Am 4. und 5. November fand in Wien der 31. Verbandstag der Sozialistischen Jugend Österreich (SJÖ) statt. Auf dieser Konferenz positionierte sich die SJÖ einmal mehr als die Kraft in der linken Jugendbewegung. Große Zustimmung erhielten die politischen Anträge der marxistischen Funke-Strömung.
Bereits das Motto des diesjährigen Verbandstages bezeugte eine weitere Entwicklung nach links: „Wir wollen anders lernen, anders arbeiten, anders leben – FÜR EINE MINDERHEITSREGIERUNG JETZT!, Der Leitantrag „Für eine sozialistische Politik – Nein zur großen Koalition!, stellt die inhaltliche Basis für dieses Motto dar. Mit der Annahme dieses Dokuments spricht sich die SJ eindeutig für eine Alleinregierung der SPÖ aus und unterstützt damit eine jener Forderungen, die von der marxistischen Strömung „Der Funke, schon seit Jahren propagiert wird. Somit wird die SJÖ alles in ihrer Macht befindliche dahingehend unternehmen, eine Koalition mit den Bürgerlichen zu verhindern.
Ein zentraler Output der Diskussionen war auch die Feststellung des neuen Vorsitzenden Torsten Engelage, dass die SJ eine Organisation der ArbeiterInnenklasse darstellt und ausschließlich dieser verpflichtet ist. Indem auch ein Antrag des Funke angenommen wurde, in dem es heißt, dass die SJ die Aufgabe hat, junge ArbeitnehmerInnen zum Gewerkschaftsbeitritt und zum Aufbau von kämpferischen Betriebsgruppen zu motivieren, hat sich die SJ somit ein klares Programm zur Orientierung auf die Lohnabhängigen gegeben.
Die SJ und die Gewerkschaftsbewegung
Das Verhältnis zwischen SJ und Gewerkschaftsbewegung stellte überhaupt eine der großen Diskussionen auf diesem Verbandstag dar. Im Mittelpunkt stand die Frage, inwiefern eine sozialistische Jugendorganisation in den Reformprozess des ÖGB eingreifen kann und soll. Die Delegierten stimmten dafür, die zentralen Forderungen der Kampagne „Wir sind ÖGB, zu unterstützen: Die Wahl der Delegierten für den ÖGB-Bundeskongress von allen Mitgliedern sowie die jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit sämtlicher FunktionärInnen. Auch wird die SJÖ zu diesem Kongress eine Delegation entsenden, welche dort die Ideen der SJ zum Reformprozess präsentieren wird. Um die Nachhaltigkeit des SJ-Einflusses zu sichern, wird sich die SJÖ auch prinzipiell am Aufbau einer Gewerkschaftslinken engagieren.
Unter den Delegierten herrschte auch Einigkeit darüber, dass die Krise des ÖGB eng mit der Existenz eines abgehobenen Funktionärsapparats zusammenhängt. Deshalb sei es nötig, die Einkommen der FunktionärInnen so zu gestalten, dass sie in einem nachvollziehbaren Verhältnis zum Einkommen jener Menschen stehen, die sie vertreten müssen. Die Funke-Strömung setzte sich für die Beibehaltung des ursprünglichen Wortlautes eines diesbezüglichen Antrages der SJ Margareten ein, in dem es heißt: „GewerkschaftsfunktionärInnen sollen nur so viel verdienen wie die Menschen, die sie vertreten., Dieser eindeutigen Formulierung wurde vom Präsidium ein etwas verwaschener Text gegenübergestellt, der sämtliche „Wenn und Aber, enthielt. Nach einer leidenschaftlichen Diskussion stimmte eine Mehrheit für die Version des Präsidiums.
In einem von der Funke-Strömung eingebrachten Initiativantrag solidarisierte sich der Verbandstag außerdem mit dem Arbeitskampf bei Siemens PSE, wo die Belegschaft gegen die Ausgliederung eines Teils des Unternehmens kämpft und am 8. November einen Warnstreik abhalten wird.
Internationale Solidarität
Auch setzte die SJÖ eindeutige Zeichen im Namen der internationalen Solidarität. Sie solidarisierte sich mit der Massenbewegung in der mexikanischen Stadt Oaxaca, in der seit fünf Monaten eine revolutionäre Gegenregierung (die APPO) zur neu gewählten Regierung etabliert hat und die in den letzten Tag gegen brutalste Repression von Seiten des Militärs und paramilitärischen Gruppen Widerstand leistet.
