Im Teil 2 unserer dreiteiligen Serie zur weltwirtschaftlichen Entwicklung seit dem Zweiten Weltkrieg beschäftigen wir uns mit der Frage, wie keynesianische und neoliberale Wirtschaftspolitik auf die kapitalistische Krise nach 1974 reagierten. Teil 1, Teil 3
Die Entwicklung der organischen Zusammensetzung des Kapitals und die Weltwirtschaftskrise von 1974
Die marxistische Wirtschaftstheorie zeichnet sich dadurch aus, dass sie die wirtschaftliche Dynamik aus der Entwicklung der Profitrate erklärt, das heißt aus dem Verhältnis des Kapitalstocks zu den Profiten. Zeichnen wir die Entwicklungstendenzen seit 1929 kurz nach.
In den goldenen Zwanziger Jahren führte der Investitionsboom in den USA zu einer massiven Expansion des Kapitalstocks und zu einem Einbruch der Profitrate 1929. Die Depression zwischen 1929 und 1934, in der ein massiver Teil des Kapitalstocks vernichtet wurde, stellte die Profitrate wieder her. Nach dem Aufschwung ab 1934 folgte 1938 wieder eine Rezession. Die Kriegskonjunktur zwischen 1939 und 1944 führte wieder zu einer Verschlechterung der Profitrate. Auf diese Weise war die Profitsituation in den USA in den 1950er Jahren gar nicht so rosig. Die Rezession von 1958, die schwachen Investitionen in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre, der Angriff auf den Lebensstandard der Lohnabhängigen, etc. bereiteten gemeinsam mit einer sich verändernden Handelspolitik der USA und mit dem Vietnamkrieg noch einmal eine Erholung der Profitrate vor, die die Grundlage für einen profitgetriebenen Boom zwischen 1961 und 1970 bilden sollte. Wiederum expandierte der Kapitalstock massiv. Nach diesem massiven Boom war die Profitrate entgültig am Boden.
Deutschland beginnt die 1950er Jahre mit einer unglaublich hohen Profitrate, die jedoch langsam, fast linear, absinkt und in den 1970er Jahren ebenfalls am Boden anlangt. Der Grund ist wiederum die massive Expansion des Kapitalstocks. Das dramatischste Beispiel ist jedoch Japan. Dort ist die Profitsituation in den 1950er und 1960er Jahren konstant enorm gut, bis es in den 1970er Jahren zu einem massiven Einbruch der Profitrate kommt, wiederum gerieben von der vorangehenden Expansion des Kapitalstocks.
Das besondere Kennzeichen der 1970er Jahre und der Krise von 1974 ist, dass jetzt alle industriellen Kernländer parallel in der Krise gezogen werden. Es ist nicht mehr so, wie in den 1950er oder 1960er Jahren, dass ein Land auf Kosten eines anderen expandiert, Deutschland auf Kosten von den USA oder umgekehrt – nein, die Weltprofitrate in ihrer Gesamtheit gerät in eine Krise.
Dass dabei der Ölschock der Auslöser ist, darf nicht verwundern. Ein Anstieg des Kapitalstocks führt vor allem auch zu einem gesteigerten Rohstoffverbrauch. Während die Verbilligung der Maschinerie der Erhöhung der Maschinenanzahl entgegenwirken kann, sind Rohstoffe wie Öl natürlich begrenzt vorhanden. Auf diese Weise nennt Marx bereits im dritten Band des „Kapitals“ die Knappheit der Rohstoffe als einen Hauptgrund, warum der tendenzielle Fall der Profitrate durch die Verbilligung der Maschinerie verzögert, aber nicht aufgehalten werden kann. In den 1970er Jahren schlagen die meisten Regierungen eine Politik des deficit spending und des billigen Geldes ein, die verhindert, dass sich die Rezession voll entfalten kann. Auf diese Weise bleibt der Kapitalstock ineffizient, weil überakkumuliert, und die Profitrate sinkt weiter ab. Erst in den 1980ern setzten sich die KapitalistInnen wieder das Ziel, die Profitrate massiv zu erhöhen. Dies konnten sie aber nur tun, indem sie den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse herausfordern und die soziale Stabilität im Inland und Ausland in Frage stellen.
1970 bis 1982: Das Jahrzehnt der keynesianischen Krise
Nach der langen Zeit positiven Wachstums ab 1958 stürzen die USA erst 1970 wieder in eine Rezession. Jetzt beginnt die Phase, in der die USA versuchen, durch keynesianische Politik einen Ausweg herbeizuführen. Deficit spending wird verknüpft mit einer Niedrigzinspolitik. Zwischen 1971 und 1982 beträgt der Budgetsaldo durchschnittlich -1,23% des BIP – im Vergleich dazu lag es im Zeitraum von 1950 bis 1970 bei durchschnittlich +1,32 %. Zwischen 1971 und 1982 ist der Budgetüberschuss nur zweimal positiv – in den 20 Jahren davor war er nur zweimal negativ.
Die Politik des Keynesianismus konnte zwar immer wieder die Wirtschaft ankurbeln, nach ein paar Boomjahren stellte sich jedoch die sofort Rezession wieder her, und zwar tiefer und länger als in der Vergangenheit. So kommt es nach der Konjunkturankurbelung 1971 zu einem dreijährigen Wachstum, das aber gleich wieder in einer zweijährigen Rezession 1974/75 mündet. Ein neues Konjunkturpaket, das das Budgetdefizit auf 4,07 % des BIP anwachsen lässt, verhilft der Wirtschaft wieder für vier Jahre auf die Beine. Doch 1980 bis 1982 folgt eine neuerliche dreijährige Krise. Dazu muss gesagt werden, dass 1981 bereits der Monetarismus einsetzt und die Zinssätze scharf angehoben werden, um die ausufernde Inflation in den Griff zu bekommen.
Die Krise der Profitrate konnte durch keynesianische Politik einfach nicht gelöst werden – das haben die 1970er Jahre eindrücklich bewiesen. Wenn wir die Profitrate in Rezessionszeiten vergleichen, haben wir eine Profitrate von 2,9 % im Jahre 1970, fünf Jahre später 2,6 %, und nur 1,9 % im Jahre 1982. Das bedeutet während der keynesianischen Expansion einen Profitratenfall von 34%.
Die andauernde lockere Geld- und Fiskalpolitik simuliert selbst während der Rezessionen die Rahmenbedingungen eines Wirtschaftsbooms. Auf diese Weise ist die Rate der Firmenpleiten sehr niedrig, die ineffizientesten Teile des Kapitalstocks scheiden nicht aus, das Kapital entwertet sich kaum, oft zählt auch bei Neuinvestitionen mehr die Quantität als die Qualität. Dies trug zu einer ganz schlechten Entwicklung der Produktivität bei und führte zudem dazu, dass die negative Wirkung der Investitionen auf Kapitalstock und Profitrate verstärkt wurden. Deshalb haben wir in den 1970er Jahren nachfrageinduziert teilweise kurzfristig ganz hohe Investitions- und Wachstumsraten, die jedoch sehr schnell versiegen und zu einer neuen Rezession führen. Wenn das durchschnittliche Wirtschaftswachstum der 1970er sogar höher als das der 1980er, 1990er und 2000er ist, so ist die Profitrate und die Produktivitätswachstumsrate einzigartig niedrig.
