Palästina-Repression an der Uni – die Studierenden müssen selbst reden!

Das neue Semester beginnt, wo das alte aufgehört hat: Mit der Komplizenschaft der Uni-Rektorate im Völkermord und Repressionen gegen Studierende. Beispielhaft ist hier die größte Uni Österreichs, die Uni Wien. Um diese Komplizenschaft zu brechen braucht es eine breite, demokratische Debatte an den Unis – in Vollversammlungen der Studierenden. Eine Stellungnahme der RKP-Studierenden.
Seit Beginn des Völkermords wird an den Universitäten jeder größere Ausdruck der Palästinasolidarität unterdrückt. Das Rektorat der Universität Wien steht hier an der Spitze. Im Frühjahr 2024 hetzte es öffentlich gegen das Palästina-Camp, das auf dem Gelände der Uni inspiriert durch die weltweiten Protestcamps aufgebaut wurde. Diese Hetze bot die Grundlage für eine Räumung durch die Polizei – eine Räumung, die sich im Nachhinein als rechtswidrig herausstellte. Selbst nachdem die Gerichte die Rechtswidrigkeit feststellten, legte Rektor Sebastian Schütze politisch nach, indem er diese als „nach wie vor für gerechtfertigt“ bezeichnete. Schütze weiter: „Die Universität ist und will Ort des Diskurses sein, Diskurs setzt aber voraus, dass Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten und Sichtweisen in den Austausch gehen.“ Das passiere dann, wenn „man einander zuhört und Argumente, nicht Standpunkte einbringt“. (Der Standard, 31.5.2025).
Die Wahrheit ist, dass das Rektorat jede Diskussion zu Palästina und der Komplizenschaft Österreichs unterbinden möchte. Auch die Ringvorlesung „Palestine in Global Contexts“ im Sommersemester wurde vom Rektorat aktiv behindert, Veranstaltungen mussten abgesagt werden. Ist das der angebliche „Austausch“ oder doch eher die volle Macht der Uni-Hierarchie zur Unterdrückung von Debatte?
Auch dieses Semester wird dieser Machtrausch fortgesetzt. Diesmal traf es die symbolische Blockade des Hauptgebäudes der Uni Wien, die am 8. Oktober von einer Reihe von Pro-Palästina-Kollektiven und Organisationen organisiert und unterstützt wurde. In kürzester Zeit sammelten sich über 200 Studierende. Obwohl der reguläre Betrieb der Uni nicht ernsthaft gestört wurde (nur zwei der Eingänge wurden symbolisch blockiert), hetzte das Rektorat erneut den Studierenden die Polizei auf den Hals. Eine Reihe von Aktivisten wurden festgenommen und über 60 Anzeigen ausgestellt.
Es ist klar, dass die Mehrheit der Studierenden gegen den Völkermord im Gazastreifen und die Unterdrückung der Palästinenser ist. Sie lassen sich nicht mehr durch Repressionen und Zensur Mundtot machen – im Gegenteil. Sichtbar mehr Studierende haben an den großen Palästinademonstrationen der letzten Wochen teilgenommen, als das zuvor der Fall war.
Dieser Druck erklärt auch die veränderte Position der ÖH-Exekutive. Letztes Jahr reihte sie sich noch in die allgemeine Hetzkampagne gegen das Palästinacamp ein. Seitdem war der VSStÖ der Uni Wien (die größte Fraktion) gezwungen, sich dafür öffentlich zu entschuldigen; die rabiaten Zionisten von KSV-LiLi haben bei der letzten Wahl massiv Stimmen verloren und sind nicht mehr Teil der Exekutive. Nach der Blockade am 8. Oktober erklärte sich die ÖH-Exekutive in einem Statement jetzt auch direkt solidarisch mit den Aktivisten und „erwartet“ sich vom Rektorat Raum für gewaltfreien Dialog.
