Kika/Leiner. Wie die Stimmung nach der „frohen Botschaft“ vom 15.06. über die Übernahme durch die Signa-Gruppe wirklich ist.
Am 16.08. fiel das Urteil. Wie es in einer Mitteilung hieß, „hat das Unternehmen wieder eine Zukunft,“ es gelte, aus der Vergangenheit zu lernen und einen neuen Weg einzuschlagen. Dazu ist ein „tiefgreifender Wandel und Besinnung auf die eigene Identität als mittelständisches österreichisches Traditionsunternehmen (!) mit klaren kaufmännischen Werten und Grundsätzen (!) zwingend notwendig“ – zu diesen „Werten“ zählt wohl auch Korruption und Bilanzfälschung, unter dessen Verdacht die Ex-Eigentümer stehen.
Hauptanliegen: Kosten senken und wirtschaftlich arbeiten. Gestrichen werden 1.150 Stellen, rund 20% der Beschäftigten. Wie eine Verkaufsangestellte berichtet, kam es am 16.08. zu einer spontanen Hausbesprechung, am Nachmittag angekündigt, nach Dienstschluss abgehalten. „Dass unser Standort schließt, hatten wir nicht erwartet. Das Personal ist bereits bis aufs Limit dezimiert worden, unsere Zahlen waren nicht so schlecht.“ Ob und wie es mit der Belegschaft weitergeht, konnte an diesem Abend nicht beantwortet werden. Der anwesende Betriebsrat versuchte zu beruhigen. Man habe bereits Erfahrung mit Filial-Schließungen und Sozialplänen. Dazu holt man sich zuständige GPA-djp Betriebsräte mit ins Boot.
Seit 07.09. stand der endgültige zehnseitige Sozialplan. Die Höhe des Betrags, den Betroffene erhalten sollen, orientiert sich am Lebensalter, Dienstzeit und familiärer Situation. Ein Härtefonds soll sozial besondere Umstände abfedern. Stiftung gibt es keine. Die Kosten des Sozialplans verrät der Konzern nicht.
Ab 17.09. wurden die Sozialpläne den Mitarbeitern vorgelegt, bis 25.09. konnte man sich das Angebot in Kombination mit der beidseitigen Auflösung des Dienstverhältnisses überlegen. Langsam wurde klar, dass nur wenige MitarbeiterInnen in ein anderes Haus wechseln können. Auch Lehrlinge verlieren ihren Ausbildungsplatz, wenige werden übernommen. „Die Häuser sind voll“ so heißt es, womit sich der Verdacht erhärtet, dass dies nur die „erste Runde“ von Filialschließungen darstellt. Laut Insidern sind nur 10-15 der verbliebenen 44 Standorte stabil.
„Gerettet“ wird nur Benkos Profit
Diese Vorgehensweise erinnert an Benkos Übernahme von Karstadt. Auch damals hat der Konzern eine kriselnde Handelskette mit dem symbolischen €uro übernommen und drastische Sanierungspläne durchgesetzt. Es wurden ebenfalls 20% der MitarbeiterInnen gekündigt, 23 der 83 Warenhäuser standen auf der Abschussliste. Die Kosten der Sanierung haben die Beschäftigten getragen: längere Arbeitszeit ohne Lohnausgleich, Verlängerung der sogenannten Tarifpause – also des Verzichts auf die jährlichen kollektivvertraglichen Gehaltserhöhungen der Branche, zusätzlich Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld.
Schlechter Scherz
Der Sparkurs wird weitergefahren, Karstadt hat die Probe aufs Exempel geliefert, daher steigt nun auch die Sorge um Gehälter bei Kika/Leiner. Es kursieren zwei Varianten: ein geringeres Basisgehalt für die verbliebenen Mitarbeiter, die über dem Kollektivvertrag verdienen, oder niedrigere Provisionen. Letztere sind im Möbelverkauf ein erheblicher Bestandteil des Einkommens aber stets variabel.
Für Gastro: Kein Betriebsrat, keine Unterstützung
Eine besondere Überraschung gab es für die Gastro MitarbeiterInnen der betroffenen Filialen. Die Restaurants laufen unter der Firma LeiKi Gastro Alpha GmbH und fallen in die Fachgruppe Gastronomie. Für uns gibt es keine Vertretung, keinen Betriebsrat. Der Angestellten-Betriebsrat hat uns deutlich gemacht, dass sie für uns nichts tun können. Wir müssen uns selbst mit der AK und der Gewerkschaft Vida in Verbindung setzen. Sozialplan hin oder her, uns wird er nicht helfen. Die Situation ist sehr belastend, da wir nicht wissen, was auf uns zukommt. Es gibt zwar Gespräche unter Hauschefs und RestaurantleiterInnen über mögliche Übernahmen, aber nichts Konkretes.
Ob Gastro oder Verkauf, die Stimmung ist teils angespannt, hauptsächlich resigniert. Jetzt geht’s nur noch um den Abverkauf, die Kunden interessieren nur noch Prozente und Rabatte. Vor allem bei den Jüngeren der Belegschaft herrscht Frustration und die Motivation ist im Keller: „Jetzt ist’s eh schon wurscht, sie legen eh keinen Wert darauf, dass sie mich übernehmen, warum soll ich noch einen Wert auf den Haken legen?“
(Funke Nr. 167/Oktober 2018)