Am vergangenen Samstag organisierte die marxistische Strömung „Der Funke“ im WUK in Wien ein Seminar und eine große Feier zum 90. Jahrestag der russischen Oktoberrevolution. 400-500 TeilnehmerInnen nahmen an der Veranstaltung teil und feierten mit uns das „größte Ereignis der Menschheitsgeschichte“. Bericht und Fotos.
Der Tag begann mit unserem jährlichen Herbstseminar mit Arbeitskreisen zu den Themen „Was wollten die Bolschewiki“, „Warum degenerierte die Russische Revolution“ und Geschichte der Rätebewegung. Neben dem Schwerpunkt zur Russischen Revolution gab es noch einen Arbeitskreis zur aktuellen Entwicklung in Pakistan und den Protesten gegen den vor etwas mehr als einer Woche ausgerufenen Ausnahmezustand. Im Anschluss an die Diskussion wurden konkrete Solidaritätsaktionen mit der von der staatlichen Repression ebenfalls betroffenen PTUDC geplant. Im Rahmen des Seminars gab es außerdem ein Treffen von SchülerInnen aus Vorarlberg, Linz und Wien, um den Schulstreik gegen Abschiebungen vom 16. Oktober zu bilanzieren und weitere Schritte in der SchülerInnenarbeit zu diskutieren. Vorgestellt wurden die neuen SchülerInnenzeitungsprojekte aus Wien und Vorarlberg. In Vorarlberg wird es als konkretes Ergebnis der Diskussionen nach dem Schulstreik am kommenden Wochenende bereits ein weiteres Seminar geben (Infos unter:
Nach dem Seminar beteiligten sich alle TeilnehmerInnen aktiv an den Vorbereitungen für die politische Festveranstaltung und die Party. Dies war eine großartige kollektive Arbeitsleistung. Ein Kochteam sorgte für die Verköstigung der SeminarteilnehmerInnen und für die Zubereitung von Borscht für das Fest, ein eigenes Deko-Team machte aus dem Veranstaltungssaal ein echtes Schmuckkästchen, andere GenossInnen bauten in der Zwischenzeit den Infotisch auf, andere die Bar, andere wiederum halfen beim Aufbau der Technik. Kreativität und Improvisationsfähigkeit wohin man blickte. Noch einmal wurde der Ablauf des Abends durchgegangen. Einem ganz besonderen Abend sollte nichts mehr im Wege stehen.
Dabei war uns wohl bewusst, dass wir mit der Entscheidung, die zentrale Veranstaltung unserer Strömung in diesem Herbst zum Thema 90 Jahre Russische Revolution abzuhalten, gegen den Strom schwimmen würden. Genau genommen waren wir die einzige politische Kraft, die bereit war, zu diesem Ereignis ein großes Event zu organisieren, bei dem die Oktoberrevolution gefeiert und ihre Ideen und Errungenschaften verteidigt werden sollten. Ein Erfolg konnte diese Veranstaltung nur auf der Basis einer großen kollektiven Anstrengung werden.
Schon die zwei Wochen vor der Veranstaltung arbeiteten unsere GenossInnen vor allem in Wien mit voller Energie daran, dass dieser Abend ein voller Erfolg wird. In der ganzen Stadt wurde plakatiert, Flugzettel wurden verteilt, Vorverkaufskarten und Tickets für die Tombola wurden verkauft. Die Bewerbung der Veranstaltung lief auf Hochtouren. Auf der Uni, an den wichtigsten Plätzen und U-Bahnstationen – überall sah man die Plakate für die Veranstaltung mit einem großen Hammer und Sichel-Symbol.
Schon zwei Tage vor der Veranstaltung war Esteban Volkov, der Hauptredner unserer Veranstaltung, in Wien angekommen. Esteban Volkov hatte als Kind zwei Jahre in Wien gelebt, nachdem er zuvor mit seinen Großeltern Leo Trotzki und Natalia Sedowa bzw. seiner Mutter Zinaida im Exil im türkischen Prinkipo war. Der jetzige Wien-Aufenthalt war für ihn somit auch eine Art persönliche Spurensuche in seine bewegten Kinder- und Jugendjahre auf der Flucht vor der stalinistischen Verfolgung. Außerdem versuchten wir Esteban Volkov einen Einblick in das Leben und Schaffen seines Großvaters während dessen Exil in Wien in den Jahren 1907-14 zu geben. Wir besuchten mit ihm das Vorwärts-Haus, der einstigen Zentrale der österreichischen Sozialdemokratie, in dem heute der Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung (VGA) untergebracht ist, das Cafe Central und das Cafe Rüdigerhof, in denen Trotzki oft verkehrte, die Secession, die Trotzki mehrfach als Kunstkritiker besuchte. Eine weitere Station war das Freud-Museum, wurde Esteban Volkov doch damals vor allem von Personen aus dem Umfeld der Psychoanalytischen Vereinigung, die mit Trotzki sympathisierten, in Wien betreut. Aus diesem Stadtrundgang wollen wir in den nächsten Wochen ein eigenes Videoprojekt „Trotzki in Wien“ machen.
