„Lieber rot als tot“, sprach mein Vater bei jeder Wahl, bevor er sein Kreuz bei der KPÖ machte. Irgendwie schwirrte mir dieser Spruch mein ganzes Leben im Kopf herum, und prägte mich wohl schon früh. Aber was bedeutet es, rot zu sein? Von Kurt aus Wien.
Der Weg zum Marxismus war für mich kurvenreich. Ich fing an beim liberalen Naturschutz. Dass Ökosysteme den Bach runtergingen, konnte ich gar nicht leiden. Lieber sollten die Menschen untergehen, dachte ich mir. Nur wirft das entscheidende Fragen auf: Wer ist eigentlich Schuld an der Sache und was lässt sich dagegen unternehmen? Die Antworten, die Schulen und andere Bildungseinrichtungen geben, tragen nicht ohne Grund, eine Botschaft des individuellen Handelns weiter. Solche Botschaften erzeugen eine Stimmung des Pessimismus und der Verzweiflung, die ich in meinem Umfeld spüre.
Später wurde mir die politische Seite des Problems klar. Gnädige Bitten an oben bringen nichts, denn sie werden vorsätzlich ignoriert. Aber ich hielt am Glauben an den Staat fest, der ja theoretisch alles regeln könnte. Dazu mein Vater: „In Wien haben wir den real existierenden Sozialismus“. Also besser wie hier geht’s eh nicht. Damit begann mir die Stadt Wien fast heilig zu erscheinen. Je mehr Staat (oder Stadt) wo drin war, desto besser fand ich es: öffentliche Schulen, öffentliche Verkehrsmittel, aber auch das bloße Wort der Verstaatlichung erfreute mich.
Als die Zeit von Fridays For Future kam, setzte ich all meine Hoffnungen auf diese Bewegung. Es fühlte sich so an, als würde sich nun tatsächlich etwas verändern. Aber dem war nicht so, und ich dachte einen Schritt weiter. Wenn ich Kommunismus wollte – der für mich noch gleich war mit diesem perfekten Staat – dann musste ich mir auch etwas suchen, wo Kommunismus draufstand.
Gleichzeitig hing ich immens an der Wissenschaft und ihren Erkenntnissen, von denen ich mich leiten ließ. Dass der Kommunismus dem Kapitalismus überlegen war, schien mir keine Sache der Ideologie, sondern eine der wissenschaftlichen Rationalität. Leider kannte ich damals die Grundlagen des „wissenschaftlichen Sozialismus” noch nicht.
Zuletzt musste ich herausfinden, dass links nicht gleich links ist, und dass nicht alles, was links ist, Kommunismus ist. Irgendwann dachte ich ja auch, dass die Grünen links wären. Auch abgesehen von solchen Jugendsünden gibt es da draußen einfach so viele verschiedene linke Organisationen. Es kam mir vor, als stellten sie ohnehin alle die gleichen Ansprüche und hätten die gleichen Ziele. Die Umsetzung dieser lag letztendlich an der Überzeugung – nämlich, dass wir jetzt sofort Kommunismus brauchen, der ist ja schließlich rational besser.
Aber so funktioniert das natürlich nicht. Dann lernte ich den Funke kennen. Je mehr ich mich mit marxistischen Ideen auseinandersetzte desto mehr kam ich zu dem Schluss, dass nur der Funke Antworten auf die Fragen hat, die sonst immer so vertrackt erschienen. Die konsequente Haltung zur Theorie hat mich begeistert und begeistert mich weiterhin. Der daraus folgende revolutionäre Optimismus treibt mich jeden Tag an.
In diesem Sinne: Lasst uns rot sein, bevor wir tot sind.
(Funke Nr. 213/24.4.2023)
Kurt aus Wien