Vor kurzem fand in Wien der jährliche Kongress der Funke-Strömung statt. Wir diskutierten über Weltperspektiven, Österreich-Perspektiven und Fragen des Aufbaus unserer Strömung.
Den Beginn machte Fred Weston, der als Vertreter der Internationalen Marxistischen Strömung (IMT) an der Konferenz teilnahm. Fred, der übrigens vor etwas mehr als 15 Jahren bereits einen wichtigen Beitrag bei der Formierung der marxistischen Strömung in Österreich geleistet hat, leitete in die Diskussion über Weltperspektiven ein. In seinem Referat skizzierte er die sozialen und politischen Auswirkungen der internationalen Kreditkrise, die Ursachen der Lebensmittelkrise und der damit verbundenen Hungerrevolten. Eine seiner zentralen Aussagen bestand darin, zu zeigen, dass die gegenwärtige Epoche von unvorstellbaren Turbulenzen und Instabilitäten gekennzeichnet ist. Die jüngsten Ereignisse in Pakistan, Palästina, der gesamte Nahe Osten, Tibet, Burma, Ägypten, Südafrika, Iran, nahezu ganz Lateinamerika usw. sind Ausdruck dafür. Besonderes Augenmerk legte Fred auch auf die Auswirkungen der Krise auf das Bewusstsein der ArbeiterInnenklasse und die Entwicklung der Organisationen der ArbeiterInnenbewegung, die geprägt ist von einer tiefen Krise der traditionellen Linken.
In der Diskussion gab es eine Reihe von Wortbeiträgen, in denen einzelne Aspekte des Referats vertieft wurden (Wirtschaftskrise und Perspektive einer Rezession, die Frage des Erdölpreises, die Hungerrevolten, die Gefahr des Rassismus auch in Europa usw.). In der Diskussion wurde auch ein Vorschlag behandelt, der die Erweiterung des Diskussionspapiers der IMT zu den Weltperspektiven um einen Punkt zur Entwicklung des Klassenkampfes in Osteuropa vorsah.
Im nächsten Tagesordnungspunkt stellte Gernot Trausmuth das Dokument zu Österreich-Perspektiven dar. Die darin angewandte Methode und die daraus fließenden Analysen unterscheiden unsere Strömung von allen anderen Kräften in der ArbeiterInnenbewegung und der Linken.
In der Diskussion gab es eine Reihe von Wortbeiträgen. Eine Genossin stellte einen Vergleich zur Linken im Jahre 1968 dar und argumentierte, dass der Reformismus heute viel schwächer ist als damals und dass damit verbunden die Chancen für den Aufbau einer starken marxistischen Strömung in der ArbeiterInnenbewegung vierzig Jahre später viel Erfolg versprechender ist. Martin Wieland beschrieb die Auswirkungen der Sozialpartnerschaft am Beispiel der aktuellen Gesundheitsreform und wie wir zu den Ärzteprotesten stehen. Alexander Magnus verwies darauf hin, dass die Kluft zwischen einem Teil der Betriebsräte und der Gewerkschaftsführung bei der kommenden Runde der Kollektivvertragsverhandlungen massiv zunehmen wird. Als MarxistInnen werden wir bei diesem Konflikt nicht abseits stehen sondern Schulter an Schulter mit all jenen kämpfen, die sich für die Verteidigung des Lebensstandards der Lohnabhängigen konsequent einsetzen. Matthias Schnetzer ging auf die Perspektiven einer Wirtschaftskrise in Osteuropa ein, die auch für das österreichische Kapital enorme Auswirkungen hätte. Anhand der Ausmaße des Leistungsbilanz- bzw. Haushaltsdefizits zeigte er die Verwundbarkeit dieser Länder. Josef Falkinger analysierte den instabilen Charakter der Großen Koalition und die Krise der Sozialdemokratie.
In Österreich bereitet sich ein gewaltiges politisches Erdbeben vor, das in der ArbeiterInnenbewegung keinen Stein auf dem anderen lassen wird. In diese Prozesse gilt es aktiv zu intervenieren, mit dem Ziel die Bewegung vorwärts zu bringen.
Dann gab Fred Weston einen Bericht über die Arbeit der IMT in den letzten Monaten. Auch wenn er in der kurzen Zeit nur einen groben Überblick geben konnte, so war dieser Bericht doch einer der Höhepunkte dieser Konferenz. Die IMT konnte in den vergangenen Jahren vor allem in Lateinamerika wichtige Fortschritte machen. Zeitgleich mit unserer Konferenz fand der Kongress des Bloque Popular Juvenil (BPJ) in El Salvador statt, wo diese Gruppe, die eine zentrale Rolle in der Linken und der Jugendbewegung dieses Landes spielt, den Beschluss gefasst hat, der IMT beitreten zu können. Die GenossInnen sind Zielscheibe einer massiven staatlichen Repression und verdienen unsere vollste Solidarität. Von großer Bedeutung ist auch der Beitritt der Esquerda Marxista aus Brasilien, die eine führende Rolle in der Bewegung der besetzten Betriebe und im Movimento Negro Socialista (MNS) spielt. Nicht unerwähnt darf natürlich auch der Aufbau einer schnell wachsenden Gruppe in Bolivien sein. Dies ist eines der Zentren der lateinamerikanischen Revolution und die Klassenauseinandersetzungen der jüngsten Vergangenheit bilden einen fruchtbaren Boden für den Aufbau einer marxistischen Strömung. In den kommenden Monaten wird die IMT in Mexiko eine Konferenz abhalten, zu der MarxistInnen aus Kanada, den USA, Mexiko, Honduras, Guatemala, Kuba, El Salvador, Brasilien, Peru, Bolivien, Argentinien, Paraguay und natürlich Venezuela kommen werden.
