Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Frauenministeriums zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Österreich zeigt, dass wir von echter Gleichberechtigung genauso weit entfernt sind wie vor 10 Jahren. Von Sarah Ziermann-Österreicher.
Die Studie belegt, was die meisten ohnehin wissen. Obwohl Frauen im Bereich der Bildungsabschlüsse aufgeholt haben, verdienen sie 18 Monate nach dem jeweiligen Abschluss deutlich weniger: Akademikerinnen müssen mit 11%, Frauen mit Pflichtschulabschluss mit 36% weniger Einkommen leben. Der Gender Pay Gap ist seit 10 Jahren unverändert. In Folge dessen haben Frauen auch weniger (Haus-)Eigentum, kleinere Wohnflächen und sind seltener in der Lage aus freien Stücken alleine zu leben. Alleinlebende Frauen (alleinerziehend, verwitwet, u.ä.) sind von hohem Armutsrisiko betroffen. Und das, obwohl die Frauenerwerbsquote seit 2014 um 5% gestiegen ist. Gleichzeitig verrichten Frauen weiterhin den Großteil der Haus- und Betreuungsarbeit. Mehrbelastung und Armut führen auch dazu, dass Frauen im Verhältnis zur Lebenszeit weniger gesunde Lebensjahre als Männer verbringen.
All diese Ungerechtigkeiten werden durch die Krise des Kapitalismus noch verschärft. Die hohe Inflation, der steigende Arbeitsdruck, die extreme Überlastung in den frauendominierten Gesundheits- und Sozialberufen, Arbeitskräftemangel bei Betreuungseinrichtungen: Das braucht die geringeren finanziellen Ressourcen auf, steigert die Mehrfachbelastung und erhöht den Druck, zusätzlich zur unbezahlten Arbeit das Erwerbsausmaß zu erhöhen, was aber vor Armut nicht schützt. Das führt oft zu wirtschaftlicher Abhängigkeit von Männern, die Frauen zwingt, in Beziehungen zu leben, die sie nicht wollen oder in denen sie Opfer von physischer oder psychischer Gewalt sind.
Das WIFO fordert als Lösung einen Frauenbericht (!). Die Politik hat außer Frauenquoten und gendersensibler Sprache nichts zu bieten. An der realen Unterdrückung der Frau wird das alles rein gar nichts ändern, denn diese erfüllt im Kapitalismus einen Zweck: Frauen verrichten Reproduktionsarbeit und werden als industrielle Reservearmee bei Bedarf mit Niedrigstlöhnen ausgebeutet. Wie Rassismus dient Sexismus zur Spaltung der ArbeiterInnen, damit sie den Schuldigen unter sich suchen, statt bei den Banken und Konzernen, die ihren Reichtum auf der Ausbeutung aufgebaut haben.
Zur Verbesserung der Lage braucht es massive strukturelle Änderungen: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich als Basis für die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Freizeit; hochwertige, kostenlose Betreuungseinrichtungen; billige und hochwertige Kantinen und Wäschereien und vieles mehr. Am wichtigsten ist es aber, der Ausbeutung die Grundlage zu entziehen: Wir müssen den Kapitalismus stürzen. Kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung, keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus!
(Funke Nr. 224/30.05.2024)