Das bedeutet, dass die staatlich induzierte Nachfrage, verbunden mit der Niedrigzinspolitik, wiederholt zu keiner nachhaltigen Ankurbelung der Konjunktur führte. Die Investitionswelle erfolgte zwar regelmäßig, brach aber ebenso relativ schnell wieder in sich zusammen. Die Folge war jedes Mal ein drohendes Ausufern der Inflation.
Die expansive Geld- und Fiskalpolitik erhöhte die Nachfrage, auf Grund der schlechten Profitsituation brachen aber die Investitionen immer wieder schnell in sich zusammen. Das bedeutet, dass der Erhöhung der Nachfrage keine Erhöhung des Angebots im selben Ausmaß nachfolgte, was in einer Preissteigerung resultieren muss. Das gleiche Phänomen kann auch so interpretiert werden, dass UnternehmerInnen auf die steigende Nachfrage lieber mit Preissteigerungen reagierten als mit Investitionen, da die Profitratensituation so schlecht war.
Der zweite Grund für die explodierende Inflation lag in der Geldmengensteigerung, die aber nicht zu einer notwendigen Steigerung des BIP führte. Dadurch erhöhte sich die Geldmenge im Vergleich zu den zirkulierenden Warenwerten. Wiederum ist das Resultat eine Preissteigerung, also Inflation.
Weil also der gewünschte Effekt der Konjunkturankurbelung ausbleibt, kommt es sowohl durch die expansive Geldpolitik, als auch durch die expansive Fiskalpolitik zu Inflation.
Regelmäßig explodiert gerade in der Rezession, das bedeutet in einer Phase, in der es normalerweise zu Preissenkungen zu Deflation kommt, die Inflation auf 9 % und mehr (1980, 1975 und 1974). Der Grund liegt darin, dass gerade in Rezessionen das Angebot und die Zirkulation der Waren eingeschränkt werden, während aber bei expansiver Geld- und Fiskalpolitik die Nachfrage und der Geldumlauf hochgehalten wird.
Der Grund, warum die Investitionen von 1970 bis 1982 zu so einem rapiden Absinken der Profitrate führten, liegt darin, dass der Kapitalstock wuchs, ohne dass sich die Produktivität dementsprechend verbesserte. Normalerweise führen Rezessionen dazu, dass die unproduktivsten Elemente des Kapitalstocks abgeschrieben werden, beispielsweise durch Pleiten. Durch die Politik des billigen Geldes und der künstlich hochgehaltenen Nachfrage können auch die unproduktivsten Teile des Kapitalstocks im Markt bleiben. Rezessionen werden auf diese Weise einfach übertaucht. Ein neuer Aufschwung wird eingeleitet, ohne dass die Rezession gegenüber dem überakkumulierten Kapitalstock ihre reinigenden Kräfte entfalten konnte. Unter solchen keynesianischen Rahmenbedingungen werden die unproduktivsten Teile des Kapitalstocks in Rezessionen nicht nur nicht aus dem Markt gedrängt, sie werden in Boomzeiten sogar dazu gedrängt weiter zu expandieren. Auf diese Weise endet jeder Boom in einer schlimmeren Krise als der vorherige. Wäre die Politik über 1981 hinaus fortgesetzt worden, dann hätte dies unweigerlich in eine totale Profitkrise münden müssen. Ohne Profite kann der Kapitalismus nicht weiterexistieren. Eine Weiterführung dieser Politik hätte den Kapitalismus selbst gefährdet.
Neben dieser Profitkrise war ein weiteres Problem die ausufernde Inflation. Die Inflation ist zum einen ein Problem für das Finanzkapital, da gespartes Vermögen entwertet wird. Zum anderen birgt die Inflation ab einer gewissen Änderungsrate und Höhe immer die Gefahr in sich, zu explodieren. Dies deshalb, weil Firmen ihre Preissetzung von der generellen Inflationserwartung, also der Preissetzung aller anderen Firmen abhängig machen. Auf diese Weise können sich die Preise gegenseitig hochschaukeln. Eine explodierende Inflationsrate führt aber zu einer Zerrüttung der wirtschaftlichen Beziehungen. Wie hoch die Gefahr einer explodierenden Inflation tatsächlich war, sieht man daran, dass die Inflation von 1980 bis 1981 noch einmal von 9,1 % auf 9,4% anstieg, obwohl die nominalen Zinsen im selben Zeitraum von 8,5% auf 12,8% erhöht wurden, und damit auf den mit Abstand höchsten Stand der Nachkriegszeit. Man kann daraus fast schließen, dass es ohne diese Hochzinspolitik zu Hyperinflation in den USA gekommen wäre, in Zusammenhang mit der schlechten Profitsituation möglicherweise zu einer Depression.
Es gab also drei Gründe, warum 1982 eine Abkehr von der keynesianischen Politik passierte:
1. Die Krise der Profitrate
2. Das Finanzkapital begann gegen die hohe Inflation zu rebellieren
3. eine allgemeine berechtigte Angst vor einer explodierenden Inflation
Der neoliberale Turn
In den 1980er Jahren kam es zu einem Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik: Der „Neoliberalismus“ begann sich durchzusetzen. Wenn man von aller Ideologie absieht, die in der Praxis nicht viel wert ist, handelt es sich beim Neoliberalismus im Kern nur um eines: Um die Wiederherstellung der Profitrate mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Wiederum sind politische Gründe ausschlaggebend für den Paradigmenwechsel: Die neoliberale Offensive konnte beispielsweise Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre, als sich die Krise das erstemal offenbarte, nicht gestartet werden, weil das erste Resultat der Krise in einer weltweiten politischen revolutionären Welle lag: Revolution in Frankreich 1968, in Italien 1969, darauf in Griechenland, Spanien und Portugal, sowie starke Gewerkschaften in den USA und Großbritannien verunmöglichten den KapitalistInnen diesen Ausweg aus der Krise. Deshalb musste der keynesianische Weg eingeschlagen werden: Erst nach der Niederlage des Bergarbeiterstreiks in Großbritannien, des Fluglotsenstreiks in den USA und der Fiat-ArbeiterInnen in Italien konnte die neoliberale Offensive wirklich beginnen. Wirklich intensivieren konnte sich die kapitalistische Offensive aber erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre.
Die Widerherstellung der Profitrate sollte dabei durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
1. Ausdehnung und Intensivierung der Arbeitszeit
2. Senkung der Löhne, Lohnnebenkosten und Sozialleistungen
3. Privatisierung von bislang nicht-profitbringenden Sektoren der Wirtschaft (Pensionen, Versicherungen, Staatsbetriebe, Gesundheit, Grundversorgung, Bildung, Infrastruktur)
4. Senkung der Investitionsrate zur Steigerung und Erhaltung der Effizienz des Kapitalstocks. Das Absinken der Profitrate in der Akkumulationsphase soll verhindert werden.
