Folgender Kommentar zur Bedeutung der heurigen Herbstlohnrunde wurde von Funkeredakteur Emanuel Tomaselli exklusiv für die Betriebszeitung der „Liste Gerechtigkeit und Solidarität“ des Arbeiterbetriebsrates der voestalpine verfasst. Wir bedanken uns bei den Kollegen für die ungekürzte Wiedergabe unserer Ideen zur kommenden KV-Runde in ihrer aktuellen Betriebszeitung.
BR Hans Linsmaier war 2008-2009 Vorsitzender der ArbBR der voestalpine und ist heute als Listenführer der genannten Namensliste Betriebsrat. Seiner Abwahl gingen zahlreiche fraktionsinterne Konflikte in der FSG-voestalpine voraus. Das Unternehmen strebte seither in zwei erfolglosen Prozessen seine Entlassung aus dem Unternehmen an (Berichte in Funke Nr. 114 und 118).
Angesichts der drohenden Unternehmerangriffe hoffen wir, mit diesem Artikel zu einer sachlichen Verständigung beitragen zu können. Der Willen, den Lebensstandard der Beschäftigten in Österreich zu verteidigen, ist wichtiger als alle fraktionellen Überlegungen innerhalb der Arbeiterbewegung: Gemeinsam den Metaller-KV verteidigen!
Die Redaktion
Marmor, Stein und Eisen bricht, aber der Metaller-KV nicht
In der heurigen Herbstlohnrunde geht es nicht nur um Prozentpunkte, sondern um die Existenz unseres Kollektivvertrages. Die Voestler haben dabei eine besondere Verantwortung, meint Emanuel Tomaselli. Am 20. September wollen nur drei der sechs Metallfachverbände bei der traditionellen Eröffnungsrunde das Verhandlungsteam der Arbeitnehmer empfangen. Auch der Bereich Stahl will sich aus dem Metaller-KV verabschieden. Die seit ein paar Jahren andauernde Auseinandersetzung um unseren Kollektivvertrag geht nun in die heiße Phase.
Zentrale Idee der Unternehmervertreter ist die sogenannte „Entfesselung der Wirtschaft“. Selbst verlässliche Sozialpartner wie Leitl legen die Platte vom „abgesandelten Wirtschaftsstandort Österreich“ auf. Diese Titelmusik wurde in Brüssel und Berlin komponiert und in Südeuropa uraufgeführt. Durch die Gegenreformen am Arbeitsmarkt wurde der Gestaltungsraum der südeuropäischen Gewerkschaften minimiert, Lohnkürzungen von bis zu 50 % (etwa in der spanischen Autoindustrie) sind das Resultat. Jetzt streben auch die österreichischen Unternehmer nach dem vollen Durchgriffsrecht in den Betrieben. Betriebsräte und Gewerkschaften gelten ihnen zunehmend als strukturelles Problem. Ihr zentraler Angriffspunkt in den Betrieben sind die Arbeitszeiten. Hier geht es ihnen jedoch nicht nur um Flexibilisierung – sondern um Lohnraub. Die Zuschläge sollen weg und die Planbarkeit der Arbeitszeit soll voll in den Händen des Unternehmens liegen. Wie in der „guten alten Zeit“, in der der Firmenpatriarch wusste, was für seine Gefolgschaft gut ist.
Einerseits haben die Unternehmer Sorgen um die anhaltende schwankende Konjunktur, andererseits stimmt der Profit. Sie re-investieren durchschnittlich nur ein Viertel des Profits ins Unternehmen. Dreiviertel des Ertrages schütten die Unternehmen an die Eigentümer und Manager aus – das waren letztes Jahr in der österreichischen Metallindustrie über 3 Mrd. Euro. Erwirtschaftet wird diese freche Summe von Arbeitern und Angestellten. Der Verteilungsspielraum ist also gegeben.
Ob wir unseren Anteil am Kuchen aber erhöhen können, ist also eine Frage unserer Durchsetzungsfähigkeit. In diesem Sinne ist die Ansage der PRO-GE, auch in diesem Jahr den gemeinsamen KV verteidigen zu wollen, voll zu unterstützen. Der Belegschaft und dem Betriebsrat der voestalpine, dem Flaggschiff der Stahlindustrie, kommt als einer der Speerspitzen der österreichischen Gewerkschaftsbewegung in diesem Kampf eine besondere Verantwortung zu.
Die Situation ist sehr ernst. Angesichts dieser außergewöhnlichen Umstände müssen wir unser Verhandlungsteam mit aller Kraft unterstützen. Folgende Eckpunkte erscheinen uns dabei besonders wichtig:
Geschlossene Teilnahme an der Auftaktkonferenz am 20.9.2013. Auf Basis eines offenen Ideenaustauschs und klaren Beschlüssen im Interesse der Kollegen muss eine Geschlossenheit im BR zu dieser wichtigen Frage gegeben sein.
Klares Bekenntnis des voestalpine-ArbBR zum gemeinsamen Metaller-KV. Jede Idee der Aufspaltung des KV oder die Idee eines eigenen Konzern-KVs muss bekämpft werden.
Es ist wahrscheinlich, dass in diesem Herbst Kampfmaßnahmen notwendig werden. Öffentlichkeitswirksame Aktionen am Werkstor sind gut, ein Vollstreik mit Demonstration kühlt den Übermut der Verhandlungspartner besser.
Die Verhandlungsanordnung der Unternehmer soll die gewerkschaftliche Kampftaktik nicht beeinflussen. Wir stehen für eine solidarische Lohnbewegung, und sind auch zu Aktionen bereit, wenn die Verhandlungen in anderen Sparten stillstehen.
Der ArbBR der voestalpine spricht sich von Anfang an dafür aus, dass das Ergebnis der heurigen Kollektivvertragsverhandlungen auf einer bundesweiten Betriebsrätekonferenz diskutiert und abgestimmt wird. Damit können wir unseren Verhandlungsführern enorm den Rücken stärken.
Und das werden sie angesichts der zu erwartenden Provokationen von Seiten der Unternehmer auch brauchen.
Stehen wir so dicht hinter ihnen, dass sie auch wenn es hart auf hart kommt, nicht umfallen können.