Ted Grant

Unsere Aufgaben in der kommenden Revolution 

Rede auf der WIL-Konferenz von 1943

 

[Workers International News, Januar 1944, S. 8-12]

Übersetzung von Wolfram Klein

Ich denke, dass die Konferenz heute Beweis für die Tatsache ist, dass wir seit unserer letzten Konferenz vor 14 Monaten eine gute Strecke zurückgelegt haben. Die Zahl der Delegierten, die frischen Kräfte, die wir gegenwärtig haben, die Tatsache, dass wir uns treffen, wenn die Kampagne der Bourgeoisie gegen den Trotzkismus auf der Tagesordnung zu stehen scheint - all das zeigt den Ernst und die Notwendigkeit für uns, als Vorhut, wenn wir die Vorhut der Arbeiterklasse sein wollen, die Periode abzuschätzen, durch die wir in den letzten 12 Monaten gekommen sind, und die Tage und Jahre, gewaltige Tage und Jahre, de unserer Überzeugung nach in der kommenden Periode vor uns liegen.

Dieses Dokument versucht, wie es Genosse Trotzki ausgedrückt hat, die Grundprinzipien und Grundideen, die zugrundeliegende Vorstellungen, die unser theoretisches Verständnis bilden, und unsre theoretische Haltung gegenüber den Weltereignissen und gegenüber den Aufgaben der Geschichte, vor denen die Arbeiterklasse und die ganze arbeitende Menschheit gegenwärtig steht, so klar und gedrängt wie möglich darzustellen.

Die Konferenzen, die wir abhalten, ähneln überhaupt nicht den Konferenzen der ILP und der stalinistischen Partei, die auf einem außerordentlichen niedrigen Niveau abgehalten werden, in dem agitatorische und demagogische Reden vom Podium gehalten werden. Wir müssen Ereignisse aus einem Welt-Blickwinkel untersuchen, um die ganze Weltbewegung der Geschichte selbst zu berücksichtigen. Wir müssen unsere Vorstellungen, unser Programm im Licht der Ereignisse untersuchen und die grundlegenden Lehrsätze und Ideen des Marxismus auf dieser Grundlage bekräftigen, wenn wir glauben, dass sie sich in dieser Periode als richtig erwiesen haben.

Der erste Punkt, der in der Resolution gemacht ist, ist die Tatsache, dass die grundlegenden Vorstellungen des Bolschewismus und Internationalismus, wie sie von unserer Bewegung entwickelt wurden, sich durch den Verlauf der Erfahrung der letzten Jahrzehnte und besonders durch den Verlauf der Erfahrung des gegenwärtigen Weltkriegs als richtig erwiesen haben. Lenin musste die grundlegenden Ideen des Marxismus neu formulieren und sie in Übereinstimmung mit dem geänderten Kräfteverhältnis noch härter und schärfer machen.

Wir wissen, dass Marx in der Periode des französisch-preußischen Krieges tatsächlich eine Gruppe der Bourgeoisie gegen eine andere Gruppe der Bourgeoisie unterstützt hatte, wegen dem verhältnismäßig fortschrittlichen Charakter der Aufgaben der nationalen Einigung, vor denen Deutschland stand, aber dass Lenin den Ersten Weltkrieg als Beweis ansah, dass der Kapitalismus nun ein überholtes System sei, das aufgehört habe, in der Entwicklung der Gesellschaft und der Entwicklung der Menschheit eine fortschrittliche Rolle zu spielen, und von dieser Analyse kamen Lenin und die Bolschewiki zu der Schlussfolgerung, dass es unmöglich sei, irgend eine Gruppe der Bourgeoisie zu unterstützen.

Wir sehen, dass diese Vorstellung, die von Lenin und Trotzki entwickelt wurde, sich in den Ereignissen, die während und nach dem letzten Weltkrieg folgten, als richtig erwiesen hat. Sie kam zu einer Zeit, als das Proletariat verhältnismäßig unreif war, in einem gewissen Sinne subjektiv noch nicht bereit für die Durchführung der Aufgaben, die die Gesellschaft auf ihre Schultern geladen hatte. Wie Lenin vorausgesehen hatte, drückte sich diese Unreife darin aus, dass selbst im zaristischen Russland die überwältigende Masse des Volkes ihren eigenen Imperialismus unterstützte.

