Die permanente Revolution
in Indien und die Aufgaben der britischen Arbeiterklasse (Frühjahr 1942)
Der Weg zu Indiens Freiheit
Übersetzung von Wolfram Klein
Inhalt:
Die Politik des Teile und Herrsche
Die Farce der Repräsentativregierung
Die Briten würden die Streitkräfte
kontrollieren
Hintergrund der gegenwärtigen Krise
- die wirtschaftlichen Bedingungen der indischen Massen
Die Rolle des indischen Proletariats
Die permanente Revolution auf Indien
angewandt
Für eine Verfassunggebende
Versammlung
Aufgaben der britischen
ArbeiterInnen
Wie ein nach jahrhundertelangem Schlaf erwachender Riese räkelt sich
Indien. Der Blick der ganzen Welt wendet sich von Europa, einem Kontinent, der
gerade durch den Faschismus in Ketten gelegt wurde, auf Indien, einem
Subkontinent, der zwei Jahrhunderte lang die Ketten des demokratischen
Imperialismus erlitten hat.
Mit dem Vormarsch des japanischen Imperialismus, mit der Betäubung und
halben Lähmung des britischen Imperialismus, mit der bis in die tiefsten
schichten gehenden Bewegung der indischen Massen, stellen sich der Menschheit
mächtige Fragen, die sie auf die eine oder andere Weise lösen muss - und ohne
Verzögerung.
Besonders für die britischen ArbeiterInnen ist die Freiheit Indiens
keine leere Abstraktion. Sie ist eng mit ihren eigenen Problemen und besonders
den durch den Krieg aufgeworfenen Problemen verbunden.
Die Massen der ArbeiterInnen haben die herrschende Klasse im Krieg
unterstützt, weil sie glauben, er werde für die Freiheit der unterdrückten
Völker auf der ganzen Welt und für die „vier Freiheiten“ [Rede-,
Religionsfreiheit, Freiheit von Mangel und von Furcht] geführt. Die britischen
ArbeiterInnen sind in der Vergangenheit mit der Illusion gut gefahren, die
britische Herrschaft sei Indien zu dessen eigenem Wohl aufgezwungen worden.
Aber heute beginnen sie zu erkennen, dass das indische Volk die Briten nicht
als Befreier, sondern als feindliche Invasoren und Unterdrücker betrachtet.
In Birma und Malaya demonstrierten die Massen durch ihre
Gleichgültigkeit und Apathie, dass sie nicht zwischen den Japanern und Briten
unterschieden. Für sie war der Kampf einer zwischen zwei Konkurrenten um die
Frage, wer sie beherrschen kann.
De ganze Kolonialpolitik des britischen Imperialismus wurde von Sir
William Joynson-Hicks zusammengefasst:
„Wir haben Indien nicht zum
Wohle der Inder erobert. Ich weiß, dass auf Missionarsversammlungen gesagt
wird, dass wir Indien erobert haben, um das Niveau der Inder zu heben. Das
ist Heuchelei. Wir haben Indien durch das Schwert erobert und werden es durch
das Schwert halten … wir halten es als den besten Absatzmarkt für britische
Waren.“
Das ist seit eh und je die Politik des britischen Imperialismus in
seinem Kolonialreich. Indien und China stellen zusammen mit dem Rest Asiens
die reichste Beute im Kampf für die Umverteilung der Welt dar, der jetzt auf
dem Weltschlachtfeld geführt wird. Der einzige Unterschied heute ist, dass das
britische Schwert seine scharfe klinge verloren hat, dass es rostig geworden
ist, und die Bourgeoisie aus diesem Grund gezwungen war zu anderen Methoden zu
greifen - leeren Versprechungen, betrügerischen „Zugeständnissen“,
„nationaler Unabhängigkeit“ - die natürlich alle irgendwann später umgesetzt
werden sollen.
Premierminister Winston Churchill hat immer eine konsequente Politik
gegenüber Indien gehabt. Selbst als in der Vergangenheit die Tories bereit
waren, den indischen Kapitalisten kleinere Zugeständnisse zu machen, stand
Churchill für die Politik extremer Opposition gegen alle Zugeständnisse an die
indische Bourgeoisie und den Kongress. Die bloße Möglichkeit eines
unabhängigen Indiens entlockte ihm die Prophezeiung, dass es zu „Anarchie“ und
dem „stumpfsinnigen Brüllen oder Schreien von Blutvergießen und Verwirrung“
führen werde. Dass er seine Politik nicht änderte, nachdem er Premierminister
wurde, wird dadurch bezeugt, dass im Juli 1941 12.129 InderInnen aus
politischen Gründen im Gefängnis waren, einschließlich 28 Ex-Ministern und 290
Mitgliedern der Provinzparlamente. Heute schmachten die große Mehrheit von
ihnen, besonders die, die für völlige und bedingungslose Freiheit des indischen
Volkes stehen, immer noch in britischen Gefängnissen.
Wenn die InderInnen ihre Unabhängigkeit oder auch nur ein gewisses Maß
an Kontrolle gewinnen, wird der Palast des Kolonialreichs zusammenbrechen. In
den Augen der britischen herrschenden Klasse wird sich der Weg der „Anarchie“,
das heißt der Weg zur sozialistischen Revolution, öffnen. Was würde die
Niederlage der Achsenmächte nützen, wenn sie die sichere Zerstörung nicht nur
des britischen, sondern des Weltimperialismus bedeuten würde? Denn die
Rückwirkungen von Indiens Freiheit wären nicht auf die Grenzen Indiens
beschränkt.
Die britische Kapitalistenklasse würde lieber Indien an die Japaner
verlieren als ihm Unabhängigkeit geben, aus der Überlegung, dass sie es mit der
Hilfe Amerikas und um den Preis zahlloser britischer und amerikanischer
Soldaten wiedererobern würde, selbst wenn es viele Jahre blutigen Gemetzels
kosten würde. Die Nähe zwischen den Imperialisten von Japan und Britannien
wurde beredt beim Fall von Singapur demonstriert, als die Briten sorgfältig
ihre Übereinkunft mit Japan buchstabengetreu erfüllten, bis zur japanischen
Übernahme mit britischen Bajonetten „Recht und Ordnung“ aufrechtzuerhalten.
Diese Vorsicht, dass nicht die Massen das Schicksal in die eigene Hand nehmen,
hat in der Politik des Imperialismus Vorrang - selbst in seiner kritischsten
Stunde.
Die Farce eines „Kriegs für Freiheit“, während Hunderte Millionen in
Ketten sind, wird schnell für die Arbeiterklasse sichtbar. In ihren Argumenten
betont die Bourgeoisie den „Mangel an Ruhe“ innerhalb Indiens, die
„Uneinigkeit“ des indischen Volks. Aber das sogenannte Problem der indischen
„Unordnung“ ist in Wirklichkeit ein Geschöpf des britischen Imperialismus - sie
wurde bewusst genährt, um durch seine alte Teile-und-Herrsche-Politik die
indischen Massen im Griff zu behalten.
In dieser Politik sind die kommunalen Organisationen, die die direkten
Agenten des britischen Imperialismus sind und von ihm bezahlt und subventioniert
werden, eine der Hauptwaffen im Arsenal der Briten. Dies sind die
„Minderheiten“, für die die Kapitalistenklasse und ihre Lakaien, die
Labour-Führer, bei ihren Verhandlungen so viel Sorge zur Schau stellen. Die
wichtigste dieser Organisationen ist die Moslemliga, die in Wirklichkeit nur
von einem kleinen Teil der MoslemInnen unterstützt wird. Bei den Wahlen 1937
bekam die Moslemliga nur 4,6 Prozent der moslemischen Stimmen - 321.772 von
7.319.445 Stimmen. Von den 80 Millionen MoslemInnen sind 20 Prozent
SchiitInnen, die ihre eigene Organisation haben, sich von der Moslemliga
abgewandt haben und den Kongress unterstützen. Die Momins, die etwa 45
Millionen zählen, weisen den Anspruch der Moslemliga auch zurück, die MoslemInnen
zu unterstützen, und unterstützen die Forderung nach einer Verfassunggebenden
Versammlung. In der Nordwestgrenzprovinz, die eine große Mehrheit von
MoslemInnen hat - wurde der Kongress mit großer Mehrheit wiedergewählt.
