Die Demo zum Frauenkampftag in Wien zeugte vom Willen Tausender, gegen die massiv ansteigende Frauenunterdrückung zu kämpfen. Wir mobilisierten einen Demoblock mit an die 150 Leuten, rund um Klassenkampf und Kommunismus zur Frauenbefreiung sowie Palästina-Solidarität. Auf politische Provokationen von Antideutschen reagierten Organisatoren mit Spaltungsversuchen. Wir stehen für eine kämpferische Demo mit Meinungsfreiheit – und verteidigen das kommunistische Programm in der Bewegung. Von Felix Bernfeld.
Am 8. März fand in Wien anlässlich des Weltfrauentags die größte Demo seit Jahren mit tausenden kämpferischen, hauptsächlich jungen Menschen statt. Der Columbusplatz als Treffpunkt der Demonstration war schon beim offiziellen Start gesteckt voll, weitere Gruppen von Jugendlichen strömten während der Reden weiter dazu.
Auf der Demo herrschte neben einer guten, kämpferischen Stimmung bei vielen Teilnehmern auch ein hohes Bewusstsein dafür, dass das Problem der Frauenunterdrückung nicht getrennt vom Sturz des Kapitalismus gelöst werden kann. Dies ist ein Ausdruck der Radikalisierung der letzten Jahre und zeigt der Bewegung einen Weg nach vorne. Und genau das ist seit über 100 Jahren die Position der revolutionären Kommunisten, auf die die Begründung des Internationalen Frauenkampftags zurückgeht. Auf dieser Grundlage beteiligte sich auch der Funke mit einem großen Block aus weit über 100 Personen, vielen kämpferischen Demorufen gegen Sexismus und Frauenunterdrückung („Was macht den Sexisten Dampf: Klassenkampf, Klassenkampf“, „Man tötet nicht aus Liebe, stoppt Femizide“), gegen den Kapitalismus als Ganzes („One Solution, Revolution“, „A, Anti, Antikapitalista“) und jede Form von Unterdrückung – so auch gegen die Unterdrückung der Palästinenser („Free Free Palestine“, „There is only one solution: Intifada – Revolution“).
Antideutsche Provokationen
Die Demonstration war so etwas wie ein Befreiungsschlag für viele linke Jugendliche, nachdem ausgehend vom Beginn des Krieges im Nahen Osten über Monate hinweg die rassistische Propaganda der Herrschenden und die Kapitulation der Linken die Bewegung verwirrt und gespalten zurückgelassen hatte. Doch dass die Widersprüche durch eine große Mobilisierung nicht gelöst werden können, sondern im Gegenteil sogar zugespitzt wurden, zeigte sich gerade am 8. März.
Zu Beginn der Demo wurde der Funke-Block von Demo-Ordnerinnen direkt hinter dem letzten offiziellen Block, einem pro-israelischen Demoblock von sogenannten „Antideutschen“, eingereiht. Während Anfangs beide Blöcke ihre Sprüche riefen, war schnell klar, dass viele der anwesenden Jugendlichen sich unserem Block anschlossen. Vor allem die Sprüche für ein freies Palästina fanden viel Anklang auf der Demo. Deswegen starteten einzelne vermummte „Antideutsche“, die offensichtlich keine anderen Argumente mehr hatten, Provokationsversuche gegen den Funke-Block. Sie versuchten, sich dem Block in den Weg zu stellen, machten Fotos von einzelnen Leuten im Block und begannen, Genossinnen und Genossen anzuschreien. Auf Initiative der Demo-Organisation haben wir uns mehrmals weiter zurückfallen lassen, sodass einige 100 Meter Abstand zwischen den beiden Blöcken bestand.