Die Verbrechen des letzten Weltkrieg wurden durch die Revolution von 1917 und die weltrevolutionäre Welle, die 1917-21 folgte, bestraft. Wir wissen, dass es nur das sowjetische Proletariat schaffte, die Probleme zu lösen, vor denen sie standen, trotzdem war die Tatsache, dass diese weltrevolutionäre Welle sich auf die ganze Masse der Bevölkerung in fast jedem Teil des Erdballs auswirkte, Beweis, dass der Kapitalismus eine Bremse für die Entwicklung der Produktivkräfte geworden war, und dass es jetzt die Aufgabe des Proletariats war, eine neue Gesellschaftsordnung einzuleiten. Der Nationalstaat war durch die Entwicklung der Produktivkräfte völlig veraltet.

Wir wissen, dass die Periode, die dem letzten Weltkrieg folgte, trotz der Kalkulationen von Lenin und Trotzki nicht von einer Reihe erfolgreicher Revolutionen gefolgt wurde, wie es hätte der Fall sein sollen, und dass die Hauptverantwortung für die Epoche der Reaktion, von schrecklichem Elend, von schrecklichen Niederlagen für das Weltproletariat auf den Schultern der veralteten Führungen der Arbeiterklasse liegt, der zweiten Internationale auf der einen Seite und der Dritten Internationale auf der anderen.

Während dieser Periode, der Waffenstillstandsperiode, hatten wir eine außerordentlich schwierigen Periode für den internationalen Sozialismus, für die, die den Traditionen des Marxismus und Bolschewismus treu blieben, eine Periode, in der sie gegen den Strom schwammen, als es keine Möglichkeit gab, etwas anderes zu machen als die theoretische Grundlage für die Bildung und den Aufbau einer neuen Internationale zu bereiten. Wir können in gewissem Sinne sagen, dass die Menschheit den Preis dieser neuen schrecklichen Völkerschlächterei in den letzten vier Jahren zahlen musste als Mittel, nicht mehr um die materielle Grundlage zu bereiten - die wurde in den Jahrzehnten seit dem letzten Weltkrieg schon bereitet (und eine für die sozialistische Revolution materiell fertige Weltgesellschaft war schon relativ, wenn nicht absolut bereit) - sondern, dass die neuen Niederlagen und neue Zerstörung in gewissem Sinne notwendig waren wegen dem Versagen der alten Führung der Arbeiterklasse bei der Schulung und dem Aufbau der Arbeiterklasse, um sie zur Erfüllung ihrer geschichtlichen Mission vorzubereiten.

Die Weltbourgeoisie betrachtete den Krieg mit Schrecken und Bestürzung. Es war ihre völlige Sackgasse, die sie auf den Weg eines neuen Völkergemetzels zwang, trotz des Umstandes, dass die Führung der Bourgeoisie klar die Folgen erkannte, die sich aus einer Bewegung in Richtung Weltkrieg ergeben werden.

Als eine Folge der schrecklichen Schocks, die das Proletariat erhalten hat - die italienische Arbeiterklasse niedergeschmettert, die deutsche Arbeiterkasse niedergeschmettert, schreckliche Niederlagen im Großteil der Welt - haben wir, als dieser Krieg begann, eine völlig andere psychologische Haltung auf Seiten der Massen als beim Ausbruch des letzten Krieges. Er wurde mit Bestürzung und Verzweiflung begrüßt, in keinem Teil der Welt kam größere Begeisterung für den Kapitalismus oder irgend welche Unterstützung für die herrschende Klasse in Britannien, Deutschland oder einem anderen Land zum Ausdruck. Die Volksmassen wurden in das Gemetzel gezogen und konnten nur deshalb hineingestoßen werden, weil sie keinen anderen Weg sehen konnten, weil sie vorläufig keinen anderen Ausweg als die Unterstützung für ihre eigene herrschende Klasse sehen.

