Stellungnahme der Funke-Redaktion zum neuen Schwenk in der SPÖ-Politik und die Ankündigung im Nationalrat auch gegen die ÖVP für soziale Reformen Mehrheiten zu suchen.
Genug gekuschelt – SPÖ geht in die Offensive – sozialistische Linke aufbauen!
Mit den Neuwahlen am 28. September will die ÖVP eine Richtungsentscheidung herbeiführen. Sie will von den WählerInnen die Zustimmung für ihr Diktat bürgerlicher Politik – ohne Rücksichtnahme auf die organisierte ArbeiterInnenbewegung. Unter diesen Bedingungen wird der Aufbau einer starken Linken zu einer Überlebensfrage für alle Lohnabhängigen.
„Nichts ist so stark wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“
Victor Hugo
Die österreichische Gesellschaft steht vor einem Wendepunkt. Das politische System der Zweiten Republik wird nach diesen Wahlen Geschichte sein. Der Standpunkt der Bürgerlichen ist klar: die Große Koalition als politischer Ausdruck des Klassenkompromisses auf Regierungsebene ist tot und kann entsorgt werden. Sie sind der fixen Meinung, dass sie die ArbeiterInnenbewegung nachhaltig so geschwächt haben, dass sie über die Lohnabhängigen einfach drüberfahren können. Warum noch groß Kompromisse machen, wenn einem das Gegenüber ohnedies nichts mehr aufzwingen kann?
Gesundheitsreform, weitere Privatisierungen, Steuerreform für die Reichen usw. müssen umgesetzt werden, um den „Standort Österreich“ zu sichern. Die SPÖ hat trotz alledem gezeigt, dass sie aufgrund ihrer sozialen Wurzeln in der ArbeiterInnenklasse ein zu unzuverlässiger Partner für diese Politik ist. Das hat Molterer mit seinem „Es reicht“ zum Ausdruck bringen wollen.
Die schlechte Wirtschaftslage mahnt auch zur Eile. Wichtige europäische Ökonomien sind bereits in der Rezession. Österreichs Wirtschaft stagniert. Vor allem die Exportwirtschaft ist schwer betroffen. Die Folge sind Personalabbau (Infineon, Siemens, Bank Austria, Hämmerle…) und Werksschließungen. Die fetten Jahre sind für das Kapital vorbei, und das heißt für uns Lohnabhängige die Gürtel noch enger schnallen. Wir sollen die Suppe auslöffeln, welche uns die Banken und Konzerne eingebrockt haben. Die kommende Regierung wird dafür sorgen, dass wir Lohnabhängigen diese Krise bezahlen müssen. Je stärker die bürgerlichen Parteien bei diesen Wahlen abschneiden, desto heftiger werden die Angriffe auf unseren Lebensstandard und unsere Rechte ausfallen.
Und was macht die SPÖ?
Wirklich düster wird die Perspektive aber, wenn man sich die Lage der Sozialdemokratie anschaut. Diese sollte doch gerade in solch einer Situation als politisches Schutzschild zur Verteidigung unserer Interessen dienen. Unter Kanzler Gusenbauer hat die SPÖ gegenüber der ÖVP in allen zentralen Fragen klein beigegeben. Gusi ist mittlerweile Geschichte. Doch unter seinem Nachfolger Werner Faymann, hinter dem die gesamte Parteiführung jetzt Einigkeit demonstriert, schien der politische Ausverkauf einen neuen Höhepunkt zu erreichen.
Faymanns Wahlkampfslogan („Genug gestritten“) und seine ständige Unterwürfigkeit vor der ÖVP selbst in Wahlkampfzeiten machten eines deutlich: Werner Faymann war angetreten, die Sozialdemokratie in die größte Niederlage seit 1945 zu führen.
Das Motto von Faymann lautete: „Seien wir ehrlich, versprechen wir nichts.“ Das ist aus seiner Sicht die Lehre aus den letzten zwei Jahren, in denen er selbst maßgeblich Mitverantwortung für die Krise der SPÖ gehabt hat. Kein anderer Minister stand so sehr für ein „konstruktives Verhältnis“ zur ÖVP wie Faymann. Mit diesem Programm hätten Faymann & Co. ein fertiges Rezept für eine verheerende Wahlniederlage und eine Prolongierung der Parteikrise geliefert.