Die Hindu Mahasabha - ein weiteres Werkzeug der britischen Imperialisten
- ist der Vertreter des reichsten Teils der Bevölkerung und kleidet sich in den
reaktionären Deckmantel rigider Hindu-Orthodoxie, um davon abzulenken. Sie
dient als Ergänzung zur Reaktion der Moslemliga.
Ein Beispiel für die gezielte Politik
der Nährung von Spaltungen in der indischen Gesellschaft, die von den
Imperialisten als das „Hindu-Moslem-Problem“ beschrieben werden, liefert ein
Streik in einer Zuckerfabrik in Bihar 1939. Der Streik wurde dadurch
verursacht, dass das Management eine Forderung der ArbeiterInnen nach einem
Urlaubstag nur den hinduistischen Beschäftigten gewährten. Das Ziel war
natürlich die Spaltung der ArbeiterInnen entlang kommunaler Linien. Aber
sowohl Hindus als auch Moslems antworteten auf diese Provokation durch einen
gemeinsamen Streik. Sie gewannen den Streik.
Cripps „Horror“ angesichts der Idee von dem, was er die „Diktatur“ einer
vom Kongress vertretenen überwältigenden Mehrheit über die „unbeschützten
Minderheiten“ nennt, kann man als das erkennen, was es ist. Es ist Horror vor
der Aussicht, dass der britische Kapitalismus die Kontrolle verliert, indem die
niedergehenden und überlebten indischen Fürsten und privilegierten
Minderheiten ihren Halt unter den unterdrückten Massen verlieren. Sein Protest
im Namen der „Demokratie“ ist in Wirklichkeit im Namen einer Oligarchie von
250.000 britischen Kapitalisten und ihren Lakaien, die über das Schicksal von
400 Millionen Menschen bestimmen.
Die Armeen Japans pochen an die Tore
Indiens und die Gärung wächst nicht nur in Indien sondern auch unter der britischen
Arbeiterklasse. Deshalb war die britische Kapitalistenklasse gezwungen, eine
Politik sogenannter „Zugeständnisse“ zu heucheln. Als Zeichen ihrer „Aufrichtigkeit“
schickten sie Sir Stafford Cripps, einen linken Labour-Vertreter mit dem Ruf
eines „Freunds Indiens“, der „Freiheit“ versprach, aber nach dem
Krieg. Nachdem er mit leeren Händen zurückkehrte, gab Cripps das Scheitern
des Plans zu, die begeisterte Unterstützung der InderInnen für die britischen
Kriegsbemühungen gegen Japan zu gewinnen. Bevor wir die grundlegenden Grunde
für das Scheitern seiner Mission behandeln, wollen wir die epochemachenden
Vorschläge untersuchen, mit denen diese Taube von der Arche Noah der Downing
Street ausgeflogen war.
Auch während dem letzten Krieg war Indien der „Dominion-Status“
[=innere Selbstregierung] versprochen worden. Aber nachdem die Krise vorbei
war, entdeckte man, dass die politischen Bedingungen nicht genügend „ruhig“
seien und das indische Volk nicht genügend „reif“ sei, um das sofort zu
erhalten. Seit dem Versprechen sind fast 25 Jahre vergangen. Und erneut,
nachdem wir mitten im Zweiten Weltkrieg sind und er für die Briten nicht so
gut läuft, werden die alten Versprechen für „nach dem Krieg“ mit Crippsscher
Tünche wieder aufgelegt. Es ist offensichtlich, dass Versprechungen dieser Art
nach der Erfahrung mit den britischen Methoden der letzten drei Jahrhunderte,
die Massen völlig gleichgültig lassen.
Wenn die Imperialisten Indien ehrlich
Freiheit gewähren wollten, würden sie es jetzt machen. Wenn Freiheit nach dem
Krieg gewährt werden kann, warum nicht jetzt? Die Antwort darauf liegt in dem
Manifest unserer indischen GenossInnen, das in dieser Broschüre nachgedruckt
wird [siehe folgender Text]. Wirkliche Unabhängigkeit für Indien bedeutet vor
allem Agrarrevolution - Land für die BäuerInnen, Säuberung
Indiens von den barbarischen Überbleibseln des Feudalismus, die die Fürsten
und Großgrundbesitzer vertreten.
Es wird vorgeschlagen dass das zu wählende Gremium, das die Verfassung
machen soll, ein Kolleg der Provinzparlamente sein soll, in denen nicht einer
von zehn InderInnen Wahlrecht hat und nur die bessergestellten Schichten
Wahlrecht haben. Solch eine Versammlung wäre gelinde gesagt völlig
unrepräsentativ. Obendrein sollen die Fürsten der indischen Fürstenstaaten ein
Drittel der Mitglieder des Wahlkollegs ernennen. Diese Fürsten, die über 25
Prozent der Bevölkerung herrschen, setzen ihre korrupte und despotische
Herrschaft nur durch die direkte Hilfe der britischen Bajonette fort. Die 90
Millionen Menschen unter der Herrschaft der Fürsten sollen keine Stimme haben,
sondern von diesen Despoten „vertreten“ werden. Immer wieder wurden Aufstände
in diesem oder jenem Fürstenstaat durch das Eingreifen von Truppen aus
Britisch-Indien brutal unterdrückt. Ohne die Unterstützung des britischen
Imperialismus könnten die Fürsten - diese überflüssigen und verkalkten
Überbleibsel eines vergangenen Ära von asiatischem Feudalismus - nicht länger
als 24 Stunden überleben und weiterhin die BäuerInnen unterdrücken.
Die Vertreter in den Provinzparlamenten werden nicht auf der Grundlage
eines gewöhnlichen Wahlrechts gewählt, sondern sind künstlich in Gemeinden der
Moslems, Sikhs, Brahmanen etc. geteilt. Sie sind so noch weniger repräsentativ,
weil die Aufteilung der Vertreter unter die verschiedenen
Religionsgemeinschaften (besonders Hindus und Moslems) nicht dem Verhältnis in
der Bevölkerung entspricht. Durch die Teilung der Gemeinden in Klassen -
Arbeiter, Bauern, Grundbesitzer, Händler etc. wird die Vertretung der Masse
des indischen Volkes völlig irreal.
De britische Imperialismus kann durch die Manipulation seiner Agenten
Störung und Uneinigkeit in Indien fördern.
Es war die bewusste Absicht der britischen Regierung, die versprochene
Verfassung zu entwerfen, um blutige Konflikte und blutigen Bürgerkrieg zu
provozieren. Der britische Radsch [engl. Raj, Herrschaft] würde dann
eingreifen und verkünden, dass nur Britannien den Frieden zwischen den
einander bekriegenden Fraktionen halten und die „Ordnung aufrechterhalten“
könne. Dem ganzen Plan liegt die Grundannahme zugrunde, dass die wirkliche
Macht durch das Weiterbestehen seines Vetorechts in den Händen des Vizekönigs
bleiben würde. Die Farce der „Repräsentativregierung“ zeigte sich in der
Vergangenheit, wo Provinzregierungen Maßnahmen beschlossen, mit denen er
nicht einverstanden war ... er legte einfach sein Veto ein! Obendrein muss man
darauf hinweisen, dass die Provinzregierungen mit dem Ausbruch des Krieges zu
funktionieren aufhörten und die Kontrolle offen zum Vizekönig und seinen Rat
zurückkehrte.
