Vom 30.6.-2.7. fand in Wien der ÖGB-Bundeskongress statt. Hier eine erste Bilanz.
Bereits im Vorfeld des Kongresses wurden die wichtigen Entscheidungen gefällt. Erich Foglar stand schon lange vorher als ÖGB-Präsident fest. Der Leitantrag, den wir bereits in einem früheren Artikel (siehe Funke, Nr. 89) analysiert haben, beinhaltet neben einer Kritik am CASINO-Kapitalismus vor allem eine Einzementierung der Linie der ÖGB-Spitze sich aktiv an der kapitalistischen Krisenverwaltung zu beteiligen. In den Reden führender ÖGB-FunktionärInnen kam sehr gut die Ohnmacht des ÖGB angesichts der Wirtschaftskrise zum Ausdruck. So ist es auch kein Wunder, dass die Niederlage der Druckergewerkschaft im Kampf zum Erhalt des KV und das knieweiche Auftreten der Postgewerkschaft in den Verhandlungen zu einem neuen KV keine Erwähnung fanden.
Wo der Unmut an der Basis und unter mittleren FunktionärInnen aber voll durchbrach, war bei der FSG-Konferenz am ersten Tag des Kongresses. Nach der Rede von Kanzler Faymann gingen rund 15 KollegInnen raus und übten offene Kritik an der Linie der SPÖ-Führung. Selbst der scheidende FSG-Vorsitzende Willi Haberzettl forderte ein Ende des Kuschelkurses mit der ÖVP. Vor allem in der Frage einer Vermögenssteuer machten die FSG-Delegierten mächtig Druck auf Faymann. Die Unzufriedenheit in der FSG ist offensichtlich, aber noch gibt es niemand, der diesen Unmut organisiert und eine klare Perspektive gibt.
Angesichts der Perspektivlosigkeit der ÖGB-Spitze und der Ohnmacht unter den meisten Delegierten sammelten wir gemeinsam mit den AktivistInnen der SLP Unterschriften für einen Initiativantrag unter dem Motto „Wir zahlen nicht für Eure Krise: Den Worten müssen Taten folgen“. In diesem Antrag heißt es:
„Der ÖGB-Kongress findet vor dem Hintergrund der tiefsten Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren statt. Die Konsequenzen sind für ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose und ihre Familien dramatisch. Wir haben es mit Argumenten, mit Petitionen, mit Demonstrationen und Betriebsversammlungen versucht. Aber die Angriffe der Wirtschaftsseite gehen weiter. Sie wollen, dass WIR – also die Masse der ArbeitnehmerInnen – für die Krise zahlen sollen. Immer mehr KollegInnen fordern, dass nun die nächsten Schritte folgen müssen.
Weil wir Gewerkschaftsmitglieder gemeinsam deutlich zeigen wollen, dass wir bereit sind, für unsere Interessen zu kämpfen…
* Organisiert der ÖGB vor Beginn der Lohnrunden im Herbst 2009 einen eintägigen bundesweiten Streiktag mit einer gemeinsamen Großdemonstration in Wien als ersten Schritt zu weiteren Kampfmaßnahmen
* Die Gewerkschaften sind gefordert um Betriebe, Jobs und Einkommen zu sichern. Aber nicht in dem Milliarden an Unternehmen verschenkt werden. GewerkschafterInnen sind für die Übernahme von Betrieben durch die öffentliche Hand – ohne Betriebsschließungen, ohne Stellenabbau, ohne Lohnkürzungen.
Warum wir das wollen
Weil wir uns weitere Angriffe wie Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerung bzw. Kurzarbeit mit Lohneinbußen sowie Streichungen bei Pensionen, Gesundheit und Bildung nicht leisten können…
Weil wir ein starkes und v.a. gemeinsames Zeichen aller Beschäftigten gegen die Angriffe brauchen und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen, wie das bei den LehrerInnen versucht worden ist…
Weil wir eine Aktion brauchen, an der sich alle KollegInnen beteiligen können, egal ob Großbetrieb und Kleinstunternehmen…“
Es ist uns gelungen bei diesem Kongress die erforderlichen Unterschriften von 71 stimmberechtigten Delegierten zu bekommen, damit der Antrag zugelassen wurde. Insgesamt haben weit mehr als 200 anwesende GewerkschafterInnen den Antrag unterschrieben. Viele, die den genauen Wortlaut nicht unterstützen wollten, sprachen sich aber sehr wohl für einen vom ÖGB organisierten Aktionstag mit Demonstrationen aus. Dies zeigt, dass selbst in diesem sehr ausgewählten Bereich an BetriebsrätInnen und GewerkschafterInnen eine wachsende Kampfbereitschaft zu verzeichnen ist.
Außerdem sammelten wir in den drei Tagen Spenden für die Flüchtlingslager der PTUDC im Swat-Tal an der Grenze zu Pakistan. Wir möchten uns auf diesem Wege bei allen KollegInnen bedanken, die mit ihren kleineren oder größeren Spenden zum tollen Erfolg dieser Kampagne beigetragen haben.