Pfingstseminar 2002
Eine andere Welt ist nötig!
Im September werden sich in Salzburg wieder die VertreterInnen der weltweit größten Konzerne gemeinsam mit europäischen SpitzenpolitikerInnen im Rahmen des World Economic Forums (WEF) treffen. Wie schon letztes Jahr soll es auch heuer Proteste gegen diesen WEF-Gipfel geben. Das heurige Pfingstseminar, das wir heuer bereits zum 6. Mal im Europacamp am Attersee abgehalten haben, stand daher ganz im Zeichen der Vorbereitung für die Mobilisierung nach Salzburg.
Mit 180 Jugendlichen aus Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich, Niederösterreich, Wien, der Steiermark und erstmals aus Kärnten gab es heuer am Seminar einen neuen TeilnehmerInnenrekord. Neben AktivistInnen von verschiedenen SJ-Gruppen waren heuer auch mehrere AktivistInnen der AKS, der KJÖ und des KSV anwesend. Gerade hinsichtlich Salzburg wollen wir mit diesen Organisationen in den nächsten Monaten verstärkt zusammenarbeiten. Zu überlegen wäre auch, im nächsten Jahr dieses Seminar gemeinsam zu planen und zu veranstalten.
In 28 Workshops ging es um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den in der „Antiglobalisierungsbewegung“ relevanten Themen, wie „Was ist Globalisierung?“, Imperialismustheorie, marxistische Staatstheorie, soziale Bewegungen in Lateinamerika, Krieg gegen den Terror, Antirassismus, marxistische Wirtschaftstheorie, die Revolution in Argentinien, koloniale Revolution, Frauenunterdrückung und Marxismus usw. Walter Baier, Vorsitzender der KPÖ, berichtete aus Porto Alegre, Jordi Martorell (In Defence of Marxism, www.marxist.com) über die Proteste gegen Bildungsabbau in Spanien und Francesco Merli (Rifondazione Comunista, Bologna) über die Massenbewegung gegen die Rechtsregierung unter Berlusconi in Italien. Vor allem die Anwesenheit der Gäste aus Italien und Spanien war eine enorme Bereicherung für das Seminar und zeigte allen TeilnehmerInnen, dass wir Teil einer internationalen, antikapitalistischen Bewegung sind.
Der Wissensdurst der vielen jungen AktivistInnen zeigte sich nicht nur an der regen Teilnahme in den Arbeitskreisen, sondern auch an den vielen Diskussionen während den Pausen und nach Ende des offiziellen Programms. So meinte ein Genosse aus Niederösterreich, dass er noch nie zuvor bei einem Seminar war, wo er egal, wen er auch angesprochen hat, eine politische Diskussion führen konnte. Nach der Vorführung des Films von kanalB über Genua diskutieren wir hitzig über unser Verhältnis zu Gewalt bei Demos, wobei die Mehrheit der DiskutantInnen eine pazifistische Haltung ablehnte und Gewalt als defensives Mittel zur Durchsetzung etwa des Demonstrationsrechts befürwortete.
Beim Funke-Infotisch, wo erstmals die überarbeitete 2. Auflage unserer Frauen- und Kubabroschüre und das neue Buch von Ted Grant über die Geschichte des britischen Trotzkismus präsentiert wurden, deckten sich die GenossInnen mit politischem Material im Wert von über 1.000 Euro ein!
Neben einer theoretischen Klärung vieler Fragen, die zur Einschätzung der Weltlage und zur Erstellung politischer Perspektiven für unsere weitere Arbeit notwendig sind, wurden auch ganz konkrete Kampagnen geplant.
Allen voran natürlich die Mobilisierung nach Salzburg im September, sowie unser dortiges Auftreten bei den Protesten. In den Mittelpunkt dieser Kampagne wollen wir vor allem den Kampf gegen Bildungsabbau, gegen den Rechtsruck in Europa und gegen Lehrlingsausbeutung stellen. Neben SchülerInnen und StudentInnen wollen wir heuer vor allem auch Lehrlinge und junge ArbeiterInnen nach Salzburg mobilisieren. In diesem Zusammenhang war äußerst positiv, dass rund 30 Lehrlinge und junge HacklerInnen am Seminar anwesend waren. Dabei wurde beschlossen, dass das Projekt der Lehrlingszeitung JUHA aus Oberösterreich auf ganz Österreich ausgedehnt werden sollte.
