Passiert etwas auf deiner Schule, deiner Uni, deinem Arbeitsplatz? Hast du einen Kommentar zu einem unserer Artikel? Dann schick uns einen Leserbrief an redaktion@derfunke.at!
Das Café am Rande der Vernunft
Es überrascht nicht, dass der Kapitalismus neben seinen materiellen Wegwerfprodukten auch literarischen und künstlerischen Müll hervorbringt. Ein anschauliches Beispiel bietet die Kunsthalle Wien mit ihrer Ausstellung „Genossin Sommer“. Laut einem der dort gezeigten Diagramme sind Solarmaxima (Perioden hoher Sonnenaktivität) für Revolutionen verantwortlich. Für die bürgerlichen Künstler kann eine Revolution also nur am Kosmos liegen; der Kapitalismus kann es beim besten Willen nicht sein.
Wenn astrologische Hirngespinste nicht ausreichen, muss irgendeine mystisch-orientalische Lebensphilosophie herhalten – so wie im Spiegel-Bestseller Nummer eins, Ikigai. Dort heißt es, man solle klein anfangen, loslassen lernen, in Harmonie leben und die Freude an kleinen Dingen entdecken. Nur ja nicht an Klassenkampf denken, um sich aus seiner Lage zu emanzipieren!
Der Gipfel der Verblödung ist jedoch „Das Café am Rande der Welt“, geschrieben von einem Erfolgscoach und Dauerbestseller. In diesem Buch soll ein Werbemanager in einem Café, in dem „tiefgründige“ Fragen serviert werden, den Zweck der Existenz (ZDE) ergründen – und ja, er benutzt diese Abkürzung tatsächlich. Das Fazit ist radikaler Egoismus und Individualismus: Du bist selbst für dein Schicksal verantwortlich, tu das, was dir Spaß macht und warte nicht bis zur Rente. Zieh doch aufs Weingut deines Großvaters, wenn du keine Lust hast den ganzen Tag zu hackeln.
Ich kämpfe nun noch leidenschaftlicher für die kommunistische Revolution, damit wir endlich wieder Kunst und Kultur haben, die dem menschlichen Geist würdig ist.
Emanuel, Wien
Militärpropaganda im Strandbad
In der letzten Schulwoche fand unser alljährliches Sportfest im Strandbad Gänsehäufel statt. Das Bundesheer benutze dies als perfekte Gelegenheit, um mit „coolen“ Sport-Challenges und „noch cooleren“ Helikoptern vor allem bei Jugendlichen Eindruck zu machen. Während ich um diese ekelhafte Propaganda den größtmöglichen Bogen machte, sah ich wie etliche Jugendliche an den verschiedenen Stationen Schlange standen und später sah ich sogar einige Jungs mit Bundesheer T-Shirts rumlaufen. Dies beweist ein weiteres mal die Doppelmoral der herrschenden Klasse, denn während man uns das freie Sprechen über Palästina verbietet, erlaubt man gleichzeitig die offene Romantisierung der Kriegstreiber an einem Jugendlichen-Hotspot.
Lena, Wien
Many colors – one working class
Auf der Pride in Graz wurde dieses Jahr mehrere Male von einigen Leuten versucht, uns die mitgebrachte Palästina-Flagge auszureden, wegzunehmen oder sogar abzukaufen. Trotzdem hielten wir stand und bekamen dafür Zuspruch von vielen Demoteilnehmern.
Die Argumente der Fahnengegner: Pride habe nichts mit Palästina zu tun und die Palästinenser würden sich ja auch nicht für die Anliegen von LGBT+ Personen einsetzen und ihre Religion wäre Anti-LGBT+.
Doch sowohl das Morden an den Palästinensern, als auch die zunehmende Hetze gegen LGBT+ Personen haben eine Wurzel: Kapitalismus! Die Reichen und Mächtigen versuchen natürlich immer zu spalten und davon abzulenken, wie für ihre Profite die Gesellschaft zerstört wird. Doch nur vereint können wir effektiv für ein besseres Leben und den Sturz des Kapitalismus kämpfen.