5. Liberalisierung des Welthandels zur Senkung der Rohstoffpreise und zur Schaffung von Absatzmärkten und neuen Privatisierungsmöglichkeiten
6. Steuersenkungen: Vor allem Senken der Steuern für Profite, aber auch Senken der Lohnnebenkosten.
7. Zulassen eine gewissen Mindestarbeitslosigkeit, um die Kampfkraft der ArbeiterInnenklasse zu schwächen.
8. Massive Ausdehnung der Subventionen der Kapitalbesitzer durch den Staat.
9. Erhöhung der Zinsen und damit der Profite des Finanzkapitals.
10. Deregulierung der Finanzmärkte, um der Schwemme an überschüssigem Kapital Anlagemöglichkeiten in Form von Spekulationsblasen zu bieten. Generelle Förderung der Drift des Industriekapitals in die Sphäre des Finanzkapitals.
Keinesfalls darf man glauben, dass in dieser Phase expansive Fiskal- oder Geldpolitik gar nicht mehr vorkommen. Das Budgetdefizit erreicht sein All Time High erst im Jahr 1984 mit 4,75 % des BIP. Auch 1993 ist das Budgetdefizit mit 4,68 % höher als zu irgendeinem Zeitpunkt in den 1970er Jahren. 2004 steigt das Defizit auf 3,58 %, ein Wert der in den 1950er und 1960er undenkbar war und in den 1970er Jahren nur 1976 einmal überschritten wurde. Allgemein muss festgehalten werden, dass das Budgetdefizit in der neoliberalen Phase von 1983 bis 2007 im Durchschnitt höher ist als in den 1950er in den 1960er oder sogar in den 1970er Jahren. Auch die Zinsen sind – abgesehen von kurzen Phasen der Hochzinspolitik mit den Höhepunkten 1984, 1989/90, und 1995 und 2000 in den USA – im Allgemeinen eher niedrig. Es wird jedoch immer darauf geachtet, dass die Inflation nicht über 3% steigt.
Interessant ist, dass in der „neoliberalen“ Phase der USA die Erhöhung der Geldmenge sowie die expansive Fiskalpolitik in der Wirtschaft nicht mehr im selben Ausmaß wie in vergangenen Zeiten zu einer Ankurbelung der Investitionen führen. Nicht nur das: Auch die sich wiederherstellende Profitrate führt nicht zu Investitionswellen wie in der Vergangenheit.
Der Grund dürfte darin liegen, dass der Sektor des Finanzkapitals anfängt, auf ungeheurer Art und Weise zu expandieren. Auf diese Weise entsteht ein Sog, der einen Großteil der Profite in Richtung Finanzmärkte zieht und dadurch von produktiven Investitionen weglenkt.
Deshalb führt ein Senken der Zinsen oder ein Steigen der Profite nicht mehr im selben Ausmaß wie in der Vergangenheit zu Investitionsbooms, das überschüssige Kapital sucht auf der „schiefen Bahn der Spekulation“ nach Anlageformen.
Warum sind die Finanzmärkte plötzlich so lukrativ geworden? Zum einen, weil bis Mitte der 1990er Jahre die Profitsituation im Produktionssektor trotz leichter Besserungen noch immer miserabel ist, und weil selbst in der absoluten Boomspitze 1997 die Profitrate von 3,8% nicht überschritten werden kann, ein Wert der 18,4% unter der Profitrate des Spitzenjahres 1966 liegt.
Zum anderen, weil der Staat bewusst die Finanzmärkte profitabel gestaltet, um zu erreichen dass das Kapital aus den unprofitabel gewordenen Sektoren der „old economy“ einen Ausweg auf dem Finanzweg findet. Im Fall von Thatcher und Reagan war es auch ein bewusstes Ziel durch eine Schrumpfung des Industriesektors eine höhere Arbeitslosigkeit zu schaffen, um die gewerkschaftlich gut organisierten IndustriearbeiterInnen zu schwächen.
Es ist in dieser Phase ein Ziel des Staates die Akkumulation zu bremsen, um dem tendenziellen Fall der Profitrate entgegenzuwirken und die Kampfkraft der ArbeiterInnenklasse zu schwächen. Die Investitionen im Finanzsektor wurden dabei durch Liberalisierungen, Deregulierungen und vor allem durch steuerliche Vorteile erleichtert.
Schlussendlich führt die Expansion im Finanzsektor zu immer neuen Expansionswellen im Sinne der bubble economics. Entsteht einmal eine Blase am Immobilien-, Aktien-, Kredit- oder Rohstoffmarkt, dann zieht das immer mehr Kapital nach sich. Es ist zwar wahr, dass die Blasen immer wieder platzen, wie 2001 die Aktienmärkte und 2007 der Immobilienmarkt, bisher ist es jedoch durch massive staatliche Intervention in Form von expansiver Geld- und Fiskalpolitik immer wieder gelungen, die Spekulationsblasen nach einem Platzen neu anzuheizen und sogar noch zu steigern. Brenner spricht in diesem Zusammenhang von Börsenkeynesianismus.
Auf diese Weise fließt ein riesiger Teil der Profite ab in einen Sektor der Wirtschaft, der wie ein Kasino funktioniert und die wirtschaftliche Entwicklung hemmt. Das bedeutet jedoch nicht, dass die bubbles immer wieder hochgezüchtet werden können. Die Spielräume für expansive Geld- und Fiskalpolitik sind nicht unendlich groß.
Ein weiterer Grund für die niedrigen Investitionsraten im produktiven Bereich trotz hoher Profite, ist die allgemeine Unsicherheit auf Grund der ständig sich vergrößernden weltweiten Ungleichgewichte, zu denen wir noch kommen werden.
Hinzu kommt, dass die nominalen Zinsen in der Epoche des Neoliberalismus zwar niedrig sind, dass aber auf Grund der ebenfalls niedrigen Inflationsraten die Realzinsen aber relativ hoch sind. Auch das bremst die Investitionen.
Ein zusätzliches Kennzeichen des neoliberalen Paradigmas ist auch, dass Konsolidierungsaktivitäten, die normalerweise typisch für Rezessionen sind, wie Firmenaufkäufe und Übernahmen und Restrukturierungen, Aktivitäten, die den Kapitalstock entwerten und damit die Profitrate steigern, auch während der Boomzeiten dominieren. Gerade das Private-Equity-Geschäft hat genau solche Aktivitäten zum Hauptziel.
Durch Private-Equity-Fonds und Investitionen auf den Finanzmärkten lässt sich kurzfristiger, (und zumindest für GroßinvestorInnen sicherer) Gewinn machen, während Investitionen in die produktive Wirtschaft mit höherem Risiko verbunden sind.
Das bedeutet jedoch nicht, dass sich ein Land einfach den Finanzmärkten entziehen könnte. Ein Abfließen von Kapital, auch wenn dieses in der Sphäre des Kasinokapitalismus veranlagt ist, kann den produktiven Bereich eines Landes in den Abgrund reißen. Das Finanzkapital wirkt zwar heute oft wie ein parasitäres Krebsgeschwür, es darf aber nicht getrennt vom industriellen Kapital gesehen werden. Gerade GlobalisierungsgegnerInnen neigen dazu, die Finanzmärkte abgekoppelt von der Sphäre des produktiven Kapitals zu sehen und zu verkennen, dass ein Umlenken und Regulieren der Finanzströme massive Auswirkungen auf die „produktive Wirtschaft“ hat.