Wenn man die Masse des
Wortmülls, mit dem die britischen Herrscher ihre wirklichen Ziele und
Absichten verbergen, beiseite schiebt, kann man klar beobachten, dass alle
Macht - die entscheidende Macht, Kontrolle über Waffen und Streitkräfte -
in den Händen des britischen Imperialismus bleiben soll.
Wenn den 400 Millionen indischen ArbeiterInnen und BäuerInnen ihre
Freiheit gegeben würde und sie mit Waffen und Material versorgt würden, wäre es
nicht notwendig, einen einzigen britischen Soldaten in den Fernen Osten zu
schicken, um sich der Drohung der japanischen Invasion entgegenzustellen.
Indien könnte eine unerschöpfliche Armee von 50 Millionen liefern. Aber die
Briten wagen es nicht, ihre SklavInnen zu bewaffnen, genauso wenig wie sie es
in Birma, Malaya und auf Java wagten. Ganz im Gegenteil wurden im Verlauf des
Krieges Gesetze verabschiedet, die in Indien verbieten: „illegales Exerzieren
mit oder ohne Waffen und das Tragen von inoffiziellen Uniformen, die
militärischen oder anderen offiziellen Uniformen farblich ähneln durch
nichtoffizielle Freiwilligenorganisationen.“
Kontrolle war die Frage, um die sich die Diskussionen drehten. Unter
Druck stimmten die Briten der Ernennung eines indischen Verteidigungsministers
zu, aber er hatte nicht die Macht, die Politik oder Strategie zu bestimmen;
alle Entscheidungen blieben letztlich in den Händen des Oberkommandierenden -
der wie General Wavell von den Briten ernannt wird.
„Während der kritischen
Periode, vor der Indien jetzt steht, und bis die neue Verfassung entworfen
werden kann, muss die Regierung seiner Majestät unausweichlich die Verantwortung
für Indien und seine Kontrolle und Leitung als Teil der Weltkriegsanstrengung
behalten, aber die Aufgabe der vollen Organisierung der militärischen,
moralischen und materiellen Ressourcen Indiens muss die Verantwortung der
Regierung Indiens sein…“
Mit anderen Worten würde die
Kontrolle bei den Briten bleiben während die Verantwortung auf
den Schultern des Kongress liegen würde.
Letztlich liegt die ganze Macht bei denen, die die Streitkräfte
kontrollieren. Lenin und vor ihm Marx und Engels wiesen darauf hin, dass dies
der entscheidende Knackpunkt der Machtfrage ist. Die Briten haben nicht die
geringste Absicht, ihren eisernen Griff zu lockern, indem sie die Kontrolle
über die Streitkräfte preisgeben. Wann ist es in der Geschichte je passiert,
dass die Kapitalisten freiwillig und ohne bitteren und gewaltsamen Kampf ihre
Besitztümer aufgeben?
Wegen dieser entscheidenden Frage platzten die Gespräche. Der Kongress
wollte zwar vor dem britischen Imperialismus kapitulieren, sehnte sich wenigstens
nach einem Schein von Kontrolle, um seine AnhängerInnen zu täuschen, dass die
Briten ihm ein paar wirkliche Zugeständnisse gemacht hätten. Sonst könnten sie
erwarten, alle Unterstützung unter den indischen Massen zu verlieren. Die
Kongresshaltung kann in den Worten von Herrn Radschagopalachari zusammengefasst
werden:
„Gegenwärtig ist die
Verteidigung praktisch die ganze Regierung, und wenn die Verteidigung streng
[für die Briten] reserviert werden soll, wie Sir Stafford Cripps bisher
wiederholt erklärt hat, haben die Führer des Volks das Gefühl, dass sie nicht
hoffen können, die populäre Haltung der Gleichgültigkeit oder gar
Feindseligkeit gegenüber den Briten zu überwinden.
Die Führer des Volks sollten in
der Lage sein, den Massen ehrlich zuzurufen, dass der Krieg ein Volkskrieg und
die Regierung eine Volksregierung ist.“
In diesen Zeilen ist der Grund enthalten, warum der Kongress zögerlich
gezwungen war, den Plan zurückzuweisen.
Cripps wird vielleicht erneut auf seinen Botengang geschickt, diesmal
mit einer das Gesicht rettenden Formel, die es den indischen Kapitalisten
ermöglichen wird, so zu tun, als sie die Macht wirklich dem indischen Volk
übergeben worden … während sie in Wirklichkeit in den Händen von Whitehall
bleibt.
Trotz dem Scheitern der Verhandlungen appellierte Nehru im Namen des Kongresses,
den äußersten Widerstand gegen den japanischen Vormarsch zu organisieren. Der
Grund dafür ist der Glaube, dass sie unter der britischen Herrschaft einen
größeren Teil der Pfründen aus der Ausbeutung des indischen Volkes kriegen
werden als unter der japanischen. Sie verstehen, dass die schwache indischen
Bourgeoisie nur mit der Hilfe der einen oder anderen großen imperialistischen
Macht ihre Schmarotzerrolle in Indien beibehalten kann. Das Beispiel Chinas in
den letzten paar Jahren dient ihnen als Warnung. Während der Einnahme der
Mandschurei und Nordchinas leisteten sie keinen Widerstand gegen die
japanischen Übergriffe. Erst als es klar wurde, dass die Japaner wie in
Schanghai chinesische Fabriken zerstörten, die mit Japan konkurrierten, und
die Maschinen als Metallschrott für die Rüstungsproduktion nach Japan
schickten, waren sie gezwungen, Widerstand zu leisten.
Die japanischen Industriellen konkurrieren sehr eifrig mit denen
Indiens. Die Angst um ihre Investitionen plus die Verbindungen mit dem
britischen und amerikanischen Kapital zwingen den Kongress, die britischen und
nicht die japanischen Ausbeuter zu wählen.
Nach der Schätzung des
gegenwärtigen Kriegsministers Sir James Grigg ist das Durchschnittseinkommen in
ganz Indien 4£ 4 Schilling im Jahr. Das umfasst die märchenhaft reichen
Maharadschas und die Millionen besitzenden Fabrikeigentümer. Aber selbst so
beträgt es einen Schilling sechs Pence pro Woche oder etwas weniger als 3 Pence
pro Tag. Das ist die Frucht von 200 Jahr britischem „Schutz“ Indiens. Der
Lebensstandard der Massen ist sogar noch niedriger als zur Zeit der
Ostindischen Gesellschaft.
Eine Vorstellung davon, was es für die indischen Massen bedeutet, mit
so einem Einkommen zu leben, kann man aus folgendem Auszug aus einem Bericht
zweier bürgerlicher indischen Ökonomen bekommen.
„Das durchschnittliche indische
Einkommen ist gerade genug, zwei Drittel der Bevölkerung zu ernähren oder allen
von drei benötigten Malzweiten zwei zu geben, vorausgesetzt, dass sie alle
einverstanden sind, nackt zu gehen, das ganze Jahr im Freien zu leben, keine
Unterhaltung oder Entspannung haben und nichts außer essen wollen und zwar das
Einfachste, Gröbste und am wenigsten Nahrhafte.“
Die Wohnverhältnisse sind nicht besser als die Ernährung. Die
Untersuchung des Arbeitsamtes Bombay über die Familieneinkommen der
Arbeiterklasse fand, dass 97 Prozent der Arbeiterfamilien in Bombay in
Einzimmerwohnungen lebten, wobei oft zwei und sogar bis zu acht Familien in
einem Raum lebten. Ein Drittel der Bevölkerung lebte mit mehr als fünf Personen
in einem Raum; 256.379 mit sechs bis neun Personen in einem Raum, 8,133 mit
zehn bis 19 Personen in einem Raum, 15.490 lebten mit zwanzig Personen und mehr
in einem Raum.