Die Parteiführung ist dem Druck des Kapitals offen ausgesetzt und über unzählige mehr oder weniger sichtbare Fäden mit der herrschenden Klasse verbunden.
Werner Faymann ist das beste Beispiel dafür. Seine Beziehungen zu den großen Printmedien und zur Baubranche sind allseits bekannt. Besonders zur Kronen-Zeitung pflegt Faymann ein offenes Knechtsverhältnis. Seitdem Faymann als Gusenbauer-Nachfolger im Spiel war, entsprach sein komplettes Tun der Blattlinie von Dichands Postille. Seine Linie in der Europa-Politik ist nicht einmal das beste Beispiel. Wichtiger noch erscheint uns seine Position bei der AUA-Privatisierung, wo er eine österreichische Sperrminorität von 25% einmahnte. Verstand man früher darunter einen 25%igen Staatsanteil, begnügt sich Faymann heute einfach mit dem Verkauf an österreichische Banken. Das ist die Totalprivatisierung in rot-weiß-rotem Lendenschurz. Ebenso stammt die von Faymann vertretene Idee einer rot-schwarzen Koalition, in der ohne Streit fürs schwarze Programm gearbeitet wird, aus der Ideenwerkstatt Dichands.
In der Verbindung zu Dichand und seinem Medienmonopol spiegelt sich nicht so sehr ein Hang zum Populismus wider, als die Verbindung zum Kapital. Die Krone ist eines der wichtigsten Sprachrohre des österreichischen Kapitals.
Faymann pflegt auch zu den schwarzen Banken einen hervorragenden Kontakt. So besuchte er als neuer Parteivorsitzender in Oberösterreich den schwarzen Raika-Direktor Scharinger noch vor den eigenen Parteifreunden. Das erklärt vielleicht auch, dass Faymann unter österreichischer Sperrminorität bei der AUA die Raiffeisenbank und nicht den Staat versteht. Faymann vertritt die Interessen des Kapitals in unseren Reihen. Er steht für jene Kräfte in der Sozialdemokratie, welche die SPÖ am liebsten in eine zweite Volkspartei verwandeln würden.
FSG in geheimer Mission
Und dann ändert Faymann von einem Tag auf den anderen plötzlich die Wahlkampflinie. Millionenbeträge für Wahlkampfmaterialien sind in den Wind geschossen und eine neue Linie wird präsentiert. Was ist passiert?
Plötzlich kündigt Faymann an, was viele in der Partei schon seit langem fordern: die Widersprüche zwischen den bürgerlichen Parteien auszunützen, um im Parlament soziale Verbesserungen durchzusetzen (Abschaffung der Studiengebühren, Hacklerregelung, Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, 13. Monat Familienbeihilfe, Pflegegelderhöhung).
Faymann kommentiert dies so: „Ich habe mich sehr darum bemüht, meine eigene Partei zu überzeugen, nicht gegen die ÖVP zu stimmen – obwohl sie uns mit der Neuwahl den Sessel vor die Tür gestellt hat. Ich habe versucht, mit der ÖVP möglichst viel zustande zu bringen und ich glaube, Rot-Schwarz könnte auch funktionieren, mit einer anderen Grundeinstellung. Und anderen Leuten. Ich habe mich sehr bemüht, mit der ÖVP zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen. Es ging nicht.“
Unsere LeserInnen können getrost davon ausgehen, dass es die Gewerkschaftsfraktion war, die Faymann die Rute ins Fenster gestellt hatte. Nur wenige Tage zuvor fand eine Sitzung des FSG-Präsidiums statt. Wohl kaum ein Zufall.
Die Teuerung stellt für die Gewerkschaft ein Kernproblem dar. Nachdem sie sich nach Jahren der boomenden Konjunktur im Herbst 2007 durchgerungen hatte, Lohnforderungen jenseits der drei Prozent zu fordern, fraßen Inflation und kalte Progression diese Lohnsteigerungen glatt weg. ArbeitnehmerInnen in Österreich verdienen heute real so viel wie im Jahr 1994. Es ist daher richtig zu behaupten, dass einer Generation von ArbeiterInnen in Österreich jede Chance auf eine Verbesserung ihres Lebensstandards gestohlen wurde. Ziehen wir die weiteren Konterreformen (wie etwa im Pensionssystem) in Betracht, dann wurden wir regelrecht ausgeweidet. Auch die letzten Jahre der boomenden Konjunktur kosteten uns ArbeiterInnen nur Schweiß und Nerven, eine Intensivierung unserer Arbeit zu immer unregulierteren Bedingungen und Zeiten – ohne einen Euro mehr in unserer Tasche zu haben.