Doch es ist klar, dass wir vom Rektorat gar nichts erwarten können. Es ist kein Zufall, dass konstant die demokratischen Rechte der Studierenden und Lehrenden mit Füßen getreten werden. Israel ist der wichtigste Verbündete des westlichen Imperialismus im Nahen Osten und die Unterstützung ist für unsere Herrschenden nicht verhandelbar. Ständig werden Waffen- und Materiallieferungen auch durch Österreich nach Israel geliefert – zuletzt machte eine Munitionslieferung für die israelische Armee Schlagzeilen, die durch Österreich rollte, nur um dann im Hafen von Ravenna durch die Initiative der Hafenarbeiter aufgehalten wurde.
Und auch für das Bildungssystem werden harte Sparmaßnahmen vorbereitet, die die kapitalistische Krise auch auf die Studierenden abwälzen sollen. Deshalb wollen die Rektorate allgemein keinen Raum für Aktivismus und eine demokratische Diskussion unter den Studierenden zulassen.
Und während die Rektorate wie die Medien, Kapitalisten und Regierenden generell mit dem Waffenstillstand darauf hoffen, dass wir Ruhe geben, ist die Realität erschütternd: Der Waffenstillstand in Trumps „Friedensplan“ ist nicht nur äußerst wacklig (seit seinem Inkrafttreten hat die israelische Armee fast hundert Menschen im Gazastreifen ermordet), sondern er liefert die Palästinenser selbst wenn er halten sollte tieferer imperialistischer Unterdrückung aus als jemals zuvor.
Wir halten fest: In der Palästinafrage gibt es keine Demokratie an den Unis. Nach zwei Jahren Unterdrückung und Lügen muss daher endlich über die wirkliche Lage der Palästinenser gesprochen werden und festgehalten werden, was die Studierenden selbst denken: Es braucht eine Vollversammlung der Studierenden und Belegschaft, wo frei, direkt und ohne Zensur über Palästina diskutiert werden kann.
Das ist die einzige Grundlage dafür, die Komplizenschaft der Uni im Völkermord auch in der Praxis brechen zu können: Nur eine breite, demokratische Debatte kann die Grundlage für Maßnahmen herstellen, die über symbolische Aktionen hinausgehen. Hinter der autoritären Fassade des Rektorats verbirgt sich in Wahrheit Angst vor denkenden und handelnden Studierenden. Die Uni Wien ist heuer erstmals unter den TOP-100 des neoliberalen „THE World University Ranking“ gelistet. „Das Ranking spiegelt unsere Exzellenz“, so Rektor Schütze, der sich damit sicher in seiner autoritären Haltung gegenüber Lehrenden, Lehrinhalten und Studierenden bestätigt sieht.
Das Potential zeigte sich im letzten Jahr in Serbien, wo nach dem Einsturz des Bahnhofsvordachs in Novi Sad eine revolutionäre Massenbewegung gegen die Regierung und den korrupten Staatsapparat ausbrach. An den Universitäten organisierten die Studierenden sich in Massenversammlungen, Plena, an denen tausende teilnahmen. Sie diskutierten demokratisch die Ziele der Bewegung, wählten Vertreter und besetzten auf dieser festen Grundlage die Universitäten. Diese wurden so zu den festesten Stützpunkten der Massenbewegung – über Monate hinweg trauten sich Rektorate und Polizei nicht, auch nur über Repressionen gegen die gut organisierten Studierenden nachzudenken.
Wenn die Solidarisierung der ÖH-Exekutive der Uni Wien daher mehr sein soll als nur Worte, muss sie ihre Möglichkeiten dafür nutzen, schnellstmöglich eine Vollversammlung zu organisieren.
Das gesagte gilt nicht nur für die Uni Wien, wo wir die Situation beispielhaft beschreiben haben, sondern überall. Die RKP-Studierenden werden für die Idee einer Vollversammlung in den kommenden Wochen werben – in der Öffentlichkeit, an den Unis und in der Palästinabewegung. Die Studierenden müssen selbst reden – nieder mit der Komplizenschaft in Völkermord und Unterdrückung der Palästinenser, nieder mit den Sparmaßnahmen, nieder mit dem Kapitalismus!