Beispielsweise könnte ein Abfließen von Finanzkapital aus den USA, den Dollar entgültig zum Zusammenbruch bringen und das Außenhandelsdefizit unfinanzierbar machen. Wenn auf Grund einer stärkeren Belastung des Finanzkapitals in den USA, arabisches Kapital abfließen würde, wäre die Folge, dass die USA, um den totalen Bankrott zu vermeiden, die Zinsen massiv erhöhen und damit erst recht jede industrielle Konjunktur abwürgen müssten. Hier soll nicht einem wirtschaftspolitischen Fatalismus im Sinne der Neoliberalen das Wort geredet werden, sondern einem revolutionären Realismus jenseits reformistischer Utopien: Wer immer gegen das Krebsgeschwür des Finanzkapitals zu Felde ziehen möchte, der muss einem Abfließen durch eine Verstaatlichung des Bank- und Finanzsystems zuvorkommen. Nicht Kosmetik, sondern eine tiefgreifende Operation ist hier notwendig.
Die Krise des Neoliberalismus
Durch die kapitalistische Offensive konnte die Profitrate zum Teil wieder hergestellt werden, auch wenn sie die Höhen der Nachkriegszeit nicht mehr erreichte. Die Wiederherstellung der Profitrate gelang aber nicht dauerhaft. Denn auch unter dem neoliberalen Paradigma stellten sich zwei alte Bekannte ein, die auch der Keynesianismus nicht beseitigen konnte: Die periodischen Überproduktionskrisen und der tendenziellen Fall der Profitrate.
Auf diese Weise kommt es 1991 und 2001 zu Rezessionen. Nach dem im Vergleich zu den 1970er Jahren kolossalen Profitboom der 1990er Jahre fällt die Profitrate zwischen 1997 bis 2001 um 29 % – von 3,8 % auf 2,7 %. 2001 ist die Profitrate mit 2,7 % auf dem selben Level wie im Weltwirtschaftskrisenjahr 1974. Der Neoliberalismus konnte also die Krise nicht lösen, im Gegenteil: Ein Grund für den Fall der Profitrate besteht weiterhin im wachsenden Kapitalstock. Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch in neoliberalen Booms zumindest in den USA in den 1990er Jahren zu ansehnlichen Investitionen gekommen ist. Der Hauptgrund besteht aber in der Abnahme des industriellen Sektors und der Expansion der unproduktiven Sektoren, vor allem des Finanz-, Immobilien- und Versicherungssektors und der Marketingindustrie. Der entscheidende Punkt ist, dass der unproduktive Sektor auf Grund seiner Beschränkung auf die Zirkulationssphäre nicht zur Vergrößerung des gesamtwirtschaftlichen Mehrprodukts beiträgt. Er ist zwar hoch profitabel, bringt jedoch selbst keinen Profit hervor, sondern saugt diesen aus der produktiven Sphäre ab. Dieses Absaugen alleine kann den gesamtwirtschaftlichen Profitkuchen nicht verringern, weil es nur zu einer Neuverteilung des Profitkuchen führt. Was aber den Profitkuchen tatsächlich verringert, sind die Ausgaben für die Löhne der Beschäftigten in den unproduktiven Sektoren. Diese Löhne müssen, makroökonomisch betrachtet, aus den Profiten der produktiven Sektoren bezahlt werden. Dies ist der Hauptgrund für das Absacken der Profitrate in der Ära des Neoliberalismus. Immer wieder wird die Expansion des Dienstleistungssektors gegenüber dem industriellen Sektor als Reifungsprozess hingestellt. Es würde sich tatsächlich um einen Reifungsprozess handeln, wenn die Vergrößerung des Dienstleistungssektors tatsächlich im Gesundheitswesen, im Bildungswesen und im Sozialbereich stattfinden würde. Leider handelt es sich bei der Vergrößerung des Dienstleistungssektor oft um Arbeitsplätze im Handel, und im finanzkapitalistischen Bereich, wo einfach keine zusätzlichen Gebrauchswerte geschaffen werden.
Der Rückgang des industriellen Sektors ist keinesfalls ein Reifungsprozess. Gerade vom Standpunkt des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung muss auf eine massive Beschleunigung der industriellen Entwicklung hingearbeitet werden.
Leute, die sich aus ökologischen Motiven generell gegen den Ausbau der Industrie stellen, verstehen nicht, dass gerade die Ökologisierung der Industrie massive umwelttechnische Investitionen in die Industrie und vor allem in die industrielle Forschung und Entwicklung notwendig macht. Das Ziel, einerseits den Wohlstand für alle zu ermöglichen und gleichzeitig die Produktion dieses Wohlstands umweltfreundlich und Rohstoffsparend zu gestalten, erfordert ein Mehr an Arbeitskräften und Kapital – und nicht ein Weniger von beiden.
Das Hauptproblem beim Rückgang des industriellen Sektors besteht darin, dass genau dort die Produktivitätssteigerungen erfolgen. Im Dienstleistungssektor sind Produktivitätssteigerungen fast nicht möglich. Das ist der Hauptgrund für die niedrigen Produktivitätszuwächse in den letzten 20 Jahren.
Der heutige tendenzielle Fall der Profitraten hat viel schlimmere Auswirkungen als in den 1970er Jahre. Dies deshalb, weil heute die Reserven weitgehend erschöpft sind, die Profitraten zu steigern. Die Staatsverschuldung ist heute auf einem Allzeithoch. Die Lebensbedingungen der Menschen können in weiten Teilen, vor allem in den USA, nicht viel weiter verschlechtert werden. Es ist fast alles privatisiert, was privatisiert werden kann. Die Ausbeutung der Dritten Welt kann nicht mehr viel weiter intensiviert werden. Die Steuern können nicht mehr viel weiter gesenkt werden. Die Ausdehnung der Profite stößt auf gewisse natürliche Grenzen; gleichzeitig fängt der sich ausdehnende Kapitalstock wieder an die Profitrate zu senken, und die ständig steigenden Gehaltskosten der unproduktiven Sektoren Handel, Finanzmärkte, Immobilien, Versicherungen usw. fressen mehr und mehr in den Profitkuchen hinein. Diese Sektoren sind unproduktiv im doppelten Sinn. Die Arbeitsproduktivität stagniert zum einen und zum anderen tragen diese Sektoren nicht zur Erzeugung eines Mehrproduktes bei.
Die Entwicklung der „Peripherie“
Die Peripherie der industriellen Zentren, also der gesamte Rest der Welt, gehört grundsätzlich zu den Verlierern der wirtschaftlichen Entwicklung seit 1945. War sie vorher militärisch- politisch von ihren jeweiligen Kolonialmächten kontrolliert, wurde diese militärisch- politische Unterdrückung ersetzt durch die direkte Abhängigkeit vom Weltmarkt und die Ausbeutung durch die „terms of trade“.
Im überwiegenden Teil der kolonialen Welt, wenn man von den Bereichen absieht, wo der Kapitalismus beseitigt wurde, verschlechterten sich die Lebensbedingungen der Menschen durch die Entkolonialisierung der 1950er und 1960er Jahre.
