Seit Frühjahr kampagnisiert die ÖVP das Thema „Sicherheit“, im Fokus stehen neben Asylbewerbern im Allgemeinen insbesondere migrantische, besonders muslimische Jugendliche. Von Merve Beypinar.
Eigens dafür gründete Innenminister Karner (ÖVP) im März eine „Einsatzgruppe Jugendkriminalität“, die alleine bis Mitte Juli rund 4.200 Anzeigen erstattete und 380 Festnahmen durchführte. Ziel sei es, „Gewalttäter aus dem Verkehr zu ziehen und zwar mit ordentlichem Nachdruck und der dem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Härte“, erklärte Karner.
Klar: mit mehr Anzeigen gibt es auch mehr Straftäter. Doch während sich die Anzeigen von Jugendlichen zwischen 2013 und 2023 von 24.800 auf 34.000 erhöhten, sank die Zahl der Verurteilungen sogar. Das Innenministerium selbst gesteht ein, dass es in den letzten 10 Jahren „bei Jugendlichen über 14 nur einen geringen Anstieg, bei jungen Erwachsenen hingegen einen Rückgang“ der Straftaten gegeben habe. Die ÖVP folgert: Die Strafunmündigkeit der unter 14-Jährigen soll aufgehoben, die Überwachungsmöglichkeiten und Polizeikräfte sollen ausgebaut werden.
Der verrottete Kapitalismus hat neben Günstlingspolitik für Unternehmer eben kein Geld übrig, um Schulen, Ausbildungs- und Zukunftschancen zu bieten, stattdessen wird mit „aller Härte“ die Repression erhöht. Selbstverständlich wird der Ausbau der Repressionsmaschine und die gerichtliche Verfolgung auch gegen die Arbeiterbewegung und Linke verschärft werden; die weitläufigen Verbote von propalästinensischen Demonstrationen (sie werden derzeit der Reihe nach rückwirkend als verfassungswidrig aufgehoben) sind ein Vorgeschmack hierauf.
Der jüngste Gipfel der Angstmache wurde rund um die abgesagten Taylor-Swift-Konzerte in Wien erklommen. Bundeskanzler Nehammer ließ sich mit Swifties ablichten und sämtliche Parteien bis hin zur FPÖ nutzten ihre Beileidsbekundungen, um die Verschärfung von Abschiebungen und mehr Polizei und Überwachung zu fordern. Indes erklärt ein Wiener Polizeisprecher nüchtern: „Die Sicherheitsmaßnahmen sind seit dem Swift-Vorfall erhöht worden. Das hat vor allem mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl zu tun. Gefährlicher sind Events nicht geworden.“ (Presse, 24.8.)
(Funke Nr. 226/30.08.2024)