Der Druck aus den Betrieben zeigt Wirkung, die Unternehmer sehen sich zu ernsthaften Verhandlungen gezwungen und bieten nun 2,5 %. Jetzt gilt es weiter am Drücker zu bleiben, argumentiert Emanuel Tomaselli.
Das bisher erreichte ist nicht gering zu schätzen. Die Unternehmer legen eine massive Überheblichkeit an den Tag. Ihr Ziel ist es das Kollektivvertragswesen an sich zu untergraben. Dies ist die Politik der Industriellenvereinigung, die in der FMTI, des Arbeitgeberverbandes der Metalltechnischen Industrie besonders stark verankert. Das Verhandlungsteam dieser Unternehmergruppe ist seit Jahren mit Gewerkschaftshassern bestückt. Sie sagen offen, dass sie sich „Dankbarkeit“ von ihren Beschäftigten erwarten und jede Form der überbetrieblichen Interessensvertretung und Rechtsansprüche (etwa das Recht auf den Papa-Monat) nur Ideologie befördern und die Kommunikation im Unternehmen untergraben würde. (siehe hier und hier)
Auch wenn sich das Verhandlungsteam immer wieder geändert hat, die Politik ist seit den Warnstreiks von 2011 dieselbe. Scheibchenweise drängen die Unternehmer jede Form der Solidarität im Betrieb und über die Branche hinweg zurück und degradieren Arbeiterinnen und Arbeiter zu Lohnsklaven. Meilenstein dieser Entwicklung ist die kampflos akzeptierte Aufspaltung des Metaller-KV in fünf idente Kollektivverträge. Achtung: beinahe idente Kollektivverträge, da seit letztem Jahr der Stahl und Automotiv-KV bereits rahmenrechtliche Unterschiede zu den anderen Verträgen ausweisen. Noch sind diese Unterschiede klein, aber der Spaltpilz wurde in die eigenen Reihen hineingelassen. Dies hatte letztes Jahr bereits konkrete Auswirkungen auf die Kampfposition in den Verhandlungen. Die Betriebsversammlungen im Zuge der letztjährigen Verhandlungen blieben weitestgehend auf den FMTI-Sektor beschränkt, die Metaller-Front war in der Praxis gebrochen.
Jetzt keine Kurzsichtigkeit an den Tag legen!
Die Warnstreikbewegung von 2011, als 5,5% gefordert wurden, war der letzte Moment, als unter den Belegschaften der Metallerbetriebe ungebrochener Optimismus herrschte. 5000 Mitglieder gewannen die Gewerkschaften durch einen Warnstreik hinzu. In Betrieben wie dem Böhler-Werk Kapfenberg erzwang die Frühschicht sogar gegen den Willen des Betriebsratsvorsitzenden den Arbeitskampf: in einer Halle nach der anderen rissen die Kollegen und Kolleginnen mitten unter der Frühschicht den Riemen runter und stellten die Maschinen in Eigenregie ab. Doch auf einen Vollstreik wurde in letzter Minute durch das Eingreifen der Sozialpartnerpräsidenten – ÖGB-Präsident Erich Foglar und Wirtschaftskammerobmann Leitl abgedreht. Seither geht’s mit der Stärke der Gewerkschaft und den Arbeitsbedingungen in den Betrieben bergab. Ein Kollege aus einem großem Metaller-Betrieb schickte uns dieser Tage folgenden Bericht:
„Alleine unsere Abteilung hatte im Sommer 4000 Arbeitsstunden „Rückstand“ innerhalb von 2 Wochen zu verbuchen. Seit drei Monaten wird mit der Stammbelegschaft quasi 24/7 durchgearbeitet. Die Kollegen beklagen sich am meisten darüber, dass sie kein Privatleben mehr haben und ihre Aufgaben nicht zu bewältigen sind. Immer so am Rand eines kollektiven Burnout. Die Schuld wird immer bei den anderen gesucht. Was von der Geschäftsführung mit ihrer ‚Fehlplanung‘ bewusst geschürt wird. Das Labor z.B. ist im Moment das schwächste Glied. Das heißt der Produktionsfluss verengt sich dort. Unter diesem Druck wird mehr ‚Aufopferung‘ verlangt um die anderen Abteilungen nicht im ‚Stich‘ zu lassen. Gleichzeitig erpresst die Geschäftsleitung das Labor mit Änderungskündigungen (Entweder sie unterschreiben Arbeitsverträge mit schlechteren Bedingungen oder sie werden gekündigt). Dieses Beispiel ist daily business seit 2008. Die Stimmung ist erdrückend, teilweise cholerisch, teilweise depressiv, teilweise manisch. Dies kippt punktuell ‚zufällig‘. (…) Wenn die Metaller streiken, wenn bei uns gestreikt wird, dann wird es sehr schwer dieser Stimmung einfach wieder einen Deckel zu verpassen. Unser BR setzt alles daran Kampfmaßnahmen zu vermeiden.“
Dies ist kein Einzelschicksal, sondern eine Momentaufnahme eines langen Prozesses des kampflosen Zurückweichens in der Branche.