Trotzdem gibt es auch in der Peripherie einen Paradigmenwechsel zwischen den „prosperierenden“ 1960er und 1970er Jahre und der „neoliberalen“ Wende der 1980er und 1990er Jahre. Die Existenz der Sowjetunion und die Chinesische Revolution 1950 zwang die Westmächte dazu, manchen Ländern der ex-kolonialen Welt eine gewisse Unabhängigkeit zuzugestehen. Länder wie Indien, Brasilien, Pakistan, Algerien, Irak, Mexiko, um nur ein paar Beispiele zu geben, schafften es in dieser Zeit, mit billigen Dollarkrediten und Schutzzöllen eine teilweise eigenständige Industrie aufzubauen. Das grundsätzliche Problem der feudalen Rückständigkeit, des Großgrundbesitzes, der Abhängigkeit vom Auslandskapital und vom Weltmarkt konnte zwar nicht gelöst werden, doch eine gewisse wenn auch sehr beschränkte ökonomische Entwicklung fand statt.
In den 1980er und 1990er Jahre wurde diese Entwicklung ins Gegenteil verkehrt. Die Hartgeldpolitik der 1980er führte die Peripherie in eine Schuldenkrise. Durch die Schuldenkrise konnten die ex-kolonialen Länder gezwungen werden, sog. Strukturanpassungsprogramme durchzuführen. Die Privatisierung der Staatsindustrien und Infrastruktur, Sozialabbau, eine Öffnung der Märkte durch Abbau der Zölle, eine Öffnung der Industrien für Auslandsinvestitionen usw. waren die Folge – alles, um einen größeren Anteil am Budget dem Schuldendienst zur Verfügung zu stellen.
Diese Reaktion war möglich vor allem durch die Marktorientierung Chinas auf der einen Seite, und durch das Scheitern der sozialen Revolutionen im Iran 1979, in der Türkei und Pakistan 1968, in Bangladesch 1971, in Chile 1973, in Indonesien 1966 usw. auf der anderen.
Was Lateinamerika betrifft, ist es relativ allgemein anerkannt, dass die 1980er und 1990er Jahre als eine einzige wirtschaftliche und soziale Katastrophe eingestuft werden müssen. In manchen Ländern wie Mexiko geht der wirtschaftliche Verfall ungebrochen weiter. Andere, wie Argentinien und Brasilien, erleben einen wirtschaftlichen Aufschwung. Dabei muss aber verstanden werden, dass in Argentinien der Boom nach einer Depression im Jahr 2001 erfolgt.
Ebenso außer Streit dürfte stehen, dass in Afrika die neokoloniale Offensive zu einem Versinken in der Barbarei führte – gegenüber der selbst die Politik prowestlicher Militärdiktatoren der 1970er und 1980er Jahren wie Mobutu oder Idi Amin als geradezu philanthropische Aufklärung erscheinen mögen.
Durch die hohen Wachstumszahlen des BIP einiger Schwellenländer und durch das hohe Wachstum des Welt-Bruttosozialprodukts entstand teilweise die Mär eines Aufschwung der Weltwirtschaft und vor allem der Wirtschaft der Peripherie. Auch der britische „Economist“ wird nicht müde, diesen Aufschwung herbeizuschreiben.
Hier muss gesagt werden, dass zum einen China gesondert behandelt werden muss, weil dort eben eine nicht-kapitalistische Revolution 1950 die Haupthemmnisse der Entwicklung, den Großgrundbesitz und die Abhängigkeit vom Auslandskapital beseitigt hat. Das Wachstum in China trägt sicherlich hauptsächlich zu den hohen Weltwirtschaftswachstumsraten bei.
Auch das Wirtschaftswachstum, das durch die hohen Erdöl und Erdgaspreise ausgelöst wird, kann uns hier nicht wirklich interessieren, da es sich um einen Sonderfall der wirtschaftlichen Entwicklung handelt – es ist weder nachhaltig, noch kommt es den Massen zu Gute. Es bleiben Schwellenländer wie Indien, Pakistan, Indonesien, die Türkei, sowie die mittel- und osteuropäischen Staaten zu untersuchen. Das teilweise außerordentlich hohe Wirtschaftswachstum in diesen Ländern kommt durch ausländische Direktinvestitionen zu Stande. Westliche Konzerne bauen Produktionsstätten in diesen Ländern auf, die auf westlichem Niveau Güter oder Dienstleistungen produzieren, die wiederum hauptsächlich in die Industrieländer exportiert werden. Es handelt sich bei diesen Gütern und Dienstleistungen um international handelbare Produkte, die am Weltmarkt sehr hohe Preise erzielen. Diese Produkte werden viel höher von den Statistiken bewertet als die Produkte der heimischen traditionellen Industrien der betrachteten Länder. Dadurch kann es sein, dass die behandelten Länder in Wirklichkeit eine Deindustrialisierung erleben, weil ihre ursprüngliche Industrie, wie beispielsweise die Stahlindustrie, oder Infrastruktur, wie das Eisenbahnnetz, abgebaut werden. Sie verzeichnen trotzdem ein hohes Wirtschaftswachstum, weil die entstehende Exportindustrie, die durch Auslandsinvestitionen getrieben wird, viel höher bewertet wird. Da die Produkte dieser Industrie ans Ausland gehen und auch die Gewinne ins Ausland abfließen, kann es sein, dass das Land trotz höchster Wirtschaftswachstumsraten in der Entwicklung zurückfällt. Pakistan ist das beste Beispiel eines Landes, das mit rekordverdächtigen Wachstumsraten rückwärts in die Barbarei rast. Dasselbe gilt für Indien, Bangladesh und zahlreich afrikanische Staaten mit hohen Wirtschaftswachstumsraten.
Es stimmt, dass eine kleine Mittelschicht von TechnikerInnen, ProgrammiererInnen, FinanzdienstleisterInnen, usw. von dieser Entwicklung profitieren. Die Löhne von Fachkräften können durch diese Entwicklung mitunter stark ansteigen. Die Gesamtwirtschaft dieser Länder, sowie der Lebensstandard der Massen wird jedoch durch die Entwicklung mitunter sogar stark zurückgeworfen. Indien und Pakistan fallen in diese Kategorie des wirtschaftlichen und sozialen Zerfalls.
In Ländern, in denen durch eine solche Entwicklung unzweifelhaft eine Industrialisierung stattgefunden hat, wie Indonesien oder Malaysien, und wo auch die Gehälter der IndustriearbeiterInnen in den letzten 20 Jahren angestiegen sind, wird trotzdem die Instabilität weiter erhöht. Traditionelle Strukturen werden durch die Marktöffnung zerstört, gleichzeitig reicht aber der industrielle Boom nicht aus, um die feudalen Strukturen der Rückständigkeit aufzubrechen und um die in die Städte strömenden Massen aufzusaugen. Die Industrialisierung kann in solchen Ländern mit der Industrialisierung des russischen Zarenreiches zwischen 1880 und 1914 verglichen werden, die trotz hoher Wirtschaftswachstumsraten die sozialen und wirtschaftlichen Widersprüche auf die Spitze trieb.