Die schreckliche Periode der Reaktion, durch die die Menschheit während der letzten 20 Jahre gegangen ist, vielleicht die schlimmste in der Geschichte der Arbeiterklasse, all das führte zur Degeneration all jener, die sich nicht mit aller Kraft auf das Proletariat und seine Kräfte stützten, sondern mit Ironie, mit Misstrauen, mit Skepsis auf das Proletariat schauten. Die Stalinisten, die Labour-Führer, die Burnhamisten behaupteten alle mal, auf der Plattform der Weltrevolution zu stehen, aber alle wandten sich ab und verwiesen auf die anscheinende Apathie und Schafsnatur der Arbeiterklasse, die im ersten, zweiten, dritten und anscheinend auch vierten Jahr des Krieges völlig passiv war.

Wir wissen, dass der Alte geglaubt hatte, dass der zweite Weltkrieg nicht so lange wie der erste dauern würde, weil die Revolution kommen würde. Dies wurde durch die Ereignisse widerlegt und Skeptiker haben dies als Beweis für die Unfähigkeit der Arbeiterklasse genommen. Die revolutionären MarxistInnen, obwohl unsere Kräfte klein waren, obwohl wir einem schrecklichen Druck durch die Reaktion ausgesetzt waren beim Aufbau unserer Kräfte - und wir können sagen, dass dieser Krieg das Ergebnis der Unreife der revolutionären Kräfte des Proletariats ist - trotzdem verstanden wir und nur wir den tiefgreifenden Veränderungsprozess, der in den Reihen der anscheinend apathischen und eingeschüchterten Arbeiterklasse stattfand.

Wenn man unter die Oberfläche schaut, kann man sehen, dass ein ähnlicher Prozess wie er jetzt im Weltmaßstab stattfindet, in Russland nach der Niederlage von 1905 stattfand. Die Revolution war besiegt und für eine Reihe von Jahren wütete die Reaktion. Die bolschewistische Partei und alle Kräfte der Arbeiterklasse wurden zerschlagen. Es brauchte eine Reihe von Jahren, bevor sie sich erholen konnten, und 1912 hatten sie sich wieder in die Richtung der Oktoberrevolution vorwärts bewegt.

So können wir den selben Prozess unter der Peitsche der Reaktion im Weltmaßstab sehen. Wir können sehen, dass die Masse der Bevölkerung auf dem ganzen Erdball in die Richtung der Revolution drängt, dass die Ereignisse des Krieges den Weg für eine neue revolutionäre Aufwallung bereiten, einen Aufschwung auf Seiten des Proletariats, der selbst die wundervolle revolutionäre Welle von 1917-21 zwergenhaft erscheinen lassen würde.

Wenn wir die Frage aus dem Blickwinkel untersuchen welche Kräfte die Bourgeoisie genau im Weltmaßstab zu ihrer Verfügung hat, wenn wir die Frage der Möglichkeiten untersuchen, die die Bourgeoisie besitzt, um die Weltkrise, die Todeskrise des Kapitalismus zu lösen, was sehen wir? Während dem Verlauf des Krieges selbst werden alle Kräfte für die mächtige Revolte auf Seiten der Massen beschleunigt. Krieg war, genauso wie Revolution, immer eine Lokomotive der Geschichte. Trotzdem war die Bourgeoisie im Weltmaßstab gezwungen, das Proletariat in eine Stellung zu bringen, wo es wiederbelebt und erneut werden kann. Millionen von durch Jahre von Reaktion und Niederlage demoralisierten Arbeitslosen wurden entweder in die Armee oder die Industrie gesteckt. Das Proletariat, die lebendige Kraft der Revolution, wurde m Verlauf des Krieges erneuert und wiederbelebt.

Auch die Mittelschicht war unter dem Einfluss des Krieges. Die Konzentration des Kapitals zu den großen Monopolen, die Lenin im letzten Weltkrieg beobachtete, hat dabei fast ihren größten Stoß erhalten. Sie bekommt Tempo. Die Mittelschicht ist ruiniert worden, nicht nur in den Ländern des Westens, sondern selbst in Indien. In Deutschland wurde die Mittelschicht unter dem brutalen Regime Hitlers praktisch ausgelöscht, genau die Klasse, die die Basis für den Faschismus lieferte. In Britannien findet jetzt eine Beschleunigung des Ruins statt.

