist die Befreiung der Frau immer noch eine der brennendsten politischen Fragen. Seit Marx und Engels waren die Marxisten die entschiedensten Kämpfer für die Frauenbefreiung. Sie haben jene Theorie entwickelt, die uns eine echte Erklärung über den Ursprung der Frauenunterdrückung liefert und darüber, was wir tun müssen, um sie zu überwinden.
Lenin und die Bolschewiki haben die marxistische Theorie 1917 in die Praxis umgesetzt: Sie haben die Frau vor dem Gesetz gleichgestellt, sie haben versucht, die Frau von ihrer Stellung als Haussklavin zu befreien und sie zur Protagonistin ihrer eigenen Befreiung gemacht. Kein einziges kapitalistisches Land hat jemals vergleichbare Maßnahmen für die Frauen umgesetzt. Das ist das stolze Erbe des Marxismus.
Die Aufgaben, die sich uns heute stellen, sind die gleichen wie die der Revolutionäre in Russland vor 106 Jahren. Weltweit sehen wir, wie die Arbeiterklasse ihr Haupt erhebt und anfängt, gegen die Kapitalisten zu kämpfen. Das ist der Schlüssel für unsere Zukunft. Eine Zukunft, die frei ist von Unterdrückung jeglicher Art.
Kapitalismus, „das beste aller Systeme“:
Weltweit…
- sind ~60% der chronisch Hunger-Leidenden Frauen und Mädchen. Der Welthunger steigt in den letzten Jahren dramatisch an und betrifft nach Schätzungen über 800 Mio. Menschen.
- sind in allen Weltregionen Frauenarmutszahlen höher als die der Männer.
- finden täglich durchschnittlich über 133 Frauenmorde statt – offiziell. Geschätzt 4/10 Frauenmorden werden nicht klar klassifiziert.
- sind über 2/3 der etwa 796 Mio. Analphabeten Frauen. In Pakistan würde ein halber Kilometer kürzerer Schulweg die Einschulungsquote von Mädchen um 20% erhöhen.
- gab es 2016 geschätzt 4,8 Mio. Opfer (davon 1 Mio. Kinder) von Sexhandel. 99% davon sind Frauen und Mädchen.
In Österreich…
- verdienen Frauen brutto pro Stunde 18,8% weniger als Männer, der zweitschlechteste Wert der EU.
- sind 49,6% aller arbeitenden Frauen teilzeitbeschäftigt (8,9% der Männer). Arbeitende Frauen mit Kindern unter 15 Jahren tun dies zu 73,8% Teilzeit (7,9% der Männer).
- haben 66,7% der Alleinerziehenden Schwierigkeiten, mit dem Haushaltseinkommen auszukommen (43,4% der Gesamtbevölkerung) (Zahlen von 2022).
- sind 26% der alleinlebenden Pensionistinnen armutsgefährdet (17% der Pensionisten).
- werden 80% der Pflegebedürftigen von Angehörigen gepflegt. Das wird in 73% der Fälle von Frauen erledigt.
- werden als einziges Land in der EU mehr Frauen als Männer ermordet.
- hat jede dritte Frau im Erwachsenenalter körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt.
- haben 27% der Frauen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt.
- werden rund 90% aller Gewalttaten an Frauen in der Familie und im sozialen Nahraum (Bekannte, Familie…) begangen.
- sind die Täter von körperlicher und sexueller Gewalt gegenüber Frauen überwältigend männlich (>80% bis >90% in diversen Kategorien) – mit Ausnahme der psychischen und körperlichen Gewalt an Kindern: Väter und Mütter sind beinahe gleich häufig Täter.
Quellen: WFP, UN Women, ILO, Statistik Austria, Sozialministerium, Bundeskanzleramt, AÖF