Ungefähr 90 MarxistInnen und solche, die es werden wollen, kamen vom 22. bis zum 24. in Klaffer am Hochficht zusammen. Wie jedes Jahr wurde im kleinen Dorf am deutsch-tschechischen Dreiländereck unser Pfingstseminar veranstaltet, auf dem wir unser Wissen vertiefen oder Interessierte an den Marxismus heranführen. Diese Gelegenheit nutzten wie immer auch internationale Gäste aus den Schwestersektionen in Deutschland, der Schweiz und Großbritannien. Ein Bericht von Sandro Tsipouras.
Der Samstag begann mit einem Weltperspektiven-Referat von Ben Gliniecki, Mitglied der IMT in Großbritannien. Im Referat und der anschließenden, lebhaften Diskussion wurde eine große Bandbreite an Themen erörtert und Fragen wie die folgenden beantwortet: Warum steckt der Kapitalismus in der tiefsten Krise seiner Geschichte? Warum führt das zur Zerstörung der traditionellen Organisationen der ArbeiterInnenklasse? Welchen Charakter haben die neuen Formationen, die daraus entstehen, wie SYRIZA in Griechenland oder Podemos in Spanien?
Nach einem leckeren Mittagessen, das von unseren SeminarteilnehmerInnen selbst gekocht wurde, ging es weiter mit der ersten Workshopeinheit. Die TeilnehmerInnen konnten wählen, ob sie über die Kämpfe der PflegerInnen in Salzburg, Wien und Oberösterreich, über das nötige Programm für die Linke in Österreich, über die Frage, warum es keinen krisenfreien Kapitalismus geben kann, oder über den Kampf für Frauenbefreiung diskutieren wollten. Der Workshop über die CaREvolution der PflegerInnen wurde mitunter von Martin Wieland gehalten, der als Vertrauensperson im AKH Linz unmittelbar am Kampf beteiligt ist.
Die Ergebnisse der Diskussionen wurden während des Abendessens noch lebhaft und kontrovers diskutiert. Der weitere Abend war von ausgelassener Stimmung geprägt. Das Pfingstseminar bietet einen kleinen Einblick in die Internationalität der IMT, und so wurden viele neue Freundschaften geschlossen oder alte wiederbelebt. Einen Höhepunkt des Abends stellte dann das Polit-Quiz dar.
Am nächsten Tag ging es gleich morgens mit der nächsten Workshopeinheit weiter. Ein Workshop behandelte das revolutionäre Erbe der RevolutionärInnen Rosa Luxemburg und Antonio Gramsci und ihre ungerechtfertigte Vereinnahmung durch reformistische Organisationen. Ein anderer Workshop behandelte den kurdischen Befreiungskampf und die ArbeiterInnenbewegung in der Türkei, in einem weiteren wurden die Entwicklung, die Strategie und Taktik und die Perspektiven der jungen SYRIZA-Regierung in Griechenland diskutiert. Über die Entwicklung und die Perspektiven der deutschen Linkspartei sprach unser Gast Hans-Gerd Öfinger aus Deutschland, der seit über 35 Jahren unbeirrbar den Marxismus in der deutschen ArbeiterInnenbewegung verteidigt. Für EinsteigerInnen gab es außerdem eine Sitzung zum kommunistischen Manifest.
Nach der Mittagspause gab es Zeit zum Entspannen, die von einigen TeilnehmerInnen für das traditionelle FuFuTu (Funke-Fußballturnier) genutzt wurde. Schließlich war die letzte Workshopeinheit an der Reihe, die den Rechtsextremismus in der Ukraine, die Dialektik der Natur, den Charakter des zweiten Weltkrieges, die Frage der revolutionären Partei oder den islamischen Fundamentalismus behandelte.
Nach zwei Tagen voll Diskussionen klang das Pfingstseminar dann am Sonntagabend mit einem mitreißenden ArbeiterInnenliedersingen aus, wo neben Genossen aus Vorarlberg, auch Miguel Sánchez, der Vorsitzende der deutschen Organisation der Izquierda Unida, spanische Areiterlieder zum besten gab. Es wurde bis spät in die Nacht gefeiert.
Die Wahl, vor der die Menschheit steht, ist klarer denn je: Sozialismus oder Barbarei. Die Barbarei, die wir auf der ganzen Welt erleben, sei es in der Erpressungstaktik, mit der die Troika sich gegen Millionen leidender Menschen durchsetzt, im islamischen Staat, der hunderttausende von Menschen hingemordet hat und noch hinmorden wird, in Fukushima und in jeder neuen „Flüchtlingskatastrophe“ – diese Barbarei ist die einzige Zukunft, die der Kapitalismus der Menschheit zu bieten hat. Nur Menschen wie du und ich können die Welt retten. Um das zu schaffen, brauchen wir eine Organisation wie die IMT.
Für mich selbst war es das vierte Pfingstseminar. Es bedeutete wie jedes Pfingstseminar einen Knotenpunkt in meiner politischen und persönlichen Entwicklung, und noch immer löst jedes Pfingstseminar in mir ein Gefühl tiefer Begeisterung darüber aus, der Organisation anzugehören, die „mit der Revolution aufwächst, die ihr eigenes Morgen vorhersehen kann und den Tag danach, die sich selbst klare Ziele setzt und weiß, wie sie sie erreichen kann“, wie es Leo Trotzki einst formulierte.