Der Kapitalismus torkelt von Krise zu Krise und plötzlich ist sie wieder da, die politische Angstmacherei vor Marxismus und Kommunismus. Machen wir ihre wildesten Träume wahr!
In Salzburg stellte sich heraus, dass die Wahlerfolge der KPÖ doch kein lokales Phänomen sind, dann wurde Andi Babler SPÖ-Vorsitzender. Seither will die hysterische anti-marxistische Propagandawelle der Bürgerlichen gar nicht mehr abreißen. Allerlei „Experten“ rücken aus, um die katastrophalen Folgen einer 32-Stunden-Woche zu erklären und die anti-demokratische Wesensgleichheit von Sozialismus und Faschismus zu behaupten; die ÖVP fordert statt Vermögenssteuern „Respekt“ vor Eigentum und im Wiener Gemeinderat einen „Marxismus-Check“ – klar, denn einen „Korruptions-Check“ würde die eigene Partei kaum überleben. ÖVP-Generalsekretär Stocker findet, Tempo 100 auf der Autobahn entspringe einem „marxistischen Weltbild“, seine Vorgängerin Sachsenlehner, ihres Zeichens Twitter-Kulturkampf-Spezialistin, hat zwar kein Problem, sich vor einem Dollfuß-Gemälde ablichten zu lassen, ist aber „erschüttert“, in Bablers Bücherregal eine Lenin-Büste gesehen haben zu wollen.
FPÖ-Chef Kickl hat im Kalenderspruchheft falsch zugeordneter Zitate gelesen, dass Marx Gott für tot erklärt habe. Da „der Ungeist des Marxismus und des Kommunismus von der Sozialdemokratie Besitz ergriffen hat“ sieht er sich jetzt vor der „großen politischen Aufgabe, einen Machtwechsel in diesem Land in Richtung Marxismus und Kommunismus zu verhindern“.
Dass die Bürgerlichen jetzt kurz von ihrer Rassismus-Kampagne ablassen und dank Babler zu sozialpolitischen Themen Stellung beziehen müssen, passt ihnen gar nicht. „Die waren schmähstad, und du hast bei Herbert Kickl ganz genau gemerkt, dass diese neue Art der Politik keine Politik ist, mit der die Freiheitliche Partei gerechnet hätte“ kommentierte der neue SPÖ-Clubchef das Unbehagen in der FPÖ-Fraktion als die Roten die x-te „Asylanten-Stopp“-Initiative der Blauen durch eine parlamentarische Initiative zum steuergeldfinanzierten Benko-Raubrittertum (siehe S.4) abstachen.
NATO-Cheerleaderin Meinl-Reisinger (NEOS) will sich nicht „im Kollektiv erklären lassen, wie eine bessere Gesellschaft ausschaut.“ Da wird sie und ihresgleichen sich in Geduld üben müssen, wir sind erst am Anfang. Die politische Polarisierung nach links ist ein längst überfälliger Ausdruck der massenhaften Unzufriedenheit mit dem Kapitalismus und seinem politischen System. Das Kapern der SPÖ-Spitze durch liberale Politiker und die Vasallentreue der Gewerkschaftsspitzen zur Sozialpartnerschaft haben die Arbeiterklasse jahrelang entwaffnet, was die Reichen nutzten, um kräftig zuzulangen. 28 Mrd. € lenkte die Bundesregierung im Zuge der COVID-Maßnahmen am Parlament vorbei auf die Konten der Unternehmer. Ohne ernsthafte Opposition saß die „Hure der Reichen“ (so die Selbstbezeichnung aus dem eigenen Lager) fest im Sattel, einmal hielten die Blauen die Steigbügel, jetzt die Grünen.
Im europäischen Vergleich kommt die politische Gegenreaktion in Österreich spät: Syriza (Griechenland), Podemos (Spanien), Corbyn (GB) und andere politische Bewegungen und Exponenten sind nur einige Beispiele dafür, wie die Arbeiterklasse im vergangen Jahrzehnt nach politischem Werkzeug zur Lösung ihrer Probleme suchte. Das Wiedererstarken der Linken in Europa ging unterschiedlich weit und tief, mittlerweile sind diese anfangs vielversprechenden Ansätze aber allesamt an den realen Machtverhältnissen zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoise gescheitert. Es ist im Grunde einfach: wer den Kapitalismus an sich akzeptiert, der wird sich letztendlich auch seinen Gesetzen beugen müssen. Und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich seither nochmals dramatisch verschlechtert.
Die Krise des Kapitalismus ist tief. Die sogenannte Finanzkrise von 2008-2009 hat eigentlich nie aufgehört. Die Herrschenden versuchten in einer globalen Anstrengung alle Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise in Unsummen an Rettungspaketen zu ertränken. Das wichtigste Resultat davon ist der obszöne Reichtumsanstieg der Superreichen (ATX-Konzerne verdoppelten ihren Profit im Jahresabstand) bei historisch hohen Schuldenständen, historisch hoher zirkulierender Geldmenge und historisch hoher Inflation.
