Vor 5 Jahren kämpften tausende Wiener Pflegekräfte monatelang und letztlich erfolgreich um das Recht der Optierung in das neue Gehaltsschema. Funke-Aktivist Martin Gutlederer spielte eine führende Rolle in diesem Arbeitskampf und nützte den Schwung der Bewegung, um mit der Wahlliste Solidarität neuen Wind in die Personalvertretung zu bekommen. Die Revolutionären Kommunisten in der Klinik Ottakring & der Liste Solidarität ziehen eine gemeinsame Bilanz über die gemachten Erfahrungen.
Der Schritt, sich in Personalvertretung und Gewerkschaft zu engagieren, war in der Optierungsbewegung von Anfang an umstritten. Wir argumentierten, dass die Bewegung nicht auf die Unterstützung von Medien, NGOs und Oppositionsparteien stützen soll, sondern mit eigener Kraft die Gewerkschaften zurückerobern muss. Diese politische Orientierung ermöglichte letztlich den Erfolg der Bewegung. Schritte dahin waren: eine Demo zur Gewerkschaftszentrale, am 1. Mai machten wir außer Kontrolle der Younion unseren Arbeitskampf sichtbar und dann im Juni eine Kampagne zur Durchsetzung von Dienststellenversammlungen: Dann kam die Optierung. Trotz arbeitsrechtlicher Verschlechterungen ist dieses Gehaltsschema insbesondere wegen der höheren Einstiegsgehälter bzw. Lebensverdienstsumme attraktiver und es war der selbstbestimmte Kampf der Krankenpfleger, der den Umstieg ermöglichte.
Wir haben nach unserer Wahl (~27 % in der Klinik Ottakring) unsere erste „Betriebszeitung“, die Solidarität-Info unter das Brecht-Zitat gestellt, dass nach den Mühen der Berge nun die Mühen der Ebene auf uns warten. Das heißt das Einarbeiten in ein völlig neues Feld der gewerkschaftlichen und Personalvertretungsarbeit und das neben Vollzeittätigkeit im Krankenhaus.
Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat
Dies muss auch für unsere Arbeit in der Personalvertretung und im Gewerkschaftsausschuss gelten. Was wir schnell erkennen mussten, ist die doppelte Begrenzung unserer Arbeit. Einerseits durch die Tatsache, dass wir eine kleine Minderheit sind (wir halten in Bezug auf alle Dienststellenausschüsse 5 von 225 Mandaten, exklusive der damals neugeschaffenen Klinik Floridsdorf). Andererseits durch die Limitierung solcher Gremien. Es gelang uns auch in den höheren Gremien der Arbeiterbewegung und der Younion nicht mit unseren Forderungen durchzukommen. Das machte uns noch tiefer bewusst, dass nur eine aktive und in Prozesse eingreifende Belegschaft die Gewerkschaften und Personalvertretungen anschieben kann. Alle unsere Anträge, die wir über den Gewerkschaftsausschuss an die Gewerkschaftsführung richteten, blieben von der Führung der Hauptgruppe 2 (der Gesundheitsverbund-Abteilung der Gewerkschaft Younion) unbeantwortet. Hier stellten wir Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung, Forderungen von Inflationsausgleichen von 500€, Urabstimmungen über Verhandlungsergebnisse und die Einholung der Freigabe von Streikgeldern, usw. Diese Anträge stellten wir in Form von Musteranträgen der gesamten Arbeiterbewegung zur Verfügung.
Covid-Zeit
Die Covid19-Pandemie, die 2020 über das Gesundheitssystem hereinbrach, bedeutete einen tiefen Einschnitt. Diese Pandemie hat unsere Arbeitsbedingungen völlig desorganisiert und stellte uns vor unbekannte Herausforderungen, insbesondere weil ein großer Teil unserer MitstreiterInnen dieser Pandemie direkt auf Covid19-designierten Stationen entgegentrat.
Wir ließen uns nicht unterkriegen und waren sofort wieder auf der Straße, als es legal möglich war und organisierten federführend mit KollegInnen eine Kundgebung im Juni 2020 unter dem Titel „Reale Verbesserungen statt Applaus“. Die Pandemie bedeutete eine fundamentale Verschlechterung unserer Arbeitsbedingungen, die bis heute nicht wieder aufgeholt ist. Unsere Berichterstattung über die Probleme der Covid19-Pandemie und diese Kundgebung führte bei einzelnen AktivistInnen zu Repressionsversuchen, denen wir standhielten.
Gleichzeitig haben wir die gesamte Pandemie über mit unserer Online-Veranstaltungsreihe „Kämpferisches Krankenhaus“ unsere Aktivität aufrechterhalten und konnten KollegInnen in ganz Österreich eine kämpferische Perspektive vermitteln, nahmen an allen Demonstrationen und Kundgebungen im Gesundheits- und Sozialbereich teil und zeigten uns auch mit anderen Arbeitskämpfen solidarisch, egal ob im SWÖ-Bereich, bei den Ordenskrankenhäusern und zuletzt im Lorenz-Böhler Unfallkrankenhaus.
Auch dort, wo es vielen PolitikerInnen unangenehm war, wie beim ZNA-Ärztestreik der Klinik Ottakring, erklärten wir uns als einzige Wahlliste offen solidarisch mit den Streikenden der Notaufnahme. Gleichzeitig hielten wir unsere Forderung nach einem gewerkschaftlichen berufsgruppenübergreifenden Kampf abseits von Kammer-Logiken aufrecht und vertraten diese offensiv – sowohl gegenüber der Gewerkschaft als auch gegenüber den streikenden ÄrztInnen.
Eine Fülle an rechtlichen und individuellen Beratungen und Hilfestellungen, die wir leisten konnten sind selbstverständlich. Unser individueller Einsatz für KollegInnen bedeutete auch, dass sich uns, abseits von Pflegekräften, weitere Berufsgruppen im Spital anschlossen. Besser werden heißt für uns vor allem, die gewerkschaftliche Organisierung im Betrieb erhöhen und eine feste kämpferisches Betriebsgruppe in der Klinik Ottakring weiter auf- und auszubauen.
Dies ist die Hauptlehre unserer fünf Jahre: ohne radikale Schritte von Seiten der Belegschaft wird es im öffentlichen Gesundheitswesen immer weiter nach unten gehen. Wir stellen uns wieder zur Wahl und wollen dabei stärker werden. Allein uns ist klar: dies ist nur ein Element, um die Kampffähigkeit von Personalvertretung und Gewerkschaft herzustellen. Was es vor allem braucht, ist der Wille von allen Beschäftigten, gemeinsam aktiv und klar für ein völlig ausfinanziertes öffentliches Gesundheitssystem einzutreten. Dem wollen wir Ausdruck verleihen. Dafür brauchen wir vor allem deine aktive Mitarbeit, schließ dich also den Revolutionären Kommunisten von der Funke an!
(Funke Nr. 222/27.03.2024)