Zur Zeit wird in verschiedenen Nachrichten-Redaktionen die Frage erörtert: Warum polarisiert der Krieg in Gaza so? Eine Antwort ist schnell gefunden: Die Leute konsumieren zu viel Social Media und nicht genug „unabhängige“ und „objektive“ Medien. Von Laura Höllhumer.
In den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass sich die journalistische Sorgfaltspflicht nur schwer mit den Anforderungen vereinbaren lässt, die die „bedingungslose Solidität mit Israel“ an die traditionellen Medien stellt. Die einseitige Berichterstattung bewies einmal mehr, dass wir eine kommunistische Zeitung brauchen, die eine Stimme für die Ausgebeuteten und Unterdrückten sein kann.
- Lies hier den Artikel: Medienmache für Krieg, Unterdrückung und Sozialabbau – Wir halten dagegen: Free Palestine!
Vertrauensverlust in die Medien
Die Ereignisse im Nahen Osten haben weltweit enorme Auswirkungen auf das Bewusstsein und es kommt zu einer breiten Radikalisierung weltweit. In Österreich hat sich, wie in vielen anderen Ländern, das gesamte politische Establishment hinter die herrschenden Klasse Israels in ihrem brutalen Vorgehen gegen das Palästinensische Volk gestellt. Jugendliche und Arbeiter solidarisieren sich weltweit und massenhaft mit dem Befreiungskampf der Palästinenser.
Am Dienstag, den 31.10. befragte Armin Wolf in der ZIP dazu die „Internet-Expertin“ Ingrid Brodnig. Sie kommen zur Einschätzung: Israel verliert aktuell den Propagandakrieg im Netz. Die Expertin attestiert der Hamas eine bessere Social Media Strategie – sie hätte ihre „Geschichten besser aufgearbeitet“. Die Menschen würden außerdem viel zu sehr auf die Quellen aus Social Media vertrauen und nicht auf die etablierten Medien. Brodnig klärt auf: Der Hassan_321 oder die Alysha7 auf TikTok sind keine seriösen Quellen.
Tatsächlich ist aber der Vertrauensverlust in die Medien eine Reaktion auf die parteiergreifende Berichterstattung für die Unterdrückung der Palästinenser. Besonders anschaulich lässt sich das anhand der Beiträge über die SJ Vorarlberg und den Funken zeigen.
Der ORF Vorarlberg etwa berichtete in dem Artikel „Sozialistische Jugend rechtfertigt Angriffe der Hamas“, die SJ Vorarlberg hätte „die Angriffe der Hamas auf Israel als revolutionäres Mittel verteidigt“. In dem Artikel wurde auch das Statement der SJV verlinkt, in dem der aufmerksame Leser folgendes sehen konnte: „Wir haben die Hamas noch nie unterstützt. Wir teilen weder ihre Ideologie, noch dulden wir ihre Methoden.“ Das hinderte die Herren und Damen Journalisten nicht daran, in ihrem Artikel das Gegenteil zu behaupten.
Der Artikel wurde später mehrmals korrigiert, vielleicht wegen der vielen Kommentare, die auf die Unterstellungen aufmerksam machten. Zuerst wurde die Headline „Sozialistische Jugend rechtfertigt Angriffe der Hamas“ zu „Wirbel um Hamas-Post von Sozialistischer Jugend Vorarlberg“. Im ersten Absatz hieß es dann plötzlich: „Die Sozialistische Jugend Vorarlberg hat ein Posting in sozialen Netzwerken geteilt, in dem zumindest der Eindruck entsteht, dass die Angriffe der Hamas auf Israel als revolutionäres Mittel relativiert werden.“
Dieser Eindruck mag wohl tatsächlich bei der ORF Redaktion kursiert sein, aber wir werten die mehrmalige Korrektur der Meldung als Eingeständnis ihrer unsauberen Arbeitsweise.
„Pro-Hamas Demonstrationen“
Aber natürlich war nicht nur der Funke, sondern die gesamte Bewegung in Solidarität mit Palästina Opfer unlauterer Unterstellungen. Kundgebungen in Solidarität mit den Unterdrückten wurden hierzulande pauschal als „Antisemitische Demonstrationen“ bezeichnet. Die Beweislage dafür war so dünn, dass, um die Behauptung zu untermauern, Slogans wie Free Palestine oder From the River to the Sea als antisemitische Codes uminterpretiert werden mussten.
Der Kurier berichtete etwa folgendes über eine sogenannte „Pro-Hamas Demonstration“ in Wien: „Veranstalter der Demo war die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), die von der EU und den USA als Terrororganisation geführt wird.“ Warum es die Wiener Polizei einer verbotenen terroristischen Organisation erlaubt haben sollte, eine Demonstration in der Innenstadt anzumelden, bleibt dem Leser ein Rätsel. Tatsächlich ist es auch falsch und der Kurier korrigierte diese Falschmeldung. ÖVP-Generalsekretär Stocker verbreitet genau diese Falschmeldung noch bis heute weiter, v.a. um damit SPÖ-Chef Andreas Babler zu schaden.