Unter der gütigen Aufsicht des britischen Imperialismus ist die
durchschnittliche Lebenserwartung in Indien von 24,75 Jahren 1921 auf 23 Jahre
1931 gesunken. Selbst V. Anstey, ein Autor, der mit dem Imperialismus
sympathisiert, hat berechnet, dass drei von vier Todesfällen in Indien durch
armutsbedingte Krankheiten verursacht werden. Der bengalische Chef der
Gesundheitsbehörde erklärte in seinem Bericht für 1927-28, dass „die gegenwärtige
Bauernschaft Bengalens einen Speisezettel hat, von dem nicht einmal Ratten mehr
als fünf Wochen leben könnten.“ Analphabetismus, der 1911 94 Prozent der
Bevölkerung betrug, war bis 1931 auf 92 Prozent gesenkt worden! Wahrlich eine
große Errungenschaft und ein Zeugnis für den zivilisierenden Einfluss des
britischen Imperialismus.
Diese paar Zahlen sollen den „Schrecken ohne Ende“ etwas andeuten, zu
dem die Herrschaft des britischen Imperialismus ein Viertel der Weltbevölkerung
verurteilt hat.
Den BäuerInnen wurde die Lebensgrundlage weggenommen. Sie wurden vom
Land vertrieben und in die Stellung von Dorfproletariern gezwungen. Zwischen
1921 und 1931 nahm die Zahl der Landarbeiter von 21,7 Millionen auf 33,5 Millionen
zu. Dies sind die elendsten und ärmsten Schichten in den Dörfern. Aber zu ihnen
muss man mindestens weitere 50 Millionen addieren, denen der Ertrag ihres
kleinen Landfetzen nur zum Hungern reicht und die das durch Arbeit für einen
großen Grundherrn ergänzen müssen. Man kann aus einem Bericht über die Lage in
der Präsidentschaft Bombay die Bodenfläche, die diese Millionen besitzen, und
den Lebensstandard, den sie sich leisten können, ersehen. In diesem Gebiet
bestehen 48 Prozent aller landwirtschaftlichen Besitztümer aus weniger als
fünf Morgen (zwei Hektar) bebautem Land und diese 48 Prozent KleinbäuerInnen
besitzen zusammen nur 2,4 Prozent des gesamten Landes. Manche Experten
schätzen, dass diese zwei Klassen von landlosen und halb-landlosen BäuerInnen
mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Dörfer bilden.
Die große Mehrheit der BäuerInnen leben in Schulden bei den
Geldverleihern. Das Gesamteinkommen der Bauernschaft (dies schließt die reichen
BäuerInnen ein) wurde auf 42 Rupien (2 £ 13 Schilling) im Jahr geschätzt. Davon
gehen an Pacht und Steuern 20 Rupien ab. Wenn man dem die Zinsen an die
Geldverleiher hinzufügt (die, wie man sich erinnern muss, 75 Prozent Zinsen
nehmen), ist die gezahlte Summe mehr als zwei Drittel des Einkommens. Dies
wurde durch eine Untersuchung bestätigt, die ein Kongressvertreter
durchführte: „Von dem Nettogesamteinkommen gehen mehr als zwei Drittel aus dem
Dorf raus in Form von Landeinkünften und indirekten Steuern, Zinsen und
Pachten an Eigentümer außerhalb des Dorfes.“ Nachdem alle Geier ihren Anteil
gekriegt haben, bleiben dem Bauern in Durchschnitt 13 Rupien im Jahr, das sind
19 Schilling.
Die BäuerInnen sind ständig verschuldet. Die zuvorkommenden
Geldverleiher verlangen nur einen Anna pro Rupie im Monat - das sind 75
Prozent [im Jahr]! Die Gesamtschulden der Bauernschaft waren 1921 400 Millionen
Pfund. 1937 waren sie auf 1.350 Millionen Pfund gestiegen. Dies bedeutet, dass
im Durchschnitt jeder Bauer Schulden in Höhe von mindestens fünf
Jahreseinkommen hat! Mit der Last der britischen Imperialisten plus der
Geldverleiher plus der Grundherren wird die Sklaverei der Massen ständig
größer.
Diese Zahlen stellen, wie Trotzki über ähnliche Statistiken im
zaristischen Russland sagte „ein fertiges Programm für den Bauernkrieg dar.“
Der Unterschied ist, dass das Problem in Indien sogar noch intensiver als in
Russland ist; die Armut, die Landlosigkeit der Bauernschaft ist noch
schlimmer, die Abzüge und Auspressungen der Grundherren und Imperialisten noch
größer. Man kann hinzufügen, dass die Verbindungen zwischen den Grundherren
und der indischen Bourgeoisie noch fester sind als sie es in Russland waren.
Dies diktiert den unausweichlichen Verrat der Organisationen der Bourgeoisie,
von denen die Kongresspartei die größte Unterstützung hat, an der Bewegung
gegen den Imperialismus.
Die Kongresspartei ist die Vertreterin der indischen Kapitalistenkasse.
Aber sie hat die Unterstützung der überwältigenden Mehrheit des indischen
Volkes - Hindus und Moslems, ArbeiterInnen und BäuerInnen - bei ihren
Bestrebungen für nationale Befreiung vom britischen Imperialismus. Aber die
Kapitalisten im Kongress ersehnen einen Kampf bis zum Ende gegen den
britischen Radsch nicht wirklich.
Die Großkapitalisten in Indien, die den Kongress kontrollieren, sind
durch viele Verbindungen mit den Imperialisten auf der einen Seite und den
Großgrundbesitzern, Geldverleihern und Fürsten auf der anderen verbunden. Die
Bankiers und Großkapitalisten entstammen der Großgrundbesitzerklasse und haben
gleichzeitig Geld sowohl in Grund und Boden als auch Industrie investiert.
In den indischen Fürstenstaaten haben die Kapitalisten Investitionen,
die sie mit den Fürsten verbinden und der britische Imperialismus hat
entscheidenden Einfluss auf die Banken. Große Teile der Industrie werden in
Indien gemeinsam von britischem und indischem Kapital kontrolliert. Die
Finanzstruktur Indiens ist direkt mit der City von London verbunden. So mögen
Großgrundbesitzer, Kapitalisten, Fürsten und Imperialisten zwar untereinander
streiten, wie die aus den indischen ArbeiterInnen und BäuerInnen herausgepresste
Beute aufgeteilt wird, aber sie stehen wie ein Mann gegen jeden Versuch, des
indischen Volkes, diesem Mehrwert ins Gehege zu kommen.
In den Massenkämpfen gegen den britischen Imperialismus 1922 und
1929-31 wurde dafür der schlagende Beweis geliefert. Sobald die Bewegung
drohte, die BäuerInnen in den Kampf zu führen, beeilte sich die Bourgeoisie
durch den Kongress, vor dem britischen Imperialismus zu kapitulieren. Palme
Dutt beschreibt in seinem Buch „India Today“, das während der letzten Phase der
Komintern [während dem Hitler-Stalin-Pakt 1939-41] geschrieben wurde, als sie
Britannien als den „reaktionärsten“ Imperialismus ansah, den Verrat des
Kongress an der Massenbewegung:
„Zweifellos konnte auf ein Kommandowort des Kongresszentrums dieser
Prozess (Verweigerung der Steuerzahlung; in Guntur wurden nicht einmal 5
Prozent eingetrieben) im ganzen Land losgetreten werden. Es hätte sich in eine
allgemeine Verweigerung der Zahlung der Bodenerträge und Pachten verwandelt.
