Derzeit zirkuliert der Wortsalat im Titel nur in Onlineforen linker Jugendlicher. Er steht für eine Welt frei von Diskriminierung, Mangel und Unterdrückung auf Basis unserer hochentwickelten Produktivkräfte. Die Krise des Kapitalismus inklusive revolutionärer Bewegungen lässt diese Welt in greifbare Nähe rücken. Kämpfen wir darum! Von Lukas Frank.
„Offengesagt habe ich ausgesprochen Angst vor den zukünftigen Entwicklungen, obwohl ich seit 30, 40 Jahren in der internationalen Politik tätig bin. Ich sehe Risiken über Risiken und die Invasion der Ukraine könnte das Fass endgültig zum Überlaufen bringen. Ich war in den letzten Jahrzehnten bedauerlicherweise noch nie so besorgt wie jetzt.“
Diese Worte stammen von Pascal Lamy, Ex-Direktor der Welthandelsorganisation (WTO), einem Instrument des westlichen Imperialismus zur Ausbeutung des Globus.
Genug Nahrung, Dünger, Arbeitskräfte oder Energie stünden zur Verfügung, doch der heftige Kampf von Konzernen und Nationalstaaten um Profite und Einflusssphären bedeutet stattdessen Kriege, Nahrungsmittel- und Energiekrisen. Die Herrschenden wissen selbst nur zu gut: Der Kapitalismus crasht mit multiplem Organversagen.
Die Zeit der Revolutionen…
Die sogenannten „politischen Risiken“ bereiten den Herrschenden am meisten Sorgen: In der Türkei hat die Inflation Anfang des Jahres erst die Fahrradkuriere in den Streik getrieben, wobei der Funke dann in kürzester Zeit auf die Textil- und Stahlindustrie, die Hafenarbeiter und Truckfahrer übergesprungen ist. In Sri Lanka sahen wir explosive Massendemonstrationen, die schlagartig den Rücktritt sämtlicher Minister erzwangen. (siehe S. 11) In den USA sprach man letztes Jahr vom „Striketober“, vor kurzem konnte mit der ersten Amazon-Gewerkschaft ein wichtiger Sieg errungen werden.
Im Global Risk Report 2021, welcher von Kapitalist und Politikern am letztjährigen World Economic Forum diskutiert wurde, nahm die Desillusionierung der Jugend – ein weltweit fehlendes/verlorenes Vertrauen in die vorherrschende ökonomische, politische und soziale Struktur – einen zentralen Platz ein. Allein in den USA bezeichnen sich inzwischen ein Drittel der Gen-Z und Millennials nicht nur als antikapitalistisch, sondern als explizit kommunistisch. Weltweit gingen für Black Lives Matter Millionen Jugendliche gegen Rassismus auf die Straße.
…und Konterrevolutionen
Im Gegensatz zu diesen Entwicklungen nimmt paradoxerweise die Diskriminierung innerhalb der Arbeiterklasse sogar zu. Die von der EU durchgeführten LGBTI I und II Studien, von 2012 bzw. 2019, zeigen das deutlich für den europäischen Raum. 40% der LGBTI-Personen gaben 2019 an, innerhalb des letzten Jahres Belästigungen (Beleidigungen, körperliche Drohungen und Stalking) erfahren zu haben, gegenüber 30% im Jahr 2012. In Österreich liegt der Wert aktuell bei 33%. Unverändert wurden 10% bei der Arbeitssuche und 20% auf der Arbeit diskriminiert, was auch für Österreich gilt. 60% der LGBTI-Paare EU-weit vermeiden in der Öffentlichkeit selbst einfachste Zuneigungsgesten wie Händchenhalten, in Österreich sind es 40%. Geschätzte 70% der LGBTI-Personen sind der Meinung, die Situation sei kaum besser oder schlechter geworden, was sich mit dem Eindruck der Studienautoren deckt.