Die Widersprüche, die die Imperialisten zwangen, in den Krieg zu gehen, haben keineswegs eine Lösung gefunden, sondern sind tatsächlich vergrößert worden. Britannien trat in den Krieg, um seinen schwindenden Zugriff auf sein Empire aufrecht zu erhalten und die Weltmärkte wiederzugewinnen. Das Ergebnis war, dass es alles verloren hat. Das ist nicht nur das Schicksal Britanniens. Die Produktivkräfte Amerikas allein haben sich im Verlauf des Krieges zumindest um 30% bis 40% erhöht. Das selbe gilt für andere Länder. Für den Weltimperialismus ist es unmöglich, die Widersprüche zwischen den Produktivkräften und den Nationalstaaten und dem Privateigentum an den Produktionsmitteln zu lösen.

Aus einem psychologischen Blickwinkel wurde im vierten Jahr ein Wendepunkt im Krieg, in der Revolution in Europa und, können wir hinzufügen, in der Revolution in Britannien erreicht. Wir bekommen die Lage wo nach 20 Jahren Faschismus und der Herrschaft des Monopolkapitals in Italien hat das italienische Proletariat in 48 Stunden seine Stärke gezeigt hat, das italienische Proletariat seine Möglichkeiten gezeigt. Über Nacht traten Sowjets in Italien auf, eine Arbeitermiliz erschien, die Massen bewegten sich instinktiv in die Kanäle der Revolution. Es ist nur der erste Bruch in der Kette des Monopolkapitals. Es ist erst der Anfang.

Hitler kann in Mussolinis Schicksal die Vorahnung von seinem eigenen Schicksal sehen. Wir können sehen, dass die Faktoren, die zur Weltrevolution, zum Sieg des Proletariats führen, eine neue Entwicklungsstufe erreicht haben und viel reifer und entwickelter als vor 25 Jahren sind. Mit dem kommenden Fall Hitlers, der Revolution in Deutschland, welche mögliche Basis wird dann die Bourgeoisie in Europa haben? In ganz Europa gibt es heute keine einzige Armee einschließlich der britischen, auf die man sich zum Zwecke der Konterrevolution verlassen kann. Auf der Welt gibt es nur eine, auf die man sich verlassen kann, und das wahrscheinlich nur für eine kurze Zeit, und das ist die Armee des amerikanischen Imperialismus. Jedes Land, jede einzelne Nation Europas wird besiegt sein. Wir kriegen den ganzen Charakter der Epoche, der Änderung in den gesellschaftlichen Beziehungen in der Tatsche enthüllt, dass die mächtigen imperialistischen Staaten mit nicht mehr Zeremonie die Seite wechseln als es ein Balkan-Fürstentum im letzte Weltkrieg gemacht hätte. Frankreich und Italien haben die Seite gewechselt. Jedes Land wird besiegt werden.

Selbst wenn wir annehmen, dass es die Alliierten mit der Hilfe der stalinistischen Konterrevolutionäre schaffen, Europa ihren Willen aufzuzwingen, was wird das Ergebnis sein? Die amerikanischen und britischen Soldaten werden durch die europäische Revolution angezündet werden. Selbst heute kann Hitler, mit allen Unterdrückungskräften zu seiner Verfügung, nicht 100 illegale Zeitungen in den kleinen Ländern Europas verhindern. Wie kann die Bourgeoisie Europa niederhalten?

Und das ist nicht ihr ganzes Problem? Sie müssen immer noch mit Asien fertig werden. Es gibt eine psychologische Vorbereitung auf die Revolution auf Seiten des Proletariats in Asien. Sobald die Revolution beginnt, wird sie sich von einem Land zum anderen, von einem Kontinent zum anderen verbreiten. Es gibt keinerlei Möglichkeit für die Stabilisierung des Kapitalismus auf einer ständigen oder halb-ständigen Grundlage.

