Mit fadenscheinigen Begründungen hat der Bezirksausschuss der Sozialistischen Jugend Linz letzte Woche die Gruppen Römerberg und Steg aufgelöst. Den beiden Gruppen wurde kurzfristig sogar das Recht verweigert sich gegen die Anschuldigungen vor dem Ausschuss zu verteidigen. Wir erachten diese Auflösungen als statutenwidrig und werden sie nicht anerkennen.
Die SJ OÖ hat mittlerweile unter dem Druck von Teilen der eigenen Basis den Beschluss der SJ Linz politisch verurteilt, bezeichnet ihn jedoch als statutenkonform, was ihre passive Haltung entschuldigen soll. Sowohl SJ OÖ als auch SJ Linz argumentieren, dass es sich nicht um Auflösungen handeln würde, da die Gruppen ja weiter in der SJ OÖ anerkannt werden. Das ist eine komplett fadenscheinige Argumentation. Die Gruppen wurden zwar nicht in Bezug auf die SJ OÖ aufgelöst, sehr wohl aber in Bezug auf die SJ Linz, da sie dort weder anerkannt werden, noch irgendwelche Rechte genießen. Das Bezirksstatut der SJ Linz spricht aber eindeutig von einem Auflösungsverbot von SJ Gruppen für die Bezirksorganisation. Wir haben es also mit einem dramatischen Bruch des Statuts durch die SJ Linz zu tun, der von der SJ OÖ verteidigt und unterstützt wird.
Wie begründet die SJ Linz die Auflösungen?
Wir haben bereits erklärt welche Gründe hinter den Angriffen auf die Funke-Strömung stecken. Die Angriffe der BO Linz bestätigen unsere These, dass bürokratische Methoden und Angriffe gegen die Linke in der SJ nur die reformistischen Kräfte stärken. Durch die Auflösung der beiden aktiven Gruppen in Floridsdorf und das Schweigen beziehungsweise die aktive Mithilfe des linken Bündnisse schnupperten die modernistischen Kräfte in der SJ Linz Morgenluft. Wir dürfen nicht vergessen, dass die BO Linz der Überrest der modernistischen Strömung ist, die in den 90er Jahren die SJ in eine große Krise führte. Der Kampf gegen diese Tendenz galt als Grundkonsens des linken Bündnisses. Diese Strömung war in den letzten Jahren innerhalb der SJÖ weitestgehend isoliert, da sie weder etwas mit Marxismus noch unseren Methoden anzufangen weiß. Es ist ein Warnsignal für die gesamte Linke innerhalb der SJ, wenn diese Strömung nun wieder Kraft für eine Offensive spürt.
Die politische Begründung der BO Linz für die Auflösungen ist ein Schlag ins Gesicht für jedEn linke/n SJ-Aktivisten/Aktivistin. Alles in allem werden uns 3 „Anschuldigungen“ vorgeworfen:
1) unsere revolutionäre Einstellung im Kampf für eine sozialistische Gesellschaft, für die wir uns gerne für schuldig bekennen. Wenn diese Einstellung eine „Grenzziehung“ erlaubt, dürfte die SJ Linz spätestens seit dem Verabschieden des Grundsatzprogramms kein Teil der SJÖ mehr sein.
2) unser Kampf gegen die Führung der BO Linz. Auch dies gestehen wir gerne ein. Wir haben nie einen Hehl aus unseren unterschiedlichen Einstellungen und Ansätzen gemacht und immer eine revolutionäre Perspektive den reformistischen Kräften gegenübergestellt. Wir haben diesen Kampf aber immer auf politischer Ebene geführt, und sehen auch darin keinen Grund für die Auflösungen. Wir werden auch weiter gegen den Einfluss reformistischer Ideen innerhalb der ArbeiterInnenbewegung kämpfen.
3) „Parallelstrukturen“ und Selbstfinanzierung. Die SJ Römerberg und die SJ Steg haben sich immer zu ihrer Zugehörigkeit zur Funke-Strömung bekannt. Im Gegensatz zur SJ Linz bezeichnen wir uns auch offen als Strömung. Besonders amüsiert aber die Aufregung zum Thema Finanzierung. Für die GenossInnen der SJ Linz scheint es völlig aus der Welt, dass jemand bereit ist mehr als die 10 Euro Mitgliedsbeitrag im Jahr für die Bewegung zu spenden. So ein Verhalten kann sie sich nur mit einem Begriff wie „Sekte“ erklären. Es mag bei der SJ Linz Tradition sein, dass finanzielle Mitteln aus anderen Kanälen fließen. Wir allerdings waren immer stolz auf unsere Formen der Selbstfinanzierung und stehen damit in den besten Traditionen der ArbeiterInnenbewegung. Und die Unterstützung der Arbeit der Internationalen Marxistischen Tendenz gehört zu den Grundpfeilern unseres Konzepts, da wir uns zuallererst als InternationalistInnen verstehen und nicht als ProvinzpolitikerInnen.