Von TeilnehmerInnen aus den verschieden Bundesländern wurde vorgeschlagen, antifaschistische Kampagnen zu organisieren. Die GenossInnen der SJ Vorarlberg haben dafür schon genaue Pläne. Auch in Wien, Krems und Linz will man gegen die Faschos mobilisieren. Diese antifaschistischen Aktivitäten gilt es in nächster Zeit zu koordinieren.
Beim Arbeitskreis zum Thema „MarxistInnen und Krieg“ wurde beschlossen, bei neuerlichen Militärschlägen des Imperialismus im Rahmen des „Kriegs gegen den Terror“ wieder am Tag X eine Antikriegsdemo abzuhalten, wie dies die GenossInnen aus Linz am Beginn des Kriegs gegen Afghanistan gemacht hatten.
Geprägt wurde das Seminar durch Debatten zwischen den UnterstützerInnen des „Funke“ und dem Vertreter der Verbandsorganisation der SJÖ, Torsten Engelage. Den Anfang machten die anwesenden Lehrlinge, die die Lehrlingskampagne der SJÖ für ihre Inhalte und die undemokratische Planung der Kampagne kritisierten. Besonders hitzig wurde die Diskussion dann bei der Frage um das Auftreten der SJÖ in Salzburg. Nach den Erfahrungen der letztjährigen Proteste in Salzburg und angesichts der Weigerung der SJ, sich aus Angst vor Polizeirepressionen an der Demo gegen den Fackelzug der Burschenschaften am 8. Mai zu beteiligen, sprach sich „Der Funke“ für folgende Prinzipien aus:
· keine Sonderverhandlungen mit der Polizei;
· SJ muss für die Durchsetzung des Demonstrationsrechts kämpfen, auch wenn dies zu einer Konfrontation mit der Polizei führt;
· die SJÖ muss Verantwortung für die Gesamtdemo übernehmen und sich am OrdnerInnendienst beteiligen;
· für eine demokratische Wahl einer Leitung für den SJ-Block durch die GenossInnen, die sich an den Protesten in Salzburg beteiligen.
Beim Abschlussplenum zur Frage der Zukunft der SJÖ wurden grundlegende Auffassungsunterschiede mit Torsten Engelage sichtbar. Ein Genosse aus Wien betonte die politischen Unterschiede zwischen der Verbandsführung und dem „Funke“: „Für uns gibt es keine Unterscheidung zwischen ‚Neoliberalismus’ und Kapitalismus und somit kein Zurück zu einem besseren, weil regulierten Kapitalismus. Und für uns ist auch klar, dass auch der bürgerliche Staat auch dann die Interessen des Kapitals vertritt, wenn an einer Spitze SozialdemokratInnen stehen.“
Etliche GenossInnen berichteten über undemokratische Missstände in den Länderorganisationen, wo mit bürokratischen Tricks versucht wird, unsere politische Arbeit zu verhindern. So wird den GenossInnen von der AKL in Innsbruck seit mehr als einem Jahr die Aufnahme in die Jusos Tirol verwehrt, in Linz wird eine unserer Ortsgruppen nicht anerkannt und unsere GenossInnen müssen sich selbst ihr Lokal finanzieren, obwohl die SJ Unsummen von der SPÖ erhält usw. Bei der letzten Bezirkskonferenz startete SPÖ-Landesrat Ackerl sogar einen Frontalangriff auf die „Trotzkisten“, die in der SJ keinen Platz haben dürfen.
Die Stimmung bei diesem Plenum war klar: Wir werden uns von solchen Methoden nicht einschüchtern und stoppen lassen. Josef Falkinger brachte in seiner abschließenden Wortmeldung unseren Standpunkt auf den Punkt: „Wenn die Führung der SJ politisch nicht auf der Höhe der Zeit ist, dann müssen wir uns eben in der SJ zu einem marxistischen Flügel koordinieren.“
Wir werden
auch in Zukunft für eine starke, revolutionäre SJ arbeiten. Das Pfingstseminar
hat gezeigt, wie sozialistische Politik heutzutage aussehen könnte. In den
Workshops und Diskussionen hat sich gezeigt, dass uns das kapitalistische
System nichts zu bieten hat, dass eine andere Welt nötig ist. Und der „Funke“
wird den Kampf für eine andere Welt auch in Zukunft führen. VIVA LA REVOLUCION!