Die Situation an der ukrainischen Front ist düster. Anonyme Offiziere warnen in Politico vor einem Totalkollaps der Front, das Militär fordert 500.000 neue Soldaten und die Munition geht zur Neige. Gleichzeitig hat eine „Zunahme der Niedergeschlagenheit und Bereitschaft zu Zugeständnissen“ den „unerschütterlichen Optimismus“ des Kriegsbeginns abgelöst (Kiev International Institute of Sociology): die Rekrutierungsbüros sind leer und über 650.000 Männer im wehrfähigen Alter sind trotz gewaltsam durchgesetzten Ausreiseverbots geflohen. Von Lukas Frank.
Nichtsdestotrotz ist der westliche Imperialismus fest entschlossen, die Ukraine bis zum letzten Tropfen Blut durch den Fleischwolf zu jagen. Die EU bewilligte kürzlich 50 Mrd. Euro, um den kriegsgebeutelten ukrainischen Staatsapparat am Leben zu erhalten, während die USA 60 Mrd. Dollar, großteils für Kriegsmaterial, zugesichert hat (gemeinsam mit 34 Mrd. Euro für Israel und Taiwan). Wie zum Dank für die westlichen Geldgeber hat sich das ukrainische Parlament nach monatelangem Debattieren auf ein neues Gesetz geeinigt, um mehr und jüngere Menschen an die Front zu zwingen.
Der Verbissenheit des westlichen Imperialismus liegt die Panik vor seinen aufstrebenden Konkurrenten zugrunde. In den Worten des ehemaligen britischen sozialdemokratischen NATO-Bosses George Robertson: „Wenn die Ukraine verliert, dann verlieren wir. Dann wird die Weltordnung von den Chinesen, den Russen, den Iranern und Nordkoreanern geschrieben“. Die Folgen führt das Royal United Services Institute nahtlos aus: „das würde die Länder des globalen Südens dazu zwingen, tiefere Beziehungen zu diesen Ländern zu suchen. Dies würde nicht nur zu einer Schwächung des westlichen Anspruchs führen, die militärische Infrastruktur des globalen Südens zu nutzen, sondern es würde auch den Zugang zu dessen Märkten sowie die Möglichkeit, strategische Materialien zu beziehen, einschränken.“ Das trifft auch auf Osteuropa zu, einer der Hinterhöfe des westlichen Imperialismus, weshalb die Ukraine mit einem NATO-Beitritt fest in die westliche Einflusssphäre zementiert werden soll.
Von diesen Kriegszielen ist der westliche Imperialismus weit entfernt. Die Rüstungsindustrie und Armeen sind nicht auf eine direkte Materialschlacht zwischen imperialistischen Räubern eingestellt, welche nicht durch Hightechwaffen und Spezialeinheiten gewonnen wird, sondern durch die schiere Menge an Raketen, Artilleriegeschossen, Patronen und Menschenmasse. Dementsprechende Panik hat sich unter den Politikern Europas breit gemacht. EU-Ratsvorsitz Charles Michel fordert eine Umstellung auf Kriegsökonomie. Frankreichs Präsident Macron will Bodentruppen in der Ukraine und Kriegsanleihen um 100 Mrd. Euro. Laut Boris Pistorius, Deutschlands sozialdemokratischem Verteidigungsminister, muss Europa bis zum Ende des Jahrzehnts kriegstauglich sein.
Entgegen ihrer Propaganda um Menschenrechte und Demokratie sind die westlichen Imperialisten kein Stück am Wohlergehen der Menschheit interessiert. Sie sind bereit, für ihre Profite die Welt in den Abgrund zu steuern – mit voller Unterstützung der sozialdemokratischen Führer. Entgegen der Illusionen, die manche Genossen der kommunistischen Bewegung haben, kann es hier keine „neutralen“, „pazifistischen“ imperialistischen Länder geben, deren Kapitalisten sich gleichzeitig an der Ausbeutung der Welt beteiligen. Auch gibt es keine „progressiven“ Imperialisten wie China oder Russland, nur weil sie in Konkurrenz zum westlichen Imperialismus stehen.
Es gibt keine kapitalistische Lösung. Nur wenn die russischen und die ukrainischen Soldaten gemeinsam mit ihren Klassengeschwistern ihre jeweiligen Herrscher in einer sozialistischen Revolution besiegen, wird das Blutvergießen ein endgültiges Ende finden. In Washington, Wien, Kiew und Moskau lautet unser Ruf daher mit einer Stimme: Der Hauptfeind steht im eigenen Land!
(Funke Nr. 223/24.04.2024)