Das verstärkte Auftauchen faschistischer und rassistischer Organisationen in vielen europäischen Ländern wirft die Frage auf: wie kann sich die Arbeiterbewegung und die Linke erfolgreich zur Wehr setzen? Die Redaktion „Der Funke“ möchte mit diesem grundsätzlichen Beitrag einen Anstoß zum Nachdenken und Handeln geben.
Die tiefe Krise des Kapitalismus in Europa wie auch weltweit, Massenarbeitslosigkeit, Unsicherheit und Wohnungsnot haben in den letzten Jahren in vielen Ländern einen Nährboden für Rassismus und alle möglichen Spielarten extrem rechter und faschistischer Organisationen geschaffen. Die zahlreichen ausländischen Arbeitsimmigranten, die im Aufschwung als billige Arbeitskräfte angeheuert wurden, dienen in vielen europäischen Ländern den rassistischen Demagogen und ihren Unterstützern im Großkapital als Sündenbock für die Krise des Systems.
Die Tatsache, dass sich die Führer der Massenorganisationen der Arbeiterbewegung, der sozialdemokratischen und „kommunistischen“ Parteien in aller Regel mit der „Marktwirtschaft“ und ihren Sachzwängen abgefunden haben und sich weigern, das Schicksal der Gesellschaft in die eigene Hand zu nehmen, treibt Teile der Mittelschicht und politisch verwirrte Arbeiter in Richtung rechte, reaktionäre Parteien. Allerdings bedeuten Wahlerfolge rechter Demagogen noch längst nicht, dass eine faschistische Machtübernahme bevorsteht. Das Großkapital hat seinerzeit Hitler und Mussolini die Macht übergeben und die Erfahrung gemacht, dass sich diese zu sehr verselbständigt haben. Hitlers „totaler Krieg“ lag nicht mehr im Interesse seiner Förderer im Großkapital. Daher auch der von den Medien so gerühmte Versuch konservativer Militärs vom 20. Juli 1944, die aus den Fugen geratene Hitlerdiktatur durch eine „ordentliche“ Militärdiktatur zu ersetzen und den Krieg rasch zu beenden.
Faschisten als Hilfstruppen für Kapital und Staat
In der heutigen Zeit ist es so gut wie ausgeschlossen, dass die Kapitalistenklasse wieder den faschistischen Spinnern die alleinige Macht übergibt. Allerdings kann sie die Faschisten nach wie vor gebrauchen: als Hilfstruppen für rechte Militär- und Polizeidiktaturen. In Griechenland, Chile und Argentinien hat die Erfahrung in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass solche Militärregimes auch vor faschistischen Methoden nicht zurückschrecken würden. Zentraler Unterschied ist aber, dass sie heute nicht mehr die gleiche aktive Massenbasis wie der herkömmliche Faschismus besitzen und daher – anders als Hitler oder Mussolini – nicht die Arbeiterorganisationen völlig zerstören könnten. Mit einer (freiwilligen) faschistischen Massenbewegung, die in allen gesellschaftlichen Bereichen Augen und Ohren hatte, konnte Hitler stabil regieren und jeglichen Ansatz einer Opposition aufspüren.
Leo Trotzki erklärte in den 30er Jahren, dass die herrschende Klasse den Faschismus nur als letztes Mittel benutzt, wenn die Arbeiter eine Reihe entscheidender Niederlagen erlitten haben. Noch lange bevor die Bourgeoisie sich einer Militärdiktatur bzw. der faschistischen Reaktion zuwendet, wird die Arbeiterklasse viele Chancen haben, die Gesellschaft zu verändern.
Allerdings sind in der letzten Periode in Deutschland, Belgien, Frankreich, Österreich, Italien und anderswo faschistische und rechtsextreme Bewegungen wieder verstärkt in Erscheinung getreten. In Belgien hat der flämische Block bei der Europawahl zugelegt. In Italien sind die Neofaschisten an der Regierung beteiligt. In Österreich konnte die vom rechtsextremen Demagogen Haider angeführte FPÖ gute Wahlergebnisse erzielen.
Ebenso gab es nicht nur in Deutschland eine Welle rassistischer Mordanschläge gegen in Deutschland wohnhafte Türken (Mölln, Solingen…), und auch Nordafrikaner in Frankreich und schwarze und asiatische Einwanderer in England waren Zielscheibe ähnlicher Anschläge. Dies alles sind ernsthafte Warnschüsse gegen die Arbeiterbewegung.