Die SJÖ spricht sich außerdem für die Verteidigung der Errungenschaften der Kubanischen Revolution sowie die sofortige Freilassung der „Miami 5, aus. Ein entsprechender Antrag der SJ Vorarlberg wurde einstimmig angenommen.
Das Verhältnis zu den Ereignissen in Lateinamerika ist in der heutigen Situation ein Gradmesser für das revolutionäre Potential einer linken Organisation. Indem der Verbandstag einen Antrag der Funke-Strömung unterstützte, der sich für die Solidarität mit der Venezolanischen Revolution, eine gesellschaftliche Transformation zum Sozialismus ausspricht und konkrete Schritte von Seiten der SJÖ zum Aufbau einer breiten Solidaritätsbewegung fordert, wurde die positive Entwicklung der Sozialistischen Jugend in dieser Frage bestärkt. Die Sozialistische Jugend wird nun im engen Kontakt mit der „Hands Off Venezuela“-Kampagne an der Organisierung einer europäischen Jugendkonferenz zur politischen Entwicklung in Lateinamerika mit besonderem Schwerpunkt auf Venezuela im Jahr 2007 arbeiten. Der Erfolg dieser Jugendkonferenz könnte sehr schnell zum Aufbau einer europaweit vernetzten revolutionären Linken beitragen und der europäischen Jugend- und ArbeiterInnenbewegung eine klare Perspektive bieten.
Der Verband und die Strömungen
Inwiefern es der SJÖ gelingt, sich in der Solidaritätsbewegung zu engagieren wird für die weitere Zukunft der Organisation von großer Bedeutung sein. Ein weiterer Aspekt der nächsten Jahre ist die veränderte Situation in Österreich selbst. Die letzten sechs Jahre befand sich die Sozialdemokratie in der Opposition. Es ist abzusehen, dass die SPÖ von nun an Regierungsverantwortung tragen wird. Sollte es tatsächlich noch zu einer Großen Koalition kommen, könnte die SJÖ in der Partei schnell in die Defensive geraten, sofern sie nicht sofort und entschlossen reagiert.
Ob eine derartige Reaktion möglich ist, hängt nicht unwesentlich vom Verhältnis der Verbandsführung zu den politischen Strömungen innerhalb der SJ ab. So hat die Vergangenheit gezeigt, dass die SJÖ immer dann besonders stark war, wenn alle Strömungen entlang eines gemeinsam ausgearbeiteten Aktionsplans gehandelt haben. Dies war schon bei der Beteiligung der SJÖ an den Anti-WEF-Protesten und an der Bewegung gegen den Irakkrieg so. Und vor allem der Erfolg der Veranstaltung mit Hugo Chavez in der Wiener Arena im Mai dieses Jahres zeigte dies eindrucksvoll: Indem die SJ und „Der Funke, an einem gemeinsamen Strang zogen, initiierten sie die größte antiimperialistischen Kundgebung auf österreichischem Boden seit Jahrzehnten. Über 5000 Menschen beteiligten sich an dieser historischen Veranstaltung.
Über die SJ Vorarlberg wird die Funke-Strömung auch in Zukunft mit einem Unterstützer im Verbandsvorstand vertreten sein. Schon im Vorfeld hat die Führung der SJ Wien dafür gesorgt, dass nicht mehr wie bisher ein Vertreter der SJ Floridsdorf, einem der stärksten Wiener SJ-Bezirke in dem die marxistische Strömung sehr viel Unterstützung genießt, im Verbandsvorstand sitzen wird. Aus diesem Grund kandidierte der Funke-Unterstützer und SJ Floridsdorf-Aktivist Willi Waitz als Alternative zum offiziellen Wahlvorschlag. 17% der Delegierten stimmten für den marxistischen Kandidaten und sein Programm, was aufgrund der im vorhinein durchfraktionierten Personalentscheidungen als guter Erfolg zu werten ist.
Für eine starke, marxistische SJ
Der Verbandstag hat gezeigt, dass die Ideen der marxistischen Strömung „Der Funke, in entscheidenden Fragen zum politischen Programm der SJ werden. Für die Zukunft kann das nur bedeuten, dass der Dialog fortgesetzt werden muss und überall wo möglich ein gemeinsames Handeln passieren muss. „Der Funke, hat immer gezeigt, dass er an einer gemeinsamen Arbeit am Aufbau einer starken Sozialistischen Jugend interessiert ist. Jetzt kommt es auf die neue Verbandsführung um den Vorsitzenden Torsten Engelage an, ob auch sie die Notwendigkeit einer Vielfalt in der Diskussion und einer Einheit im Handeln entlang eines sozialistischen Programms anerkennt und dementsprechende Taten setzt.