Die bürgerliche Ideologie, der Kapitalismus sei das beste aller Systeme, glauben immer weniger. Stellt sich nur die Frage: Welcher Weg führt zur Überwindung der Profitwirtschaft?
Die „Oktoberrebellion“ in Chile 2019 ist nur ein Beispiel von radikalen Massenbewegungen, die den Status-quo herausfordern, die Linke erlebt dadurch einen Aufschwung (Funke 188). Dies zeigte sich auch in den chilenischen Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung vom vergangenen Mai, wo die Linke sehr stark abgeschnitten hat. Der Bürgermeister von Recoleta, der Kommunist Daniel Jadue, hat sogar gute Chancen, bei den Präsidentschaftswahlen im Herbst zu gewinnen*.
Die österreichische Linke hat in Jadue plötzlich auch einen neuen Leitstern entdeckt. Mit zwei Aussagen spricht er linken ReformistInnen aus der Seele: „Dass sich die Linke stets auf die Eroberung des Zentralstaates konzentriert habe, sei ein krasser Fehler gewesen“, glaubt Jadue. Die Vertretung der Menschen seien die Gemeinden, ‚hier kommen alle her, fühlen sich gehört und betreut‘. Wer den Staat als Werkzeug der Klassenunterdrückung zerstören wolle, müsse bei den Gemeinden ansetzen.“ Und weiter: „Sie (die Machtverschiebung, Anm.) beginnt mit einem Prozess, der Vertrauen schafft und der Bevölkerung Klassenbewusstsein gibt. Das erreicht man einzig in der direkten Arbeit mit den Menschen.“
In Chile ist der Klassenkampf bereits sehr zugespitzt. Dort sticht besonders ins Auge, dass diese Strategie geradewegs am zentralen Klassenkonflikt vorbeigeht. Das Problem ist schließlich nicht, dass Menschen der herrschenden Ordnung vertrauen, sondern, dass die revolutionäre Massenerhebung in ihrer Führung keine Perspektive für die Machteroberung gegen die Herrschenden gefunden hat. Daraus fließt auch, was die Aufgabe für organisierte KlassenkämpferInnen ist: Es geht nicht darum, Vertrauen durch „zuhören und betreuen“ zu erzeugen, sondern das bereits existente Gefühl des Unmuts in eine Kampfstrategie ummünzen, die die Überwindung des Kapitalismus zur Perspektive macht. Denn Solidarität und Klassenbewusstsein wird am effektivsten im Kampf, nicht „in Gemeinden“ und durch Strukturen geschürt.
Was für Chile gilt, ist auch in Österreich wahr: Die Beschränkung auf ‚nützliche Kampagnen‘ (also die Propagierung von Themen, die alle ‚irgendwie gut‘ finden) in Kombination mit „linken Erzählungen“ zur Mobilisierung von Wahlunterstützung, die man dann für die „Repräsentanz“ des sozialen Protests in Parlamenten nützt, kann die Überwindung des Kapitalismus nicht erreichen. Der Zugang zu öffentlichen Geldern ist Teil dieser Strategie, wie etwa LINKS argumentiert. Sie informieren: „Errungen haben unsere Aktivist*innen aber nicht nur Mandate, sondern auch finanzielle Ressourcen durch die Parteiförderung. Die sind zwar begrenzt, aber erleichtern uns die Arbeit daran, Strukturen aufzubauen und unsere Organisation auf feste Beine zu stellen. (…) Und seit letzter Woche haben wir unsere allererste (teilzeit-)angestellte Mitarbeiterin!“
Unser Ansatz lautet: Ein Studium marxistischer Theorie in Kombination mit aktiver Teilnahme am Klasenkampf, den sozialen Bewegungen, den Organisationen der Arbeiterklasse, auf Basis eines Programmes, das die Überwindung des Kapitalismus als praktische Aufgabe begreift. Selbstfinanzierung ist eine strukturelle Grundlage, um zu sagen, was ist und sich nicht von bürgerlichen Institutionen abhängig zu machen. die IMT hat sich in bisher über 30 Ländern der Aufgabe verschrieben die Revolution nicht als poetische Idee zu erzählen, sondern ihren Sieg geduldig vorzubereiten.
(Funke Nr. 196/1.9.2021)
*Es handelt sich hierbei um veraltete Information. Jadue unterlag bei den Vorwahlen zur Präsidentschaftswahlen im Juli dem Kandidaten Gabriel Boric.
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