Der Viskose-Hersteller Glanzstoff schließt sein Werk in St.Pölten trotz guter Ertragslage. 320 ArbeiterInnen würden ihren Job verlieren. Zeit für Solidaritätsaktionen!
Solidaritätsbotschaften: SJ Vorarlberg, Axel Magnus (BR-Vorsitzender SDW)
Ein Kapitalboss in der 6. Generation dirigiert 5600 Leute – Generationen von ArbeiterInnen haben Glanzstoff geschaffen, blicken auf eine kämpferische Tradition und soziale Errungenschaften zurück, jetzt verlieren 327 Familien ihre Existenz – Ein Kapitalboss, der sich gern ökologisch gibt, seine Geschäfte aber unter hoher Belastung der Umwelt macht – Unter Vorwand von Ökoauflagen vor Verlagerung der Produktion in andere Länder? – Oder nur um Geschenke der öffentlichen Hand vor den Wahlen zu bekommen?
Ein Kapitalboss, der mit der schwarzen Nomenklatura in NÖ eng verbunden ist – eine VP, die noch vor den letzten Landtagswahlen dazu Schaumschlägereien inszenierte – viele Migranten, die mit ihrer langjährigen Arbeit auch die Grundlage dafür gelegt haben, dass die Kapitalgruppe laufend international expandieren kann – das ganze wurde möglich, weil durch die Verschleuderung öffentlichen und halböffentlichen Eigentums in den letzten Jahren die alten Kapitalfamilien wieder voll zulangen konnten und wieder die Herren spielen können.
Heute : Glanzstoff sucht Mitarbeiter…
Paradoxerweise suchen die Glanzstoffwerke auf ihrer Homepage Mitarbeiter!
Es heißt dort: „Unsere Mitarbeiter sind die Basis für unseren Erfolg[wie wahr!]. Wir haben ehrgeizige Ziele und suchen Menschen, die gemeinsam mit uns die Herausforderungen der Zukunft aktiv mitgestalten wollen. Persönlichkeiten mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung, unternehmerischen Denken und ergebnisorientiert, innovativ und problemlösungsorientiert.“
… und sperrt gleichzeitig zu!
Gleichzeitig teilt das Unternehmen beschönigend unter der Überschrift „Sozial verträgliche Lösungen“ (so was muss einem zu diesem Anlass erst einfallen!) mit „Betriebsrat, Belegschaft sowie das Arbeitsmarktservice wurden Freitag Vormittag von dem Schritt informiert. Vom Auslaufen der Produktion sind rund 290 Arbeitsplätze betroffen. Glanzstoff ist sich seiner sozialen Verantwortung bewusst und wird sich um sozialverträgliche Lösungen bemühen. Rund 10 Arbeitsplätze bleiben in der Glanzstoff-Holding am Standort St. Pölten erhalten. Glanzstoff wird seine bestehenden Lieferverträge erfüllen, zumal bis Ende 2008 produziert wird und Restlagerbestände abgebaut werden können. Für die Nachnutzung freiwerdender Flächen gibt es noch keine Entscheidung. Um eine bestmögliche Nutzung sicherzustellen, strebt Glanzstoff an, gemeinsam mit der Stadt St. Pölten einen Ideenwettbewerb ins Leben zu rufen.“
Mastermind: Herr über 5.600 Menschen auf drei Kontinenten
Der Duft der Glanzstoff-Werks ist seit Jahrzehnten ein Markenzeichen von St. Pölten. Seit Hundert Jahren ist Glanzstoff einer der wichtigsten Arbeitsstätten in NÖ. Ab heute soll es damit vorbei sein. Dahinter steckt das Profitstreben eines Kapitals, das sich entsprechend der Logik unseres Wirtschaftssystems fortlaufend mehren möchte. Personell wird es durch einen Mann abgebildet, der erst am 4. Juli im Newsletter der Industriellenbvereinigung Niederösterreich dankenswerterweise vorgestellt wurde und um die 5.600 Menschen weltweit dirigiert: „Dr. Cornelius Grupp, Eigentümer der Neuman/Prefa Gruppe und Glanzstoff“
„Mit unseren Betrieben sind wir der größte Arbeitgeber im gesamten Traisental“, so Grupp. Cornelius Grupp lässt an die 5.600 Leute für sich arbeiten. Sein gesamtes Eigentum ist nicht so leicht zu überblicken. Es ist in der CAG-Holding vereinigt, und umfasst vor allem Glanzstoff, Stölzle Oberglas, und Neuman-Prefa – jeweils mit diversen Werken in mehreren Kontinenten und Ländern. Der Gesamtumsatz dürfte um die 1,2 Milliarden € ausmachen.
