Frag die Kommunisten: Religion

Ein Kommunist aus Graz fragt: Wie stehen Kommunisten zu Religion?

Wir Kommunisten sind der Überzeugung, dass das kapitalistische System nur mehr Leid, Unterdrückung, Krieg und Barbarei zu bieten hat. Das Ende dieses monströsen Systems und seine Ersetzung durch eine rationale und demokratisch geplante Wirtschaft ist der erste Schritt zu einer höheren, wahrhaft menschlichen Gesellschaft. Dem Kampf für diese Gesellschaft haben wir uns verschrieben.

Dabei begrüßen wir mit ganzem Herzen die Teilnahme jeder Person in diesem Kampf, unabhängig von Hautfarbe, Nationalität und Religiosität. Wir heißen auch den Dialog zwischen Marxisten und Christen, Muslimen, Juden ua. willkommen.

Um jedoch wirksam zu kämpfen, brauchen wir ein ernsthaftes Programm, sowie Politik und Perspektiven. Marxisten stehen auf der Basis des philosophischen Materialismus, der die Existenz eines übernatürlichen Wesens ausschließt. Die Natur bietet eine Überfülle an Erklärungen für alle Phänomene des Lebens.

Die Frage der Religion ist komplex und vielschichtig. Woher kommt Religion? Das Leben der meisten Menschen heute ist so hart, unerträglich und bedeutungslos, dass erst der Glaube an ein Leben nach dem Tod diesem eine Bedeutung gibt. Im Christentum etwa wird ein Leben voller Schmerz und Leid für das Versprechen künftiger Glücksseligkeit getauscht. Wir Marxisten sagen: Das ist ein Betrug, um die Versklavung der Mehrheit durch eine Minderheit zu rechtfertigen.

Heißt das, dass wir pessimistische oder nihilistische Schlüsse daraus ziehen? Im Gegenteil! Das Erkennen der Welt, wie sie ist, ermöglicht ein erfülltes und befriedigendes Leben. Wo die Religion lehrt, den Blick zum Himmel zu heben, lehrt der Marxismus, für ein besseres Leben auf Erden zu kämpfen.

Es gibt also tiefgreifende Unterschiede zwischen Marxismus und Religion. Bedeutet das, dass ein gemeinsamer Kampf nicht möglich ist? Nein. Diese zwar wichtige philosophische Meinungsverschiedenheit darf uns nicht davon abhalten, vereint im Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit aufzutreten. Über das Paradies im Himmel können wir diskutieren, während wir gemeinsam für das Paradies auf Erden kämpfen!

(Funke Nr. 224/30.05.2024)