Unter diesen Gesichtspunkten ist es absolut richtig, dass das Verhandlungsteam der Gewerkschaften am Montag die Verhandlungen mit den Unternehmern abgebrochen hat. Unter normalen Verhältnissen wäre bei den 2,5 % Schluss gewesen. Doch heuer gibt es eine Summe von Faktoren, die eine Mehrheit im Verhandlungsteam dazu bewogen hat die Kampfmaßnahmen zu intensivieren und ein Ultimatum an die Arbeitgeber zu richten:
Die Entfremdung zwischen Gewerkschaft – Betriebsräten – Belegschaft ist spürbar fortgeschritten und unterminiert die Verhandlungsfähigkeit der Gewerkschaft. Dies ist das Resultat des schrittweisen Zurückweichens der letzten Jahre. Insbesondere viele Betriebsräte sind in dieser kampflosen Zeit völlig dem Druck der Geschäftsführungen unterlegen. Die Aggression der Unternehmer ist das direkte Resultat dieser Schwächung. Ein Teil der Gewerkschaftsführung will hier die Spannkraft wiederherstellen.
Die allgemeine politische Situation verheißt weitere Verschlechterungen. Eine Schwächung der Arbeiterkammern ist eine bereits paktierte Angelegenheit zwischen der ÖVP und FPÖ. Der Rücktritt Leitls und seine Ersetzung durch den Kurz-Gefolgsmann Mahrer nehmen den konfrontativen Kurs dieser Regierung des Kapitals vorweg. In zahlreichen Branchen (Druckereien, Brauereien, Bau,…) stehen die Kollektivverhandlungshandlungen, beziehungsweise wurden von Unternehmerseite abgesagt. Der Angriff auf die Rechte der arbeitenden Menschen hat einen generalisierten Charakter – noch bevor die Regierung gebildet wurde.
Die wirtschaftliche Situation ist momentan gut, in dem meisten Metallerbetrieben hervorragend. Viele Kollegen und Kolleginnen berichten von massiven Produktionsrückständen aufgrund von fehlenden Kapazitäten und Zulieferschwierigkeiten. Die Profitlage der Unternehmen ist großartig. Ein Metallarbeiter erwirtschaftet monatlich im Durchschnitt 3017 € Profit, und 60 % des Profits wird aus dem Unternehmen raus in die Taschen der Aktionäre und Eigentümer gestopft – Potential für eine 32% Lohnerhöhung ohne die wirtschaftliche Substanz der Unternehmen anzugreifen!
Für die 4 % streiken!
Die Bedingungen das bescheidene Ziel von 4 % zu erreichen sind also sehr gut, der wirtschaftliche Hebel eines Streiks zurzeit ist gewaltig. Jede Stunde Betriebsstillstand kostet den Herrn und Damen bare Münze.
Viele Arbeiterinnen und Arbeiter spüren das. Gleichzeitig brodelt die Wut über die jahrelangen Nadelstiche von oben. Ein Abschluss unter der angestrebten Marke von 4% würde daher den Skeptizismus in den Betrieben viel Nahrung geben und die Vereinzelung der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Betriebsräte und das Auseinanderdriften der Metaller-Sparten vorantreiben.
Wir wissen von unseren Korrespondenten in den Betrieben, dass bereits Autoreifen und Bengalische Feuer eingelagert werden, Blockadepläne geschmiedet werden um dem möglichen Kampf um die vier Prozent aktiv aufzunehmen. Die besten der besten warten nur auf ein Signal ihrer Führung.
- Alle mit den Metallern! Für einen aktiven Streik!
- Es lebe die Solidarität, nieder mit der Spaltung!
- Für flächendeckende Urabstimmungen zu einem möglichen Verhandlungsergebnis der kommenden Tage!
- Für 4 % Lohnerhöhung und die Würde der arbeitenden Menschen!