Am 24. November gewann Călin Georgescu den ersten Wahldurchlauf der Präsidentenwahlen. Zwei Tage vor der Stichwahl am 8.12. annullierte das Verfassungsgericht das Wahlergebnis, weil Brüssel das Ergebnis nicht in den Kram passt. Von Lukas Frank.
Zuvor veröffentlichte der amtierende Präsident Geheimdienstdokumente, vermeintlich auf Bitten 13 pro-europäischer NGOs. Der unvorhergesehene Überraschungssieg Georgescus sei in Wirklichkeit ein „hybrider Angriff“ Russlands, durchgeführt mit 25.000 russischen „Schläfer“-Konten auf Tiktok (Wording von Kleine Zeitung), einer Telegram Gruppe, gestützt auf die „Dummheit“ der Wähler (Wording von derStandard). Wohlgemerkt, wie die renommierte FAZ informiert, ist das Verfassungsgericht ganz und gar nicht neutral – in diesem wirken „die alten Strukturen der ‚sozialdemokratischen‘ Machtpartei fort“.
Europäische Rückendeckung
Nachdem 9 Richter eine demokratische Wahl von Millionen Menschen annullierten, erklärte die EU-Kommission, sie „überlässt es den rumänischen Bürgern, über ihr Schicksal zu entscheiden und unterstützt freie und faire Wahlen“. Zur Untermauerung der Gerichtsargumentation ordnete sie an, TikTok zu untersuchen.
Es war ein abgekartetes Spiel: Gleichzeitig fanden am 1.12. die Parlamentswahlen statt, bei denen die regierenden Volksparteien – Sozialdemokratie und Liberal-Konservative – massiv abgestraft wurden. Nach der Annullierung wurde im Eiltempo eine 5-Parteien Koalition der Verlierer zusammengezimmert, die das Land stramm auf Pro-Nato, Pro-Krieg und Pro-EU-Kurs halten soll.
Rumänien ist das Kronjuwel des österreichischen und deutschen Imperialismus – jeweils größter und zweitgrößter Auslandsinvestor, der wichtigste NATO-Stützpunkt im Ukrainekrieg und galt als fest in westlicher Hand. Der Hafen Constanţa ist unerlässlicher Umschlagplatz für ukrainisches Weizen und Militärgüter. Der Militärflughafen Kogălniceanu wird bald größte NATO Basis Europas. Das Gasfeld Neptun Deep im Schwarzen Meer, das die OMV ab 2027 anzapfen will, hat immense strategische Bedeutung, um die Gasversorgung Osteuropas von russischer unter westliche Kontrolle zu bringen – ein wichtiger Hebel zur politischen Kontrolle dieser Länder.
Georgescu – ein Dorn im Auge der EU
Georgescu steht für ein rechtes, nationalistisches Programm: historische rumänische Faschisten sind Helden, er umgibt sich mit Faschisten, will die traditionelle Familie sowie die orthodoxe Kirche stärken und fordert eine Ausweitung rumänischer Grenzen auf Kosten kleinerer Staaten.
Jedoch greift er auch die massive Wut der Bevölkerung über die Plünderung Rumäniens durch westliche Konzerne auf, die ein wichtiges Thema im Wahlkampf waren. Für ihn war der Sturz des stalinistischen Ceausescus-Regimes 1989 ein westlicher Coup d’Etat, um Rumänien zu versklaven und seine Ressourcen zu stehlen. Er versprach, in seinen ersten 100 Amtstagen sämtliche Privatisierungen in die Hände von rumänischen Kapitalisten zu überzuführen.
Die Weltbank zwang in den frühen 2000ern Rumänien, drei große Staatsunternehmen zu privatisieren, d.h. ans Ausland zu verscherbeln. Insbesondere Österreich schlug hier zu. Die Erste Bank krallte sich die Banca Comercială Română – noch heute dominiert Österreich den dortigen Bankensektor. In einem Deal, der vom sozialdemokratischen Premierminister Adrian Năstase mit dem OMV-Boss Wolfgang Ruttenstorfer (ehemals SPÖ Staatssekretär) eingefädelt wurde, schluckte die OMV die rumänische Petrom. „Ruttenstorfer wurde eine Art österreichischer Gott Rumäniens […] und schuf ein Netzwerk, das sich durch Medien und Politiker zog, […] ein Staat im Staat.“ (Marius Ghilezan in Romania Libera)
Allen voran stellt Georgescu die rumänische NATO-Mitgliedschaft und Kriegsunterstützung für die Ukraine in Frage – denn die NATO würde niemals Rumänien im Falle eines russischen Angriffes verteidigen. Das US-Raketensystems in Südrumänien bezeichnet er als nationale Schande.
Sein Wahlsieg ist in erster Linie auf das Versagen der Arbeiterbewegung zurückzuführen: Die Beteiligung der sozialdemokratischen Partei am Ausverkauf des Landes und die fehlende Abgrenzung von den liberalen Pro-EU Kräften.
Die hässliche Fratze des Imperialismus
Georgescu ist ein Reaktionär. Doch ein Kampf gegen ihn, ist ein Kampf um die Köpfe hunderttausender rumänischer Arbeiter, Kleinbauern und Kramladenbesitzer. Diese hassen zu Recht die westliche Ausbeutung und anhand der eigenen Erfahrung ahnen sie, dass der Ukraine Krieg ein Krieg zwischen Räubern ist, in den sie nicht mithineingezogen werden wollen.
Was in Rumänien passiert ist, ist skandalös, aber es ist erst der Anfang. Die Peripherie der EU wird umkämpftes Gebiet zwischen westlichem, russischem und chinesischem Imperialismus. Mit zunehmender Härte wird es auch den westlichen Imperialisten zu teuer, ihren Herrschaftsanspruch in demokratische Phrasen zu hüllen. Im Gegenteil – sie sind genauso bereit wie ihrer Konkurrenten die Länder Ost- und Südosteuropas zu zerstören, um ihre Herrschaft zu sichern. Der Wille der dortigen Bevölkerung zählt nichts.
Weder ist es also Zufall, dass Kommissionspräsidentin Von der Leyen in einer Rüstungskonferenz die Ukraine, den Kaukasus und den Westbalkan als Hotspots benannte, wo Europa „verteidigt“ werden muss. Noch dass das österreichische Bundesheer in seinem Zustandsbericht ausländische „Stabilisierungseinsätze“ als wichtiges zukünftiges Aufgabenfeld sieht.
Mit der Krise des westlichen Imperialismus wird auch die “demokratische” Maske der EU verrutschen, um die barbarische Fratze des deutschen, französischen, italienischen und österreichischen Imperialismus zu zeigen.
(Funke Nr. 229/12.12.2025)