Aber dieser Prozess hätte nicht nur das Wegfegen des Imperialismus, sondern
auch des Großgrundbesitzes bedeutet. … Die Bardoli-Resolution wies … die
örtlichen Kongresskomitees an, den Bauern die Zahlung der Bodensteuer und
anderer Steuern an die Regierung zu befehlen … Das Arbeitskomitee wies
Kongressaktivisten und Organisationen an, die Ryots (Bauern) zu informieren,
dass Zurückhaltung der Pachtzahlungen an die Zamindare (Grundbesitzer) der
Kongressresolution widerspreche und die besten Interessen des Landes verletze
… Das Arbeitskomitee versicherte den Zamindaren, dass die Kongressbewegung
keineswegs die Absicht hat, ihre legalen Rechte anzugreifen, und dass
selbst da, wo die Ryots Beschwerden haben, das Komitee eine Lösung durch
Aussprache untereinander und Schlichtung ersehnt.“
Hier können wir das Wesen des Verrats des Kongress am nationalen Kampf
1930-34 sehen: Furcht vor dem Wecken der aufgestauten Gefühle der BäuerInnen,
die sich in einem Kampf nicht nur gegen die britische Regierung (dessen sichtbares
Symbol der Steuereintreiber war) sondern auch gegen den einheimischen Ausbeuter
entladen würden. Im Befreiungskampf würde der Bauer so wenig auf die feinen
Unterschiede zwischen Großgrundbesitzern, Steuereintreibern und Geldverleihern
achten, wie er auf die Unterscheidung zwischen dem anderen Ungeziefer, das
ihn aussaugt - den Läusen, Fliegen und Wanzen - achtet.
Das Streben der BäuerInnen, sich von ihren schrecklichen Lasten zu
befreien, hat auf dem Land zur Entwicklung von Kampforganen zur Führung dieser
Bewegung geführt. Diese Organe waren die Bauernkomitees, die unabhängig vom
bürgerlichen Nationalkongress entstanden sind. Die erste gesamtindische
Bauernorganisation wurde 1936 gebildet - die All-India Kisan Sabha. 1939
betrug die Mitgliedschaft schon 800.000. In ihrem Programm war die Forderung
nach völliger nationaler Unabhängigkeit und ein demokratischer Staat des
indischen Volkes enthalten, was letztlich zur „ArbeiterInnen- und
Bauernherrschaft“ führt.
Die Führung hat mangels einer anderen Perspektive diese unabhängigen
Organisationen dem Kongress untergeordnet, obwohl sie zunehmend mit ihm
kollidiert. Wenn die Bewegung nicht das Schicksal der Bauernbewegung in China
erleiden soll, muss sie Führung im industriellen Proletariat finden. Diese
Bauernkomitees, die schon ein Stadium erreicht haben, das die Organisation der
russischen BäuerInnen vor der Revolution 1917 übertrifft, sind zweifellos ein
Ausdruck des Drucks des ländlichen Proletariats. Morgen müssen sie verbunden
mit Aktionskomitees der ArbeiterInnen in den Städten - das heißt: Sowjets -
unausweichlich eine große Rolle bei der Mobilisierung des indischen Volkes im
Freiheitskampf spielen. Unterordnung unter die Bourgeoisie würde
unausweichlich eine Katastrophe bedeuten. Nur bei der Organisierung der
BäuerInnen um ihre eigenen Komitees und in ihren eigenen Interessen in Zusammenarbeit
mit der Führung der ArbeiterInnen in den Städten wird die Agrarrevolution
erfolgreich durchgeführt werden. Subhas Bose, der radikale Kleinbürger auf
dem linken Flügel des Kongress, ist jetzt, nachdem er daran verzweifelt ist,
die Freiheit von den Briten zu erhalten, im Lager der Vergewaltiger des
chinesischen Volkes gelandet - dem Lager des militärisch-feudalen japanischen
Imperialismus. Wang Tsching Wei, der als der chinesische Bose beschrieben
werden könnte, verriet die Massen auch und endete als Chef der
Marionettenregierung Japans. Das ist eine große Lehre für die Sackgasse, in der
sich nicht nur die Bourgeoisie, sondern auch das radikale Kleinbürgertum
befinden. Diese Elemente müssen unausweichlich in dem einen oder anderen
imperialistischen Lager enden, wenn sie es nicht schaffen, sich auf das
fortschrittliche Programm der ArbeiterInnen- und Bauernregierung zu stützen.
Wegen der strengen Zensur sind Nachrichten von Kämpfen der indischen Arbeiterklasse
selten. Aus einzelnen Berichten von Matrosen, die Indien besuchten, und
indischen ArbeiterInnen ist es klar, dass es keine Unterbrechung des
Klassenkampfes gegeben hat - eher eine Intensivierung.
Das schnelle Wachstum des Proletariats kann man daraus ersehen, dass zwischen
1921 und 1931 die Zahl der in Betrieben von mehr als zehn Beschäftigten
arbeitenden ArbeiterInnen von 2,6 Millionen auf 3,5 Millionen stieg. In dem
folgenden Jahrzehnt und besonders in den letzten zweieinhalb Jahren Krieg mit
der starken Zunahme der Schwerindustrie für den Krieg, ist diese Zahl emporgeschnellt.
Selbst wenn man den engsten Begriff von Proletariat verwendet, ist es heute
viel größer als die fünf Millionen, die 1931 geschätzt wurden. Zu diesem Kern
von wirklichen IndustriearbeiterInnen muss man etwa 20 Millionen Handwerks-ArbeiterInnen
dazuzählen, die in Betrieben unter zehn Beschäftigten arbeiten. Diese sind
lohnabhängig und stellen eine Reserve für die industrielle Arbeiterklasse dar.
Sie werden der Führung des entscheidenden Teils des bewussten Proletariats
folgen. Zusätzlich dazu gibt es das Landwirtschaftsproletariat, das jetzt auf
etwa die halbe Bauernschaft geschätzt wird - das heißt: ungefähr 130
Millionen.
In den zehn größten Städten ist die Bevölkerung im letzten Jahrzehnt um
85 Prozent von 5.309.000 auf 8.183.000 angestiegen. Kalkutta hat seine
Bevölkerung um 85 Prozent und Bombay um 28 Prozent gesteigert. Etwa ein
Dutzend weitere Städte, die in dieser Zahl nicht enthalten sind, haben ihre
Bevölkerung um fünfzig bis hundert Prozent vergrößert. Dieser gewaltige Anstieg
in der Zahl des Proletariats steigert sein spezifisches Gewicht in der
indischen Gesellschaft ungeheuer.
Aus den spärlichen Regierungsstatistiken, so voreingenommen und
unvollständig sie sind, ist es trotzdem möglich, eine Vorstellung von der
Dynamik der Ereignisse in Indien zu bekommen. In den letzten paar Jahren waren
trotz der Zunahme der Industrie die einzigen Wirtschaftszweige, in denen es
einen Rückgang gab Reis und Baumwollverarbeitung. Diese sind indische
Wirtschaftszweige für den Verbrauch und daher ist ihr Niedergang ein Maß für
die sich verschärfenden Bedingungen für die Massen. Ein Regierungsbericht, der
diesen Niedergang bestätigt, hat eine Durchschnittsverschuldung der
Arbeiterfamilien in der Höhe von vier Monatslöhnen geschätzt. Das war 1939,
als die Wirkungen des Krieges gerade erst spürbar wurden.
Der ArbeiterInnen antworteten auf die Angriffe auf ihren Lebensstandard.
Dieses Erwachen kann man aus Regierungsberichten der verschiedenen Provinzen
beobachten, wo bittere Streiks in Fabriken in sowohl britischem als auch
indischem Eigentum berichtet werden. Im März 1940 streikten 160.000
TextilarbeiterInnen für „Teuerungs“zulagen; das heißt für Lohnerhöhungen, um
den steigenden Lebenshaltungskosten zu begegnen. Drei Führer wurden verhaftet.
Der Aktionsrat des Bombayer Gewerkschaftsdachverbandes rief zu einem
Sympathie-Generalstreik auf. In der Mehrheit der Fälle ist es die selbe
Geschichte - Streik um Streik, die zu Gewaltausbrüchen und offenen Kämpfen
zwischen Polizei und Streikenden und zu Verhaftungen führen. Nach den
Berichten begannen die meisten Streiks als Streiks gegen persönliche Beleidigungen,
schlechte Behandlung und Schikane von ArbeiterInnen; Streiks für die Entlassung
von Vorarbeitern und Managern und Sympathiestreiks für andere ArbeiterInnen.