Was nützen Lichterketten und Gebete?
Laut Trotzki bestehen die faschistischen Banden aus „menschlichem Staub“, Lumpenproletariern, Schlägern und Randalierern und dergleichen. Sie sind feige und greifen nur kleine Gruppen oder wehrlose Einzelpersonen an. Treffen sie auf den organisierten Widerstand der Arbeiter, so bröseln sie schnell auseinander. Doch Schwäche provoziert den Angriff. Denn sentimentale Aufrufe zur „Gewaltlosigkeit“ und „Legalität“ durch liberale Wohltäter und Pazifisten sind Wasser auf die Mühlen der Faschisten.
Es ist wichtig, zu verstehen, dass der Kampf gegen den Faschismus nicht mit Lichterketten, Gebeten und Appellen an Menschlichkeit und Friedfertigkeit zu gewinnen ist. Wenn Menschen getötet werden, dann ist die begrenzte Wirksamkeit von Reden deutlich sichtbar. Es ist aber von zentraler Bedeutung, dass die Faschisten und Rassisten nicht durch isolierte Gewaltaktionen unrepräsentativer Minderheiten geschlagen werden, sondern durch vereinigte Aktionen der Arbeiterbewegung. Dies ist nur möglich, wenn die Marxisten in den Untergliederungen der Gewerkschaften und Arbeiterparteien systematisch dahingehend arbeiten, dass die Natur des Faschismus und die von ihm für die Arbeiterbewegung ausgehende Gefahr deutlich gemacht wird. Es muss betont werden, dass letztlich nur durch den Sturz der Diktatur der Monopole und Banken und die demokratisch-sozialistische Umwandlung der Gesellschaft der Faschismus ausgerottet werden kann.
Eine Klassenfrage
Der Kampf gegen den Faschismus und Rassismus ist eine Klassenfrage. Diese Idee muss alle unsere Aktionen im Kampf gegen diese Phänomene bestimmen. Marxisten sollten sich gegen alles wenden, was die Aufmerksamkeit der Arbeiterbewegung vom Hauptziel ablenkt und Klassenfragen mit allerlei moralischen und pazifistischen und „demokratischen“ Phrasen vermischt und so das Bewusstsein senkt. Daher sollten Linke und Gewerkschafter nie die Führung in der antifaschistischen Bewegung den Mittelschicht-Politikern, Liberalen, Geistlichen und dergleichen überlassen oder sich an deren Methoden und Ideen anpassen. Der Kampf gegen den Faschismus kann nicht mit der falschen Auffassung erfolgreich geführt werden, dass sich die Arbeiter mit „guten“ Bürgerlichen gegen „schlechte“ Bürgerliche verbünden müssten. Eine solche Politik ist fatal und in der Praxis wirkungslos, weil durch und durch bürgerliche, pro-kapitalistische Kräfte nichts zum wirklichen Kampf gegen die Faschisten beitragen und die Arbeiter durch solche Bündnisse eingebläut bekommen, dass man dem Klassenfeind in dieser Frage trauen könne.
Gegen die Nazi-Machtergreifung 1933 half Reichspräsident von Hindenburg ebenso wenig wie die Reichstagsabgeordneten der verschiedenen bürgerlichen Parteien, die für Hitlers Ermächtigungsgesetz stimmten – darunter auch der spätere Bundespräsident Heuss (FDP).
