Was sich die längste Zeit schon abgezeichnet hat, ist nun klar. Die SPÖ wird nicht aus dem Eurofighter-Vertrag aussteigen und begnügt sich mit einer Reduzierung der Stückzahl und der damit verbundenen Kostensenkung.
Überrascht haben dürfte das niemanden so richtig. Deshalb spricht dieses mal auch niemand mehr vom „Umfallen“ der Parteiführung. Wie eine Masochistin liegt die SP-Parteiführung seit dem ersten Tag dieser Regierung vor der ÖVP am Boden und quittiert jeden Schlag gegen die gesamte ArbeiterInnenbewegung mit einem wohlwollenden Lächeln und zwingt die Mitgliedschaft zum Mitlächeln. So wurde nach dem Ergebnis in den Eurofighterverhandlungen folgende mail an die Mitgliedschaft ausgesendet:
„Verteidigungsminister Norbert Darabos kündigte Einsparungen von etwa 400 Mio. Euro durch den unmittelbar bevorstehenden Abschluss des Vergleichs mit der Firma Eurofighter an. Das bedeutet, dass Darabos die einmalige Leistung gelungen ist, der Republik Österreich mindestens fünf bis sechs Milliarden Schilling zu ersparen. (…) SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina gratuliert: „Darabos hat Österreich aus diesen desaströsen Kaufvertrag herausgeholt!“
(Quelle: TOP-Info vom 25. Juni 2007/Eurofighter)
Das parteiinterne Propagandabüro hat ganze Arbeit geleistet. Aus einer kompletten Niederlage wurde eine „einmalige Leistung“, die dem ehemals „desaströsen Kaufvertrag“ gegenübergestellt wird. Um keinen Zweifel an diesem riesigen Erfolg aufkommen zu lassen, werden dann noch ganz nebenbei die 400 Mio. Euro in Schillinge umgerechnet: Sieht ja gleich noch besser aus! Anschaffung und Instandhaltung kosten statt 1 969 000 000 € also nur noch 1 569 000 000 €. „Einmalige Leistung“!
Die SP-Pressestelle sollte zur Märchenabteilung des ORF-Kinderprogramms wechseln, dort würden derartige Meldungen, die seit der Großen Koalition zur Regel wurden, zumindest staunende Kinderaugen hervorrufen. Ehrliche Parteimitglieder und all jene Menschen, die der SPÖ im Oktober deshalb ihre Stimme gaben, weil sie den Fehler begangen hatten, tatsächlich das zu glauben, was aus dem Mund der SP-Granden floss, fühlen sich dadurch einfach nur so richtig verarscht. Auch wenn das heute niemand mehr so richtig glauben mag und die Parteibürokratie versucht, das heute vergessen zu machen: Alfred Gusenbauer gab sich tatsächlich einmal so richtig links und sozial. Er bezeichnete sich als „Sozialfighter“, der keine Eurofighter benötigen würde. Er sagte, dass man aus dem Eurofighter auf JEDEN Fall aussteigen werde – „ohne Pönalzahlungen, oder mit Penalzahlungen, alles kostet bedeutend weniger“. Und er versprach seinen WählerInnen, dass im Falle einer SP-Regierung eine echte Wende eintreten werden würde.
In der Öffentlichkeit will die SPÖ-Spitze jetzt nur noch über die Frage der Kosten der Eurofighter reden. Wofür die Eurofighter eigentlich stehen, will keiner reden. Die Eurofighter sind Kampfbomber für aggressive EU-Militäreinsätze „bis weit hinunter nach Afrika, Naher Osten und Kaukasus“ (Streitkräftekommandant des Bundesheeres Günter Höfler, Kleine Zeitung, 13.12.2005). Der geplante Ankauf der Eurofighter ist Bestandteil der Einbindung in die EU-Militarisierung. Und diese ist Kanzler Gusenbauer ein Herzensanliegen, wie auch seine Bemühungen um eine EU-Verfassung zeigen.