In der Pandemie hat sich diese Entwicklung verschärft. Betriebe wurden um jeden Preis offengehalten, Schulen und Unis geschlossen. Gepaart mit erdrückendem finanziellem und psychologischem Druck bot dies einen idealen Nährboden für „Familiendramen“, wie ein Aktivist der französischen Organisation Inter-LGBT beschreibt:
„Das Coming-Out war für eine Reihe junger Menschen eine Katastrophe. Normalerweise können sie sich zumindest auf Unterstützer in Schule und Freundeskreis verlassen. Aber während der diversen Lockdowns waren sie auf sich allein gestellt. Manche waren mit gewalttätigen Reaktionen ihrer Familie konfrontiert, nachdem ihre sexuelle Orientierung bekannt wurde, andere wurden sogar von ihren Familien auf die Straße gesetzt.“
Ähnliches passierte auch in größeren Maßstäben. So gerieten z.B. in Südkorea, wo homophobe Vorurteile weit verbreitet sind, LGBTI-Personen ins Visier konservativer Kreise. Die Regierung setzte nach der ersten Infektionswelle unvorbereitete, verfrühte Öffnungsschritte und der so unausweichliche Infektionscluster entstand zufällig in einer LGBTI-Fortgehmeile. Beginnend mit der christlich-konservativen Tageszeitung „Kukmin Ilbo“ entstand eine Hetzkampagne gegen die angeblich promiskuitiven Homosexuellen mit riskantem Sexualverhalten. Tausende LGBTI-Personen hatten Angst, sich testen zu gehen, was in der Situation ein Zwangsouting bedeutet hätte.
Sozialismus oder Barbarei
Karl Marx schrieb treffend in der „Deutschen Ideologie“, dass „mit der Notdurft“, also der allgemeinen Not, „auch der Streit um das Notwendigste wieder beginnt und sich die ganze Scheiße wieder herstellen müsste“, also reaktionäre Ideen wie Vorurteile und Aberglaube. Nährboden dieser Ideen in der Arbeiterklasse sind also der allgemeine materielle Druck, die Panik und Existenzsorgen ohne einen leicht greifbaren Ausweg. Die Klasse zerfleischt sich selbst, anhand ihrer augenscheinlichen Unterschiede.
Die Arbeiterklasse ist kein monolithischer Block, sondern im Gegenteil sehr vielfältig – bzgl. Arbeitsbedingungen, sexueller Orientierung, Geschlecht, usw. Weltweit wird etwa der LGBTI-Anteil auf um die 5% geschätzt, in Österreich sind 3% der Werkstätigen Leiharbeitskräfte, 4% der hiesigen Bevölkerung sind türkischstämmig. Was uns aber als ArbeiterInnen zu einer Klasse eint, ist die Tatsache, dass unsere gemeinsame Arbeit die gesamte gesellschaftliche Produktion am Laufen hält, während Kapitalisten nur den Profit abschöpfen. Allein sind wir vielleicht nur ein Rädchen, aber gemeinsam sind wir die ganze Maschine.
Es ist den Herrschenden also klarerweise ein Anliegen, diese vorhandenen Spaltungen nach Kräften zu befeuern, je nach Situation mal gegen MigrantInnen, mal gegen LGBTI-Personen oder religiöse Minderheiten. Doch wie eingangs erwähnt, bahnt sich schlussendlich die Wut der Arbeiterklasse ihren Weg, auch durch die dickste Schicht aus Dummheit und Reaktion und explodiert in solidarischen, kollektiven Klassenkämpfen, welche jahrhundertealte Trenn- und Spaltungslinien wegfegen.
Der Niedergang des Kapitalismus ist unübersehbar. Wir steuern schnurstracks auf eine Zeit der Kriege, Revolutionen und Konterrevolutionen zu. Wir stehen vor der Entscheidung „Sozialismus oder Barbarei“. Welches es sein wird, ist nicht vorherbestimmt. Es liegt an uns, unsere Klasse zum Sieg zu führen.
„Der Funke“ hat sich diese Aufgabe gestellt.
Schließ dich uns an und kämpfen wir für Revolution, Sozialismus und Fully Automated Luxury Gay Space Communism!
(Funke Nr. 204/31.5.2022)
Komm zu unseren Veranstaltungen zum Thema:
- Wien: 12. Juni 2022, 18 Uhr – Lustkandlgasse 10
- Linz: 30. Juni 2022, 19 Uhr – Gasthaus „Alte Welt“, Hauptplatz 4