Da sich nun die Konjunktur verschlechtert, der ÖGB den sozialen Frieden in den Betrieben aber um jeden Preis aufrecht erhalten will, verlagert er den Druck auf die politische Ebene – die Lösung der Lebensfragen der ArbeiterInnen soll im Parlament und nicht in den Betrieben durchgesetzt werden. Wir sehen hier die Fortsetzung dessen, was im Februar passierte, als Wolfgang Schüssel richtigerweise die FSG für den Schwenk von Alfred Gusenbauer in der Frage der Steuerreform verantwortlich machte. In Zeiten des Wahlkampfes griffen Haberzettel und GenossInnen zu demselben Mittel: um die betriebliche Sozialpartnerschaft zu retten, wird die politische Sozialpartnerschaft nachhaltig durcheinander gerüttelt.
Fünf Anträge: was hat’s damit auf sich?
Die von der SPÖ jetzt angestrebten Reformen ergeben ein Entlastungsvolumen von ca. 1,3 Mrd. Euro. Die bürgerlichen JournalistInnen erklären dem Walvolk bereits wie verantwortungslos eine solche Politik sei.
Aber das Gegenteil ist wahr: 1,3 Mrd. Euro, die noch dazu nicht exklusiv der ArbeiterInnenklasse zugesprochen werden, sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Außerdem sind sie gedacht als vorgezogener Teil der nächsten Steuerreform. Ohne eine richtige Lohnsteuerreform wird die kommende Lohnerhöhung uns sogleich wieder vom Finanzamt genommen werden. Die kalte Progression, also das „Rutschen“ in eine höhere Steuerstufe durch jährliche Lohnanpassungen (die ihrerseits kaum die Inflation abdecken), beträgt heuer 1,15 Mrd. Euro, im Jahr 2010, werden es nach Schätzung der AK bereits 1,8 Mrd. sein. Seit dem Jahr 2000 wurden uns dadurch, dass die Steuerklassen nicht automatisch an die Inflation angepasst werden, bisher ca, 6 Mrd. € zusätzlich aus der Tasche gezogen.
Es ist einfacher als einfach nachzuweisen, dass hier kein Robin Hood sondern eine Mutter Theresa auf den Weg geschickt wird. Diese Politik kratzt nur an der Oberfläche des Problems und ist weit davon entfernt die brennende soziale Frage zu lösen.
Die SPÖ greift jedoch damit sehr symbolträchtige Themen auf und wird damit wieder den Anschein einer Partei der sozialen Reform erwecken können.
Nachhaltige Verbesserungen sind gefordert
Für eine nachhaltige Verbesserung des Lebensstandards der Lohnabhängige bräuchte es schon mehr, wie z.B. gleitende Skalen für Steuern und Löhne, staatliche Preiskontrollen und Preisfestsetzungen, einen Privatisierungsstopp, ein Ende der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Eine derartige Sozialoffensive ginge aber nicht nur Faymann gegen den Strich, sie ist auch fern der politischen Vorstellungskraft der Gewerkschaftsspitze. In Wirklichkeit akzeptiert diese die politische Logik des Klassenkompromisses. Standortdenken und Sozialpartnerschaft werden nicht in Frage gestellt.
Die Linke in SPÖ und ÖGB muss jetzt aber den Ball von Faymann und Haberzettel aufgreifen. Erstens müssen wir Druck machen, dass kurz vor der Wahl die Parteispitze nicht noch einmal umfällt und wieder den Kompromiss mit der ÖVP sucht. Aber wir sollten auch einen Schritt weitergehen. So muss auf den Unis nun der Kampf für eine ausreichende öffentliche Finanzierung des Lehr- und Forschungsbetriebes begonnen werden. Die Gewerkschaften müssen die Offenlegung der Geschäftsbücher verlangen, damit die geplante Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel auch an die KonsumentInnen weiter gegeben und nicht von den Konzernen eingestrichen wird. Betriebsräte und Konsumentenkomitees müssen die Kontrolle der Preise übernehmen.