Kurz nach den Wahlen sah es dann eigentlich ganz gut aus. Die ÖVP war unglaublich beleidigt, weil die WählerInnen ihre großartigen Leistungen in der Exportwirtschaft und dem Reichermachen der Reichen nicht anerkannt hat, und die SPÖ war vorerst selbst überrascht, welche Wirkung die relativ linke Wahlkampfrhetorik gehabt hatte. Alles deutete auf die lang ersehnte soziale Wende in Österreich hin. Alles wartete auf die starken Worte des Alfred Gusenbauer, der die Studiengebühren mit einer Hand wegfegt und mit seinen Schuhen den Eurofightervertrag zerstampft. So setzte die SPÖ gegen den Widerstand der ÖVP sogar einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss für die Causa Eurofighter ein. Alles sah danach aus, als ob die SPÖ den Bürgerlichen mal so richtig in die Fresse schlägt. Doch es kam anders. Die „starken Worte“ enttarnten sich als heiße Luft.
Dass der Eurofighter-Vertrag – wie der U-Ausschuss inzwischen feststellen konnte – unter fragwürdigsten Bedingungen zustande gekommen ist und sich anscheinend mehrere Personen aus dem politischen und wirtschaftlichen Leben dadurch persönlich bereichern konnten, spielt nun anscheinend keine Rolle mehr. Hauptsache die Koalition nicht gefährden.
Es stellt sich die Frage, warum die SPÖ sich den Bürgerlichen so sehr aufopfert. Das Argument mit dem „Machtinstinkt“ des Herrn Gusenbauer greift zu kurz. Natürlich wird es ihm auch darum gehen, sein Sandkastenprojekt nicht zu gefährden. Das eigentliche Problem liegt aber doch viel eher darin, dass die Parteiführung offensichtlich gegen die Interessen und die Meinung der Parteibasis arbeitet, diese aber überhaupt keine Möglichkeit hat, ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen: Das Problem ist das Fehlen parteiinterner Demokratie. Gäbe es diese, hätten ein Gusenbauer und ein Darabos keine Möglichkeit, die gesamte Partei derartig in Geiselhaft zu nehmen, weil Missgunst bei der Basis gleichzeitig das Ende des Parteipostens bedeuten würde.
Und weil es eben diese Demokratie innerhalb der Partei nicht gibt, gibt es auch keine politischen Gegenkonzepte zum herrschenden Kurs. Überall dort, wo es GenossInnen gibt, die alternative Konzepte präsentieren oder offen Kritik am offiziellen Parteikurs üben wollen wird das mit dem Argument der „Parteidisziplin“ sofort unterbunden. Zusätzlich noch die ängstlich-beschwörenden Worte der Bürokratie hinter vorgehaltener Hand: „Wie das erst in den MEDIEN rüberkommen würde!!!“
So werden Gusenbauer & Co frisch, fromm, fröhlich, frei weiterwerkeln – gegen die Interessen der Lohnabhängigen. Die Regierung kann von zwei Kräften in die Luft geblasen werden. Die eine Kraft ist die ÖVP, die sich bereits seit der Regierungsbildung im Wahlkampf befindet und keine Möglichkeit auslässt, die ArbeiterInnenbewegung durch die SPÖ zu blamieren und demotivieren. In Falle von Neuwahlen würde die ÖVP deutlich mehr Stimmen erhalten als die SPÖ, der gleichzeitig viele wichtige AktivistInnen abhanden kommen würden. Dieses Szenario würde einen neoliberale Offensive einleiten, die Österreich noch nicht gesehen hat.
Die andere Kraft ist die ArbeiterInnenbewegung. Durch Demos, Streiks und Arbeitskämpfe könnte sie die Regierung in die Knie zwingen. Auch das würde zu Neuwahlen führen, allerdings unter vollkommen anderen Vorzeichen. Auf der Basis einer mobilisierten und selbstbewussten ArbeiterInnenschaft würde sie ihre SPÖ ordentlich nach links drücken und aus Alfred Gusenbauer eine historische Fußnote machen.
Lucas Frey, SJ Vorarlberg