Eisenbahner. Nachdem die Gespräche für einen neuen Eisenbahn-KV Ende Juni auf Eis gelegt wurden, kommen sie nun wieder langsam ins Rollen. Die Eisenbahner stehen gleich mehrfach unter Druck. Von Emanuel Tomaselli
Die VAEB, die Krankenkassa der Eisenbahner, Seilbahnen und Bergbau wird in die Beamtenversicherung aufgelöst. Die Gewerkschaft vida hat sich entschlossen keinen Kampf gegen diese Übernahme zu führen. Stattdessen werden Teilforderungen für die Ausgestaltung der neuen Kassa formuliert. Klar ist, dass jedenfalls viel verloren geht, angefangen beim Verlust finanzieller Rücklagen von 267 Mio. €, die in die Hand ÖVP-dominierter Gewerkschafts- und Regierungsvertreter wandern. Die Leistungen werden auf absehbare Zeit nicht verbessert werden („Kostenbremse“) und die Fusion wird recht teuer, man rechnet mit 100 Mio. zusätzlichen Verwaltungskosten.
Weiter stehen neue Liberalisierungsschritte im europäischen Güterverkehr an, dies erfordert einen umfassenderen kollektivvertraglichen Schutz, damit Privatbahnen heutige Standards nicht unterlaufen.
Da der Schienenverkehr ein besonders sicherheitssensibler Bereich ist gibt es hier spezifische Ausbildungs- und Qualifikationserfordernisse, die gesetzlich festgehalten sind. Die Regierung hat dieses Gesetz auf die „Golden Plating“ Liste gesetzt, d.h. sie plant die Qualifikationserfordernisse für Eisenbahner auf EU-Mindeststandards herabsetzen. Und schlussendlich wollen die Eisenbahner auch mehr Lohn, im Juni bot die Wirtschaftskammer gerade mal 2,5%.
Die allgemeine Offensive des Bürgerblocks rollt auch über die Eisenbahner und die vida hat sich entschlossen dagegen zu halten. In den am 1.10. abgehaltenen Mitgliederversammlungen wurde der Ernst der Lage erörtert. In allen Versammlungen, aus denen uns Berichte vorliegen, wurde aus dem Publikum die Frage des Streikes, und auch die Notwendigkeit einer „allgemeinen Streikbewegung“ oder des Generalstreikes aufgeworfen. Dass seit der Großdemo am 30.6. nichts mehr organisiert wurde, wurde als Fehler benannt. Redner nahmen auch auf die Erfahrung des dreitägigen Eisenbahnerstreiks von 2003 Bezug, wobei Kollegen die dazu redeten, die Meinung vertraten, dass dieser Streik zu früh abgebrochen wurde. Bei einigen schwingt eine gehörige Portion Skepsis mit, ob „die Oberen“ diesmal bereit sind „eine ordentliche Sache“ zu organisieren. Ebenso gibt es eine starke Stimmung, dass nicht die Eisenbahner (und hier wiederum bestimmte Sektoren) allein den Kopf für alle hinhalten sollen. Vielmehr schwören sich die kämpferischsten Sektoren darauf ein: „alle gemeinsam, und so dass es denen mal richtig weh tut“.
Es ist klar, dass die Gewerkschaftsführung der Regierung entgegenhalten möchte, zumindest so viel, dass sie von ihr gehört wird. Dafür bereitet sie sich (streik-)technisch vor. Allerdings trifft sie eben auch auf eine gehörige und wohlverdiente Portion Skepsis, und dies schwächt das Vertrauen in die solidarische Kraft der Gewerkschaft bedeutend.
Wir glauben, dass man sich nicht desto trotz aktiv in die Abwehrfront einreihen soll, Stimmung für den Arbeitskampf macht und auch lautstrak eine Urabstimmung über die Ergebnisse der KV-Verhandlerungen fordert. Denn wer kämpft, soll auch darüber mitbestimmen ob man das Maximum erreicht hat, oder ob man weitermachen will. Die Erfahrung von 2003 lehrt, dass diese Position richtig und wichtig ist, eine Streikbewegung darf einer allein nicht beenden, das ist eine Sache aller die sich engagieren!
(Funke Nr. 167/Oktober 2018)