Wie in allen Bereichen wollen sich die Bosse auch in der Chemie-Branche nicht auf eine angemessene Lohnerhöhungen einlassen und erhöhen stattdessen den Druck auf die Beschäftigten. Zwei Berichte über sich anbahnende Arbeitskämpfe.
Chemiepark Linz
Nach Abbruch der 5. Verhandlungsrunde in den KV-Verhandlungen gab es eine standortweite Betriebsversammlung. Es waren alle Beschäftigten der am Standort vertretenen Firmen eingeladen. Trotz massiver Einschüchterungs- und Boykottversuche durch die Geschäftsführungen, erschienen mindestens 500 Leute zur Versammlung. Im Vorfeld wurde versucht, Betriebsräte an der Kommunikation zu hindern, uns wurde nahegelegt, nicht hinzugehen, es wurde versucht, die Versammlung zu verbieten, seit Wochen werden die Argumente der Arbeitgeber durch alle Kanäle verbreitet, uvm.
Es wurde berichtet, dass der Geschäftsabschluss im ersten Quartal besser als befürchtet war und dass die Auftragslage wieder im Aufschwung sei. Die Gewerkschaft fordert gerade einmal die Abgeltung der rollierenden Inflation von 6,36% (im Übrigen nicht sehr ambitioniert) und nicht einmal dazu sind die Arbeitgeber bereit. Nach den Rekordgewinnen 2022 und 2023 bieten sie nach harten Verhandlungen gerade einmal 5,8%, gedeckelt mit 232 € brutto, das entspricht einer durchschnittlichen Erhöhung um 4,6%. Die derzeitige Inflation liege eh nur bei 3,5% und das könne man sich derzeit einfach nicht mehr leisten. Das ist lächerlich, wenn man sich die gigantischen Ausschüttungen an Manager, Aktionäre usw. ansieht. Wir haben die vergangenen Monate die hohe Inflation gespürt und sehen die schreiende Ungerechtigkeit, wenn wir mit unserer Arbeit all das produziert haben, was den Firmen die hohen Gewinne beschert hat.
Durch entlassene Leasingmitarbeiter, nicht eingestellte Lehrlinge (wegen des Spardrucks) usw. wird in den kommenden Monaten auch der Arbeitsdruck weiter steigen. Bei all dem Gerede von „wir müssen zusammenhalten“ ärgert viele die fehlende Wertschätzung, wenn jetzt plötzlich klar wird, dass die Geschäftsführung und die Arbeitgeber auf der anderen Seite stehen und uns einfach fallen lassen. Deutlich wird die Verachtung der Arbeitgeber für ihre Beschäftigten auch dadurch, dass der Chefverhandler der Arbeitgeber lieber im Urlaub weilt, als den KV zu verhandeln, weshalb die Verhandlungen für über 3 Wochen pausiert sind, während die ArbeiterInnen auf ihre verdiente Lohnerhöhung warten, um die massiv gestiegenen Lebenskosten decken zu können.
Es herrschte nervöse Unruhe auf der Versammlung. Jedes Mal, wenn das Wort Streik fiel, gab es tosenden Applaus, auch wurde ein einstimmiger Streikbeschluss gefällt, sollten bei der nächsten Verhandlungsrunde die Forderungen der Gewerkschaft immer noch nicht erfüllt werden. Jubel brach aus.
Am 23.5. gab es eine Kundgebung vor dem Chemiepark, um den Unmut der Belegschaft kundzutun. Durch die Fluktuation und lange Dauer war sie nie so groß, aber der Schwertransport in und aus dem Chemiepark war für über 2 Stunden gesperrt, wodurch die Protestkundgebung auch handfesten Einfluss auf die Arbeit hatte.
Eine Arbeiterin
Octapharma Wien
Auch bei uns kam es zu einer Betriebsversammlung, an der sich etwa 400 Kollegen beteiligten. Immer wieder war die Unzufriedenheit spürbar. Das drückte sich in einem einstimmigen Streikbeschluss aus. Das ist ein erster Schritt, der wirkungsvoll sein kann, wenn er über zweistündige Warnstreiks hinausgeht und in der ganzen Branche koordiniert wird.
Flo
(Funke Nr. 224/30.05.2024)