Warum jetzt die Linke aufbauen?
Viele SozialdemokratInnen werden jetzt sagen: „Es hat ein wenig gedauert, aber letztlich steht unsere Partei doch für eine soziale Politik. Und mit dem Faymann geht es wieder bergauf.“ Faymann hat mit diesem politischen Paukenschlag in Wirklichkeit seine erste innerparteiliche Niederlage einstecken müssen. Es zeigt, dass die Sozialdemokratie eben doch eine Partei mit einer tiefen Verankerung in der ArbeiterInnenklasse ist. Das zentrale Bindeglied stellt nach wie vor die Gewerkschaftsfraktion FSG dar.
Die Umfragen, die der SPÖ das schlechteste Ergebnis seit der Einführung des allgemeinen Wahlrechtes voraussagen, hätte Faymann akzeptiert, solange er sich die Option auf den Juniorpartner der ÖVP offen gelassen hätte – aber er konnte nicht, weil der Druck aus den eigenen Reihen letztlich doch zu groß geworden ist. Dass die FSG-Spitze diesen Druck ausgeübt hat, ist aber nicht darauf zurück zu führen, dass diese links von Faymann stehen würde. Es zeigt nur, dass sie mehr als alle anderen Teile der Parteispitze dem Druck von unten aus den Betrieben ausgesetzt ist. Sie hat die Stimmung weitergegeben, dass die BetriebsrätInnen nicht für den „Genug gestritten“-Kurs zu laufen bereit sind.
Diese Idee, über eigene Gesetzesinitiativen im Parlament die Hegemonie rechter Politik zu brechen, haben wir MarxistInnen seit der Diskussion um das SJÖ-Programm vor vier Jahren immer und immer wieder offensiv vorgebracht. V.a. durch die Kampagne der SJÖ für eine Minderheitsregierung entwickelte sie eine starke Anziehungskraft in der ArbeiterInnenbewegung. Jetzt macht Faymann dies zu seinem Programm – nicht freiwillig, sondern in höchster Not und gezwungenermaßen. Die ArbeiterInnenbewegung hat eineinhalb Jahre verloren, weil ihre Führung diese Idee nicht aufzugreifen bereit war. Jetzt besteht die Gefahr, dass sie dieses Konzept wiederum nur sehr halbherzig anwendet. Ein grundlegender Politikwechsel ist mit dem jüngsten Vorstoß der SPÖ-Spitze noch lange nicht garantiert.
Der Eiertanz der Bürgerlichen angesichts des SPÖ-Schwenks zeigt es: die ArbeiterInnenbewegung könnte die in zig Parteien gespaltene bürgerliche Parteienlandschaft vor sich hertreiben und die ÖVP entlang von Klassenlinien spalten. Die Kandidatur Dinkhausers und die schwachen Umfragewerte der ÖVP sind Anzeichen für die Schwäche des schwarzen Lagers. Wenn dies nicht passiert, dann nur aus einem Grund: die Parteiführung will nicht. Dabei sagen wir nicht, dass es einfach ist. Das Ende des Zeitalters der Großen Koalitionen markiert aber auch das Ende des sozialen Friedens. Politik kann man heute nur machen, wenn sich KollegInnen in Partei und Betrieb offensiv und unabhängig von der Führung organisiert engagieren.
Es braucht gerade jetzt eine starke organisierte Linke in der ArbeiterInnenbewegung, die dafür sorgt, dass die Parteispitze nicht wieder umfällt und dass die Bürgerlichen in die Defensive gedrängt werden. Es ist nun wiederum denkbar, dass die Sozialdemokratie stärkste Partei wird. Damit wäre auch das Konzept einer Minderheitsregierung, das ein sozialistisches Programm umsetzt, wieder auf der Tagesordnung.
ArbeiterInnen und Jugendliche brauchen eine Stimme
Es ist heute wichtiger als je zuvor dem Kapital eine sozialistische Kraft entgegenzusetzen. 67% der ÖsterreicherInnen fürchten laut einer IMAS-Umfrage, dass sich ihr Lebensstandard verschlechtern wird. Die Zukunftsängste sind so stark wie seit dem Krisenjahr 1973 nicht. Schuld sind die Teuerung, die weltweite Finanzkrise, sinkende Kaufkraft, zunehmende Instabilität, Angst vor der Vereinsamung und Verelendung im Alter. Kurz die Symptome des immer ungebremsteren Kapitalismus der letzten 20 Jahre.