Trotzki erklärte im August 1937: „Die Erfahrung in Italien, Deutschland, Österreich und anderen Ländern zeigt, dass „liberale Gruppen“ im Kampf gegen den Faschismus völlig versagen. Dieser stellt ihnen ein demagogisches Sozialprogramm entgegen und verurteilt sie zur völligen Vernichtung. Man kann gegen den Faschismus nur auf der Grundlage eines echten, ernsthaften revolutionären Sozialprogramms kämpfen, das nicht nur das Proletariat, sondern auch die unterdrückten kleinbürgerlichen Massen mobilisieren kann. Indem die „liberalen Gruppen“ Gegner eines revolutionären Programms sind, sind sie dazu in der Lage, die Initiative der Massen zu lahmen und sie in das faschistische Lager zu drängen. Die Formel „Antifaschismus“ passt sehr genau auf ehrenwerte Abgeordnete, Professoren, Journalisten und Salonschwätzer. Der bloße Begriff „Antifaschismus“ sagt dem Arbeiter, Arbeitslosen, armen Bauern, ruinierten Landwirt oder bankrotten Kleinhändler – wie der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung – nichts konkretes. „Antifaschistische“ Paraden, Bankette und Bündnisse usw. können nur Illusionen schüren und der Reaktion dienen. Nur Millionen und Abermillionen arbeitender, unterdrückter und ausgebeuteter Menschen können die Seuche des Faschismus vom Erdboden verdrängen.“
Faschisten und bürgerlicher Staat
In den 20er und 30er Jahren riefen die SPD-Führer öfters den Staat auf, gegen die Faschisten einzugreifen („Staat, greif zu!“). Dies war ein fataler Fehler, der sich auf die falsche Auffassung stützte, dass der bürgerliche Staat eine unparteiische Instanz sei, die über dem Klassenkampf steht. In Wirklichkeit ist der Staat ein Instrument der Klassenherrschaft; er vertritt die Interessen der Banken und Großkonzerne und wird von ihnen völlig beherrscht. Der bürgerliche Staat greift nur dann gegen faschistische Banden ein, wenn die herrschende Klasse ihre Dienste nicht benötigt und sie die Gegenbewegung der Arbeiter provozieren. Allerdings – wer den Arbeitern Vertrauen in den angeblich „antifaschistischen Charakter“ des Staates und seiner Gesetze und Polizei einflößt, der trägt zu ihrer Verwirrung bei, schläfert sie ein und fördert somit die Katastrophe. Appelle an die Polizei, sie solle doch wirksamen Schutz gegen Faschisten und Rassisten bieten, sind reine Zeitverschwendung. Abgesehen davon, dass nicht wenige Polizisten selbst Faschisten oder Rassisten sind, wären sie – selbst wenn sie es wollten – nicht in der Lage, Arbeiter und Immigranten gegen die Faschisten zu schützen.
Staatliches „Verbot“ faschistischer Parteien?
Im April 1932 ordnete der deutsche Innenminister, General Groner, das Verbot von Hitlers SA an. Der SA-Führer Rohm beschrieb später in seinen Memoiren, dass dies nichts bewirkte: „Aber nur die Uniformen und Abzeichen verschwanden. Nach wie vor übte die SA auf dem Truppenübungsplatz Döberitz sowie auf anderen reichseigenen Plätzen. Nur trat sie jetzt nicht mehr als SA auf, sondern als Verein Deutscher Volkssport.“
Trotzki stellt hierzu fest: „Zu ergänzen ist noch, dass General Groner nicht nur der Reichsinnenminister, sondern auch Reichswehrminister war. In seiner ersteren Eigenschaft erließ er aus Gründen des parlamentarischen Opportunismus das „SA-Verbot“, in seiner letzteren Eigenschaft dagegen bot er der SA von Staats wegen alle Möglichkeiten zu ihrer weiteren Entwicklung. Diese sehr bedeutsame politische Episode ruckt die hoffnungslose Stupidität aller Forderungen nach der Entwaffnung der Faschisten in ein gnadenloses Licht.
Das Verbot der militärischen Organisationen – sofern die französische Regierung es für nötig befinden sollte, eine solche Maßnahme zu treffen (welche Möglichkeit, ganz allgemein gesehen, nicht auszuschließen ist) – würde nur bedeuten, dass die Faschisten gezwungen wären, auf dem Gebiet der Bewaffnung irgendwelche fadenscheinige Tarnungen anzuwenden, während die Arbeiter in Wirklichkeit auch der geringsten legalen Möglichkeit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung beraubt sein würden.
Es scheint, als sei die Hauptparole „Einheitsfront“ eigens dazu geschaffen worden, um der französischen Reaktion zu helfen, die Vorhut des Proletariats in den Untergrund zu hetzen.“ (Trotzki, Tagebuch im Exil, 1935)
Auf die eigene Kraft bauen!