Betrachten wir die Staaten des ehemaligen Ostblocks, sehen wir auch dort hohe Wirtschaftswachstumsraten, die jedoch die Realität verdecken. Die Staaten der ehemaligen Sowjetunion wachsen teilweise auf Grund der hohen Rohstoffpreise. Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie in den letzten 15 Jahren einen wirtschaftlichen, industriellen und sozialen Verfall ohne Beispiel erlebten, der besonders grausam in den Staaten von Turkestan (Turkmenistan, Kasachstan, Kirgisien,…) vonstatten geht, wo eine moderne Industrielandschaft und Sozialstruktur zu einem Borat’schen Absurdistan verkommt.
Ausnahmen von dieser Entwicklung sind die ganz westlichen Staaten des ehemaligen Ostblocks: Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien. In diesen Ländern gab es tatsächlich eine Industrialisierung, auch die Löhne steigen dort in letzter Zeit relativ stark an. Trotzdem erreichten auch diese Länder im Wesentlichen erst durch diesen Entwicklungsschub seit 2000 das wirtschaftliche Niveau von 1990: Von der sozialen Entwicklung her liegen sie weit hinter dem Jahr 1990 zurück. Die mittel- und osteuropäischen Länder weisen starke Außenhandelsdefizite auf, die durch Kapitalimporte kompensiert werden. Ein Versiegen der Kapitalströme nach Mittel- und Osteuropa aufgrund fallender Kapitalproduktivität, oder einer platzenden Immobilienblase könnte eine Wiederholung der Asienkrise 1997 hervorrufen. Der Aufschwung in Mittel- und Osteuropa hat in der Tat viele Parallelen zum „Asiatischen Wunder“ vor 1997.
Die Ökonomie der Barbarei
Die Marktöffnung seit den 1980er Jahren führte zu einer massiven Zerstörung der Industrien in den Entwicklungsländern, die dem Druck des Weltmarktes nicht standhalten konnten. Auf diese Weise wurden Massen von Wirtschaftstreibenden der Peripherie mit ihrem Kapital auf den Schwarzmarkt getrieben. Dies ist die Haupttriebkraft hinter einer besonderen Ökonomie der Barbarei, bestehend aus Drogen-, Frauen- und Waffenhandel, die sich seit den 1980er Jahren besonders explosiv entwickelt und anfängt, ganze Staaten und Erdteile zu beherrschen. Diese Ökonomie der Barbarei drückt sich auch im Ansteigen des islamischen Fundamentalismus, ethnischer Konflikte und des Tribalismus aus. Hinter den zahlreichen ethnischen Konflikten in Afrika, am Kaukasus in Zentralasien und in Südostasien stehen in Wirklichkeit Kämpfe um Bodenschätze und Rohstoffe, die nicht selten der offiziellen Staatlichkeit längst außer Kontrolle geraten und der Ökonomie der Barbarei verfallen sind. Auch die Bürgerkriegsparteien in Jugoslawien waren und sind eng mit dem Schwarzmarkt verknüpft, der sich vor allem in den 1980er Jahren entwickelte, als die jugoslawische Wirtschaft durch die Schuldenkrise und damit verbundene Strukturanpassungsprogramme in eine tiefe Krise schlitterte.
Keynesianismus und Neoliberalismus: Zwei Kehrseiten einer Medaille
Nach dem wir die wirtschaftliche Entwicklung von 1945 bis 2001 einer kurzen Betrachtung unterzogen haben können, wir uns die Frage stellen, ob die Paradigmen Neoliberalismus und Keynesianismus tatsächlich existierten. Was stimmt ist, dass bis ca. 1979 Keynes als der führende Ideologe der bürgerlichen ÖkonomInnen galt und ihm danach Milton Friedman und Friedrich August von Hayek den Rang abspenstig machten.
In der Praxis der Wirtschaftspolitik ist der Unterschied sehr schwer auszumachen. Am ehesten kann man noch feststellen, dass 1950 bis 1980 eher das Wachstum der Wirtschaft und die damit verbundene soziale Stabilität im Vordergrund der Wirtschaftspolitik stand und ab 1980 die Profitrate. Dies hat aber weniger ideologische Gründe als ganz handfest materielle. 1980 war die Profitrate so niedrig, dass eine Fortsetzung des Wachstumskurses zur Unmöglichkeit wurde. Um das verloren gegangene ökonomische Gleichgewicht wiederherzustellen, war man ab einem gewissen Punkt bereit, das soziale Gleichgewicht aufzubrechen. Die Krise begann aber nicht mit der „neoliberalen Wende“, die neoliberale Wende war vielmehr ein Ausdruck der Krise, die sich keynesianisch nicht mehr bewältige ließ. Hinter den Begriffen des Neoliberalismus und des Keynesianismus stecken aber zahlreiche Mythen.
Der Mythos des Keynesianismus
Der größte Mythos des Keynesianismus ist, dass er jemals im Sinn hatte, den Konsum für die Massen zu erhöhen. Keynes selbst hatte hauptsächlich im Sinn, die Investitionen anzukurbeln und damit die Nachfrage durch Investitionen anzukurbeln, die Erhöhung der Konsumentennachfrage sah er höchstens als Folge. Keynes selbst machte sich immer wieder Gedanken darüber, wie die Löhne im Vergleich zu den Profiten zurückgehalten werden konnten. Hauptinstrument einer ständigen Reallohnsenkung sollte nach Keynes die Inflation sein. Das wichtigste Instrument der staatlichen Nachfrageschaffung war immer die Rüstungsindustrie. Das ist auch kein Zufall, denn die steigende Rolle des Staates in der Wirtschaft, die Lenin mit dem Namen „Staatskapitalismus“ bezeichnete, war ein Phänomen, das sich vor allem in Kriegszeiten entwickelte, namentlich in Ersten und Zweiten Weltkrieg. Während des Zweiten Weltkriegs stieg beispielsweise der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt auf 47,9 % im Jahre 1944. Wenn nach dem Ersten Weltkrieg die Kriegswirtschaft wieder rückgängig gemacht wurde, so zeichnete sich die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg dadurch aus, das vor allem die USA zum Teil einfach die staatskapitalistische Kriegswirtschaft aufrechterhielten.
Seit 1929 gab es vor allem zwei große Expansionswellen der staatlichen Aktivität. Das erste Mal in der Zeit von 1930 bis 1934, als der Anteil der Staatausgaben am BIP von 9 % auf 16 % anstieg, und das zweite Mal zwischen 1950 und 1953, als er einen Anstieg von 16 % auf 24 % verzeichnete. Der erste Anstieg war vor allem einem Ausbau der Infrastruktur geschuldet – an erster Stelle mit dem berühmten Hoover-Damm. Schon im New Deal ging es gemäß der keynesianischen Originaltheorie darum, durch Förderungen der Unternehmen in Form von staatlichen Aufträgen und staatlicher Unternehmensinfrastruktur die Investitionsquote anzukurbeln – und nicht etwa darum den Lebensstandard der Bevölkerung zu erhöhen.