Ordnerinnen halten die gesamte Demo auf
„Wir wollen, dass diese Demonstration ein inklusiver, sicherer und ermächtigender Raum für alle ist. Wir sind uns über die Pluralität des feministischen Aktivismus in der Wiener Szene bewusst. … Wir von Take back the Steets möchten, dass sich alle, die unseren feministischen Kampf teilen, willkommen fühlen und rufen alle, die an der Demonstration teilnehmen, dazu auf, sich gegenseitig zu respektieren und einen sicheren Raum zu schaffen.“, versicherte die Demo-Organisation im Vorfeld. Hier wurde offensichtlicherweise mit zweierlei Maß gemessen: Mitten auf der Demonstration begann eine Gruppe aus Demo-Ordnerinnen gemeinsam mit vermummten Antideutschen den Funke Block zu kesseln und erklärte über Megafone, der Funke-Block sei „aufgelöst“ und müsse die Demo verlassen! Anstatt den Kampf gemeinsam gegen die immer krasser werdende Frauenunterdrückung, gegen die Femizide und gegen den Kapitalismus zu richten, hat sich die Demo-Organisation dazu entschieden gegen unseren Block vorzugehen und dabei die Hälfte der Demo über eine halbe Stunde lang zu blockieren!
Doch wie lässt sich das erklären? Von Seiten der Demo-Organisation haben wir keine einheitliche Erklärung erhalten. Manche erklärten unsere Rufe für ein freies Palästina und eine neue Intifada (=Revolution!) für „antisemitisch“, was in erster Linie Bände über die eigenen ideologischen Vorstellungen spricht. Andere sprachen davon, dass es Ordnerinnen gab, die sich bedroht fühlten, konnten jedoch auch nach wiederholtem Nachfragen kein konkretes Szenario dafür nennen.
Wieder andere Ordnerinnen redeten sich auf eine angebliche Regel von einer Maximalanzahl von Flaggen aus. Weder wurde das im Vorfeld angekündigt, noch lassen wir das Argument der „Vereinnahmung der Demo“ gelten. Wenn die linken, antikapitalistischen Organisationen nicht stark und sichtbar auftreten, lässt dies Spielraum für die Bürgerlichen, diese Proteste für sich zu vereinnahmen. Wir Arbeiterinnen, Arbeiter und Jugendlichen haben unsere Organisation(en), unsere Solidarität und den Mut, politisch die Wahrheit zu sagen. Die Kapitalisten haben das Geld, die Kontrolle über die Medien und die Kontrolle über den Staatsapparat. Alles was das Recht, die eigene politische Meinung frei zu äußern und als linke Organisation offen aufzutreten, einschränkt, hilft damit den Bürgerlichen dabei, ihre Positionen durchzusetzen und Bewegung(en) zu vereinnahmen. Dies ist klar sichtbar bei der Pride, die ihre kämpferischen Wurzeln verloren hat und heute von kapitalistischen Unternehmen dominiert wird, aber auch bei den Fridays for Future-Protesten, wo die Grünen keinerlei Probleme damit hatten zu akzeptieren, dass sie keine Fahnen auf die Demonstrationen mitnehmen durften, aber sich über die Medien als politischer „Ausdruck“ der Bewegung präsentierten.
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Wir wissen, dass wir im Recht sind. Anstatt uns also von diesen Repressionen einschüchtern zu lassen, haben wir die Situation genützt und unsere revolutionären Slogans umso lauter gerufen! „Was macht den Sexisten Dampf? Klassenkampf“, „Free Palestine!“ und „One Solution – Revolution!“ ertönte von weit über 100 Stimmen, die hier unter Beweis stellten, dass sie sich von niemanden den Mund verbieten lassen, egal ob Polizei, antideutschen Provokateuren oder sonst wem. Genossinnen vom Funke schwärmten in die restliche Demonstration aus und holten sich die Solidarität von anderen Demo-Teilnehmenden, hielten spontane Reden gegen Frauenunterdrückung und die Unterdrückung des palästinensischen Volks und stellten unter Beweis, dass wir an vorderster Front gegen jede Form der Unterdrückung und Ausbeutung ankämpfen.
Dies stand im Kontrast zu den Antideutschen, die offensichtlich auf eine gewalttätige Eskalation setzten: Genossen und Genossinnen wurden angeschrien und geschubst. Ein Genosse wurde von einem Vermummten mit einer Glasflasche in der Hand bedroht. All das wurde von unserem Block mit lautstarken „Wir sind friedlich, was seid ihr?!“-Rufen zur Seite gewischt!
