Wir veröffentlichen das Editorial der neuen Funke-Ausgabe zur Krise der ÖVP und den Aufgaben der ArbeiterInnenbewegung.
Korruption, Rassismus, Sparpakete
Zeig mir, wo du stehst
Österreich. Korruptions- und Justizskandale, die weitere Verschärfung des Fremdenrechts sowie Sparpakete kennzeichnen die Politik der Bürgerlichen. Die SPÖ muss sich entscheiden, ob sie der ÖVP weiter die Mauer macht.
Die ehemaligen ÖVP-Minister Karl-Heinz Grasser und Erwin Strasser führten mit ihren Machenschaften einer breiten Öffentlichkeit vor Augen, dass bürgerliche Politik ihre Aufgabe nicht zuletzt in der Bedienung von Kapitalinteressen sieht. Ob bei diesen Lobbygeschäften, Privatisierungen, usw. gegen bestehende Gesetze verstoßen wird, ist völlig zweitrangig. Entscheidend ist, dass die Politik die diversen Kapitalgruppen möglichst profitable Verwertungsbedingungen schaffen soll und die sozialen Interessen der lohnabhängigen Bevölkerung diesem Ziel untergeordnet werden. Hier geht es nicht um einige „schwarze Schafe“ sondern um das Grundübel des bürgerlichen Parlamentarismus, der in einer schweren Krise steckt, weil er anders als in der Vergangenheit auf der Grundlage einer krisenhaften Wirtschaft keinen klassenübergreifenden Konsens mehr herstellen kann. Aus dem Blickwinkel Hunderttausender ist klar, dass die Politik keine positiven Antworten auf ihre Probleme bieten kann. Das ist der Nährboden, auf dem der Rechtspopulismus der FPÖ wieder gedeihen konnte, während die regierenden „Großparteien“ in einer schweren Krise stecken.
Die letzten Jahre waren vor allem vom Dahinsiechen der SPÖ gekennzeichnet, die nur noch als willfähriger Spielball der Bürgerlichen erschien. Doch mittlerweile hat es die ÖVP voll erwischt. Der krankheitsbedingte Rücktritt von Josef Pröll wurde zum perfekten Sinnbild für den Allgemeinzustand der Schwarzen. Die Umbildung des ÖVP-Regierungsteams ist wie alter Wein in neuen Schläuchen. Neo-Parteichef Spindelegger gilt zwar als Großkoalitionär, aber seine ersten Aussagen als Vizekanzler sollten deutlich machen, dass es mit der ÖVP keine Gemeinsamkeiten geben kann. Er sei gegen eine „Gratisgesellschaft“ (d.h. gegen freie Bildung vom Kindergarten bis zur Uni), für Lohnkürzungen im Austausch für Mitarbeiterbeteiligung, für ein Steuersystem zugunsten der Vermögenden und KapitalistInnen und für eine Gesellschaft, in der die Menschen ihre Hauptaufgabe darin sehen, die Wettbewerbfähigkeit des Standort Österreichs zu heben. Die Unternehmerin Fekter wird nun im Finanzministerium die „Eiserne Lady“ spielen und dort wohl noch mehr Schaden anrichten als sie dies im Innenministerium je machen hätte können. Ihre Nachfolgerin Mikl-Leitner gilt als genauso hart im Umgang mit AsylwerberInnen und wird die rassistische „Fremdenpolitik“ unverändert weiterführen. Die Einführung eines Integrationsstaatssekretariats wird daran nichts ändern, schon gar nicht mit dem schnöseligen JVP-Chef Kurz, der in der Vergangenheit selbst auf islamfeindliche Sprüche setzte. Dazu kommt noch Wissenschaftsminister Töchterle, der für Studiengebühren und die Ökonomisierung der Bildung steht.
Die ÖVP will ihre Krise dadurch überwinden, dass sie bei diesen ihren Kernthemen in die Offensive geht. Das sollten wir als gefährliche Drohung verstehen. In keiner dieser angesprochenen Fragen ist ein Konsens mit der ÖVP zu erzielen, wenn man die Interessen der ArbeitnehmerInnen und der Jugend vertreten will. Die SPÖ-Spitze sieht dies allerdings anders. Noch dazu versucht sie sich in vielen Fragen als die „bessere ÖVP“ zu präsentieren (Forderung nach Berufsheer, Bildungsreform, Ausbildungspflicht, EU-Rettungsschirm usw.). Das Motto der Maiaufmärsche lautete heuer „Zeig, wo du stehst“. Faymann und sein Team zeigen leider Tag für Tag, dass sie ihre Aufgabe darin sehen den österreichischen Kapitalismus im Sinne der Bürgerlichen zu verwalten. Die SPÖ macht derzeit nicht einmal den Anschein, dass sie die Partei der Lohnabhängigen ist. Da keine Wahlen anstehen, werden die Sektionen und Ortsparteien der Partei völlig vernachlässigt. Die vielen sozialdemokratischen Betriebsräte und GewerkschafterInnen, die den ständigen Angriffen des Kapitals standzuhalten versuchen, werden so alleine gelassen. Diese Politik entwaffnet die ArbeiterInnenbewegung. Der Jubel über die guten Konjunkturdaten übersieht bewusst, dass diese wirtschaftliche Erholungsphase mit einer steigenden Ausbeutung der ArbeiterInnen einhergeht. Wen wundert es, dass sich unter diesen Bedingungen immer weniger Lohnabhängige von der SPÖ vertreten fühlen. Profitieren kann von diesem Zustand der Sozialdemokratie natürlich die FPÖ. Strache muss sich wie jemand im Schlaraffenland fühlen, dem die gebratenen Hühner ins Maul fliegen. Er muss gar nicht viel machen, weil die Krise von ÖVP und SPÖ ihm die WählerInnen regelrecht in die Hände treibt. Dass dieser „Rechtsruck“ kein Naturgesetz ist, sehen wir an den Entwicklungen in der Steiermark, wo sich eine breite Protestbewegung gegen das dortige Sparpaket formiert hat. Dieses Beispiel zeigt, dass auch die österreichischen Lohnabhängigen zu kämpfen bereit wären.
Ob die Bürgerlichen in Zukunft mit ihren Angriffen auf unseren Lebensstandard und unsere Rechte durchkommen oder nicht, wird nicht zuletzt dadurch entschieden, ob die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung wieder zu Kampfinstrumenten gemacht werden können. Wenn dies gelingt, dann wird es den Spindeleggers und Straches bald so gehen wie Josef Pröll.
Es geht darum, dass wir in den Gewerkschaften, der SJ und anderen Teilen der Sozialdemokratie einen politischen Kurswechsel auf der Grundlage eines sozialistischen, klassenkämpferischen Programms durchsetzen. Der beste Garant dafür ist der Aufbau einer starken marxistischen Strömung in diesen Organisationen.
Inhalt von Funke Nr. 103:
* Justizskandale
* Köflach: Morddrohungen gegen linken Sozialisten
* Diskussion um Ausbildungspflicht für Jugendliche
* Berichte von Lehrlingen und Lehrstellensuchenden
* Aufschwung – für wen?
* OÖ: Kürzungen bei den Spitälern
* RailCargo
* Inflation
* Geschichte der Arabischen Revolution
* Energiepolitik
* Schwerpunkt: Krise der Sozialdemokratie/ Hoffnungsträger linksreformistische Parteien in Europa?
* Libyen
* Pakistan – Die Arbeit der PTUDC
* EU-Rettungsschirm
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