Der wirtschaftliche Abstieg Österreichs und das Ende der jahrzehntelangen Stabilität machen sich bemerkbar: Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist zwischen Juni 2023 und Juni 2024 um 9,9% (+30.319) gestiegen, im selben Zeitraum ist die Zahl der offenen Stellen um 17,4% gefallen. Von Valentin Iser.
Damit kommen jetzt etwa 3,5 Arbeitslose auf eine offene Stelle, ein Anstieg um fast einen Arbeitslosen pro Stelle (0,8) im Vergleich zum Vorjahr. Die Arbeitslosenrate liegt jetzt bei 6,2%. 338.051 Menschen sind arbeitslos oder in Schulung gemeldet (118.000 davon Langzeitarbeitslose). Am stärksten betroffen sind die Baubranche (+17%) und Industrie (Warenerzeugung +17,7%), vor allem Oberösterreich (+21,2%) und Tirol (+16,3%). Der AMS-Chef sieht als einzige verbleibende Hoffnung für die Wiederbelebung der Wirtschaft, dass „Unternehmen und Haushalte“ durch die „Erfolge unserer Nationalmannschaft […] wieder Vertrauen zurückgewinnen“ können. Nach dem Achtelfinale scheint auch das schon wieder unwahrscheinlich.
Arbeitslosigkeit ist nicht nur ein individuelles Schicksal, sondern schwächt die ganze Arbeiterklasse. Eine hohe Arbeitslosigkeit senkt den Druck, den sie auf die Kapitalisten ausüben kann, spaltet und demoralisiert sie. Schon Marx meinte:
„Es ist daher ebenso sehr Tendenz des Kapitals, die arbeitende Bevölkerung zu vermehren, wie einen Teil derselben beständig als Überschussbevölkerung – Bevölkerung, die zunächst nutzlos ist, bis das Kapital sie verwerten kann.“
Genau diese Tendenz wollen die Bürgerlichen auch politisch anschieben. Die Industriellenvereinigung fordert nun die 41h-Woche und will das Pensionsalter erhöhen. Beide Maßnahmen erhöhen den Druck am Arbeitsmarkt und Arbeitsplatz. Während sie rassistische Hetze betreiben und allen Migranten hier das Leben schwer machen, weiten sie gleichzeitig die Ausgabe der „Rot-Weiß-Rot-Karte“ exponentiell aus, übrigens mit Zustimmung der FPÖ. Die „Rot-Weiß-Rot“-Karte bedeutet, dass „Schlüsselkräfte“ aus Drittstaaten temporär von einem spezifischen Arbeitgeber (etwa einem Hotel) beschäftigt werden dürfen. Diese Sonderverträge ohne Rechte geben den Chefs viele Druckmittel gegen die Kollegen in die Hand. Das wird wiederrum den Arbeitsdruck erhöhen und das Lohnniveau für alle senken. Lassen wir uns nicht spalten – gemeinsam für ein lebenswürdiges Leben aller Arbeiter!
(Funke Nr. 225/8.07.2024)