Solidarität ist unsere Waffe
Ein besonderer Dank gilt dabei den zahlreichen Demoteilnehmern, die sich mit uns solidarisch zeigten. Dazu zählen die zahlreichen internationalistischen Genossinnen und Genossen, die unseren Block mit dem kurdischen Slogan „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) anfeuerten und die Organisationen ATIK, ADKH, ISA/ROSA und RSO. Sie alle reihten sich mit uns ein und zeigten ihre Solidarität. Andere Organisationen, wie die Sozialistische Jugend, die KJÖ und die KPÖ konnten sich dazu leider nicht durchringen.
Dies zeigt, wie sehr die Linke eingeschüchtert ist von dem bürgerlichen Druck rund um den Krieg in Palästina. Schlussendlich hatten wir mit unserer laustarken und friedlichen Beharrlichkeit Erfolg und konnten weitergehen. Die revolutionären Kommunisten nahmen umso motivierter und enthusiastischer am Rest der Demo teil! Besonders skurril war eine Episode kurz vor Ende der Demo, als von Ordnerinnen ein zweiter Versuch unternommen wurde unseren Block zu kesseln. Die Ordnerinnen wurden schließlich von einer Polizeieinheit davon überzeugt, dies zu unterlassen, da die Polizei bereits die Straße wieder für den Verkehr freigeben wollte.
Druck der herrschenden Klasse
Wir müssen uns fragen: Was steht real hinter diesen Vorkommnissen und dem steigenden Druck auf die Revolutionären Kommunisten? Wie kommt es dazu, dass ein seinem Selbstverständnis nach „antikapitalistisches“ Bündnis die Aufgabe übernimmt, den Versuch zu starten, revolutionäre Stimmen zu unterdrücken?
Der reale Hintergrund ist der gestiegene Druck der herrschenden Klasse, in der polarisierten politischen Lage gegen jede politische Opposition vorzugehen. Seit dem 7. Oktober wird so eine beispiellose Rassismus-Kampagne in Österreich gefahren, mit dem Ziel alle muslimischen und arabischen Menschen und generell alle Stimmen, die sich solidarisch mit dem palästinensischen Volk zeigen, als antisemitisch darzustellen. Ohne ein gefestigtes politisches Programm, das immer die Einheit der Arbeiterklasse als wichtigstes Ziel hat, gegen jede Spaltung nach Geschlecht, Religion oder Nationalität, ist man der Propaganda der herrschenden Klasse schutzlos ausgeliefert. Dies geht sogar soweit, dass hier Aktivistinnen als Hilfspolizei für die herrschende Klasse auftreten.
Die Frau frei vom Mann, beide frei vom Kapital!
Es ist genau diese Spaltung und dieses destruktive Verhalten, das bei vielen jungen Aktivisten und Aktivistinnen einen bitteren Beigeschmack hinterlässt und viele rasch dazu bewegt, der linken Szene den Rücken zuzuwenden. Viele fragen sich: Wieso können wir nicht alle gemeinsam und geschlossen gegen den Kapitalismus und all seine barbarischen Unterdrückungsformen auf die Straße gehen?! Diesen Stimmen wollen wir zu 100% recht geben! Wir stehen für die volle Freiheit der Ideen, denn nur so kann die antikapitalistische Bewegung in der Praxis Fortschritte machen. Nur wenn die Arbeiterinnen und Arbeiter gemeinsam kämpfen, können die Frauenunterdrückung und Kapitalismus auf den Müllhaufen der Geschichte befördern.
Daher stehen wir für die volle Agitationsfreiheit aller antikapitalistischen und linken Kräfte, aber vor allem stehen wir für unsere revolutionären Ideen. Die Frau frei vom Mann, beide frei vom Kapital! Das ist ein Leitspruch der kommunistischen Bewegung seit über 100 Jahren. In der tiefen Krise des Kapitalismus werden immer größere Teile der Gesellschaft, vor allem der Jugend, offen für die revolutionären Ideen des Marxismus. Wir richten an all jene, die diesen Prozess in den Weg stellen wollen, aus: Ideen, deren Zeit gekommen ist, lassen sich nicht aufhalten. Und genauso wenig lassen wir uns aufhalten!