Folgende Rede hielt Genosse Stamatis Karagiannopoulos von unserer griechischen Schwesterzeitung „Marxistiki Foni“ auf der Volksversammlung am Athener SYNTAGMA-Platz am 29. Mai 2011 vor 7.000 TeilnehmerInnen unter tobendem Applaus.
Liebe Mitkämpfer und Mitkämpferinnen,
1. Unser Kampf ist sozial, ein Kampf zwischen den Klassen und international: Ungeachtet der Symbole, die jeder individuelle Teilnehmer in diesem Kampf gewählt hat (griechische Nationalflaggen), ist dieser Kampf objektiv ein Kampf zwischen den Klassen. Es ist der Kampf gegen die Banker, gegen das Kapital, gegen die bürgerlichen Polit-Karrieristen: Ein Kampf gegen all jene, die die Schulden gemacht haben und sie nun auf unsere Schultern abgewälzt haben. Wir haben mit den griechischen Bankern und Industriellen gar nichts gemeinsam. Aber wir haben dieselben Interessen wie die Migrantinnen und Migranten, die Arbeiterinnen und Arbeiter und die Jugend im Rest von Europa, mit denen wir heute gemeinsam demonstrieren. Daher ist unser Kampf objektiv internationalistisch.
2. Die größte Waffe dieser Bewegung ist seit Beginn an die massenhafte Mobilisierung. Dies ist das beste Gegenmittel gegen die Repressionspläne, die im Staatsapparat nun gegen uns geschmiedet werden. Wie diese aussehen, haben wir erst vor wenigen Tagen in Barcelona, Spanien gesehen. Wir müssen nun unsere Bewegung in alle Stadtviertel und in alle Betriebe tragen, dort Massenversammlungen abhalten, Aktionskomitees wählen und diese bundesweit vernetzen.
3. Zum Thema des politischen Generalstreiks: Die gestrige Entscheidung der Volksversammlung einen politischen Generalstreik vorzubereiten muss nun im Mittelpunkt unserer weiteren Vorgangsweise sein. Ein Generalstreik kann nicht von außerhalb der Gewerkschaften und Betrieben organisiert werden, sondern bedarf eines Kampfes innerhalb der Gewerkschaften und der Betriebe. Vor allem jedoch stellt ein politischer Generalstreik die Frage nach der Macht im Land, und die Bewegung muss auf diese Frage eine klare Antwort geben. Was ist unser Vorschlag und was sind die Beweggründe für unseren Vorschlag? Diejenigen, die das System lenkten und uns in diese Katastrophe führten, dürfen der neuen Regierung nicht mehr angehören. Dies betrifft die Nea Demokratia (die konservative Partei, Anm.) und andere Rechtsparteien wie auch die aktuelle Führung der Sozialdemokratie (PASOK). Als Prinzip sollte gelten, dass diese unsere Regierung nicht aus „Persönlichkeiten“ und „Spezialisten“ der Macht zusammengesetzt sein soll, sondern die tatsächlichen Interessen und die direkte Macht der arbeitenden Menschen verkörpern soll. Die neue Regierung muss aus den demokratischen Massenorganisationen heraus entstehen, aus jenen Massenorganisationen, die heute bereits entstehen, und jenen, die im Zuge des Kampfes noch entstehen werden. Die Regierungsmitglieder unserer Regierung sollten von diesen Massenorganisationen gewählt werden und ihnen jederzeit verpflichtet sind.
4. Zur Frage der Demokratie: Das Ziel der “direkten Demokratie” ist im Allgemeinen ein Schritt in die richtige Richtung. Aber was bedeutet „direkte Demokratie“? Demokratie muss einen spezifischen sozialen, politischen und Klasseninhalt haben. Es herrscht keine wirkliche Demokratie, wenn sie nicht auch die Wirtschaft erfasst. In der Wirtschaft bedeutet Demokratie Arbeiterkontrolle und gesellschaftliches Eigentum und Kontrolle der Banken und aller großen Firmen. Die direkte Demokratie, die wir fordern, sollte keine neutrale soziale Demokratie sein, kein System der permanenten Beratschlagung ohne praktische Relevanz, sondern eine Demokratie der Arbeiterinnen und Arbeiter, in der die Macht auf allen Ebenen der Gesellschaft von der Arbeiterklasse und ihren demokratischen Institutionen ausgeübt wird.