Aber sobald Streiks begonnen hatten wurden regelmäßig Lohnforderungen
aufgestellt, was die ständig zugrundeliegende wirtschaftliche Unzufriedenheit
enthüllte.
Das hohe Bewusstseinsniveau und die Militanz der indischen
Arbeiterklasse konnte man in einem Streik in den Zuckerfabriken in Bihar 1939
sehen. Er begann als Solidaritätsstreik und entwickelte sich zu einem Punkt,
wo Forderungen nach vergrößerter Versorgung mit Heizmaterial, Bettzeug und
besseren Wohnungen aufgestellt wurden. Aber bedeutsam sind die Worte des
offiziellen Regierungsberichts über den Streiks: „Alle Forderungen wurden
gewährt außer der Bildung eines Komitees zum Managen des Konzerns und
der unmittelbaren Lohnerhöhung.“ Hier sehen wir den Ausdruck des elementaren
Strebens der ArbeiterInnen, die Industrie - und durch sie das Schicksal der
Nation - in ihre Hand zu nehmen.
Die kämpferische Bewegung unter den ArbeiterInnen muss unausweichlich sowohl
antikapitalistische als auch antiimperialistische Form annehmen. Die ArbeiterInnen
in den Städten interpretieren den Kampf gegen die verhasste Herrschaft als
Zusammenstoß mit der indischen Bourgeoisie. Das elementare Streben der
Arbeiterklasse, die Führung zu übernehmen, wird eine neue Schicht von
kämpfenden Führer hervorbringen, die im Feuer des Kampfes geschmiedet und gestählt
werden. Vor dem Ausbruch des Krieges erkannte die Regierung von Bihar die
drohenden Vorzeichen des Anstiegs der Arbeiterbewegung. Ihr Bericht erklärt:
„Das Jahr 1938 war weiterhin durch allgemeine Unruhe gekennzeichnet.
Wie letztes Jahr berichtet lag das an durch das Auftreten von politischen
Führern unter der Arbeiterklasse geweckten Erwartungen …Es gab 1938 16
Streiks einschließlich einer Aussperrung, im Vergleich zu 11 1937.“
Das elementare Streben der
Arbeiterklasse, die Führung zu übernehmen und ihre herausragende Stellung im
Kampf zeigte sich in der Bewegung 1929-31, die durch eine Streikbewegung von
kolossalen Ausmaßen eingeleitet wurde. Auf der Kongress-Jahrestagung in
Kalkutta, die unmittelbar vor der Bewegung angehalten wurde, demonstrierten
50.000 ArbeiterInnen mit der Parole „Eine unabhängige sozialistische
Republik Indien!“ Diese Tendenz hin zu einer unabhängigen Arbeiterführung
des nationalen Kampfes kam wieder zum Beginn des Ausbruch des Krieges in einem politischen
Antikriegsstreik von 80.000 ArbeiterInnen in Bombay zum Ausdruck.
Unter den außerordentlichen Bedingungen des Erwachens der ArbeiterInnen
und BäuerInnen in ganz Indien wird sich diese Schicht an der Spitze der ganzen
Nation finden. Alles, was sie brauchen, ist eine Politik, die ihnen die Rolle
bewusst macht, die sie instinktiv anstreben. Die fortgesetzten Rückschläge und
Niederlagen der Briten werden die unterdrückten Massen Indiens mit einem neuen
Selbstvertrauen ausstatten, ihren imperialistischen Herren entgegenzutreten.
Wie es ein indischer Student nach dem Fall von Singapur ausdrückte: „Großer
Gott! Jahrelang haben wir uns eingebildet, diese Leute seien so stark, aber
schaut sie euch an! Wir haben vor einem Phantom Angst gehabt!“
Das Versagen der Bourgeoisie, einen Kampf für die Befreiung der Massen
zu führen, das die selben Gründe wie in Russland hat, gibt dem jungen
Proletariat die Möglichkeit, die Aufgaben erfolgreich zu verwirklichen, die in
der Vergangenheit von der nationalen Bourgeoisie vollbracht wurden, und den Weg
für eine neue Entwicklung der Gesellschaft zu bereiten. In Indien ist das
Proletariat die einzige Klasse, die die Probleme der Massen lösen und die
Nation im Kampf gegen den Imperialismus, Feudalismus und Großgrundbesitz
konsequent führen kann Die kleine, aber schnell wachsende Klasse, kann die
verstreute Bauernschaft führen und, indem sie die Macht in ihre eigenen Hände
nimmt, zuerst mit der Durchführung der bürgerlich-demokratischen Revolution
beginnen. Von dort wird sie durch die Logik ihrer Stellung unausweichlich zu
den sozialistischen Aufgaben vorwärtsgehen. Dies ist im Kern die einzige
Lösung für die indische Revolution, die jetzt begonnen hat - dies ist die
permanente Revolution.
Das indische Proletariat ist nicht isoliert. Wie das Proletariat Russlands
entspringt es direkt aus der Bauernschaft. Die große Mehrheit waren selbst
BäuerInnen oder haben Verwandte in den Dörfern. Die ArbeiterInnen haben
direkte Verbindungen mit den BäuerInnen und vor allem mit den vielen Millionen
ländlichen ProletarierInnen und ländlichen HalbproletarierInnen.
Zusammen mit dem Anstieg der Militanz fand das Erwachen der zig
Millionen durch die Kriegskrise statt. Die Massen wollen keinen Sieg Japans;
sie haben die schreckliche Ausbeutung und Unterdrückung der chinesischen und
koreanischen Massen durch den japanischen Imperialismus gesehen. Ihre
kritische Haltung nicht nur gegenüber dem britischen Imperialismus, sondern
auch gegenüber den Verrätern des bürgerlichen Nationalkongresses treibt sie
unwiderstehlich zum Versuch, sich auf einer unabhängigen Klassenbasis zu
organisieren. Die bitteren Kämpfe, die die ArbeiterInnen gegen ihre
Arbeitgeber geführt haben, und die Kämpfe der BäuerInnen gegen die Großgrundbesitzer
treiben die Notwendigkeit einer unabhängigen Klassenorganisation in ihr
Bewusstsein.
Die Theorie der Permanenten Revolution beruht auf der Unfähigkeit der
Bourgeoisie in rückständigen Ländern, die Aufgaben der
bürgerlich-demokratischen Revolution zu lösen; die nationale Befreiung aus den
Fesseln des Imperialismus, die Beendigung der feudalen Teilung des Landes in
getrennte Provinzen und seine Einigung in ein einheitliches Ganzes, die
Aufteilung des Landes unter der Bauernschaft und die Einführung einer demokratischen
Verfassunggebenden Versammlung. In der Vergangenheit wurden diese Aufgaben wie
in Frankreich und Britannien von der jungen und kräftigen Bourgeoisie gelöst.
Aber jetzt ist unter den Bedingungen des Weltimperialismus die koloniale
Bourgeoisie nicht länger fähig, diese fortschrittlichen Aufgaben durchzuführen.
Das macht es entscheidend, dass das Proletariat, so schwach es zahlenmäßig auch
ist, die Führung der ganzen Nation übernimmt, wenn der Kampf für Befreiung
erfolgreich sein soll. Nur so können die Aufgaben Indiens gelöst werden. Die
rebellische Bauernschaft muss in den städtischen ArbeiterInnen einen
Verbündeten und einen Führer finden.
Aber um dies zu erreichen, wird es für das Proletariat notwendig sein,
die Macht zu übernehmen. Sobald sie das gemacht haben, werden sie nicht nur zur
Lösung der bürgerlichen Aufgaben, sondern auch der sozialistischen Aufgaben
weitergehen. Dabei werden sie die Unterstützung der internationalen
Arbeiterklasse brauchen, das heißt die Ausdehnung der proletarischen
Revolution auf andere Teile der Welt.