Viele Menschen, die eine der Demonstrationen besucht haben und dann eine Nachrichtensendung konsumiert haben, kamen nicht umhin den schreienden Widerspruch und die Doppelmoral zu sehen. Sie machen dann genau das, was uns „Internet-Expertin“ Brodnig in der ZIB gegen Falschmeldungen auf Social Media empfiehlt. Sie hinterfragen auch gegenüber den Medienkonzernen: „Ist das wirklich eine seriöse Quelle? Ist da wirklich eine journalistische Überprüfung dahinter? Wird wirklich versucht den Konflikt ausgewogen darzustellen?“ Immer mehr kommen zum Schluss, dass das nicht der Fall ist. So haben die Medienkonzerne selbst am wirkungsvollsten daran mitgearbeitet, in den Augen vieler Menschen unglaubwürdig zu werden.
Ausländische Agenten
Die Expertin im ORF führt die Polarisierung auf das Viral-gehen von emotionalisierendem Bildmaterial zurück. Der Hassan_321 oder die Alysha7 verbreiten Bilder von toten Kindern auf TikTok, wie Frau Brodnig erklärt, und die armen Österreicher fallen darauf herein. Besonders China stehe im Verdacht dies aus außenpolitischen Interessen zuzulassen.
Das Auftreten von massenhafter Politisierung war für die Herrschenden und ihre Intellektuellen schon immer ein Anlass für Verschwörungstheorien. Sie kennen das Leben von einfachen Arbeitern und Jugendlichen nicht und können sich das plötzliche Auftreten von Protesten nur durch das Eingreifen feindlicher Agenten erklären. Prominentes Beispiel dafür ist die Aussage von der ehemaligen deutschen Kanzlerin Angela Merkel, hinter der Klimabewegung Fridays for Future stecke hybride Kriegsführung Russlands.
Aber schon 1917 wurden deutsche Agenten für die Russischen Revolution verantwortlich gemacht. Sie hätten politische Leidenschaften in ein doch sonst so duldsames und friedfertiges Volk von außen injiziert.
Gemäß dieser Logik stehen muslimische Migranten im Verdacht die Polarisierung auch nach Österreich zu bringen. Aber auch in der Jugend herrscht eine Pro-Palästina Haltung vor.
Warum gerade junge Menschen offen für Israel-kritische Positionen sind, erschließt sich den bürgerlichen Medien nicht. Für sie sind es die Ideen und nicht die materielle Welt die diese Entwicklungen antreiben. So analysiert etwa The Economist, dass die Universitäten Ursprung für eine „binäre Ideologie“ seien, in der „komplexe Sachverhalte auf einfache Begriffe von Gut und Böse reduziert werden“. Weiters wird in dem Beitrag festgehalten, dass der aktuelle Krieg eine weitergehende politische Neuordnung nach sich zieht. Zwischen Linken und Liberalen tut sich anhand der Haltung zu Israel plötzlich eine große Kluft auf.
Den tieferen Grund, warum der Krieg auch im Westen so polarisiert und neue politische Fakten schafft, können die Bürgerlichen nicht verstehen.
In dieser Bewegung findet eine Radikalisierung ihren Ausdruck, die sich über die letzten Jahre akkumuliert hat. Unter der Oberfläche haben sich Verschiebungen im Bewusstsein vorbereitet – Kriege, Rassismus, Klimakatastrophe, extreme Ungleichheit, Inflation, die Krise im Gesundheitsbereich, die Krise im Bildungssystem, der Druck in der Arbeit uvm. nährten ein Gefühl von Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Die Jüngsten empfinden das ganz besonders stark, weil sie auch am härtesten von der Krise getroffen sind. Sie sehen im Kampf der Palästinenser gegen Unterdrückung ihren eigenen Kampf.
Die Herrschenden wollen Klassensolidarität unterbinden: sie präsentieren gesellschaftliche Konflikte als Kulturfrage und heizen dies aktiv an. Aktuell bedeutet dies: Es geht nicht um Unterdrückte vs. Unterdrücker, sondern um einen Kampf zwischen Ost und West, zwischen Demokratie und Totalitarismus, zwischen aufgeklärten Menschen und dunklen Kräften der Religion, zwischen Österreichern und den Migranten. Je gespaltener die Arbeiterklasse desto profitabler für die Herrschenden!
Wir hingegen sagen: Hoch die internationale Solidarität! Lassen wir uns nicht spalten!
Kommunistische Zeitung aufbauen
Wir stehen am Beginn einer revolutionären Periode. Das kapitalistische System ist am Ende und bringt auf allen Ebenen der Gesellschaft Instabilität, Kriege und Unterdrückung hervor.
Das Vertrauen in die bürgerlichen Institutionen, ihre Politik und ihre Medien war schon zuvor im Sinkflug. Eines hat sich aber bereits klar gezeigt: Die Notwendigkeit einer kommunistischen Zeitung, finanziert von den Arbeitern und der Jugend und nur ihnen verpflichtet. Der Funke kann die Wahrheit schreiben, weil wir unabhängig sind von kapitalistischen Geldern und damit frei von den Interessen der Herrschenden.
Das hat auch Profil erkannt, das in einem jüngsten Artikel schreibt: „(…) Wenig verwunderlich, heißt es in einem Statement auf der „Der Funke“-Homepage doch: „Die westliche öffentliche Meinung wurde von dem, was bei uns ironischerweise als ‘freie Presse’ bezeichnet wird, gründlich darauf vorbereitet, in diesem Konflikt Partei zu ergreifen (…)” – eine eigene Zeitung ist dann natürlich doppelt praktisch.“
Dem können wir nur zustimmen! Hilf uns die kommunistische Presse aufzubauen:
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