Kapital entsprang aus Profit für Nazi-Panzer
Glanzsoff hat Werke in St. Pölten, Lovosice (CZ), Pizzighettone (Italien) und Luxemburg. Die meisten der 1200 Beschäftigen arbeiten im tschechischen Werk (530).
Neumann-Prefa hatte Werke in Marktl-Lilienfeld, Sherbrooke, Verona USA, Xinhui (Guangdong – Südchina).
Stölzle-Oberglas Gmbh hat Standorte in Köflach (Kärnten), U Sklárny- Hermanova Hut (TSCHECHISCHE REPUBLIK) Czestochowa (POLEN), Flaconnage (GROSSBRITANNIEN) Details siehe: Neuman, Prefa, Glanzstoff.
Cornelius Grupp betont immer wieder, dass er die 6. Generation der Gruppfamilie verkörpert. Die Grupp-Linie gehört zur bairischen Maffei-Kapitaldynastie aus dem Rüstungs- und Finanzbereich, zu der auch die Waffenschmiede Krauss-Maffei um München gehört, die schon für die Nazi-Armee einen Grossteil der Angriffspanzer baute, und auch heute noch in diesem ehrenwerten Geschäft tätig ist. siehe z. B. Krauss-Maffei Wegmann
(für den Panzer „Leopard II“ wurde auch in Österreich viel unnötiges Geld ausgegeben)
„Stark wie ein Stier“: bestens vernetzt und mit der schwarzen Nomenklatura eng
Am bekanntestesten ist der Konzern wohl für Aluminiumverpackungen fast jeder Art und das Prefa-Dach („Stark wie ein Stier“). Cornelius Grupp ist familiär mit diversen andern Kapitaldynastien verbunden, und auch über Funktionen bestens „vernetzt“ (um es positiv auszudrücken). In einem Jubelartikel heiß es: “Cornelius Grupp bekleidet verschiedene Aufsichtsratsmandate, beispielsweise bei der Schöllerbank, dem Steinehersteller RHI oder der Papierfabrik Hamburger Werke, als deren Stiftungsvorstandsvorsitzender er außerdem fungiert. Er ist ‚spielender Präsident’ des Münchener Polo-Clubs sowie Mitglied im Internationalen Advisory Board von Fontainebleau; er fungiert als Präsident einer Studentenverbindung und als Vorstand der Organisation ‚Europe 500’, die jährlich die bezüglich Umsatz und Beschäftigung am schnellsten wachsenden Unternehmen Europas ermittelt“. (Grupp ist übrigens, wie es sich für einen ordentlichen Kapital-Vertreter gehört, auch sehr kunstsinnig, er ist z. b. Präsident des Museums für angewandte Kunst -Wien).
Nichtzuletzt ist der Kapitalboss mit der schwarzen Nomenklatura in NÖ sehr eng verbunden. Und das war bei mancher Subvention sicher nicht hinderlich.
Reich durch Abverkauf öffentlichen Eigentums in Österreich
Wieder der Hofjournalist im Original über den Heroe: „Ab 1987 erwarb er in rascher Folge österreichische Unternehmen im Rahmen der großen Privatisierungs- und Restrukturierungswelle der österreichischen Volkswirtschaft. Der große Kehraus war sein Glück, wie er heute sagt. Er schmiedete aus Teilen der österreichischen Staatswirtschaft eine potente, moderne, technologisch anspruchsvolle Unternehmensgruppe mit den beiden wesentlichen Standbeinen Glas und technische Garne.“
Flops etwa mit der Rohr-Produktion vor einigen Jahren in Krieglach stören dieses „Glück wenig. „Angemessene“ Ertragslage – Expansionsziel: +35%! Herr Cornelius Grupp meinte dem Hofjournalisten gegenüber, seine Werke im Konzern der CAG-Holding hätten eine „angemessene“ Ertragslage. Man darf annehmen, dass er da schon eine ordentlich hohe Profitrate für das Kapital seiner Dynastie angemessen hält. Jedenfalls ist er in der Lage derzeit seit Jahren mit nicht weniger als 12% Umsatzwachstum zu expandieren, voriges Jahr war das Ziel sogar 35%! Siehe: „Wir“ über Grupp
Wieso trotz „angemessener“ Ertragslage kein Geld für Umweltinvestitionen?