Bei der Analyse der Tragödie der chinesischen Revolution schrieb
Genosse Trotzki:
„Keine einzige Aufgabe der
„bürgerlichen“ Revolution kann in diesen verspäteten Ländern unter der Führung
der „nationalen“ Bourgeoisie gelöst werden, denn diese erhebt sich sogleich,
am ausländischen Gängelband geführt, zu einer dem Volk fremd und feindlich
gegenüberstehenden Klasse. Jede Etappe in ihrer Entwicklung wird sie nur noch
enger mit dem ausländischen Finanzkapital zusammenbringen, dessen Agentur sie
ihrem Wesen nach ist. Das koloniale Kleinbürgertum in Handwerk und Handel wird
das erste Opfer des ungleichen Kampfes gegen das ausländische Kapital, sinkt
zu wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit hinab, wird deklassiert und
pauperisiert und kann nicht an eine selbständige politische Rolle denken. Die
Bauernschaft, die zahlreichste und zersplittertste, die rückständigste und
unterdrückteste Klasse, ist zu örtlichen Aufständen und zu Partisanenkriegen
fähig, benötigt aber als Führung eine progressivere und stärker zentralisierte
Klasse, damit dieser Kampf auf eine gesamtnationale Ebene gehoben werden kann.
Die Aufgabe einer solchen Führung liegt natürlich beim kolonialen Proletariat,
das sich vom ersten Schritt an nicht nur der ausländischen, sondern auch der
eigenen, nationalen Bourgeoisie entgegenstellt“ (Leo Trotzki, Vorwort zu
Harold R. Isaacs’, The Tragedy of the Chinese Revolution, 1938, deutsch in Leo
Trotzki: Schriften 2. Über China, Band 2.2 1928-40, Hamburg 1990, S. 907-919,
hier S. 912)
In China hätte die Revolution 1925-27 ziemlich leicht einen Erfolg
erreichen können. Wenn die koloniale Bourgeoisie eine fortschrittliche Rolle
spielen könnte wäre dies sicher in China, wo die einheimischen Kapitalisten wenigstens
formell vom Imperialismus unabhängig waren, mehr als in Indien der Fall. Aber
die chinesische Bourgeoisie stellte sich wie in Indien an die Spitze der
Massenbewegung, um vom Imperialismus Zugeständnisse zu gewinnen. Aber sobald
sich die BäuerInnen in die Richtung der Agrarrevolution zu bewegen begannen
und die ArbeiterInnen nach der Übernahme der Kontrolle über die Industrie
strebten, verriet die alarmierte Bourgeoisie unter der Führung von Tschiang
Kai-schek die chinesische Revolution und schloss einen Kompromiss mit dem
Imperialismus. Sie waren gezwungen, vor dem Imperialismus zu kapitulieren,
denn sie konnten wegen ihrer Verbindung zu den Großgrundbesitzern und
Militaristen kein einziges größeres Problem lösen.
Trotzkis Theorie der Permanenten Revolution wurde von der Komintern zur
Rechtfertigung ihrer bedingungslosen Unterstützung für die chinesische Bourgeoisie
(Stalins Block der vier Klassen) angegriffen. Diese Unterstützung führte zur
Niederlage der chinesischen Revolution und lieferte die chinesischen ArbeiterInnen
und BäuerInnen der Konterrevolution auf Gnade und Ungnade aus. Ende 1930
schätzte die Rote Hilfe, dass nicht weniger als 140.000 chinesische ArbeiterInnen
und BäuerInnen unter der Führung von Tschiang Kai-schek getötet worden waren
oder in den Gefängnissen der Kuomintang gestorben waren.
In Russland war die Bourgeoisie wegen genau der gleichen Verbindungen
wie in China und Indien unfähig, einen Kampf gegen den zaristischen
Feudalismus, die Kirche und die Großgrundbesitzer zu führen. Das gab dem
jungen Proletariat die Möglichkeit, die Aufgaben erfolgreich zu lösen, die in
der Vergangenheit von der Bourgeoisie durchgeführt worden waren und den Weg für
eine neue und höhere Entwicklung der russischen Gesellschaft zu bereiten. In
seinen auf dem Zweiten Kongress [der Komintern 1920] angenommenen Thesen zur
Kolonialen Frage schrieb Lenin:
„Es lassen sich zwei Bewegungen
feststellen, die mit jedem Tage mehr auseinander gehen. Eine von ihnen ist
die bürgerlich-demokratische nationalistische Bewegung, die das Programm der
politischen Unabhängigkeit unter Beibehaltung der kapitalistischen Ordnung
verfolgt; die andere ist der Kampf der besitzlosen [und unwissenden] Bauern
[und Arbeiter] um ihre Befreiung von jeglicher Ausbeutung. Die erste Bewegung
versucht, oft mit Erfolg, die zweite zu kontrollieren; die Kommunistische
Internationale aber muss gegen eine derartige Kontrolle ankämpfen, und die
Entwicklung des Klassenbewusstseins der Arbeitermassen der Kolonien muss
demgemäss auf den Sturz des ausländischen Kapitalismus gerichtet werden [wobei
die Zusammenarbeit mit bürgerlich-nationalistischen Elementen nützlich ist].
Die wichtigste und notwendigste Aufgabe jedoch ist die Schaffung kommunistischer
Organisationen der Bauern und Arbeiter. um diese zur Revolution und zur Errichtung
der Sowjetrepublik zu führen. Auf diese Weise werden die Volksmassen in den
rückständigen Ländern nicht durch die kapitalistische Entwicklung, sondern
[durch die Entwicklung des Klassenbewusstseins], unter der Führung des bewussten
Proletariats der fortgeschrittenen Länder dem Kommunismus angeschlossen
werden.
In der ersten Zeit wird die
Revolution in den Kolonien keine kommunistische Revolution sein; wenn jedoch
von Anfang an die kommunistische Vorhut an ihre Spitze tritt, werden die
revolutionären Massen auf den richtigen Weg gebracht werden, auf dem sie durch
allmähliche Sammlung von revolutionärer Erfahrung das gesteckte Ziel
erreichen werden. (…) Auf der ersten Stufe ihrer Entwicklung muss die
Revolution in den Kolonien nach dem Programm [unter Einschluss] rein kleinbürgerlicher
reformistischer Forderungen, wie Aufteilung des Landes usw., durchgeführt
werden. Daraus aber folgt nicht, dass die Führung in den Kolonien sich in den
Händen der bürgerlichen Demokraten befinden darf. Im Gegenteil, die proletarischen
Parteien müssen eine intensive Propaganda der kommunistischen Ideen
[Sowjetidee] betreiben und bei der ersten Möglichkeit Arbeiter- und Bauernräte
gründen.“ [Das ist nicht aus Lenins Thesen, sondern aus den ebenfalls vom
Kongress angenommenen Ergänzungsthesen von N. Roy, Punkt 7 und Teile von Punkt
9, die deutsche Fassung von 1920 unterscheidet sich von der von Grant und
Haston zitierte englische Fassung - der Übersetzer]
Bewaffnet mit dieser Politik wurde das russische Proletariat zum Sieg
geführt; allein mit dieser Politik wird das indische Proletariat zum Sieg
geführt werden. Aber was für ein himmelweiter Unterschied ist zwischen dem und
der gegenwärtigen Politik von Stalin und der Komintern! Heute krönt der
Stalinismus seine schändliche Bilanz mit einem noch gemeineren Verrat. Vom
Kampf gegen den Imperialismus, für den sie in Worten standen, sind sie jetzt
seit dem Angriff auf Sowjetrussland in eine Position von Agenten des britischen
Imperialismus vorgerückt-
Zu einer Zeit, wo der Massenkampf anstieg, ordneten sie den Kampf den
Forderungen des bürgerlichen Nationalkongresses unter und blieben als loyale
Opposition innerhalb der Organisation. Statt um die Führung der Arbeiterklasse
durch den Aufbau der Kommunistischen Partei, die unabhängig von den
Kapitalisten ist, zu kämpfen, organisierten sie sogenannte ArbeiterInnen- und
Bauernparteien, die so mysteriös an der Oberfläche erschienen wie sie wieder
verschwanden. Nachdem sie sich so ihre Finger verbrannt hatten, vertraten sie
die ultralinke Politik in der Periode des Massenaufschwungs von 1929-32; sie
prangerten den Kongress als „faschistisch“ an und schafften es durch diese
Methoden, sich von der Massenbewegung zu isolieren und senkten gleichzeitig das
Klassenbewusstsein der indischen Massen.