Marxisten müssen den Arbeitern klarmachen, dass sie sich nur auf die eigene Organisation, Stärke und Klassensolidarität bei der Lösung ihrer Probleme verlassen können. Appelle an den bürgerlichen Staat sind aus verschiedenen Gründen konterproduktiv. Zunächst lenken sie die Aufmerksamkeit der Arbeiter von der Notwendigkeit ab, die Faschisten dort zu schlagen, wo es drauf ankommt – in den Betrieben, in den Wohnvierteln, und auf der Straße. Solche Appelle tragen dazu bei, das Selbstbewusstsein der Arbeiter zu schwächen, und die Faschisten werden dadurch nur noch frecher. Letztlich werden die Arbeiter hinsichtlich der Rolle des bürgerlichen Staates im allgemeinen und seiner Verhältnisses zu den Faschisten im besonderen fehlgeleitet. Ein Teil der Kapitalistenklasse finanziert und fördert die Faschisten als Streikbrecher und Provokateure. Die Kapitalistenklasse hat insgesamt zwar nicht die Absicht, den Faschisten die ganze Staatsmacht zu überlassen, aber sie weiß, dass diese als nützliche Hilfskräfte eingesetzt werden können, wenn einmal der Klassenkampf die „normalen“ Eingrenzungen überschreitet. Daher ist es sinnlos, von der herrschenden Klasse eine Auflösung faschistischer Banden zu erwarten. Trotzki spricht davon, dass die Forderung an den Staat, die Faschisten zu entwaffnen, der Forderung an die Bourgeoisie gleichkommt, sich selbst zu entwaffnen. Wo der Staat mit Gesetzen faschistische Aktivitäten einzuschränken vorgibt, werden diese Gesetze in erster Linie nicht gegen die Faschisten, sondern gegen die Arbeiterbewegung angewandt, um Demonstrationen, vor allem auch Antifa-Demos, zu verbieten oder zu behindern.
Unter gewissen Umständen kann sich die herrschende Klasse gezwungen sehen, antirassistische Gesetze einzuführen. Wenn solche Gesetze auch nur im geringsten fortschrittlich sind, würden Marxisten sie natürlich nicht ablehnen. Aber wir müssen den Arbeitern und unterdrückten Nationalitäten erklären, dass Gesetze nicht das Problem des Rassismus lösen, das von der kapitalistischen Gesellschaft selbst kommt. In einzelnen Fällen kann eine begrenzte Wirkung durchaus möglich sein, wenn solche Gesetze von Polizei und Justiz tatsächlich befolgt werden – dies ist nicht unbedingt immer der Fall. Dies kann aber auch das Problem verschlimmern, wenn nämlich die Arbeiterklasse und die nationalen Minderheiten sich in einem falschen Gefühl der Sicherheit wiegen und sich somit entwaffnen, während gleichzeitig die rassistischen Banden ihr Spiel mit stillschweigender Komplizenschaft der Polizei weitertreiben.
Die tragenden Säulen des Staaten regen sich immer wieder gerne über rassistische Anschläge auf. Sie mögen es nicht, dass das Bild Deutschlands – und speziell deutsche Exportchancen in alle Welt – Schaden nehmen. Aber wie wenig ernst sie es mit einer echten Gleichberechtigung für die hier lebenden Ausländer meinen, zeigt ihr permanentes Sträuben etwa gegen eine Einführung des Ausländerwahlrechts auf allen Ebenen.
Keine Stellvertreterkriege!
Es macht wenig Sinn, antirassistische Organisationen und Kampagnen ohne die Einbeziehung der Arbeiter-Massenorganisationen zu bilden. Isolierte Vergeltungsschläge von linken Antifa-Aktivisten ohne politisch motivierte breite Mobilisierung bringen stets die Gefahr mit sich, dass die Masse passiv zuschaut und die meisten Medien und bürgerlichen Politiker – heuchlerisch wie sie nun mal sind – „extremistischen Terror von links und rechts“ verurteilen. Nur die Massenmobilisierung der Klasse kann letztlich systematische faschistische Angriffe und Faschismus und Rassismus überhaupt erfolgreich abwehren. Und dies trotz der Politik rechter Arbeiterführer, die eine unabhängige Bewegung der Arbeiter fürchten und alles unternehmen, um sie zu verhindern. Die Arbeiterführer hätten die Möglichkeit in der Hand, mit minimalem Aufwand die Faschisten und Rassisten zu schlagen. Wo immer sie sich vor dieser Verantwortung drücken, ermöglichen sie ultralinken Abenteurern am Rande der Arbeiterbewegung, ihre zerstörerische und schädliche Taktik voll zu entfalten.
