Mit der Anordnung, den Bau des Lobbautunnels zu stoppen, hat sich die grüne Ministerin Gewessler einige Sympathien in der Jugend erhaschen können. Während der Stopp eines weiteren sinnlosen Betonprojekts begrüßenswert ist, wirkt dieser Beschluss wie reine Show-Politik. Von Lukas Frank.
Außer dem vagen Versprechen eines Bahnausbaus wird keine Alternative geboten, um den LKW-Transit aus der Stadt zu leiten. Das Nein zum Lobautunnel steht auf rechtlich wackeligen Beinen und die drohenden Klagswellen der Bautycoons, die mit öffentlichen Geldern ihre eigenen Taschen füllen wollen, und der Stadt Wien werden hingenommen. Dazu kommt, dass Gewessler den Bau der Stadtstraße, die eigentlich ein Zubringer zur Lobauautobahn wäre, durchwinkt. Das ist alles reine Show-Politik.
Der Verdacht erhärtet sich: Vor dem wahrscheinlichen Fall der türkis-grünen Chaos-Regierung soll mit einem PR-Gag noch einmal ordentlich politisches Kapital geschlagen werden, um Jugendliche die grüne Politik der letzten Monate vergessen zu lassen. Gewessler selbst hat sich mit diesem Schritt wohl auch als nächste grüne Spitzenkandidatin ins Spiel gebracht.
Wie schaut die von ihr vertretene grüne Klimapolitik aber tatsächlich aus? Ein Klimaticket für Öffis um 1100 €, quasi eine billigere ÖsterreichCard, welche für die 2. Klasse bislang 1900 € kostete. Sinnvolle Alternativen für PKW-Pendler schauen anders aus. Aus der von Fridays For Future lang ersehnten „ökosozialen“ Steuerreform wurde ein Milliardengeschenk an Konzerne. Genauer: 13 Mio. € pro Jahr für die OMV und einer erwarteten Emissionsreduktion um 4% bis 2030. Dafür wurden Abschiebungen von AsylwerberInnen und eine Coronapolitik für Konzerne gegen das Pflegepersonal, SchülerInnen und die breite Arbeiterklasse mitgetragen. Die Grünen sind bei all dem nicht unschuldig, denn sie haben durch die Koalition diese Politik der ÖVP erst möglich gemacht.
Was meint Fridays for Future dazu? „Soeben wurde von der Klimaschutzministerin trotz Widerstand von FPÖ, ÖVP & SPÖ bekanntgegeben, dass der Bau des Lobautunnels und der Außenringschnellstraße gestoppt werden soll! ………..Das ist ein riesiger Erfolg für die Klimagerechtigkeitsbewegung!“
Unkritisch Gewessler zuzujubeln, heißt de facto dieses Ablenkungsmanöver mitzutragen. Schlussendlich wird weiter die falsche Hoffnung geschürt, die „richtigen“ Politiker könnten uns vor der Klimakatastrophe retten.
Die Klimabewegung muss sich auf ihre eigene Stärke und die der Arbeiterklasse stützen. Eine lokale FFF-Gruppe in Deutschland machte es vor ein paar Monaten vor. Mit der Ausrede, die Zeit der Verbrennungsmotoren sei vorbei, wollte Bosch ein Werk schließen und die ArbeiterInnen auf die Straße setzen. Die KlimaaktivistInnen gingen auf die Betriebsräte zu und gemeinsam mit der Belegschaft wurden Möglichkeiten erarbeitet, wie stattdessen Produkte für die Energiewende hergestellt werden können. Darauf folgten gemeinsame Demos für die Umstellung und den Erhalt des Werkes.
Eine solche konkrete Orientierung der Klimabewegung auf die Arbeiterbewegung würde dem Kampf gegen die Klimakatastrophe hundertmal mehr bringen als Scheinlösungen wie grüne Wahlerfolge oder „ökosoziale“ Steuerreformen.
(Funke Nr. 199/10.12.2021)