Daher verwundert es, dass nun nach dem Brand in St. Pölten partout gerade kein Geld für die schon längst notwendigen Umweltinvestitionen da sein soll.
Oder könnte es sein, dass deswegen kein Geld da ist, weil das Geld unter Vorwand von Ökoauflagen woanders investiert werden soll?
Oder könnte es sein – soll ja schon vorgekommen sein, dass – das Kapital der Grupp-Familie sich gern die Umweltinvestitionen schenken lassen möchte? Immerhin haben sie ja die meisten Betriebe auch mehr oder weniger von der öffentlichen Hand und deren neoliberalen Politikern geschenkt bekommen? Die Zeit wäre ja irgendwie günstig: vor einer Wahl sind Politiker ja gern spendabel – jedenfalls was Steuergelder betrifft.
Einzelne Betriebsmanager waren wahrscheinlich auch teilweise bemüht tatsächlich Lösungen für die neuen Anlagen nach dem Brand zu finden. Sind sie jetzt zurückgepfiffen worden?
Finstere Spiele der schwarzen Macht
Die schwarze Machtmaschine in NÖ hat sofort einen Schuldigen gefunden: die St. Pöltner Stadtverwaltung. Weil diese meint, der Rechtsstaat dürfe nicht sofort die Segel streifen, wenn das Kapital verlangt, dass allgemeine Gesetze für alle Gelten sollen, aber nicht für das Kapital. Durch die eigentlich unerhörten Anschüttungen der schwarze Machtmaschine in NÖ wird offenbar der Weg für das Grupp-Kapital frei: entweder ins Ausland, oder zum Griff nach Steuergeldern.
Übrigens: der Bosse der Bosse in NÖ, unser Landesvater hat ja noch vor der Landtagswahl verkündet, dass die schwarze Macht Glanzstoff gerettet hat. Aber – richtig geraten – die St. Pöltner Stadtverwaltung wollte ihm das offenbar nicht gönnen…!
Öko-Touch oder Ökoinvestitionen?
Der Konzernboss gibt sich übrigens gern ökologisch, aber seine Geschäfte bewirken hohe Belastungen der Umwelt. Allein die Alu-Industrie hat einen riesigen Energieaufwand mit beträchtlichen globalen Umweltwirkungen, dagegen ist der Duft in St. Pölten vernachlässigbar. Öko-Touch und Ökomäntelchen können fesch sein, jetzt zählen Ökoinvestitionen.
Sicher ist Aluminium und auch die Viskose wichtig, aber wenn jemand damit soviel abgecasht hat, dann müsste er auch ein Scherzel für Umweltinvestitionen übrig haben….
Lähmung durch Angst oder länderübergreifende Solidarität?
Bleibt noch das Schicksal von Hunderten Familien in der Region, mit dem Kapital und schwarze Macht spielen: Mit Sicherheit werden sie heute nicht – wie eventuell Cornelius Grupp in München – Polo spielen. Sie werden eine unruhige Nacht haben; viele werden buchstäblich nicht wissen, wie es weitergehen soll. Darunter viele Migranten aus der Türkei, die mit ihrer langjährigen Arbeit auch die Grundlage dafür gelegt haben, dass die Grupp-Kapitalgruppe laufend international expandieren kann. Es ist zu hoffen, dass in einer Zeit, wo die Teuerung für Lebensmittel und Energie enorm geworden ist, die Angst nicht lähmt, sondern die Kraft der Gemeinsamkeit zum Vorschein kommt, z. B. der Gemeinsamkeit zwischen den ArbeiterInnen in den verschiedenen Standorten.
Die Fronten sind Klar: Das Ergebnis wird Folgen haben! So oder so!
Irgendwie sind die Fronten klar: Expandierendes Kapital, ein Kapitalboss in der 6. Generation und befreundete Politiker auf der einen Seite; hunderte Arbeiterfamilien, die in Generationen den Wert bei Glanzstoff geschaffen haben, und auf eine kämpferische Tradition und soziale Errungenschaften zurückblicken, auf der anderen Seite. Wer wird seine Kraft stärker entwickeln können? Wenn die Grupp-Familie damit durchkommt, dann werden viele weitere das zum Beispiel nehmen; aber umgekehrt auch.
Quelle: Weblog von Josef Baum
Wir rufen alle LeserInnen auf der Belegschaft der Glanzstoff Solidaritätsbotschaften zu schicken