Bis zu 10.000 Menschen demonstrierten am 27. Jänner gegen den Ball des WKR in der Hofburg. Diese Proteste können als wichtiger Erfolg der antifaschistischen Bewegung bilanziert werden.
Der Ball des Wiener Korporationsrings (WKR), dem Zusammenschluss der rechtsextremen Burschenschaften, ist das gesellschaftliche Ereignis für die extreme Rechte in Österreich. In der Hofburg, wo der Ball jedes Jahr stattfindet, feiern Burschis, FPÖ-Granden und auch Gleichgesinnte aus anderen Ländern (z.B. Marie Le Pen von der Front Nationale, mit der HC Strache enge Beziehungen pflegt). Heuer bekam der Ball eine besondere Brisanz, weil er mit dem Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee zusammenfiel. Zurecht wurde dies von vielen Menschen als Provokation gesehen, was teilweise die große Mobilisierung auf den Straßen erklärt. Die bürgerlichen Medien berichteten schon Tage wenn nicht Wochen zuvor über den Ball und die geplanten Proteste.
Es war das Verdienst des antifaschistischen Bündnisses „Offensive gegen rechts“, das bereits seit Monaten gegen den WKR-Ball mobil gemacht hat, dass schon sehr früh mit der Organisierung von Protesten begonnen wurde. Der Versuch eine starke antifaschistische Einheitsfront zu schaffen, wurde jedoch von mehreren Seiten gezielt torpediert. Zuerst spalteten die Grünen StudentInnen (GRAS) das Bündnis, indem sie völlig haltlose Antisemitismusvorwürfe gegen Organisationen der radikalen Linken erhoben und starteten eine eigene Mobilisierung. Bald darauf bildete sich die Initiative „Zeichen setzen“, eine breite „Volksfront“ von sozialdemokratischen Organisationen (SJ, SPÖ Wien,…), dem ÖGB und der ÖGJ sowie einer Vielzahl zivilgesellschaftlicher Gruppen. Während sich die „Offensive gegen rechts“ das Ziel steckte, mit einer kämpferischen Demonstration und Blockadeaktionen den WKR-Ball zu verhindern, beschränkte sich „Zeichen setzen“ auf Öffentlichkeitsarbeit und die Organisierung eines Konzerts und einer Kundgebung auf dem Heldenplatz.
Schon im Vorfeld konnte so viel Druck erzeugt werden, dass die Betreibergesellschaft, welche die Hofburg für Ballveranstaltungen vergibt, ankündigte, dass der Ball 2013 nicht mehr an diesem symbolischen Ort stattfinden kann. Dies kann als erster Erfolg der Kampagne gewertet werden.
Die Mobilisierung am 27. Jänner gegen den WKR-Ball stellte dann aber doch alles in den Schatten. Bis zu 10.000 AntifaschistInnen waren an diesem Abend auf der Straße. Die Initiative „Zeichen setzen“ mobilisierte zwar die meisten Menschen, was zum Gelingen der Proteste beigetragen hat, gleichzeitig muss aber kritisch angemerkt werden, dass mit dieser Form des handzahmen, zivilgesellschaftlichen Protests radikaleren Protestformen gezielt entgegengewirkt wurde. Vor allem die SJ und die Gewerkschaftsjugend hätte in der Organisierung der Proteste eine andere Position einnehmen müssen. Zwar wurde formal das Bündnis „Offensive gegen rechts“ unterstützt, in der Praxis wurde die mögliche Einheitsfront aber zugunsten eines inhaltlich sehr zweifelhaften Volksfrontbündnisses verhindert. Damit wurde die Bewegung gegen den WKR-Ball gespalten. Leider wurden dadurch auch viele SJlerInnen und junge GewerkschafterInnen davon abgehalten an den Demos und an den Blockaden teilzunehmen. Diese Vorgangsweise muss in den Gremien der SJ und der Gewerkschaftsjugend einer scharfen Kritik unterzogen werden.