Einer der Hauptfaktoren in der Revolutionierung Europas und der Welt ist der wundervolle Widerstand und die Siege der Roten Armee, Siege für die Ideen der Oktoberrevolution, Zeugnis der Stärke des Oktobers, die immer noch in Sowjetrussland heute vorhanden ist. Diese Siege, auf die der Weltimperialismus nicht zählte, breiten den Weg für gewaltige Revolutionen in Europa und auch den Sturz der stalinistischen Bürokratie. Die Revolution wird unausweichlich über die Grenze in die Sowjetunion schwemmen und die Massen dort werden sich bald mit der korrupten Bürokratie befassen die jetzt zur Position des reinen Bonapartismus übergegangen ist, bei dem sie sich auf einen Militärklub ( „Marschall“ Stalin) und einen geistlichen Klub (die Wiederherstellung der Kirche) auf der Grundlage der rückständigen Massen der Bauernschaft stützen, um die Arbeiterklasse unter Kontrolle zu halten.

Revolution für Asien ist unausweichlich. In den ersten Stufen werden sich in Europa die Gangster von Stalinismus und Sozialdemokratie, die den Weg für die Reaktion bereiteten, unausweichlich an der Spitze der Massen befinden. Das entspricht den Gesetzen der Geschichte.

Ereignisse wiederholen sich, in diesem Sinne werden wir eine Wiederholung der Ereignisse nach dem letzten Weltkrieg haben, aber jetzt auf einer völlig andren Grundlage. Es ist sicher, dass es nicht lange dauern wird. Die Sozialdemokratie spaltete sich und bereitete den Weg für die Regeneration der Vorhut in der Kommunistischen Internationale. Die Kommunistische Internationale wird sich auf dem Wellenkamm in Europa erheben - das ist die wahrscheinlichste Entwicklung - aber das Missverständnis der Massen, dass diese Leute den Kommunismus vertreten, wir schnell verpuffen und die KP wird sich in Stücke spalten und den Weg für die Vierte Internationale, den Weg für die Machteroberung durch die ArbeiterInnen der Welt bereiten.

Wenn wir uns der Lage in Britannien zuwenden, sehen wir, dass die britische Arbeiterklasse und war als ihre Vorhut äußerst glücklich in der günstigen Entwicklung der Ereignisse waren. Wir können ohne einen Schatten von Zweifel sagen dass es in Britannien heute die günstigsten Aussichten für Revolution in irgend einem Land in Europa oder der Welt gibt. In Britannien heute sind alle objektiven Bedingungen für die Möglichkeit der Machteroberung durch das Proletariat tatsächlich gegenwärtig vorhanden. Während wir uns treffen, sehen wir eine Streikwelle im ganzen Land, und wenn wir die Bedeutung dieser Streikwelle verstehen sollen, wenn wir die Bedeutung der Entwicklung der Ereignisse hier verstehen sollen, müssen wir unsre Aufmerksamkeit den Entwicklungen zuwenden, die vor dem Krieg stattfanden.

Bei der Konferenz letztes Jahr wiesen wir darauf hin, wie das britische Proletariat, schon bevor der Krieg begonnen hatte, sich in die Richtung der sozialen Revolution bewegte, sich auf den Bürgerkrieg und die Machteroberung zubewegte und wir stützten dies auf gewisse kleine Streiks, die in dieser Periode stattfanden. In jedem einzelnen Fall verlor die Gewerkschaftsbürokratie, die in die kapitalistische Maschine integriert worden war, völlig die Kontrolle über die Entwicklung der Ereignisse, verlor Kontrolle über die Arbeiterklasse. In jedem Fall unternahm die Arbeiterkasse instinktiv die richtigen Schritte.

Damals war die nüchterne bürgerliche Presse zusammen mit uns die einzigen, die die Bedeutung dieser Ereignisse verstanden. Sie gaben sofort eine Warnung an die Gewerkschaftsbürokratie, dass sie zu anderen Methoden würden greifen müssen, wenn die Bürokratie die Kontrolle nicht wieder herstellte, wenn sie ihre Leute nicht unter Kontrolle halten können. Der Krieg selbst unterbrach anscheinend diese Entwicklung der Ereignisse. In diesem Krieg hatten wir bis zum gegenwärtigen Jahr weniger Streiks, weniger Arbeitskämpfe auf Seiten der Arbeiterklasse, als sie im letzten imperialistischen Krieg stattfanden. Es gab eine völlige Flaute im Klassenkampf - das schien an der Oberfläche die Lage zu sein, aber gerade die Ruhe, gerade der Umstand, dass sich die Massen nicht in die Richtung des Kampfes bewegten, war keineswegs ein Anzeichen für die Stärke des Imperialismus, dass wir vor einer Periode von stabiler konservativer Entwicklung stünden, sondern dass die Periode, in die wir eintraten, völlig entgegengesetzt war.

