Als Teil unserer Abo-Kampagne veröffentlichen wir eine Reihe von Artikeln über die Bedeutung der Arbeiterpresse für die Arbeiterbewegung. Anlässlich des Jahrestags vom Hainfelder Parteitag, der zum Jahreswechsel 1888/89 stattfand, lassen wir den Parteigründer der Sozialdemokratie in Österreich, Victor Adler, zu Wort kommen.
Als Victor Adler zum Jahreswechsel 1888/9 am Parteitag in Hainfeld die Sozialdemokratie vereinte, war ein erstes wichtiges Kapitel in der österreichischen Arbeiterbewegung zum Abschluss gebracht worden. Dass Adler diese Rolle spielen konnte, lag nicht zuletzt daran, dass er in der Praxis zeigen konnte, wie die Bewegung aufgebaut werden kann. Sein wichtigstes Werkzeug dazu war von ihm herausgegebene Zeitung „Die Gleichheit“, die Aufdeckungsjournalismus betrieb und Arbeitskämpfe erfolgreich politisch begleitete und unterstützte.
Diese Zeitung war so erfolgreich, dass sie von den staatlichen Behörden verboten wurde und Adler ins Gefängnis musste.
Das Nachfolgeprojekt Victor Adlers sollte die „Arbeiter-Zeitung“ werden. In ihrer ersten Ausgabe begründete Adler die Notwendigkeit dieser Zeitung:
„Soll die Arbeiterbewegung in Wien fortschreiten, soll die vielversprechende Entwicklung der letzten Jahre nicht abgerissen werden, so muss sie ein Blatt haben, welches sie würdig vertritt, welches Raum bietet für die Diskussion prinzipieller Fragen, ebenso wie für ausführliche Erörterung der sozialen und politischen Vorgänge.“
Die „Arbeiter-Zeitung“ stand auf dem Boden der Beschlüsse des Hainfelder Parteitags und sah ihr Ziel in der „ökonomischen, geistigen und politischen Befreiung der Arbeiterklasse“, die nur möglich sein kann, wenn die „Gesamtheit im Besitze der Arbeitsmittel ist“, sprich, wenn das Privateigentum an den Produktionsmitteln und somit die kapitalistische Ordnung überwunden ist. Die Aufgabe der Zeitung war es, die Arbeiterklasse mit dem Bewusstsein ihrer Rolle als politisch organisierte Kraft mit einem „klaren und unzweideutigen Programm“ zu erfüllen. Die soziale Not der Arbeiterklasse allein befähigt noch nicht zum Befreiungskampf. Hier kommt die Rolle der Arbeiterzeitung ins Spiel:
„Soll aber die Not schöpferisch sein, soll das Elend befreien, so muss das Hirn klar denken, muss das Herz energisch wollen. Das Hirn zu erhellen, das Herz zu erwärmen; – daran wollen wir arbeiten.“
Zu diesem Zweck sollte die „Arbeiter-Zeitung“ in den täglichen Kämpfen mit Rat und Tat zur Seite stehen und gleichzeitig die große sozialistische Perspektive aufzeigen.
Die Zeitungen der frühen Sozialdemokratie kämpften selbst mit wirtschaftlichen Problemen. Eine staatliche Presseförderung gab es nicht, man war auf den Enthusiasmus und die Opferbereitschaft der eigenen Genossinnen und Genossen angewiesen. Und an diese appellierte Victor Adler: „Und nun fordern wir die Genossen auf, ihre Pflicht zu tun: ihr Blatt eifrig zu verbreiten, aber auch zu fördern durch Mitarbeit.“
Im Redaktionslokal, einem kleinen Gassenladen in der Gumpendorferstraße im 6. Bezirk, von wo aus der Vertrieb der Zeitung organisiert wurde, hingen gleich im Vorraum einige Sammelbüchsen mit der Aufschrift „Für den Preßfonds“ und den „Agitationsfonds“. Hier landeten die Spenden und die Einnahmen der von den ArbeiterInnen verkauften Zeitungen.
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