Neben Bankrettung und Korruptionsskandalen fand die Bundesregierung jetzt sogar die Zeit für die Ausarbeitung eines Rehabilitationsgesetzes für die mindestens 10.000 Opfer des Austrofaschismus. Soweit so gut, doch die Sache hat einen gewaltigen Haken. Ein Kommentar von Martin Gutlederer.
Die Grünen sehen Änderungsbedarf, da das Wort „Austrofaschismus“ nicht einmal im Gesetzestext benannt und so dieses dunkle Kapitel der Geschichte beschönigt wird. Wie weit ist es mit der Führung der SPÖ gekommen, dass sie diesen Verrat an ihrer eigenen Geschichte begeht? Wie weit ist es gekommen mit dieser Führungsspitze der SPÖ, dass eine zutiefst bürgerliche Partei wie die Grünen, das Gedenken der Opfer einmahnt und das Fehlen des Begriffes „Austrofaschismus“ bemängelt? Der grüne Justizsprecher fordert: „Im Gesetz gehört endlich das Unrecht klar benannt“.
Die Reaktion der oberen Etage der SPÖ in personam Barbara Prammer ist, dass man sich mit dem bereits Erreichten zufrieden geben und nicht weiter Zeit verstreichen lassen will. Die Kritik von Bundesgeschäftsführer Kräuter scheint eher ein verhaltenes Feigenblatt zu sein, so macht der SP-Justizsprecher Jarolim klar, dass er mit diesem Kompromiss aus seiner Sicht leben kann. Man kann sich nur den Worten des Politologen Emmerich Tálos anschließen: Es sei „schon äußerst merkwürdig, dass gerade die Partei, welche die Opfer des Austrofaschismus immer wieder ins Blickfeld gerückt hat, eigentlich dermaßen defensiv agiert hat“. Und die Volkspartei? Nun, die hat Engelbert Dollfuß noch immer im Parlamentsklub hängen und zeigt, damit wie es ums eigene Demokratieverständnis auch heute noch streckenweise bestellt ist.
Das Resümee der Linken innerhalb der SPÖ kann nur sein, gegen dieses erneute Unrecht seitens der Regierung aufzustehen und dieses Feld auf keinen Fall den pseudo-linken Grünen zu überlassen. Faschismus bleibt Faschismus, und wer die Opfer und deren Geschichte nicht einmahnt und ehrt, ist den Titel des Sozialisten oder des Sozialdemokraten nicht wert. Auch die letzten noch lebenden Betroffene wie der Antifaschist Fritz Probst, der im Ständestaat mehrfach verhaftet wurde, haben kein Verständnis für dieses Gesetz und die Vorgangsweise der Regierung insbesondere der SPÖ: „Von der SPÖ bin ich enttäuscht, weil ich von ihr eher erwartet habe, dass sie zumindest die Grundprinzipien einhält, nämlich dass sie Faschismus echt bekämpft und auch benennt. Faschismus ist Faschismus. Da gibt es keine Kompromisse.“ Oder so wie er die Frage zu stellen: „Wozu haben wir dann die Sozialdemokraten in der Regierung sitzen?“ Diese Frage wird sich zukünftig vermehrt stellen, und es ist die Aufgabe jedes und jeder einzelnen an der Basis oder in der Nähe der SPÖ sich für eine andere SPÖ einzusetzen, für eine SPÖ, die sich ihrer Wurzeln stolz besinnt und aktiv auf der Seite der Schwachen, Ausgebeuteten und Unterdrückten steht.
Der Autor ist Mitglied der SJ Nibelungengau (NÖ)