Wenn wir die zugrundeliegenden Gründe untersuchen, warum die mächtige Arbeiterklasse so still war, ist einer der Gründe, dass die Bedingungen für die Arbeiterklasse im Vergleich zum letzten Weltkrieg wahrscheinlich viel besser sind. Auf der anderen Seite der Umstand, dass die Masse der ArbeiterInnen mit ihrem Hass auf den Faschismus keine andere Alternative sehen konnte, dass der Verrat der Labour-Bürokraten mit dem Übergehen auf die Seite der Kapitalisten und später der Verrat der Stalinisten, der Bewegung der Arbeiterklasse außerordentliche Schwierigkeiten in den Weg legten.

Aber schon mit den Siegen und der verbesserten Stellung Britanniens bekommen wir die Lage, dass die Masse der Arbeiterklasse die Siege de Roten Armee und sogar die britischen Siege als ihre Siege genommen hat, in dem Sinne, dass es ihre Hände zum Kampf gegen den Feind zu Hause frei macht. Es ist eine interessante Tatsache, dass die Massen zu der Zeit, wo Britannien Siege errungen hat, zu einer Zeit, wo es im letzten Krieg chauvinistische Besoffenheit gegeben hätte, sich gegen die herrschende Klasse in Bewegung gesetzt haben.

Heute haben wir eine Reihe von Streiks, die größten seit dem Generalstreik von 1926. Die Arbeiterklasse rüstet sich für den Kampf gegen die Bosse. Die Streiks von Barrow und am Clyde, all dies zeigt den tiefgreifenden Änderungsprozess, die grundlegende Änderung in der Psychologie der Massen an. Es gibt keine einzige Branche, in der die Arbeiterklasse nicht vor Arbeitskampf schäumt. Nicht nur das, die materielle Grundlage für den britischen Imperialismus ist ohne Hoffnung auf Reparatur zerschlagen; sie sind der Satellit des amerikanischen Imperialismus. Da die ArbeiterInnen zu spüren beginnen, dass sich der Krieg dem Ende nähert, sorgen die Massen sich nicht besonders um den Kampf gegen Japan und bereiten sich für das mächtige Fegen durch die Betriebe vor, das die Kämpfe von 1926 völlig in den Hintergrund drängen wird.

Auf der anderen Seite ist die Mittelschicht völlig ruiniert und schaut sogar nach links, schaut zur sozialen Revolution. Common Wealth ist ein Anzeichen für das völlig Versagen der Führer der Arbeiterklasse, der Mittelschicht bei ihrem gewaltigen Drang nach links eine Führung zu geben. Dieser Prozess findet heute vor unseren Augen statt. Die herrschende Klasse hat weniger Basis in der Masse der Bevölkerung als zu irgend einer anderen Zeit in der Geschichte; selbst während dem Generalstreik konnten sie sich immer noch auf große Teile der Mittelschicht verlassen.

Die Mittelschicht bewegt sich Richtung Revolution. Der ganze Charakter der Gesellschaftsbeziehungen ist völlig verändert. 100 Jahre lang stand die mächtige Tory-Partei wie ein Fels, ein Fels der Reaktion, und blieb, während die Liberalen zerschlagen wurden. In Britannien ist heute die Basis für den Konservatismus am Ende. Er beruhte auf Britanniens privilegierter Stellung unter den Nationen. Britannien ist jetzt ein zweitrangiger Satellit des amerikanischen Imperialismus und damit sehen wir eine völlige Veränderung in der Psychologie der Massen. Die Tories verlieren Unterstützung in Nachwahlen, nicht nur in industriellen Regionen sondern auch in ländlichen Wahlkreisen. Es ist möglich, dass es Churchill in der Parlamentswahl nach dem Krieg schaffen wird, einen knappen Sieg zu erringen und eine Mehrheit für eine Nationale Regierung [große Koalition] oder die Konservative Partei zu erlangen. Das ist nicht ausgeschlossen, aber selbst wenn das stattfinden würde, würde es den Verlauf der Ereignisse nicht ändern. Das würde nur bedeuten, dass der Kampf unmittelbar eine außerparlamentarische Form annimmt. Solch eine Regierung würde kein Jahr dauern, höchstens ein paar Jahre.