Trotz dieser konterproduktiven Spaltung der Proteste kann dieser Abend als wichtiger Fortschritt bei der Herausbildung einer kämpferischen antifaschistischen Praxis gesehen werden. Positiv muss auch erwähnt werden, dass sehr viele GenossInnen aus der SJ und anderen roten Jugendorganisationen bei der Demo der „Offensive gegen rechts“ mitgegangen sind. Nach den Demonstrationen konnten mit gezielten Blockaden, auch wenn dort weit weniger AntifaschistInnen teilnahmen als an den Demos, konnte die Abhaltung des Balls zwar nicht verhindert aber doch gestört werden. Viele BallteilnehmerInnen saßen fest und konnten nicht in die Hofburg. Hätten SJ und Gewerkschaft ebenfalls die Blockaden unterstützt, wäre an diesem Abend bei weitem mehr möglich gewesen. In der jüngeren Geschichte hätte die SJ sogar aus eigener Erfahrung positive Beispiele, wo sich zeigen lässt, dass sich ein kämpferisches Auftreten bezahlt macht (siehe die Besetzung der Löswelstrasse). Vor allem aber die Gewerkschaft würde ganz nach dem Motto „Alle Räder stehen still…“ über die nötigen Mittel verfügen, um ein Ereignis wie den WKR-Ball schlichtweg zu verhindern.
Der WKR-Ball konnte erst mit einer längeren Verspätung eröffnet werden. Bei den Rechten war die Wut groß. Strache gab bei seiner Eröffnungsrede dieser Stimmung einen Ausdruck, der zeigt, wie wehleidig diese Kameraden sind. Er verglich die Freiheitlichen und die Burschenschaften als „die neuen Juden“, was einmal mehr zeigt, dass er keinerlei Bewusstsein über die tatsächliche Rolle des Nationalsozialismus und des Holocaust besitzt. Einige in der rechten Szene liegen nach dieser Demütigung die Nerven offensichtlich blank. Noch in derselben Nacht wurde der ehemalige SP-Bundesrat Konecny wahrscheinlich von einem Nazi-Schläger brutal verletzt. Ein Lehrling und Aktivist der Gewerkschaftsjugend erhielt schon vor der Demo einen Drohbrief, der mit „Heil Hitler“ gezeichnet war. Diese Vorfälle sollten wir als Warnung verstehen, auf die AntifaschistInnen entschlossen reagieren sollten.
Die Linke muss ernsthaft die Perspektive einer Neuauflage von Schwarz-Blau diskutieren. Die Krise wird auch in Österreich ein Ausmaß annehmen, wo es früher oder später schwierig für die Bürgerlichen wird ihr Programm (Sparpakete, Privatisierungen) mit der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften durchzusetzen. Hinter den Kulissen laufen bereits jetzt Vorbereitungen für eine Bürgerblockregierung. Die FPÖ konnte in den letzten Monaten mit ihrer Propaganda gegen Banker, die EU und die „faulen Griechen“ laut Umfragen massiv an Unterstützung zulegen. Dahinter versteckt sich aber ein Programm, das zwangsläufig zu Sozialabbau führen muss. Die FPÖ ist gegen Vermögenssteuern, im Gegenzug verlangt sie eine Senkung der Steuerquote. Wird diese Forderung umgesetzt, würde das eine Katastrophe für die öffentlichen Haushalte bedeuten. Der Spardruck auf die Regierung würde noch größer werden.
Wir können davon ausgehen, dass die Bildung einer schwarz-blauen Regierung eine gewaltige Protestbewegung auslösen würde. Die Proteste gegen den WKR-Ball waren dafür eine wichtige Generalprobe. In den kommenden Monaten gilt es die Lehren aus dieser erfolgreichen Mobilisierung zu ziehen und uns politisch auf solch eine Entwicklung vorzubereiten. Der erste Schritt dazu ist, dass wir in den Organisationen der Arbeiterbewegung eine Klarheit über die Aufgaben im antifaschistischen Kampf gewinnen.