Die Industriellen und ihre Regierung agieren brutal und rücksichtslos in der Durchsetzung ihrer Interessen. Sie sagen „modern“ und meinen damit den gesundheitsgefährdenden 12-Stunden-Tag. Sie sagen „freiwillig“ und „flexibel“ und meinen damit ihre unbeschränkte Befehlsgewalt über unsere Arbeitszeiten.
Sie sagen „Entbürokratisierung“ und meinen damit ihre Straffreiheit bei Sozialbetrug und Arbeitsunfällen. Sie sagen „Betrugsbekämpfung“ und meinen die Rasterfahndung unter Kranken. Sie sagen „Gerechtigkeit für Leistungsträger“ und meinen damit die Befriedigung ihrer nimmer satten Gier.
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Der 12 Stunden-Tag ist dabei nur die schmerzhafteste Spitze der Entrechtung der Beschäftigten, der Unterordnung unseres Lebens in allen Aspekten unter ihr Profitinteresse. Die Industriellen schreiben die Gesetze, Kurz und Strache peitschen sie durch und scheren sich dabei einen Dreck darum, dass zehntausende Leben zerstört werden.
Dagegen rufen die Gewerkschaften jetzt zum Widerstand. Der erste Schritt sind Betriebsrätekonferenzen, Betriebsversammlungen und die Massendemonstration am 30. Juni. Diese Demonstration ist die erste Gelegenheit seit langem, in der wir unsere Kraft gemeinsam spüren und auf die Straße tragen. Schon im Vorfeld löste die Perspektive eines entschlossenen Kampfes bei vielen KollegInnen Enthusiasmus aus, der auch in der ersten Juliwoche bei Betriebsversammlungen weiter spürbar sein wird. Die Bedingungen, um die Gesetzesinitiative der Regierung zum 12-Stunden-Tag vollständig zurückzuschlagen, sind ausgesprochen günstig: Die Wirtschaft brummt und die Auftragsbücher sind voll. Streiks in dieser Situation tun im Geldbörsel der Unternehmer richtig weh. Und die Regierung ist mit diesem Gesetz gesellschaftlich isoliert, niemand will noch länger arbeiten, im Gegenteil – mehr als ¾ der Beschäftigten die einen, 40 stündigen Arbeitsvertrag haben, wollen ihre Arbeitszeit verkürzen (AK-Arbeitsklimaindex). Eine Schubumkehr in der Politik ist greifbar – sofern diese aktiv organisiert wird.
Wer in dieser Stunde zweitrangige Interessen wie ihre persönliche Beziehung zur Geschäftsleitung prioritär setzt, hat seine Zeit überlebt, ist ein Fossil einer anderen Epoche. Betriebsräte, habt Vertrauen in das Engagement und die Kreativität der KollegInnen, ruft dazu auf, in euren Betrieben Aktivgruppen zu gründen, die diesen Kampf auf eine breite und solide Basis stellen, und fordert dieselbe praktische Klarheit von der Gesamtbewegung ein. Den Gewerkschaftsführungen sagen wir: Die Orientierung auf die Zurückeroberung der „Sozialpartnerschaft“ bereitet nur eine weitere soziale Niederlage vor. Angesichts des generellen Charakters der Angriffe drängt sich eine Generalantwort objektiv auf: die Regierung zu stürzen.
Es geht jetzt darum, die Routine zu durchbrechen, Risiko auf sich zu nehmen und den Arbeitskampf zu organisieren. Dafür braucht es völlige Klarheit über das Ziel und die Methoden des Kampfes. Dies wird den Abwehrkampf gegen die Ausbeuter-Regierung stärken. Und dies ist dringend nötig! Denn wer sich einbildet, dass sich die Regierung mit einer Demonstration und vereinzelten Warnstreiks zum Verhandlungstisch zurückkehrt, täuscht sich. Bisher sah sich Bundeskanzler Kurz nicht einmal dazu genötigt, die Proteste gegen den 12-Stunden Tag zu kommentieren.
Die aktuelle und zukünftige Kampfparole muss schlicht lauten: Keinen Schritt zurück, auch nicht den kleinsten. Wenn wir die Rechte der arbeitenden Menschen mit allen Mitteln verteidigen, wenn wir zeigen, dass wir keinen faulen Kompromiss anstreben, ist das die Basis dafür, Vertrauen zurückzugewinnen. Viele Kolleginnen und Kollegen sind in den letzten Jahren skeptisch und misstrauisch gegenüber unseren Organisationen geworden, sind nicht selten auf die Lügen der FPÖ hereingefallen, die sich als „Partei der kleinen Leute“ verkleidet hat. Der Kampf, der jetzt geführt wird, ist nicht zuletzt ein Kampf um das Vertrauen der Lohnabhängigen in ihre eigene Kraft und Organisation.
Die Regierung ist fest entschlossen, die Profite des Kapitals auf dem Fundament von unserem Schweiß und Blut zu erhalten, den Wirtschaftsaufschwung zu nutzen, um „Österreich wettbewerbsfähig“ zu machen. Dieses Ziel ist absolut. Für die Regierung heißt es: Entweder wir, oder der ÖGB. In dieser Situation heißt ein Kampf um „Augenhöhe in den Verhandlungen“, eine Niederlage vorzubereiten: Denn die Regierung wird sich mit nichts anderem zufriedengeben, als großen Verschlechterungen, egal ob ausverhandelt oder nicht!
Daher braucht es eine Eskalationsstrategie für den Kampf, keine Rückzugsstrategie. Selbst eine riesige Massendemonstration am 30.6. wird die Regierung nicht davon abbringen, den 12-Stunden Tag zum Gesetz zu machen. Die Demonstration kann und wird als Katalysator wirken, um Bewusstsein der Kolleginnen und Kollegen über die eigene Stärke zu schaffen. Es gilt aber darüber hinaus, den Kampfplan auf die kommenden Monate zu erstrecken. Eine „angezogene Handbremse“ wird nur zu einem Unfall führen. Denn letztendlich ist die einzig realistische Perspektive bezüglich dieser Regierung: Wir oder sie. Und diese Regierung ist schwächer, als sie vielleicht selbst glauben will – ihre ganze Existenz ist auf Lügen gegenüber den Arbeitern aufgebaut. Das Ziel muss daher lauten – für den Sturz der Regierung durch die mobilisierte Arbeiterbewegung!
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Wien, am 27.06.2018