Marxisten müssen systematisch darauf hinarbeiten, die Basis der Arbeiterorganisationen über die faschistische und rassistische Bedrohung aufzuklären und dagegen zu mobilisieren. Wir müssen von den Gewerkschaftsführern verlangen, dass sie eine Massenbewegung gegen diese Bedrohung initiieren. Wo immer Faschisten und Rassisten sich in Betrieben regen, müssen dagegen Massenversammlungen einberufen werden. Gewerkschaften sollten ihre Mitglieder dazu bringen, dass sie die Zusammenarbeit mit Faschisten am Arbeitsplatz ablehnen. Die Weigerung etwa von Postgewerkschaftern in Deutschland und Großbritannien, faschistische und ausländerfeindliche Literatur zu befördern und zuzustellen, ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Wo immer dies möglich ist, sollten Proteststreiks gegen rassistische Angriffe ausgerufen werden. Allerdings ist hier auch Augenmaß angebracht. Denn normalerweise werden die Arbeiter nur dann streiken, wenn das Problem so ernst und bedrohlich geworden ist, dass die Mehrheit es klar erkennt. Übertriebenes und hysterisches Verhalten kann nur dazu beitragen die Idee des antifaschistischen Kampfes in den Augen der Arbeiter zu diskreditieren.
Den Worten müssen Taten folgen
Ultralinke politische Tendenzen können nicht verstehen, dass die offiziellen Organisationen der Arbeiterklasse, ob linker oder rechter, mindestens in Worten gezwungen sind, den Faschismus abzulehnen. Marxisten haben die Pflicht, diese „antifaschistischen“ Reden und Kongressresolutionen aufzugreifen und auf ihre praktische Umsetzung zu dringen. Marxisten sollten stets ausgeglichen und positiv auftreten und das Augenmerk auf den Kampf gegen den Klassenfeind konzentrieren – die Faschisten und ihre Hintermänner, die Bankiers und Kapitalisten. Wenn ein Arbeiterführer aus akutem Anlass eine kämpferische antifaschistische Rede hält, dann sagen wir: „Sehr gut. Aber Worten müssen Taten folgen. Wie schlagen die Bildung einer gewerkschaftlichen Verteidigungsorganisation vor, unter Einbeziehung von Betriebsräten, Vertrauensleuten, Arbeitern, Frauen, Jugend- und Ausländerorganisationen mit der Aufgabe, das Wohngebiet gegen faschistische Angriffe zu schützen. Ein erster Schritt sollte die Einberufung einer Betriebsrätekonferenz sein mit dem Ziel, ein konkretes Aktionsprogramm gegen die Faschisten auszuarbeiten.“
Warnendes Beispiel Rom: Faschisten sind eine Bedrohung für die ganze Arbeiterbewegung
Es ist notwendig, den Arbeitern klarzumachen, dass der Faschismus eine Bedrohung für die Arbeiterbewegung darstellt. Wir müssen an die Lehren der Vergangenheit erinnern und die aktuellen arbeiterfeindlichen Aktivitäten der Faschisten deutlich herausstellen. In Deutschland, wo Faschisten Todesopfer auf dem Gewissen haben, haben rechtsextremistische Gruppen Adressenlisten antifaschistischer Aktivisten einschließlich Foto veröffentlicht. Dies fordert faschistische Überfälle auf die Wohnungen geradezu heraus. Wenn die organisierte Arbeiterbewegung solche Aktivitäten ignoriert, schneidet sie sich nur ins eigene Fleisch.
In Italien hat der Sieg Berlusconis und seiner neofaschistischen Verbündeten den ultrarechten Banden Auftrieb gegeben. Der Sieg der Rechten in dieser Lage ist auch ein klares Urteil über die jahrzehntelange rechte und reformistische Anpassung der Führer der früheren italienischen KP. Jetzt haben sich die gleichen Führer als völlig unfähig erwiesen, der faschistischen Bedrohung entgegenzutreten; in Rom wird seit Frühjahr faktisch jede Ortsgruppe der PDS oder RC von den Faschos bedroht, und ist es schon zu Übergriffen gekommen. Beim Überfall einer faschistischen Gruppe auf eine Gruppe der RC-Jugend in Rom mussten die Faschos eine schmerzliche Erfahrung machen: einer von ihnen machte mit dem Fußboden Bekanntschaft – ihr Führer musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Als die anderen Mitläufer ihren Führer so erbärmlich am Boden liegen sahen, liefen diese „harten Jungs“ wie die Hasen davon. Dies ist für solche Gestalten typisch, wenn sie ernsthaften Widerstand spuren.