Von Faschismus in der kommenden Periode auch nur zu reden, wäre lächerlich. Die herrschende Klasse hat keine Basis für die Errichtung der Reaktion. Das heißt, wenn die Führung mit einer kämpferischen Politik auftreten würde. Die Gallup-Umfrage enthüllt, dass es eine Labour-Mehrheit gibt, trotz der reaktionären Politik ihrer Führung. Die Labour-Führer werden von den Massen unausweichlich am Genick gepackt und an die Macht gestoßen werden.

Aber die Lage ist noch besser als das, weil diese Bewegung nur stattfindet, weil die Masse der Arbeiterklasse keine wirkliche Alternative sieht und keine hat. Wir kriegen die erstaunliche Entwicklung der Ereignisse, dass es heute mehr Hass in den Reihen der fortgeschrittenen ArbeiterInnen auf die Gewerkschaftsbürokraten und Labour-Führer gibt als zu irgend einer Zeit in der Geschichte. Der Augenblick, in dem die Labour Party an die Macht kommt, wird schon ihre Periode des Niedergangs, der Spaltungen und des Auseinanderbrechens sein. Es gibt mehr sozialistisches Bewusstsein, eine radikalere Haltung auf Seiten der Massen als in jeder anderen Periode der der Geschichte. Die Streitkräfte sind revolutionärer, schauen mehr zur Arbeiterklasse und zum Sozialismus als selbst die einfachen Angehörigen der Arbeiterklasse selbst. Dieses Klassenbewusstsein drückt sich in dem Umstand aus, dass wir in Bezug auf die Neger- und Indienfragen Solidarität zwischen der Armee und der Arbeiterklasse sehen.

Wir haben eine siegreiche Armee in Nordafrika und Italien und ich sage, ja, Lang lebe die Achte Armee, weil es unsere Armee ist. Einer unserer Genossen hat mit einer Reihe von Leuten gesprochen, die Briefe von Soldaten aus der Achten Armee hatten, die ihre völlige Unzufriedenheit zeigen. Wir wissen von Vorfällen in Armee, Marine und anderen Streitkräften, die nie berichtet wurden und die wir unmöglich berichten können. Es ist unsere Achte Armee, die geschmiedet und getestet und zum Zweck der Änderung des Gesichts der Welt organisiert wird. Das gilt gleichermaßen für alle Streitkräfte.

Aber uns wurde sogar ein noch größeres Geschenk als unseren GenossInnen auf dem Kontinent gegeben. Wir sind in dem Sinne viel glücklicher, dass lange im voraus, lange bevor die Revolution begonnen hat, sich der Stalinismus als furchtbare Krankheit, als Syphilis der Arbeiterklasse enthüllt hat. Für Zehntausende von ArbeiterInnen, mit denen wir nicht in Verbindung standen und gegenwärtig nicht in Verbindung stehen, wurde seine konterrevolutionäre Rolle durch seine streikbrecherische Haltung enthüllt. Die AktivistInnen wurden gegen diese Krankheit geimpft. Das gibt uns eine Möglichkeit zur Schulung und Vorbereitung. Die Stalinisten werden immer noch zulegen, aber die Stimmen, die sie haben, sind keine Stimmen für den Stalinismus, sondern Stimmen für den Kommunismus, für die Revolution. In rückständigeren Schichten werden sie in der Periode, die sich auftut, eine gewaltige Rolle spielen. Die ILP gewinnt gewaltige Unterstützung als Widerspiegelung der Radikalisierung der Massen.

Die ILP wird ihren zentristischen Charakter enthüllen, zeigen, dass sie unfähig ist, den Ereignissen ins Auge zu schauen, wie sie es schon bezüglich der italienischen Revolution gezeigt haben. Wir werden gewaltig Kräfte aus ihren Reihen gewinnen.