Der Politologe Peter Filzmaier spricht davon, dass über eine Million Menschen in Österreich, bis weit in die Mittelschicht, tiefe Unsicherheit fühlt, und schließt daraus eine Akkumulation sozialen Sprengstoffes von historischem Ausmaß. Was unser Politologe mit dem unschönen Wort „Sprengstoff“ tituliert, ist nichts anderes als die Sehnsucht von Hunderttausenden nach einem alternativen Gesellschaftssystem, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht. Hier sehen wir das riesenhafte Potential einer wirklichen SPÖ, einer Sozialistischen Partei Österreichs, die diesen Namen wieder verdient.
1975 fuhr Bruno Kreisky seinen größten Wahlsieg ein, weil die Menschen von ihm einen sozialistischen Kurswechsel erwarteten. Heute kann die SPÖ die Menschen bei ihren Ängsten nicht abholen, weil sie nicht mehr für eine soziale Veränderung steht. Aber auch eine Rückkehr zu den Rezepten der 1970er Jahre würde zu kurz greifen. Damals konnte Kreisky noch gemeinsam mit der Industriellenvereinigung und mit den Sozialpartnern soziale Reformen umsetzen und gleichzeitig den Kapitalismus modernisieren.
Das Kapital duldet keinen Kompromiss
Die heutige Dominanz des Weltmarktes, die in allen Poren der Gesellschaft spürbar ist, hat dem Reformismus längst jede Grundlage entzogen. Weltmarkt und Kapital erdulden keinen Kompromiss, sie fordern die Ausmerzung der letzten Winkel an Existenzsicherheit. Die momentan sich entfaltende Krise der Weltwirtschaft wird diese Tendenz noch steigern. Heute setzt eine Politik des sozialen Wandels oder auch nur die Verteidigung des Bestehenden voraus, dass wir mit derselben Härte gegen das Kapital auftreten müssen, wie das Kapital gegen die Menschen auftritt. Das Konzept Gusenbauers von der „solidarischen Hochleistungsgesellschaft“, d.h. in der Globalisierung durch eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Lebensstandard und soziale Sicherheit zu verteidigen, hat Schiffbruch erlitten. Wir steigern die Wettbewerbsfähigkeit jedes Jahr und unser Lebensstandard sinkt trotzdem. Wir brauchen ein Programm das direkt an den dringendsten Bedürfnissen der Menschen ansetzt. Gleichzeitig müssen wir aber auch ehrlich erklären, dass wir dieses Programm nicht mit dem Kapital umsetzen können, dass der Kapitalismus an sich diesem sozialen Programm diametral entgegensteht.
Zurück zu den Wurzeln
Ein derartiger Kurswechsel setzt die Reideologisierung der ArbeiterInnenbewegung voraus. Wir brauchen eine ideologische und weltanschauliche Alternative zur Diktatur des Kapitals: Die Demokratie der Produzierenden und Lernenden – der Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Welche Ideologie hat unsere Bewegung stark gemacht? Welche Ideologie hat uns in Europa zur Massenbewegung gemacht? Nicht der geistige Auswurf der Kronen Zeitung, es waren die Ideen von Karl Marx und Friedrich Engels. Aber nicht der verknöcherte, unfruchtbare „Marxismus“ der Ostblockstaaten, sondern der Marxismus als undogmatische Wissenschaft vom Kampf gegen das Kapital und von der Befreiung der arbeitenden Menschen.
Auf dieser Grundlage und mit dieser Perspektive wollen wir das dringend benötigte Werkzeug schmieden, mit dem wir in allen Lebensbereichen den ökonomischen, politischen und ideologischen Attacken des Kapitals entgegenwirken können. Unsere Zeitung, der Funke, möchte in der SPÖ und den Gewerkschaften, den Jugendlichen und den ArbeiterInnen eine Stimme geben. Unser Ziel ist es aber nicht nur Stimme zu sein, sondern auch Kampfinstrument in Betrieb, Schule und Uni, eine organisierte sozialistische Linke in der SPÖ und den Gewerkschaften.
Wien, 26. August 2008