Schutz von Veranstaltungen durch gut geschulten Ordnerdienst
Bei drohender handfester Störung von Versammlungen und Demonstrationen durch faschistische Kräfte spielt eine gut geschulte Ordnertruppe eine zentrale Rolle. Natürlich liegt die Aufgabe einer solchen Ordnertruppe nicht darin, die Polizei anzugreifen. Diese öfters von Ultralinken und Anarchos eingeschlagene Taktik wäre Wahnsinn und würde den Faschisten und der Polizei in die Hände spielen. Oftmals treten bei Demos deshalb auch gezielt als Demonstranten verkleidete Agenten und Provokateure auf, um Krawalle mit der Polizei vom Zaun zu brechen und somit der Polizei einen Vorwand zu liefern, Antifa-Demos aufzulösen.
Schließlich lässt sich der antifaschistische Kampf auf die Frage der Verteidigung der Arbeiterorganisationen wie auch der physischen Unversehrtheit einzelner Arbeiter hin zuspitzen. Die faschistischen Mordanschläge gegen Schwarze, Türken und andere Minderheiten bedrohen die ganze Arbeiterklasse. Minderheiten lassen sich am besten verteidigen, wenn alle Arbeiter dies kollektiv bewirken. Organisationen zur Selbstverteidigung sollten gegründet werden, die sowohl die Angehörigen der unterdrückten Minderheiten als auch die der gesamten Arbeiterorganisationen umfassen. Denn wenn beispielsweise türkische Jugendliche alleine ihre Verteidigung organisieren, könnte dabei ohne Programm, Ziele und Bezug zur gesamten Arbeiterbewegung letzten Endes nur ein normales „Bandentum“ herauskommen.
Die Lehren der Vergangenheit wieder auffrischen!
In Italien versuchten die Faschisten in den 60er Jahren, ihr Haupt wieder zu erheben, indem sie eine Mordkampagne gegen aktive Gewerkschafter ähnlich wie 1920-22 initiierten. Die Arbeiter antworteten massiv: faschistische Parteibüros wurden angezündet, und Faschisten wurden in ganz Italien auf der Straße zusammengeschlagen. Diese großartige Bewegung entfaltete sich trotz der Rolle der KP-Führer, die – wie üblich – sich als unfähig erwiesen, mit der Reaktion fertig zu werden. Die Bewegung entfaltete sich auf Initiative von KP-Mitgliedern und Gewerkschaftern, die nach der Erfahrung mit Mussolini sofort die faschistische Gefahr wiedererkannten.
Leider ist auch im Italien der 90er Jahre die Erinnerung an den Faschismus verblasst. Daher kommt es – in Italien wie auch in Deutschland und sonst wo – darauf an, der neuen Generation von Arbeitern und Jugendlichen die Lehren der Geschichte zu erklären – dabei nicht nur an die Schrecken des Faschismus zu erinnern, sondern etwa auch an die große Bewegung der italienischen Arbeiter 1920-22″1943-44 und vor allem das glänzende Beispiel der antifaschistischen Bewegung in der 60ern, die deutlich macht, wie man mit faschistischen Provokationen fertig werden kann.
Politischer und physischer Kampf
Für Marxisten bedeutet der Kampf gegen den Faschismus sowohl einen politischen Kampf in der Arbeiterbewegung gegen die Anpassung an bürgerliche und moralisierende „Antifaschisten“ als auch einen physischen Kampf gegen die drohende Vernichtung unabhängiger Arbeiterorganisationen. In der Kombination geduldiger Überzeugungsarbeit und konkreter Erfahrungen im Kampf lernt die Arbeiterklasse, angefangen mit den fortgeschrittensten Schichten, allmählich, wie der Kampf am wirksamsten geführt werden kann. Eine Reihe kleiner Kämpfe mit Siegen und Niederlagen bereitet den Boden für den späteren Sieg.
In letzter Konsequenz kann die Arbeiterbewegung die Reaktion entscheidend nur durch einen offensiven Kampf um die Macht und die sozialistische Umwandlung der Gesellschaft schlagen. Nur so wird es möglich sein, die sozialen Bedingungen zu beseitigen, die den Schrecken und Fehlgeburten Auftrieb geben, die wir jetzt allenthalben wie Unkraut aufblühen sehen. Letzten Endes steht nach Karl Marx die Menschheit vor der Wahl „Sozialismus oder Barbarei“.