Uli Lehner war einer der feinsten Menschen, die mir in meinem politischen Leben begegnet sind. Er widmete sein Leben der Emanzipation unserer Klasse: Als Betriebsrat, als Herausgeber der „Mitbestimmung“, Organisator und Mentor der Diskussionsreihe zu Fragen der Arbeiterbewegung im „Institut für Wissenschaft und Kunst“, Unterstützer der „Initiative für eine Sozialistische Politik“, im Rahmen der Sozialdemokratischen FreiheitskämpferInnen,…
Sein letztes großes und bleibendes Werk ist sein Buch „Verfolgung und Widerstand in Hernals“, ein umfassendes Werk, das auf 700 Seiten das Leben und Werk von 1900 Hernalser WiderstandskämpferInnen dokumentiert. Der Fertigstellung dieses Magnum Opus galt all seine Aufmerksamkeit und Konzentration. Er verausgabte sich auch emotional im Anspruch, den KämpferInnen der Freiheit in dieser detaillierten Darstellung der Geschichte unserer Bewegung ein würdiges Erinnern zu schaffen.
Uli Lehner war selbstlos im besten Sinne, dass er sein Selbst immer als Teil einer größeren Idee und geschichtsmächtigen Bewegung verstand, an die politischen Zusammenhänge bescheiden herantrat, indem er die Frage stellte, was und wie er zur Allgemeinheit beitragen kann.
In den letzten Jahren zeigte er eine große Besorgnis gegenüber der Entwicklung der Sozialdemokratie, die seit früher Jugend seine politische Heimat war. Seine Überzeugungen waren tief vom Austromarxismus geprägt, ohne jedoch jemals seine Interpretation der Welt und die Perspektiven der Emanzipation der Klasse als etwas für ihn Abgeschlossenes zu betrachten.
In diesem Kontext entwickelte sich eine langjährige gemeinsame Praxis mit unserer politischen Strömung. Die Bewegung der Betriebsbesetzungen in Lateinamerika, in denen die GenossInnen der Internationalen Marxistischen Strömung in Ländern wie Brasilien und Venezuela eine führende Rolle einnahmen und einnehmen, beindruckte ihn dabei am meisten. Er nahm an unserer Diskussions- und Filmreihe zu dieser sozialen Bewegung teil und lud uns als Referent in seine politische Welt. Andererseits referierte er auch auf Veranstaltungen unserer Strömung zu Themen der Geschichte der Arbeiterbewegung.
Uli Lehner war jahrelang Abonnent und Unterstützer des „Funke“. Er zahlte ein Soliabo, zuletzt im Februar dieses Jahres. Über all die Jahre hinweg beteiligte er sich auch an unseren Spendenkampagnen für die Arbeit unserer GenossInnen in Pakistan, für das Pfingstseminar und zu anderen Anlässen. Wie es seiner Art entsprach, brauchte er aber keinen spezifischen Beweggrund um im Stillen beizutragen, immer wieder übermittelte er uns eine unspezifische Überweisung. Einmal überwies er uns einen Beitrag, den er dem Andenken an seine Eltern widmete.
Den größten Ausdruck von Vertrauen und Wertschätzung brachte er uns entgegen, als er uns im Zuge der Ordnung seines Vorlasses eine beinahe vollständige Ausgabe des Theoriemagazins „Der Kampf“ des ehemaligen Hernalser Schutzbundkommandant überließ.
Unser Beileid gilt seiner Gattin Franziska und allen Menschen, die ihm nahestanden.
Sein Werk macht ihn unvergesslich.
Im Namen der Redaktion von „Der Funke“
Emanuel Tomaselli