Das Desaster rund um die Kärntner Hypo Alpe Adra zeigt einmal mehr: Das Finanzsystem muss noch immer künstlich beatmet werden. Hintergrund und Alternativen beleuchtet Harald Lindner.
Völlig abgewirtschaftet stand Österreichs viertgrößtes Bankinstitut im Dezember 2009 vor dem Zusammenbruch. Hintergrund: Steigende Zahlungsausfälle aufgrund der Wirtschaftskrise und hier vor allem aus dem Ostgeschäft der Bank. Durch eine Verstaatlichung wurde in letzter Minute eine Pleite gerade noch abgewendet. Insgesamt wurden dabei 1,5 Mrd. Euro an öffentlichen Geldern injiziert. Den deutschen SteuerzahlerInnen hatte die Kurzzeitbeteiligung an der Bank 2007-2009 in Summe 3,7 Mrd. Euro gekostet.
Rückblende. Ende 2008 wurde langsam klar, wie sehr die österreichischen Banken in der Bredouille stecken. An die 300 Mrd. Euro sollen sie in Osteuropa verliehen haben; viele Kredite würden abgeschrieben werden müssen. Faymann und Pröll waren bemüht, das Vertrauen der internationalen Finanzwelt in Österreich um jeden Preis wiederherzustellen und winkten in Windeseile das Bankenpaket durch. 15 Mrd. wurden zur „Stärkung des Eigenkapitals“ der Banken vorgesehen, und Kreditausfälle bis zu einer Höhe von 75 Mrd. Euro garantiert. Letztere Zahl war allerdings nur symbolisch zu verstehen, genauso wie das Versprechen, dass sämtliche Spareinlagen garantiert würden. Das war ein rein psychologisches Manöver: Kaum jemand glaubte tatsächlich, dass Österreich so große Summen aufbringen können würde.
Während in vielen anderen Ländern der Staat die Zügel jener Banken in die Hand nahm, die er stützen musste, passierte in Österreich: nichts. Denn die knapp 7 Mrd. Euro, die bisher zur Eigenkapitalstärkung ausbezahlt worden sind, flossen ohne jede politische Bedingung. In Orwellscher Manier verkaufte uns Werner Faymann allen Ernstes diesen Blankoscheck ans österreichische Kapital als (O-Ton!) „gutes Geschäft“. Für wen – fragt sich?
Und so sah dieses gute Geschäft im Fall der Hypo Alpe Adria aus: Für 900 Mio. Euro an Eigenkapitalstärkung würden die EigentümerInnen 8% Dividende zahlen müssen. Zusätzlich würde die Tilgung 110%, also 990 Mio. Euro betragen. Faymann bezeichnete dabei die Dividende irreführend als „Zinsen“, um den Eindruck zu erwecken, dass es sich um fixe Zahlungen handle. Tatsächlich wären für die Bank natürlich nur Zahlungsverpflichtungen entstanden, wenn sie tatsächlich Gewinne ausgewiesen hätte. Damit, so heißt es heute aus dem Finanzministerium, hatte aber im Fall der Hypo Alpe Adria ohnedies niemand gerechnet.
Diese Pleite zeigt uns einmal mehr die Verstrickungen zwischen ManagerInnen und regionaler wie nationaler Politik. Mit der Ausgelassenheit des Villacher Faschings bedienten sich BZÖ und ÖVP an „ihrer“ Bank. Haiders Prestigeprojekte wurden aus dieser scheinbar nie versiegen wollenden Geldquelle finanziert. Die Bank soll auch in Geldwäschegeschäfte von schmutzigen Bürgerkriegsgeldern aus Kroatien verwickelt gewesen sein. Was hier geschah, wurde viele Jahre lang geduldet. Alle wussten davon – nicht nur die Partie rund um Haider und den Kärntner ÖVP-Chef Martinz. Auch die SPÖ-Führung musste davon wissen. Bis vor kurzem saßen Ex-Minister Lacina, Kärntens AK-Präsident Goach und der SPÖ-Landesvorsitzende Schaunig im Aufsichtsrat der Kärntner Landesholding. Heute ist Rohr, Vorsitzender der SPÖ-Villach, in diesem Gremium vertreten. Wurde irgendetwas Substantielles unternommen? Leider nein.
Ohne Zweifel: Ein Paket zur Rettung der Banken war aus Perspektive der Wirtschaft notwendig, so auch bei der Hypo Alpe Adria. Die Frage ist nur, wer die Kosten trägt, und wer die Zukunft der Bank bestimmt. Nie war es leichter, der breiten Bevölkerung zu erklären, warum das Bankensystem neu aufgestellt werden muss. Banken, die ganz offensichtlich ohne Staatshilfe nicht überlebensfähig sind, müssen in Staatseigentum übergehen. Und es könnte auf die Erfahrungen der bisherigen Verstaatlichten verwiesen werden: Ohne effektive Kontrolle durch die Beschäftigten werden sich die BürokratInnen und KapitalistInnen erst recht wieder am Staatseigentum gesundstoßen. Deshalb braucht es neue, demokratische Formen der betriebsrätlichen und gewerkschaftlichen Kontrolle in den Banken und Unternehmen, die sich im Besitz der Banken befinden oder die bei den Banken verschuldet sind.