Der Opel-Konzern spart am österreichischen Standort Wien-Aspern bis zu 400 Arbeitsplätze und damit ein Drittel der Beschäftigten ein. Die Aufgabe der Gewerkschaft wäre es, den Stellenabbau zu verhindern, anstatt ihn zu verwalten, argumentiert Martin Halder.
Seit der Übernahme von Opel durch den französischen Peugeot-Konzern (PSA-Gruppe) 2017 wird ein sehr radikaler Sparkurs umgesetzt. Opel mit Standorten in ganz Europa streicht tausende Stellen – 3.700 allein in Deutschland (Hauptsitz) – und verlangt von den verbleibenden ArbeiterInnen einen weitreichenden Lohnverzicht.
2018 konnte Opel zum ersten Mal seit Jahren wieder einen Unternehmensgewinn verbuchen und die Gewinnausschüttung an Aktionäre wird rasant erhöht. Noch lang nicht durch mit den Sanierungsplänen formuliert PSA-Geschäftsführer Carlos Tavares die weitere Senkung des Lohnkostenanteils von 13 % auf 10 % als Ziel. Es springt einem förmlich ins Auge, wie der Profit und die Wettbewerbsfähigkeit der UnternehmerInnen durch die Auspressung der ArbeiterInnen geschaffen und garantiert wird.
Die Rolle der Gewerkschaft
Auch im österreichischen Werk kam es im Oktober letzten Jahres zur sozialpartnerschaftlich verhandelten Streichung von über 100 Arbeitsplätzen und einer Lohnkürzung von zwei Prozent. Die Stadt Wien übernahm dabei Umschulungskosten für Entlassene mit einer Million €. im Rahmen einer Spezialaktion des waff (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds).
Nicht mal ein halbes Jahr vergangen, wird nun Ende März der nächste Abbauplan von bis zu 400 Stellen präsentiert. Es zeigt sich: Einschnitte und Kündigungen bei den ArbeiterInnen zu akzeptieren, um in Zukunft soziale Sicherheit garantieren zu können, ist und bleibt ein Irrtum. Im Gegenteil wenn die Gewerkschaftsführung den Abbau mitverwaltet, anstatt ihn zu bekämpfen, ist das eine offene Einladung an die Unternehmer weiter radikal einzusparen.
Und die Gewerkschaftsführungen gehen diese Sackgasse stur weiter. Die zuständigen Teilgewerkschaften PRO-GE und GPA-djp zeigen sich unzufrieden über die aggressiven Einsparungen vom PSA-Konzern, doch mehr als eine Klage vor dem Arbeitsgericht gegen den vorigen Lohnverzicht wurde bisher nicht umgesetzt. Als ob man im Katamaran (der Gewerkschaftszentrale) noch nie was vom „Kapitalismus“ gehört hätte, lamentiert man über die „Wortbrüchigkeit“ des Konzerns. Im Gewerkschaftsfokus steht die Abwickelung desselben Sozialplans, wie im letzten Jahr. Angestellten BR-Vorsitzende Fallmann spricht von einer „freiwilligen Aktion“, in der sich KollegInnen melden können, die bis zum Jahresende das Unternehmen freiwillig verlassen möchten. Mit dem Stellenabbau hat man sich schon lange abgefunden.
Hinter dieser zurückweichenden Haltung steckt die Logik den österreichischen Standort und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, wofür auch Verschlechterungen bei Löhnen und Arbeitsbedingungen in Kauf zu nehmen seien. Dies bedeutet sich den Wirtschaftsinteressen unter zu ordnen und eine weitere Schwächung der Gewerkschaftsbewegung zu erwirken. Gerade von jungen ArbeiterInnen wird die Gewerkschaftsführung und Betriebsräte nicht selten als Teil der Geschäftsführung gesehen. Dies ist absolut verständlich, wenn sie die Sparzwänge des Unternehmens mit umsetzt anstatt sich gemeinsam mit den KollegInnen offen dagegen zu stellen.
Die Rolle der Gewerkschaft muss es aber sein, die Interessen der ArbeiterInnen gegen die der UnternehmerInnen zu verteidigen und zu erkämpfen. Konkret würde das bedeuten direkt nach Kundmachung der Einsparungen einen Kampfplan zu entwickeln, der keine Verschlechterungen akzeptiert. Weiters eine Betriebsversammlung einzuberufen, auf der die Belegschaft über die konkrete Durchführung und Ziele des Arbeitskampfs diskutieren und abstimmen wird. Die Antwort auf den Angriff der Kapitalseite kann nur ein solidarischer und selbstbestimmter Gegenangriff sein. Eine solche Veränderung der Ausrichtung Interessensvertretung ist unbedingt notwendig, muss aber von KollegInnen selbst propagiert und durchgesetzt werden.
(Funke Nr. 173/Mai 2019)