Die Europäische Union ist im Aufrüstungsfieber. Von 2014 bis 2022 explodierten die jährlichen “Verteidigungs”-ausgaben der Mitgliedstaaten um 40% auf 240 Mrd €. Doch die Regierungen und die EU-Spitzenpolitiker machen klar: Das reicht noch lange nicht! Von Lukas Frank.
Bei einer Pressekonferenz anlässlich der Rückschläge im Ukrainekrieg donnerte der EU-Ratspräsident Charles Michel „Wenn wir Frieden wollen, müssen wir Krieg vorbereiten” und forderte die Umstellung zu einer Kriegsökonomie. Josep Borell, Sozialdemokrat und Leiter der EU-Verteidigungsagentur, hielt fest, man müsse der Bevölkerung erklären, dass zwar niemand weniger Butter mag, aber es eben ohne Kanonen auch keine Butter gäbe.
Zumindest die Kapitalisten sind überzeugt, dass der europäischen Rüstungsindustrie eine große Zukunft bevorsteht. Die Börsenkurse von z.B. Rheinmetall, Saab und Rolls Royce stiegen zwischen 190 und 370% innerhalb eines Jahres und die Fabriken laufen heiß. Rüstungsmanager berichten über eine nicht zu bewältigende Auftragsflut an Munition, Artilleriegeschossen und Boden-Luft-Raketen. Rheinmetall ist aktuell dabei, vier neue Fabriken in der Ukraine zu bauen.
Wir wollen doch nur den Frieden verteidigen, tönt dabei einstimmig der Chor der Herrschenden Europas – natürlich mit nationalen Variationen. Für die estnische Premierminsterin kann nur eine verheerende Niederlage Russlands und ein Frieden zu Europas Konditionen den dritten Weltkrieg verhindern. Der dänische Verteidigungsminister vermutet den russischen Einmarsch nach Europa in den nächsten drei bis fünf Jahren. In Österreich fordert Claudia Tanner die „geistige Landesverteidigung”.
Doch wie immer gibt es ein paar schiefe Trompeter, die die Wahrheit hinausposaunen, in dem Fall die EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen. Laut ihren deutlichen Worten auf der EDA Jahrestagung 2023 geht es „nicht nur um die Ukraine” sondern auch den westlichen Balkan, den Nahen Osten, die Sahelzone, den Kaukasus und den indopazifischen Raum:
„Weltweit verschärft sich der strategische Wettlauf. […] Wir haben erfahren, dass die regelbasierte Weltordnung auf dem Spiel steht […]. Und natürlich sind dann auch unsere Handelswege und Lieferketten in Gefahr. […] Deshalb brauchen wir die Streitkräfte der Mitgliedstaaten, die für alle möglichen Szenarien gewappnet sind“
„Seid still und schnallt den Gürtel enger, damit wir unser Vorrecht auf die Plünderung der Welt – Rohstoffe, Marktzugänge, Auslandsinvestitionen – mit Gewalt verteidigen und ausweiten können – gegen die anderen imperialistischen Räuber und unterdrückten Völker.” Das ist der Inhalt unserer Imperialisten (und der Imperialisten anderer Länder), wenn sie von der militärischen Verteidigung des Friedens reden.
Doch imperialistische Kriege wird es geben, solange es den Kapitalismus gibt. Es gibt keine progressiven Gangster. Wenn die Arbeiterklasse der europäischen Länder Frieden will, muss sie ihren eigenen Herrschenden mit der Revolution das Handwerk legen – im Vertrauen darauf, dass es ihnen die Arbeiter der anderen Länder gleich tun werden.
(Funke Nr. 222/27.03.2024)