Flo, Graz
Gegen die da oben schreibt eh niemand was
Eine echte revolutionäre Arbeiterzeitung muss selbstfinanziert sein. Das ist nicht nur notwendig, um sie herausgeben zu können, sondern um überhaupt von Arbeitern ernstgenommen zu werden. Dazu eine kleine Erfahrung von meinem ersten Zeitungsverkauf. Ich war damals bei der Einweihung des Bierbrunnens (einem Werbegag der Bierpartei) dabei und habe versucht, mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Bei einer Person ist mir das auch gelungen und wir haben über Kapitalismus, Krise und die österreichische Politik geredet. Ich habe ihm die Zeitung angeboten und gesagt, dass wir über das alles darin schreiben. Er hat mir geantwortet, dass eine Zeitung nie so kritisch sein könnte, wie das, was wir besprochen haben, da die ja niemand finanzieren würde. Ich habe ihm stolz verkündet, dass wir selbstfinanziert sind und somit nur von uns und unseren Lesern abhängig sind. Das war für ihn der Grund, die Zeitung zu kaufen.
Felix, Wien
Meinungsfreiheit in der Schule erkämpft
Nachdem ich an meiner Schule für Solidarität mit Palästina geworben hatte, versuchten meine Direktorin und meine Klassenvorstände mich einzuschüchtern mit Vorwürfen, dass ich in der Schule Gesetze breche, indem ich Propaganda verbreite und versuche, Schüler zu manipulieren.
Eine Woche später hatte ich deshalb ein Gespräch mit der Rektorin. Ich bereitete mich gemeinsam mit den Genossen meiner Ortsgruppe gründlich darauf vor. Unsere Strategie war es, die Meinungsfreiheit zu verteidigen. Denn entweder die Direktorin erlaubt uns weiter über Palästina zu sprechen, oder sie müsste zugeben, dass sie gegen Meinungsfreiheit ist. Außerdem nahm ich mehrere Schüler zur Direktion mit, um zu zeigen, dass ich Unterstützung habe und nicht allein bin.
Am Montag saßen dann die Direktorin, meine zwei Klassenvorstände, zwei Schüler von der Schülervertretung (einer davon von den NEOS), meine Freundin und ich im Büro der Direktorin.
Das Gespräch verlief anders als erwartet. Ich hatte mich auf eine politische Diskussion zum Thema Palästina vorbereitet, aber die Direktorin wollte über meine mentale Gesundheit sprechen. Sie fragte mich zuerst, ob es mir gut ginge. Ich musste das Gespräch auf das eigentliche Thema lenken. Ich erklärte ihr, dass an der Schule keine Meinungsfreiheit herrsche und die Repression gegen Pro-Palästina Meinungen den Schülern Angst mache. Als Beispiel nannte ich den Vorfall, bei dem der „Free Palestine“-Slogan an der Tafel mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert wurde.
Während des Gesprächs stellte sich heraus, dass die angedrohten rechtlichen Schritte nur Einschüchterungstaktiken waren, da sie nicht wieder erwähnt wurden. Die Direktorin konnte auch nicht erklären, warum es antisemitisch sein soll, die Verbrechen Israels zu verurteilen. Am Ende des Gesprächs einigten wir uns darauf, Ende September einen Tag zu organisieren, an dem in der Schule eine Debatte über Israel-Palästina stattfinden soll. Alle Schüler sollen die Möglichkeit haben, ihre Meinung frei zu äußern, ohne Repressionen zu befürchten.
Im Schülerkomitee wollen wir gut vorbereitet sein, um zu argumentieren, warum es richtig ist, solidarisch mit Palästina zu sein, was der Genozid mit dem Kapitalismus zu tun hat und wie wir uns dagegen organisieren können.
Ana, Wien
Eine Unterrichtseinheit zum Wesen der Demokratie
Auch in Graz konnten wir sehen, mit welchen teils übertriebenen Repressionen gegen Pro-Palästina Schüler vorgegangen wird. Schüler, die wir dort kennenlernten, machten einen eigenen Infostand vor dem Gebäude, um über Palästina aufzuklären. Die Reaktion folgte sofort: Alle wurden einzeln zur Direktion geladen, eingeschüchtert und ihre Eltern bekamen Briefe, die nicht nur deinen Wechsel der Schule, sondern sogar einen Wechsel des Bildungssystems nahelegten! Das war wohlgemerkt dieselbe Schule, die zuvor kein Problem damit hatte, im Zuge der EU-Wahlen, einen rassistischen FPÖ Politiker einzuladen, der vor Ort behauptete, „Menschen, die Schweinefleisch essen, sprengen sich nicht in die Luft.“ Hier sehen wir die ganze Doppelmoral der sogenannten Demokratie, in der wir leben, – jeder rassistische Müll darf verbreitet werden, solange er nicht den Interessen der Herrschenden widerspricht.
Christoph, Graz
(Funke Nr. 225/8.07.2024)