Außerdem gelang es uns für Esteban Volkov ein Exklusivinterview mit dem „Standard“ zu arrangieren. Am Ende des Artikels wurde außerdem unsere Veranstaltung mit Esteban Volkov im WUK beworben.
Die Veranstaltung selbst fand dann im sehr stillvollen Projektraum des Kulturzentrums WUK statt. Gegen 18 Uhr füllte sich die Halle immer mehr. Bald schon waren alle Sitzplätze besetzt. Schlussendlich nahmen rund 200 BesucherInnen an der Veranstaltung teil. Der Großteil musste stehen oder auf dem Boden sitzen. Dabei ist zu sagen, dass dies die erste politische Veranstaltung seit vielen vielen Jahren in der österreichischen Linken war, bei der Eintritt kassiert wurde!
Der erste Redner war Josef Falkinger als Vertreter der Funke-Strömung. Er beschrieb die Ereignisse des Jahres 1917, verteidigte die Russische Revolution gegen ihre KritikerInnen und zeigte die wichtigsten Lehren der Revolution für die heutige Generation von RevolutionärInnen auf. Am Ende seiner Rede rief er das Publikum dazu auf das Motto des heutigen Abends wörtlich zu nehmen und mit uns eine starke Linke in der ArbeiterInnenbewegung aufzubauen.
Ihm folgte Helmut Dahmer als Redner. Genosse Dahmer spielt seit Jahren eine zentrale Rolle bei der Herausgabe der Trotzki-Schriften in deutscher Sprache. Seine Rede war ebenfalls eine schlagkräftige Verteidigung der Russischen Revolution. Aus Anlass dieser Veranstaltung haben wir eine neue Broschüre von Genossen Dahmer über das Leben und die Schriften von Trotzki herausgegeben. Wir hoffen, dass dies der Beginn einer engeren Kooperation in der Zukunft ist, um die Ideen von Trotzki auch in Österreich einem breiteren Publikum bekannt zu machen.
Dann war Esteban Volkov an der Reihe. Er gab an diesem Abend eine interessante Einsicht in sein eigenes bewegtes Leben und die letzten Monate von Trotzki im mexikanischen Exil und den Kampf von Trotzki und seinen GenossInnen gegen die stalinistische Politik der Verleumdungen, der Geschichtsfälschungen und der physischen Gewalt. Dies war mit Gewissheit die größte Veranstaltung in Österreich seit langer Zeit, wo die Rolle Trotzkis als einer der bedeutendsten Führer der Russischen Revolution und als unerbittlicher Kämpfer gegen ihre stalinistische Degeneration gewürdigt wurde.
Nach mehr als zwei Stunden der politischen Reden konnte die Party mit einem Konzert der Linzer Band „Politpark“ beginnen. „Politpark“ führte mit ihren Liedern wunderbar durch die Geschichte der revolutionären Bewegungen. Im Anschluss legten DJ Netter und andere GenossInnen auf und machten Stimmung.
Kurz nach Mitternacht fand dann die Verlosung der Tombola statt. Neben vielen kleineren Preisen, T-shirts („Join the Party“ mit Hammer und Sichel) und Büchergutscheinen wurde außerdem ein Gutschein für eine Reise nach Lateinamerika im Wert von 1000 Euro verlost. Die Glücksfee spielte dankenswerter Weise Genosse Stockinger von der SJ Schwechat. Die Tombola war ein großer Erfolg und wird im kommenden Jahr wiederholt werden.
Insgesamt waren mehr als 400 zahlende Gäste zur Party gekommen, darunter GenossInnen aller linken Strömungen in der SJ, AktivistInnen des VSStÖ, der KJÖ usw., aus Wien, NÖ, OÖ, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg. Erwähnen wollen wir hier gesondert einen Genossen, der extra aus Hamburg, und eine Genossin, die aus Bologna angereist waren! Überall wurde diskutiert und gefeiert. Das politische Interesse war auch bei der Party sehr groß. Beim Infotisch wurde politisches Material im Wert von 800 Euros verkauft. Es wurden Unterschriften für eine Protestresolution gegen die Repression in Pakistan gesammelt, und etliche BesucherInnen haben sich in eine Liste eingetragen, um über unsere weitere politische Arbeit informiert zu werden.
Im Zuge dieses Events nahmen mehrere GenossInnen das Motto des Abends wortwörtlich und erklärten sich bereit, bei der marxistischen Funke-Strömung mitzumachen.
Einmal mehr hat der Funke mit dieser Veranstaltung und der anschließenden Party gezeigt, dass er die einzige Strömung in der österreichischen Linken verkörpert, die dem Wunsch jener, die eine revolutionäre Perspektive für notwendig erachten, einen organisierten Ausdruck zu geben vermag. Hatten wir letztes Jahr mit der Veranstaltung mit Alan Woods, Aleida Guevara und Hugo Chàvez in der Arena die größte antiimperialistische Veranstaltung seit Jahrzehnten initiiert, so waren wir heuer die einzige Kraft, die eine nennenswerte Veranstaltung in Verteidigung der Traditonen des Roten Oktobers organisierten. Anknüpfend an dieses Event werden wir jedenfalls eine starke marxistische Strömung mit Verankerung in der ArbeiterInnen- und Jugendbewegung aufbauen.