Das Jahr 2019 ist noch keine zwei Monate alt und es sind bereits acht Frauen in Österreich ermordet worden – ein Fall ist noch ungeklärt, in allen anderen standen die Täter in einem Beziehungs- bzw. Verwandtschaftsverhältnis mit dem Opfer. Von Natalie Ziermann.
Dass Frauen in der Regel von (Ex-)Partnern oder anderen Familienangehörigen vergewaltigt oder ermordet werden ist mittlerweile allseits bekannt. Die Mär vom Asylwerber, der auf offener Straße Frauen anfällt, missbraucht und tötet hält sich dennoch hartnäckig. Die schwarz-blaue Regierung greift diese regelmäßig dankbar auf, um Rassismus und Fremdenhass zu schüren. Beispielsweise behauptete Staatsekretärin Karoline Edtstadler im Jänner „Im Zentrum“, Gewalt gegen Frauen sei ein rein importiertes Problem. In Österreich seien patriarchale Strukturen, die als Ursache von Frauenmorden gelten, längst verschwunden. Wenn es österreichische Täter gibt, dann haben die sich von muslimischen Tätern motivieren lassen. Innenminister Kickl nimmt die jüngsten Femizide zum Anlass, um eine Verschärfung des Asylrechts zu fordern. Unter anderem sollen straffällige AsylwerberInnen automatisch abgeschoben werden. Rückendeckung bekommt er dabei von Kanzler Kurz, der zur Not auch einen Konflikt diesbezüglich mit dem Europäischen Gerichtshof riskieren möchte. Dieser neueste Versuch, jedes beliebige Thema als Problem der „Flüchtlingswelle“ (immer mit antimuslimisch-rassistischen Vorurteilen garniert) darzustellen, stellt das Problem völlig auf den Kopf. Von 76 Morden im Jahr 2018 wurden zwei von afghanischen Staatsbürgern begangen, keiner von SyrerInnen und keiner von Pakistanis – gleichzeitig die drei häufigsten Herkunftsländer von AsylwerberInnen und Lieblingssündenböcke der Regierung für jedes gesellschaftliche Problem.
Und es ist geradezu lachhaft, dass sich die VertreterInnen von ÖVP und FPÖ dazu bemüßigt fühlen, über den Import von Frauenfeindlichkeit aus „anderen Kulturen“ zu schwadronieren und dabei – auf einmal – ihre eigene kulturelle Basis zu verleugnen.
Wenn man sich Beispiele wie Marcus Franz („Po-Grapschen kann übrigens zur Hochzeit führen. So war’s zum Beispiel bei mir.“), Andraes Gabalier („natürlich“ bleibt seine Freundin als Mutter zu Hause) oder Felix Ich-poste-ein-Bild-wie-ich-meine-Freundin-als-Esstisch-missbrauche Baumgartner anschaut, dann sieht man, dass auch in Österreich Sexismus öffentlich gelebt und toleriert wird. Und wenn wir nicht bei „normaler“ Frauenverachtung stehen bleiben wollen: wie schnell vergessen ist etwa der Fall des ehemaligen FPÖ-Nationalratsabgeordneten und Zahnarztes Andreas Karlsböck, dem laut Profil vorgeworfen wurde, in einem Hotelzimmer 20-30 Mal auf seine Freundin eingeschlagen zu haben, ihr dabei vier Zähne ausgeschlagen zu haben und ihr 2 Mal ein Kissen für mehrere Sekunden auf das Gesicht gedrückt zu haben. Der Skandal wurde im Oktober 2017 öffentlich, die FPÖ witterte eine Hetzkampagne. Im Oktober 2017 schied Karlsböck „wegen einer Krankheit“ aus dem Nationalrat aus.
Vielmehr will die Regierung wohl davon ablenken, dass sie trotz der steigenden Gewalttaten an Frauen im letzten Jahr massiv bei Fraueneinrichtungen und Initiativen gekürzt hat (der Funke berichtete). Auch etwa die geplanten Kürzungen bei der Mindestsicherung wirken nicht gerade als Präventionsmaßnahme gegen häusliche Gewalt. Mehr als 2/3 aller MindestsicherungsbezieherInnen (69%) sind Frauen und Kinder. Für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, werden somit existenzsichernde Gelder gestrichen und der Ausstieg aus einer Gewaltbeziehung drastisch erschwert. Die Ankündigung der Regierung, etwas für den Opferschutz tun zu wollen, wirkt angesichts dieser Tatsachen mehr als zynisch.
Der gefährlichste Ort für Frauen ist die eigene Familie – und das unabhängig davon, ob diese österreichisch ist, oder nicht. Sexismus und Rassismus sind jedoch beides hervorragende Instrumente der herrschenden Klasse, um die Arbeiterklasse zu spalten. Dadurch wird verhindert, dass wir gemeinsam kämpfen. Indem sexuelle Belästigung und Gewalt von der Gesellschaft weitgehend toleriert werden, gibt man Männern, die in ihrer Arbeit ausgebeutet werden, die Möglichkeit, sich zumindest gegenüber Frauen als „Chef“ aufzuspielen. Das gilt auch für den Rassismus. Wenn ArbeiterInnen Flüchtenden die Schuld an ihrer misslichen Lage geben, können sich diejenigen, die sie eigentlich ausbeuten, gemütlich zurücklehnen. Wir als MarxistInnen treten jedoch für eine Gesellschaft ein, in der sich Menschen egal welcher Herkunft ohne Rollenzwänge, Sexismus und sexueller Gewalt frei entfalten können. Nicht „Inländer gegen Ausländer“ oder „Männer gegen Frauen“ – ArbeiterInnen und Jugend gemeinsam gegen Sexismus, Rassismus und Kapitalismus; gemeinsam gegen Schwarz-Blau!
(Funke Nr. 171/März 2019)