Die Betriebe sind der Schlüssel zur Lage. Bevin und die Gewerkschaftsbürokratie haben schon die Richtigkeit unsres Blickwinkels bezeugt, dadurch dass sie schon in den Anfangsstadien des Militant Workers Committees Maßnahmen gegen es und gegen uns androhen. Sie erinnern sich an die Erfahrung des letzten Weltkriegs. Sie haben vielleicht noch mehr als ihre Herren die Gefahr einer solchen Bewegung für sich erkannt. Bevin denkt, er wird die Bewegung zerstören, indem er die Streikenden verhaftet und niederschlägt; wir wissen, dass es die entgegengesetzte Wirkung haben wird. Es ist gewiss, dass wir unsere besten UnterstützerInnen unter den betrieblichen AktivistInnen gewinnen werden. Das wird das Rekrutierungsfeld sein.

Der ermutigendste und wichtigste Punkt von allen - als der Krieg begann, waren wir eine völlig bedeutungslose Sekte. Niemand beachtete oder kümmerte sich um uns. Wir waren immer noch im Stadium von völliger Isolierung von den Massen. Das hat sich völlig geändert. Heute sind wir eine Tendenz, eine beachtliche Tendenz im Leben der Arbeiterklasse. Die Angriffe der Stalinisten, der Labour-Führer und der Bourgeoisie spiegeln die Tatsche wider, dass unsere kleinen Kräfte es in gewissen Umfang geschafft haben, sich richtig zu orientieren und sich selbst in die Bewegung der Arbeiterklasse zu integrieren. Ob wir unterdrückt werden oder ob wir unsere Organisation als legale Organisation und unsere Führung ohne Verhaftung beibehalten können - langfristig wird das nicht den kleinsten Unterschied ausmachen.

Wundervolle Tage. Wundervolle Möglichkeiten eröffnen sich vor uns. Man kann Revolution in der Luft fühlen. Diese Haltung muss die Konferenz durchdringen. Die Richtigkeit unseres Blickwinkes sollte uns Vertrauen bei unserer Vorbereitung für die Rolle in der kommenden Revolution geben. Was auch immer ihr Schicksal sein wird, es ist gewiss, dass wir unsre Rolle spielen können, müssen und werden und unsere Organisation als einen Einfluss, als einen ernsthaften Faktor in der Lage, als eine Organisation, die ihre Rolle in der Revolution spielen wird, ausweisen werden. Als wir vor zwölf Monaten unsere Thesen „Vorbereitung auf die Macht“ nannten, war das keine verrückte Geste. Das ist das ernsthafte Problem, vor dem wir stehen. Die objektive Lage stellt der britischen Arbeiterklasse die gebieterische Aufgabe, die Kontrolle zu übernehmen. Wir wissen, dass dies die Lage umgestalten wird.

Die britische Arbeiterkasse hat die feinsten Kampfkräfte gegenwärtig. Mit einer kämpferischen Führung können sie die Bourgeoisie ohne Widerstand zur Seite stoßen. Wir wissen, dass die Revolution nicht so leicht sein wird wegen dem Verrat der Führung. Aber wir haben die Möglichkeit, uns in die Massenpartei der sozialistischen Revolution, in die Organisation der britischen Arbeiterklasse umzuwandeln.

Wir kennen die Alternative. Das Schicksal Frankreichs wird das Schicksal Britanniens werden. Das Leben des Proletariat selbst steht auf dem Spiel. Britannien wird zerstört werden, wenn die Revolution keinen Erfolg hat. Ein großer Teil der Bevölkerung wird überschüssig sein.

Unsere Konferenz, die viel repräsentativer ist als die vom letzten Jahr, muss mit der Begeisterung nach Hause gehen, die aus Verständnis kommt, und sich darauf vorbereiten, auf der Grundlage unseres Dokuments vorwärts zu drängen und sich darauf vorzubreiten, uns in die Massen der ArbeiterInnen zu integrieren, als die einzige Garantie gegen Unterdrückung, und die Arbeiterklasse auf ihr geschichtliche Rolle in der kommenden britischen Revolution vorzubereiten.