Die wachsende Polarisierung schiebt auf Wahlebene auch die KPÖ an, die das erste Mal seit 1953 wieder in den Nationalrat einziehen könnte. Dies ist eine positive Entwicklung. Die politische Ausrichtung der KPÖ-Spitze ist aber zu soft um damit eine tiefergehende Trendwende in der Arbeiterbewegung einzuleiten. Von Christoph Pechtl.
Die Parteienlandschaft in Österreich zersplittert, die sozialpartnerschaftliche Stabilität ist in der Krise und das Vertrauen in Politik und Institutionen ist historisch tief. Nur 24% des unteren Einkommensdrittel findet, dass das politische Systems Österreich gut funktioniert, nur 16% fühlt sich im Parlament vertreten (Sora Demokratiemonitor, 2023). Die krisenhafte Entwicklung des Kapitalismus ist eine Steilvorlage für kommunistische Politik!
Wo ist der Internationalismus?
In der Ukraine sterben Arbeiter für die Profitinteressen ihrer jeweiligen Herrschenden und die Arbeiterklasse hierzulande stöhnt unter der von den westlichen Sanktionen befeuerten Teuerung. Wie die Sozialdemokratie unterstützt die KPÖ jedoch die „eigene“ Kriegsseite. Tobias Schweiger, Spitzenkandidat der KPÖ im „Falter“: „Wir sind nicht gegen Sanktionen, aber diese müssen sich klar gegen Putins Machtbasis, die Oligarchen, richten.“ (26.03.2024) Der Widerspruch zwischen der KPÖ und den westlichen Imperialisten besteht so allein in der Frage, wie der Krieg geführt werden soll.
Auch im Krieg gegen Palästina traut sich die KPÖ nicht der eigenen Bourgeoisie zu widersprechen. Die Wut und Verzweiflung über den Krieg in Gaza wird von der Partei ignoriert. Obwohl Mitglieder der Parteibasis für Solidarität mit Palästina stehen, verweigert die Parteiführung dieselbe Solidarität öffentlich auszusprechen, um nicht ins Kreuzfeuer der kriegsgeilen bürgerlichen Medien zu kommen. Diesem Opportunismus ist geschuldet, dass eine „Liste Gaza“, deren einziges dezidiertes Ziel es ist, „allen anderen Parteien einen Denkzettel zu verpassen“, antritt.
Zusammenfassend besteht die Position der KPÖ zu imperialistischen Kriegen darin, die Bourgeoisie zu beschwören „aktive Neutralität“ zu üben und „die UNO zu stärken“. Jüngste Steigerung dieser utopischen Orientierung lautet: „das neutrale Österreich soll auf internationaler Ebene für eine Erneuerung der OSZE zur Konfliktvermeidung werben“ (Der Standard, 19.8.). Ein Frieden verhandelt durch Österreich, die EU, Russland oder die USA kann nur ein Räuberfrieden sein, der bereits den nächsten Krieg vorbereitet. Eine kommunistische Anti- Kriegs Politik stützt sich auf die unabhängige Aktion der Arbeiterklasse gegen die Aufrüstung und Kriege der eigenen Herrschenden. Die KPÖ versucht auch in der Innenpolitik Konflikten mit den Liberalen auszuweichen. Zur zelebrierten Rassismus-Kampagne schweigt die Partei gänzlich.
Illusion in Parlamentarismus
Auch der von den „Experten“ geforderte und mit Sicherheit kommende soziale Kahlschlag wird in der Wahlkampagne ignoriert. Tobias Schweiger stellt stattdessen die Realität auf den Kopf und glaubt, dass die alleinige Existenz einer kommunistischen Parlamentsfraktion zu einer Schubumkehr in der Sozialpolitik führen könnte: „Allein der Druck, der das macht, dass eine kommunistische Partei in diesem Land ins Parlament kommt, wird dafür sorgen, dass viele Projekte, die heute angeblich nicht umsetzbar sind, morgen wahrscheinlich umsetzbar sind.“ Wir sind überzeugt, dass die Bühne des Parlaments enorm nützlich sein kann, um soziale Kämpfe anzuschieben und zu verbreitern und plädieren dafür, dass die KPÖ- Abgeordneten so agieren sollen. Das bürgerliche Parteien eine Kehrtwende in Richtung soziale Verbesserungen machen, allein durch die Anwesenheit der KPÖ bei parlamentarischen Debatten ist aber eine schwächende Illusion.
Momentan beharrt die KPÖ aber auf diese Perspektive. In der Einleitung zum Wahlprogramm schreibt der Spitzenkandidat: „Die etablierten Parteien versprechen vor jeder Wahl Verbesserungen – doch nach der Wahl vergessen sie diese Versprechen schnell. Damit sich was ändert braucht es die KPÖ im Parlament. […] Wir schauen den anderen Parteien auf die Finger, wir stellen sicher, dass leistbares Wohnen und Soziales auch nach der Wahl Schlüsselthemen bleiben.“ Die Wohnungsnot der Arbeiterklasse wird jedoch nicht im Einklang mit der bürgerlichen Politik gelöst werden können, sondern nur gegen sie. Die KPÖ fasst in ihrem Slogan „Keine Profite mit der Miete“ die Lösung der Wohnungsfrage völlig richtig. Doch das bedeutet einen direkten Konflikt mit den Banken, Immobilienkonzerne und Grundspekulanten. Diesen Klassenkonflikt benennt die KPÖ nicht und kann daher auch keinen realistischen Weg zur Verwirklichung ihres Programms zeigen. Stattdessen soll das Recht auf Wohnen durch die Verfassung garantiert (!) und der Mietpreisdeckel befristet werden. Der öffentliche Wohnbau soll „mittelfristig“ angeschoben werden. Jedoch ohne mit den Banken in Konflikt zu treten, sondern durch rechtliche Kunstgriffe und die Gründung einer „staatlichen Wohnbauinvestitionsbank“. Dieser politische Ansatz, eine Reihe solcher Reformen vorzuschlagen, ohne in Konflikt mit den Bürgerlichen zu treten, ist schon mit Andi Babler gescheitert.
Was nützt der Arbeiterklasse?
Der zentrale Meinungsunterschied zwischen uns Revolutionären Kommunisten und der KPÖ liegt in der Frage, was für die Arbeiterklasse „nützlich“ ist. Für die KPÖ bedeutet dies „einen realen Gebrauchswert“ zu haben. Das heißt für sie kostenlose Küchen, Sozialberatungs-Stunden und Flohmärkte für die „Leute, die es sich nicht richten können“ (Schweiger) anzubieten. Wir glauben, dass die zentrale Nützlichkeit von Kommunisten darin besteht, die Arbeiterklasse und der Jugend kampffähig zur Durchsetzung des Sozialismus zu unseren Lebzeiten zu machen. Die Arbeiterklasse kann es sich sehr wohl „richten“, wenn es eine kommunistische Partei gibt, die dem Druck der Bürgerlichen standhält und die Interessen der Arbeiterklasse formuliert.
(Funke Nr. 226/28.09.2024)