Ein Kommentar zu dem Beschluss von SPÖ, ÖVP und Grünen, dass künftig in der Bundeshymne auch die „großen Töchter“ besungen werden dürfen.
„Endlich umgesetzt – Zeit geworden!“ – mit diesem Kommentar postete die Sozialistische Jugend Österreich auf ihrer Facebook-Seite die Nachricht, dass die österreichische Bundeshymne künftig nicht mehr nur „die großen Söhne“ sondern auch seine „großen Töchter“ besingen soll (die Brüderchöre sollen aber nicht gegendert werden). Nach einer tagelangen Diskussion, mit dem Zweck das Sommerloch zu überbrücken, entschieden sich SPÖ, ÖVP und Grüne mittels Parlamentsbeschluss die Hymne zu ändern. Vorgeprescht war bereits vor wenigen Tagen die Ex-Ministerin Rauch-Kallat mit den ÖVP-Frauen, was in der ÖVP einiges an Unbehagen auslöste. Unterstützung erhielt sie jedoch von Finanzministerin Fekter und Innenministerin Mikl-Leitner (beide ebenfalls ÖVP).
Bereits in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Versuche die Bundeshymne geschlechtergerecht zu machen. Johanna Dohnal, Rauch-Kallat und die Sängerinnen Tini Kainrath und Christina Stürmer sorgten mit solchen Vorstößen abwechselnd für Aufregung bei der vereinten Reaktion. Kronen-Zeitung, FPÖ und ÖVP sahen darin immer eine Beleidigung österreichischen Kulturgutes. 2010 kam es angesichts der Textänderung durch Christina Stürmer sogar zu einem Urheberrechtsstreit mit den Erben der Texterin der Bundeshymne.
Wir können mit beiden Seiten nichts anfangen. „Land der Berge, Land am Strome“ ist nicht unsere Hymne. Sie ist Symbol für ein politisches Nachkriegssystem, das nicht unseres ist. Dieses Lied ist zu sehen als Teil des Prozesses, ab Ende der 1940er Jahre ein kapitalistisches Österreich wiederaufzubauen und eine österreichische Nation zu schaffen. Kultur, Kunst und Sport hatten dabei eine wichtige Aufgabe zu spielen. Dieses Lied zeichnet ein Bild von einem Land ohne Klassenunterschiede, in dem sich alle fleißig und allen Unwirren zum Trotz für ihre schöne Heimat einsetzen. Es ist auch kein Wunder, dass der damalige ÖVP-Unterrichtsminister Hurdes treibende Kraft hinter dem Entstehen dieser Hymne war. Diesem rot-weiß-roten Patriotismus können wir nichts abgewinnen. Wer einer Reformierung der Bundeshymne das Wort redet, der hilft nur mit den Charakter des bürgerlichen Staates zu verschleiern.
Wer eine geschlechtergerechte Bundeshymne als kleinen Fortschritt in Richtung Gleichberechtigung sieht, der leistet jenen einen Dienst, die Frauenpolitik längst auf einige wenige symbolische Veränderungen reduziert haben, während ohne mit der Wimper zu zucken Sparpakete im Sozial- und Gesundheitsbereich beschlossen werden, die vor allem (lohnabhängige) Frauen hart treffen. Diese Doppelmoral der offiziellen Frauenpolitik seitens der Frauenministerin, der SPÖ-, und ÖVP-Frauen und der Grünen gilt es offenzulegen.
Parodie auf die Bundeshymne von „Drahdiwaberl“:
Im Jahr 1979 veröffentlichte die Gruppe „Drahdiwaberl“ ein Lied mit dem Titel „Kaiserhymne/Pink Punk Shirt“:
Land der Äcker, Land der Dome
Land am Strom ohne Atome,
Land der Titel und Diplome
Heimat bist du großer Söhne
Heimat bist du großer Töchter
Zusatzvers der Frauenrechtler
Land der unmöglich begrenzten,
Land der Berg‘, der allerschensten,
Land der Seen und Lipizzaner,
Der Prohaskas und des Klammer
Land der Krone, Land des Staberl
Land der Gruppe Drahdiwaberl.