Corona und die Abkoppelung Russlands vom europäischen Markt bedeuten einen neuen Kipppunkt. Während nach 2009 alle Kapitalistenklassen weltweit noch an einem Strang zogen, behaupteten „aus der Großen Rezession gelernt zu haben“ und weiter auf Freihandel setzen zu wollen, ist die Situation mittlerweile in ein nationalistisches Hauen und Stechen um Profite und globale Einflusszonen degeneriert. Alle kapitalistischen Staaten rüsten auf (Österreich mit einen Zusatzpaket von 16 Mrd. und einem überstürzten Beitritt zur Luftabwehrallianz „Sky-Shield“).
Österreich steht dabei auf einer geopolitischen Erdbebenzone. Die Energieversorgung (Gas deckt 23% der Primärenergie) ist von Russland (und der ukrainischen Durchleitung) abhängig, die größten Profite macht das österreichische Finanzkapital in Russland (60% des Geschäftserfolges der RBI). Die USA (und Brüssel) wollen die Abkoppelung von Russland und Österreich rückt damit geopolitisch an den Rand.
Das Land verliert gleichzeitig in allen internationalen Wettbewerbsfähigkeits-Vergleichen: die Kompetenz der Regierung gilt als gering, die Inflation ist über dem EURO-Durchschnitt, die Energieinfrastruktur ist veraltet, die industrielle Reservearmee klein, das Bildungssystem marode, WIFO-Chef Felbermayr sieht Österreich geradewegs auf dem Abstieg in die Liga der südeuropäischen Krisenländer der 2010er Jahre.
Die bürgerliche Demokratie zeigt Risse, für die die Herrschenden „social media“ und „alternative Fakten“ verantwortlich machen. Viel wichtiger jedoch: entscheidende Zukunftsfragen werden an Parlamenten vorbei durchgeschleust und ohne gesellschaftliche Debatte einfach durchgesetzt. Wer „Frieden“ will, wird von den Liberalen dabei als „Putin-Versteher“ abgekanzelt, wer sich aus Verzweiflung über die Zukunftsvergessenheit der Herrschenden auf die Straße klebt, soll das Strafrecht spüren. In allen europäischen Ländern wird das Demonstrationsrecht stark eingeschränkt. „Das Finanzkapital will nicht Freiheit, sondern Herrschaft“, brachte es Lenin auf den Punkt.
Die politischen Schlussfolgerungen liegen auf der Hand. Die Spaltung der Arbeiterklasse ist eine Notwendigkeit für die Bürgerlichen, die ständig neue „Kulturkämpfe“ entfachen wird. Der ökonomische Spielraum wird kleiner. Die Null-Zins-Politik ist Geschichte, die Kosten der Staatsverschuldung steigen. Jede sinnvolle Reform (egal ob Geld für Gesundheit und Bildung, die Arbeitszeitverkürzung, Energieinvestitionen oder mehr Freiheiten) stößt auf den erbitterten Widerstand der Kapitalisten, die entschlossen ihre Profite gegen das Interesse der überwiegenden Mehrheit der Gesellschaft verteidigen.
Wir verteidigen den Marxismus daher nicht nur als historisches Erbe der Bewegung, als Analysewerkzeug oder als demokratisches Recht, sondern insbesondere als Praxis des Klassenkampfes, die ein klares Verständnis für die Möglichkeit und Notwendigkeit des Sturzes des Kapitalismus hat. Die Krise des Kapitalismus und der Arbeiterklasse-Familien ist so tief, dass eine rein parlamentarische Opposition gegen das Kapital dabei nicht ausreicht. Es geht darum, als Arbeiter- und Jugendbewegung wieder kampffähig zu werden. Es gibt viel zu tun. Stärke die revolutionären MarxistInnen, werde aktiv beim Funke! Für die Enteignung der ATX-Konzerne unter der demokratischen Kontrolle der ArbeiterInnen und ihrer Organisationen. Für Sozialismus zu unseren Lebzeiten!
Wien, am 05.07.2023
Aus dem Inhalt
- Österreich
- SPÖ: Für mehr Klassenkampf
- EU-Imperialismus vs. Internationalismus
- Betrieb & Gewerkschaft
- Vorarlbergs Metallindustrie in der Krise
- PRO-GE: Wir brauchen dich stärker!
- kika/Leiner: Wie die Reichen immer reicher werden
- kika/Leiner: Eine Beschäftigte berichtet
- FreizeitpädagogInnen bleiben kampfbereit
- Wegen Überlastung: Ärzte streiken – Pflege solidarisch
- Interview: Klassenkampf oder Golfclub
- Jugend
- Frankreich: Jugendlicher von Polizei ermordet – Die Arbeiterbewegung muss sich einmischen!
- Warum ich aktiv geworden bin (von Grace)
- Change for the Youth: „Guter Pflege steht Profit im Wege“
- Schwerpunkt
- 2023: Ein neuerlicher Einbruch der Weltwirtschaft steht bevor
- Über uns
- Der Funke auf den Prides: Gegen Pinkwashing! Für den Sturz des Kapitalismus!
- Der Funke am Volksstimmefest
- Bestehe den Marxismus-Check! Literaturempfehlungen
- Gesellschaft
- Europas Krieg gegen Flüchtende
- International
- Ukraine: Schlachtfeld der Imperialisten
Die Ausgabe ist um 2€ bzw. 3€ Solipreis erhältlich beim Funke-Verkäufer/der Funke-Verkäuferin eures Vertrauens und hier im Funke-Shop – auch als Online-Version. Abobestellungen können >>hier<< vorgenommen werden.