Die IMT konnte jedoch auch in anderen Ländern wichtige Fortschritte machen. In Neuseeland und Australien gibt es neue Gruppen. Die Iranian Revolutionary Socialist League (IRSL), die mittlerweile auch im Iran eine wichtige Rolle in der ArbeiterInnen- wie auch in der Jugendbewegung spielt und die internationale Solidaritätskampagne Iranian Workers‘ Solidarity Network (IWSN) organisiert, wird nach Jahren der engen Zusammenarbeit beim heurigen Weltkongress um Beitritt zur IMT ansuchen. Durch die Arbeit der GenossInnen aus Marokko gibt es hervorragende Chancen die IMT im arabischen Raum aufzubauen. Eine Priorität hat dabei Ägypten, das vor einer großen sozialen und politischen Explosion steht. In Europa ist derzeit vor allem die Arbeit von FalceMartello von großer Bedeutung, die angesichts der Krise der Linken sowohl in der Rifondazione Comunista wie auch in der Gewerkschaftsbewegung viel an Einfluss gewonnen haben. Abgesehen von der Arbeit der anderen europäischen Sektionen der IMT wie Spanien Großbritannien, Belgien, Griechenland, Frankreich, Polen, Dänemark, Schweden oder Deutschland betonte Fred Weston auch die enge Kooperation mit der Irish Republican Socialist Party (IRSP), die an die besten Traditionen der republikanischen Bewegung und die Ideen von James Connolly anknüpft.
Nach diesem Bericht machte Emanuel Tomaselli zum Abschluss des ersten Konferenztages den traditionellen Spendenappell. Mit der Spendenkampagne verfolgen wir zwei wichtige Ziele: Erstens wollen wir die Arbeit der IMT finanziell unterstützen und zweitens geht es um die Finanzierung wichtiger Projekte für unsere Arbeit in Österreich. Konkret sollen unsere Wiener Räumlichkeiten fertig renoviert werden, um es zu einem öffentlichen Veranstaltungsort mit regelmäßigem Klubbetrieb zu machen. Und wir planen die Herausgabe des neuen Buches von Alan Woods „Reformismus oder Revolution – Marxismus und der ‚Sozialismus des 21. Jahrhunderts’“ in deutscher Sprache. Dieses Buch soll nicht weniger als der Anti-Dühring des 21. Jahrhunderts sein. Es wird uns als zentrales Werkzeug für die Verankerung marxistischer Ideen in der deutschsprachigen ArbeiterInnenbewegung dienen. Und last but not least, spielt der Funke eine wichtige Rolle beim Aufbau der marxistischen Strömung auch in anderen Ländern. Wir konnten in den vergangenen Monaten den Schweizer Funke als sichtbare Strömung in der UNIA-Gewerkschaft etablieren, wir unterstützen aktiv die Arbeit der MarxistInnen in Deutschland und wir arbeiten nun an der Expansion der Hände weg von Venezuela“-Kampagne nach Osteuropa, konkret in Ungarn und der Slowakei. All diese Arbeit kostet viel Geld. Die anwesenden KonferenzteilnehmerInnen spendeten insgesamt ca. 7.700 Euro. Unser Ziel bis Ende Juli lautet 10.000 Euro. Wir rufen alle unsere LeserInnen auf, diese Kampagne zu einem vollen Erfolg zu machen.
Am Sonntag ging die Konferenz weiter mit einer Debatte über den weiteren Aufbau unserer Strömung. Das einleitende Referat hielt Josef Falkinger, der einen Überblick über unsere Arbeit und die kommenden Prioritäten gab. In der Diskussion ging es über unsere Gewerkschaftsarbeit, den Aufbau einer Vernetzung im Sozial- und Gesundheitsbereich, die Funktion unserer „HacklerInnen-Stammtische“ in Wien und Linz; über unser Projekt an den Schulen eine starke Linke aufzubauen; die Erfahrungen im Kampf in der SJ gegen bürokratische Angriffe auf marxistische Ortsgruppen; die Rolle unserer Zeitung; das Geschlechterverhältnis in unserer Strömung; die vorbildhafte Arbeit der GenossInnen beim Aufbau der SJ Vorarlberg usw.
Den Abschluss machte eine Diskussion über unsere Finanzen und die Rolle der Selbstfinanzierung unserer Strömung, die den Schlüssel zu unserer politischen Unabhängigkeit darstellt. Trotz massiver Angriffe auf unsere Strömung im letzten Jahr vor allem durch die SJ-Bürokratie, mit dem Ziel uns schweren Schaden zuzufügen, konnten wir unsere Rücklagen weiter aufbauen. Vor allem in den letzten Monaten konnten wir den Vertrieb unserer Zeitung stark verbessern, neue AbonnentInnen gewinnen und erfolgreiche Spendenkampagnen organisieren.
Dieser Kongress hat gezeigt, dass wir unsere Arbeit im letzten Jahr stark professionalisieren konnten. Dies legt die Basis, dass wir in der politischen Krise und den bevorstehenden Klassenkämpfen eine wichtige Rolle spielen können. Mach mit beim Aufbau einer starken Linken in der ArbeiterInnen- und Jugendbewegung!