In der Zeit von 1950 bis 1953 spielten überhaupt von vorne herein die Militärausgaben die treibende Rolle, die 1939 noch 1,6 % betragen hatten, 1950 auf 6,7 % und 1953 auf 14,7 % des BIP anstiegen und damit stolze 61,25 % der Staatsausgaben betrugen.
Die Dominanz der Militärausgaben in den Staatsausgaben ist auch deshalb so zentral, weil der Staat nirgends in Konkurrenz zur privaten kapitalistischen Industrie tritt. Der Staat darf also, nach der kapitalistischen Logik, zum einen keine eigene Produktion aufbauen. Was gibt es da besseres als Rüstungsgüter, die regelmäßig veralten oder in Kriegen verbraucht werden? Gleichzeitig darf nach der kapitalistischen Logik der Sozialstaat nicht zu sehr ausgebaut werden. Erstens werden dann die ArbeiterInnen weniger abhängig vom Zwang zur Lohnarbeit. Zweitens könnten sich die ArbeiterInnen an den Sozialstaat gewöhnen und der Staat kann sich dann nicht mehr so leicht zurückziehen wie aus der Rüstung. Gemäß der Idee, dass die Staatsausgaben nur so etwas wie eine Konjunkturspritze sein sollten, ist es verständlich, dass man zu keiner Zeit gerne die Staatsausgaben in Form von Sozialausgaben nachhaltig erhöhen wollte. Eine Erhöhung der Sozialausgaben ist historisch nie die Folge wirtschaftspolitischer Überlegungen gewesen, sondern immer nur Folge drohender sozialer Instabilität aufgrund sozialer Klassenauseinandersetzungen gewesen, wie in den 1950er und 1970er Jahren.
In Deutschland, Österreich und Japan hat die staatliche Aktivität in der Wirtschaft in den 1950er und 1960er gar nichts mit Keynesianismus zu tun. Der Staat spielte zwar eine außerordentlich wichtige Rolle in der Wirtschaft – aber lediglich in Hinblick auf die Angebotsseite. Seine Aufgabe lag darin, durch billige Rohstoffe und Kredite den Aufbau der kapitalistischen Industrie zu subventionieren. Besonders der exportorientierten Industrie, wie der Autoindustrie, sollte billiger Stahl geliefert werden. Dazu wurden ihr extra günstige Sonderkredite ermöglicht. Gleichzeitig wurden die Löhne niedrig gehalten und der ganzen restlichen Industrie die Bremsen angelegt. In Japan und Deutschland war es durchaus üblich, eine Hochzinspolitik mit nahezu zinslosen Krediten an die Exportindustrie zu verbinden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Staatsinterventionismus in Deutschland und Japan nichts mit Keynesianismus zu tun hatte – genauso wenig wie der Keynesianismus in den USA auf eine Steigerung der Konsumentennachfrage abzielte.
Mythos Unterkonsumptionismus
Unter Keynesianismus wird in weiten Teilen der Linken etwas verstanden, was mit den Ideen von Keynes nicht viel zu tun hat, nämlich eine Ankurbelung der Konjunktur durch Steigerung des Massenkonsums. Diese Theorie ist in Wirklichkeit kein Keynesianismus, sondern Unterkonsumptionismus. Keynes selbst ging in seinen Theorien nicht von einer Ankurbelung des Konsums aus, sondern von einer staatlichen Intervention in die Investitionen. Ein damit verbundener Aufschwung sollte die Reallöhne, über fixe Nominallöhne und steigende Preise weiter senken. Lediglich der Zuwachs des Konsums sollte lediglich über den Beschäftigungszuwachs erfolgen. Keynes war mit den Neoliberalen gemeinsam ein enthusiastischer Verfechter der Lohnzurückhaltung.
Der Unterkonsumptionismus war eine Theorie, die als erstes von dem französischen Theoretiker Sismondi entwickelt wurde und später von Rosa Luxemburg weitergeführt wurde. Einige postkeynesianische TheorietikerInnen, wie Michał Kalecki oder Joan Robinson haben teilweise zu diesem Theorieansatz hintendiert. An dieser Stelle muss aber eindeutig festgestellt werden, dass auch sämtliche PostkeynesianerInnen darin übereinstimmen, dass für die Ankurbelung der Nachfrage den Investitionen gegenüber dem Konsum eine entscheidendere Rolle zukommt.
Eine Politik der Steigerung der Sozialausgaben und der Löhne zur Ankurbelung der Wirtschaft hat es in der Praxis nur äußerst selten gegeben. Diese Politik war meist mit einer revolutionären Krise verbunden und stieß sofort auf den erbittertsten Widerstand der UnternehmerInnen und des Beamtenapparats. Als Beispiel finden wir 1980 die ersten hundert Tage der Regierung Mitterand, 1936 die Volksfrontregierung in Frankreich, oder seit 1998 die Regierung Chávez in Venezuela. Folgen dieser Politik waren immer Abfluss des Kapitals ins Ausland, Investitionsstreiks, politisch motivierte Fabrikschließungen oder Einschränken der Produktion und massive Preissteigerungen zur Entgegenwirkung gegen die Lohnerhöhungen.
Es gibt kein einziges historisches Beispiel, wo in einem kapitalistischen Land eine Erhöhung des Massenkonsums als primäre Maßnahme der Wirtschaftspolitik in der Rezessionsbekämpfung zu einer Ankurbelung der Konjunktur geführt hätte. In der Praxis gab es eine sozialstaatliche Expansion und Reallohnerhöhungen im „keynesianischen Paradigma“ – aber nicht in Krisenzeiten, sondern als Begleiterscheinung einer guten wirtschaftlichen Situation, in der die Profitraten stimmten, wie etwa in den 1950er und 1960er Jahren oder in Deutschland und Österreich von 1965 bis zur Krise von 1973. Es wurde immer peinlich darauf geachtet, dass die Konsumerhöhung nicht zur Umverteilung führt. Konsumerhöhungen passierten fast immer in einer Zeit, in der die Profite schneller wuchsen als Reallöhne und Sozialausgaben.
Die Folge einer reinen Umverteilungspolitik im unterkonsumptionistischen Sinn ist, dass das Kapital dagegen rebelliert und eine Destabilisierung der Wirtschaft einleitet, auf die die Politik nur auf zwei Arten reagieren kann: Entweder sie schreitet fort zu staatlichen Preiskontrollen, zur Verstaatlichung der Banken und anderer kapitalistischer Unternehmen, die unter den gegebenen politischen Unsicherheiten schließen oder ihre Produktion einstellen. Oder die Politik kehrt zurück zu einer unternehmerfreundlichen Politik, um das Vertrauen des Kapitals wiederzugewinnen.