Generell gibt es in der SJ Linz kaum gewährleistete demokratische Rechte. So haben die Gruppen Römerberg und Steg weder eine Vertretung im Ausschuss noch im Vorstand. Sämtliche finanzielle Unterstützung wurde den beiden Gruppen aberkannt. Die Delegierten zu den Bezirkskonferenzen repräsentieren in keiner Weise die realen Mitgliederverhältnisse. Wenn uns nun schon vorgeworfen wird, wir würden die demokratischen Institutionen nicht genug ehren, sollte die Führung der SJ Linz erst die eigenen Leichen im Keller beseitigen.
Argumentiert wird mit der fehlenden Vertrauensbasis. Für uns sind die Rechte von Minderheiten wichtiger Bestandteil einer demokratischen Organisation. Eine Mehrheit, die mit mangelndem Vertrauen argumentiert und deshalb minimalste Rechte nicht gewährleistet, macht sich lächerlich. Eine politische Mehrheit wird meist eine mangelnde Vertrauensbasis zu einer politischen Minderheit haben.
Die Rolle der SJ OÖ
Die Position, die die Landesorganisation einnimmt, ist fatal. Auf der einen Seite verurteilt sie die Auflösungen um sie auf der anderen Seite allerdings anzuerkennen. Somit befinden wir uns in einer mehr als paradoxen Situation: Eine große Mehrheit (SJ Linz und SJ OÖ) innerhalb der SJ erklären einen statutenwidrigen Vorgang für statutenkonform. Auf diese Weise bedroht die SJ OÖ das linke Bündnis von innen.
Was steckt hinter der Vorgangsweise der Führung der SJ OÖ? Zum einen weicht sie dem Druck aus dem SPÖ-Apparat, dessen Mehrheit die Auflösungen unterstützt (erwähnt seien hier nur die Aussagen des Genossen Ackerl). Der Druck, der heute auf der SJOÖ lastet, ist allerdings nichts im Vergleich zu jenem der auf einem wirklichen linken Flügel innerhalb der Sozialdemokratie lasten würde. Auf der Basis des Zurückweichens wird dieser Flügel allerdings nicht erbaut.
Bereits in den letzten Jahren ist die SJ OÖ immer wieder einer direkten Konfrontation ausgewichen. So verlor man die Mehrheit im VSStÖ, die Oberhoheit über die Finanzen oder gestand der aks Linz zu in zahlreichen Schulstädten die politische SchülerInnenarbeit zu leiten. Die letzten Jahre haben allerdings bewiesen jedes Zurückweichen und jeder faule Kompromiss führte nicht zu einem dauerhaften Frieden. Das Gegenteil war der Fall, jedes Zurückweichen ließ die BO Linz erstarken, neue Schritte vorbereiten und weiter die Grenzen verschieben. Außerdem erhöhte es den Druck der SP OÖ auf die SJ und deren Abhängigkeit. Der Angriff auf die Gruppen Römerberg und Steg ist nur der momentane Höhepunkt. Wenn sich die SJ Linz hier durchsetzt wird das ihren Einfluss und ihr Selbstvertrauen stärken. Und es wird nicht der letzte Angriff auf die Grundwerte einer marxistischen SJ sein.
Die SJ OÖ versucht zur Zeit sich als großer Streitschlichter hervor zu tun, als wäre sie die einzige Kraft, die für eine starke SJ arbeiten würde. In Wahrheit versucht sie nur ihre eigenen Schwächen zu verdecken. In Wirklichkeit ist die SJ OÖ zur Zeit so schwach wie seit Ewigkeiten nicht mehr, was die Zahl ihrer AktivistInnen und ihre Schlagkraft betrifft. Es gibt kaum aktive Gruppen und es gibt keinen Plan eine Trendwende einzuleiten. Auf Basis der nun eingeschlagenen Politik wird diese auch nicht möglich sein.