Mythos Neoliberalismus
Der Mythos des Neoliberalismus besteht in der Annahme, dass es sich dabei um einen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft handeln würde. In Wirklichkeit blieb die Aktivität des Staates in der Wirtschaft gerade nach 1980 außerordentlich hoch und ging nie mehr wesentlich unter das durchschnittliche Nachkriegsniveau zurück. Das Budgetdefizit erreichte sogar erst seinen Höhenflug. Es ist zwar wahr, dass sich der Staat durch Privatisierungen und Sozialabbau aus einem Teil der staatlichen Kernaufgaben zurückzieht. Sein Engagement steigt jedoch sogar noch, wenn man die reine Privatwirtschaft betrachtet: Und zwar in Form von Subventionen an private Unternehmen, die erst im neoliberalen Paradigma massiv expandieren. Die andere Seite der neoliberalen Staatsintervention ist die bewusste Förderung des Finanzsektors in Form von Gesetzgebung in diese Richtung. Die Wirtschaftspolitik der USA versucht mit Hilfe der Zinspolitik und mit Hilfe von verdeckten Interventionen am Aktienmarkt und am Immobilienmarkt auch Einfluss auf die Konjunktur zu nehmen und ein „hard landing“ zu verhindern.
Im neoliberalen Paradigma muss, weil es auf einem Aufbrechen der innen- und außenpolitischen Stabilität beruht, der Staat nach innen und nach außen massiv aufrüsten. Es ist kein Zufall, dass die Ausgaben für innere und äußere Sicherheit explodieren und dass gerade im Zeitalter des Neoliberalismus, also des angeblichen Rückzugs des Staates aus der Wirtschaft, die Wirtschaftsmacht USA in eine imperiale Überdehnung hineingezogen wird. Es ist kein Zufall, dass gerade in der Zeit des Neoliberalismus die Schuldenstände der Staaten USA, Deutschland und Japan ihren absoluten Höchststand erreichen.
Ein weiterer Mythos des Neoliberalismus ist der Freihandel. Der Eintritt der USA für Freihandel ist sehr einseitig, da gleichzeitig die Agrarsubventionen nicht abgebaut werden und die EU und die USA zahlreiche protektionistische Maßnahmen gegen Agrarprodukte der Entwicklungsländer getroffen haben. Auch zwischen den Industrieländern hat sich die Blockbildung in den letzten 20 Jahren des „neoliberalen“ Paradigmas eher verschärft als abgeschwächt. Heute stehen sich vier Blöcke – die EU, die USA, China und Japan – unversöhnlich gegenüber. Teilweise treffen sie Zollmaßnahmen gegeneinander, teilweise versuchen sie sich durch Währungspolitik eins auszuwischen. Sie befindet sich in einem Handelskrieg wie es ihn seit der Zwischenkriegszeit nicht mehr gegeben hat. Noch nie seit 1945 hing das Damoklesschwert der Protektionismusspirale so bedrohlich über der Weltwirtschaft wie heute im Zeitalter des „neoliberalen“ Paradigmas.
Keynesianismus und Neoliberalismus: zwei Formen des Staatsinterventionismus
Nach unserer Betrachtung über die Mythen zum Thema Neoliberalismus und Keynesianismus müssen wir uns die Frage stellen, ob diese Paradigmen jemals in reiner Form existierten. Die Antwort darauf ist ein klares Nein.
Zum einen gab es im „keynesianischen Paradigma“ klar Politikstrategien, die wir eher dem Neoliberalismus zuordnen müssten, wie die Lohnzurückhaltung, die Hochzinspolitik und die Sparpolitik die Japan und Deutschland ab 1945 verbunden mit einer absichtlichen Zurückhaltung des Binnenkonsums an den Tag legten.
Umgekehrt gab es im Neoliberalismus klare „keynesianische“ Politikstrategien, wie das gewaltige deficit spending der Reagan-Administration in den 1980er Jahren, die Politik der George W. Bush- Administration nach dem Jahr 2000, in der es zu einer Zinssenkung, einer Expansion des Defizits und einer Abwertung des Dollars in jeweils gewaltigem Ausmaß kam. Dazu müssen wir auch die Politik von Japan in den 1990er Jahren rechnen.
Tatsächlich handelt es sich bei Keynesianismus und Neoliberalismus um die Kehrseiten ein und der selben Medaille, nämlich um kapitalistischen Staatsinterventionismus. Der Staat verfolgt mit seiner Wirtschaftspolitik das Ziel, die Kapitalakkumulation bestmöglich zu garantieren. Er versucht einerseits die Schranken zu überwinden, die der tendenziell Fall der Profitrate mit sich bringt, andererseits versucht er Nachfrageprobleme zu überwinden.
Wenn es beim Neoliberalismus eher darum geht die Profitraten zu heben, so zielt der Keynesianismus darauf ab, die Kapitalakkumulation in Gang zu halten und Depressionen wie 1929 zu verhindern. Der moderne Kapitalismus braucht zum Überleben beide Politikstrategien mit wechselnder Bedeutung. Er kann in einer Krise wie 2001 in den USA oder in den 1990er Jahren in Japan nicht einfach auf die selbstheilenden Kräfte des Marktes vertrauen, weil das die Wirtschaft in einen Zusammenbruch treiben könnte. Gleichzeitig führt aber jede Art von intensiverer Kapitalakkumulation zu einem Absinken der Profitrate, was den Neoliberalismus auf den Plan ruft.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass in der Nachkriegsepoche bis 1980 die Kapitalakkumulation im Vordergrund der Wirtschaftspolitik stand – vor allem in Hinblick auf die damit verbundene soziale Stabilität. Als es jedoch zu einer schwerwiegenden Profitkrise kam, wurde die Wiederherstellung der Profitrate zum Primat der Wirtschaftspolitik. Hier ist es interessant festzuhalten, dass auch die keynesianischen Ankurbelungsversuche in Japan in den 1990er und in den USA 2001 nie etwas an der strategischen Grundorientierung änderten, die Profitrate wiederherzustellen. Massenarbeitslosigkeit wurde zugelassen und die Hauptorientierung bestand auf jeden Fall darin, auf dem Rücken der Beschäftigten einen Ausweg aus der Krise zu finden. In diesem Sinn können meiner Meinung nach innerhalb gewisser Grenzen schon zwei verschiedene Paradigmen bis 1980 und ab 1980 unterschieden werden.
Die Krise der Regierung Mitterand 1981
Die Krise der Regierung Mitterand 1981 ist für uns ein gutes Lehrstück, wie das Kapital auf eine linke Politik im Rahmen des Kapitalismus reagiert. Die sozialistische Regierung startete damals ein ehrgeiziges Programm der Arbeitsbeschaffung und der Nachfragsteigerung.
Diese Politik der Steigerung der Nachfrage und der Beschäftigten förderten das Außenhandelsdefizit – was in Kombination mit der Unzufriedenheit des Finanzkapitals über die linke Politik zu spekulativen Attacken auf den Francs und einer Kapitalflucht führte. Die Folge war ein Zahlungsbilanzdefizit, das von 0,6 % 1980 auf 2,2 % des BIP im Jahre 1982 stieg. Um einen weiteren Anstieg dieses Defizits, eine weitere Abwertung der Währung und weitere Kapitalflucht zu verhindern, musste die Regierung Mitterand 1983 auf eine restriktive Fiskal- und Geldpolitik einschwenken. Im Prinzip wiederholte sich die Geschichte der französischen Volksfront von 1936 im Kleinen noch einmal. Kapitalflucht und Investitionsstreiks waren schon immer ein Instrument des Kapitals linke Regierungen, die nicht mit dem Kapitalismus an sich brechen wollten, in die Knie zu zwingen.