Die Kampagne gegen die Auflösungen
Die AktivistInnen der SJ Römerberg und Steg haben, unmittelbar nachdem wir von dem Vorhaben erfahren haben, versucht eine möglichst breite Kampagne ins Leben zu rufen. Trotz Sommerloch und Ferien ist es uns gelungen breite Aufmerksamkeit auf diese Thema zu lenken. Eine eigene Zeitung wurde angefertigt, Flugblätter gedruckt, Aufrufe veröffentlicht, eine Homepage online gestellt, eine Kundgebung abgehalten,…
Unser zentraler Antrieb dabei war es diese undemokratischen Manöver an die Öffentlichkeit zu bringen. Der Ansatz der SJ Linz-Führung war es selbstverständlich, möglichst ohne großes Aufsehen die Auflösungen durchzupeitschen. Wer will sich schon für solche Methoden rechtfertigen? Dies ging soweit, dass der Bezirksausschuss seine Entscheidung im stillen Kämmerchen treffen musste.
Wir haben bewusst an die gesamte ArbeiterInnenbewegung appelliert und uns nicht auf die SJ- oder Parteigremien beschränkt. Wir sehen darin kein parteischädigendes Verhalten. Das einzige parteischädigende Verhalten sind undemokratische Methoden. Breite Teile der Spitze der SPÖ haben die Ausschlüsse unterstützt. Nicht durch Zufall waren breite Teile der FunktionärInnen gut unterrichtet. Und nicht durch Zufall stießen wir auf jede Menge ungerechtfertigter Anschuldigungen und Lügen. Jedoch stießen wir auch auf eine breite Zustimmung von Partei- und GewerkschaftsaktivistInnen, die unsere Arbeit in der Vergangenheit schätzen gelernt haben und oft aus eigener Erfahrung bürokratische und undemokratische Methoden kennen.
Wir haben gezeigt, dass wir uns nicht durch den Druck durch die Partei einschüchtern lassen. Auf dieser Basis wird es uns gelingen eine starke linke Opposition innerhalb von SPÖ, SJ und Gewerkschaften aufzubauen.
Wie weiter?
Der Kampf für eine demokratische SJ Linz wird weiter gehen. Auch dem Verweis, dass sich an der realen Situation ja nicht viel verändert, da wir auch bisher keine Vertretung in den Gremien hatten und keine finanzielle Unterstützung bekamen, können wir nichts abgewinnen. Unser Ziel ist nicht die Herstellung des Status Quo, sondern eine wirklich demokratische BO Linz. Das heißt Mitbestimmung und Vertretung gemäß der Mitglieder- und AktivistInnenstärke.
Gerade jetzt da die Sozialdemokratie nach rechts abdriftet und viele Jugendliche und ArbeitnehmerInnen enttäuscht sind, ist es notwendig eine starke linke Kraft aufzubauen. Diese kann allerdings nur auf demokratischer Basis stark genug werden. Genau deshalb dürfen wir keinen Millimeter zurückweichen. Die Vorfälle in Floridsdorf und Linz zeigen die Gefahr für eine linke SJ. Verteidigen wir die Grundwerte des linken Bündnisses.
Wo ist das linke Bündnis?
Dass die SJ OÖ die Auflösung der SJ Römerberg und Steg als statutenkonform bezeichnet, dass die SJ Wien selbst Gruppen in Floridsdorf aufgelöst hat und nichts zu den Auflösungen in Linz zu sagen hat, dass sich die Verbandsorganisation auf eine Position der „Neutralität“ zurückzieht, zeigt, dass das sogenannte „linke Bündnis“ der Ära Kollross gegen die „SJ- Rechte“, nichts mehr ist als eine Worthülse. In Wirklichkeit polarisiert sich die SJ Österreich heute entlang anderer Linien. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die für einen organisierten linken Flügel in der Partei, für einen Austritt der SPÖ aus der Großen Koalition und für eine demokratische SJ kämpfen. Auf der anderen stehen all die, die vor dem Druck des Parteiapparats in die Knie gehen, ganz gleich welcher linker Phrasen sie sich dabei bedienen.
Es geht heute darum den Grundstein für den Aufbau einer neuen organisierten, pluralistischen und demokratischen Linke nicht nur in der SPÖ sondern auch in der SJ zu legen.
Martin Kuri, Vorsitzender der SJ Römerberg