In der gegenwärtigen Periode unterstützen sie die vom Kongress
eingenommene Stellung so weit sie es wagen, ohne sich völlig zu diskreditieren.
Sie unterscheiden sich vom Kongress vor allem darin, dass se gegenüber den
Imperialisten noch knechtischer sind, von denen sie jetzt behaupten, sie würden
einen fortschrittlichen antifaschistischen Krieg führen. Wie ihre
Gesinnungsfreunde in Malaya, Singapur, Java und Birma fordern sie „Einheit“ mit
dem britischen Imperialismus gegen Japan. Aber so eine Politik kann nur die
selben Ergebnisse wie in diesen Ländern haben.
Die Forderung nach einer „nationalen Regierung“ in Indien ist die
Forderung nach einer Vereinbarung der indischen Kapitalisten und
Großgrundbesitzern mit den britischen Imperialisten, die gegen die Massen
gerichtet wäre.
Der Stalinismus demoralisiert und verwirrt nur die Vorhut der
Arbeiterklasse. Seine Politik der Kollaboration mit dem Unterdrücker kann die
Unterstützung der herabgetretenen Massen in den Kolonialländern gegen einen
Invasor nicht gewinnen. Dieser Weg führt nur zur fortgesetzten Herrschaft des
einen oder anderen Imperialismus und zur unausweichlichen Niederlage der Massen
in ihrem Kampf für sowohl nationale als auch soziale Emanzipation. Soweit diese
Politik überhaupt eine Wirkung hat, schwächt sie die Achsenmächte nicht,
sondern hilft nur beim japanischen Vormarsch, indem sie unter den Massen
Desillusionierung und Demoralisierung verbreitet. Sie helfen keineswegs der
Sowjetunion, sie helfen ihren Feinden.
Die indischen TrotzkistInnen, die Vorhut der indischen Arbeiterklasse,
stützen sich auf die Lehren von Lenin und stellen die Forderung der sofortigen
Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung auf. Dies ist die elementare
demokratische Forderung - das Recht der Völker, ihre eigenen VertreterInnen
durch allgemeines Wahlrecht zu wählen. Der Kampf für eine Verfassunggebende
Versammlung beinhaltet den Kampf für elementare Menschenrechte, die dem
indischen Volk von Churchill und seiner Regierung vorenthalten werden; das
Recht auf Rede- und Organisationsfreiheit; die Freilassung der Tausenden
politischen Gefangenen, die in indischen Gefängnissen schmachten; eine Wahl im ganzen
Land auf der Grundlage allgemeinen Wahlrechts für Erwachsene ab 18 Jahre ohne
Eigentums- und andere Beschränkungen; Land den BäuerInnen; Lohn, der zum Leben
reicht, für das Proletariat, einschließlich Achtstundentag; Verbot von
Kinderarbeit; Enteignung der Kriegsprofite.
Diese Parole wird sofort Unterstützung von den Arbeiterorganisationen
bekommen; von den Gewerkschaften, von den in den Fabriken errichteten Räten,
von den Streikkomitees und Gebietskomitees. Sie wird unmittelbare Resonanz von
den Bauernräten bekommen, die als Organe des Kampfes gegen die
Großgrundbesitzer und Steuereintreiber errichtet wurden, und die immer noch
trotz aller Unterdrückung weiter funktionieren. Im Verlauf des Kampfes für die
Verfassunggebende Versammlung werden die Massen durch ihre eigene Erfahrung
überzeugt werden, dass die Lösung für ihre Probleme in ihren eigenen Händen
liegt. Nur durch die von der Bauernschaft unterstützte Diktatur des
Proletariats - das heißt durch de Stützung auf Lenins Formel - kann die Befreiung
Indiens erreicht werden.
Die völlige Unfähigkeit des Kongress und der indischen Kapitalisten,
einen Kampf für Freiheit zu führen, zeigt sich in ihrem Versagen, eine
konsequente Agitation für die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung
zu führen. Wir sagen „konsequent“, weil die Frage von Zeit zu Zeit von Teilen
des Kongresses aufgeworfen wird. Aber zu einer Zeit, wo der britische
Imperialismus schwach wie nie ist und sich als großer „Demokrat“ darstellt,
wagen sie es nicht, die Forderung der Verfassunggebenden Versammlung
aufzustellen, weil sie die indischen Massen fürchten. Dies allein enthüllt mehr
als alles andere die Rolle der indischen Bourgeoisie als Agenten des britischen
Imperialismus. Selbst wenn sie die Losung aufstellen könnten, könnten sie in
der Frage nicht von Worten zu Taten übergehen.
In Russland waren die Kapitalisten 1917 gezwungen, die Parole in Worten
zu „akzeptieren“, sabotierten aber eifrig alle Versuche, die Verfassunggebende
Versammlung einzuberufen und widersetzten sich ihnen. In Indien sind die
Kapitalisten nicht einmal so weit gegangen. Statt dass der Kongress die
gegenwärtige Lage nutzt, um einen Kampf gegen die britische Herrschaft zu
führen, macht er einen verzweifelten Versuch, zu einer Vereinbarung mit
Whitehall zu kommen. Der Hauptkampf im Kongress zwischen den verschiedenen
Teilen ging darum, einander beim Kriechen zu Füßen des britischen
Imperialismus zu übertreffen.
An erster Stelle muss der Kampf in Indien gegen alle Imperialismen
geführt werden - und vor allem muss der Verrat des Kongress als Werkzeug des
Imperialismus schonungslos entlarvt werden. Wenn der Kongress es gewollt
hätte, hätten die Schwierigkeiten der Lage des britischen Imperialismus in
Verbindung mit dem Wiedererwachen des politischen Lebens der indischen Massen
dazu dienen können, den Weg für einen völligen Sieg über die Kräfte der
britischen Herrschaft zu bereiten. Die Machtübernahme durch den Kongress und
die Mobilisierung der - bewaffneten - ArbeiterInnen und BäuerInnen hätte die
Bedrohung durch eine japanische Invasion unmöglich gemacht. Kein Armee der
Welt könnte das Volk eines ganzen Subkontinents erobern und niederhalten, das
wirklich für seine Freiheit kämpfen würde. Die Bewaffnung der ArbeiterInnen
und BäuerInnen im Kampf gegen alle Imperialismen; die Übergabe des Landes an
die BäuerInnen; die Zerstörung der Macht der Fürsten; die Übernahme der
Industrie durch die ArbeiterInnen - das wäre die Totenglocke für alle
Imperialismen und würde die japanischen Militaristen sofort von ihren Thronen
stürzen, weil die japanischen Soldaten meistens selbst Bauern sind und auf die
Parole „Land an die BäuerInnen“ reagieren würden. Die indische Revolution
würde sich auf Japan ausdehnen und ganz Asien erleuchten.
Die Politik der britischen Arbeiterorganisationen
In dieser Lage ist es notwendig, sorgfältig die Politik der
Organisationen zu analysieren, die beanspruchen, die Interessen der britischen
Arbeiterklasse zu vertreten. Denn wie Lenin einmal bemerkte ist die Nagelprobe
für Leute in den Metropolenländern, besonders in Britannien, die beanspruchen
SozialistInnen zu sein, ihre Haltung zur Kolonialfrage; der Weg zur Befreiung
der ArbeiterInnen in Britannien führt über Indien; der Test besteht nicht nur
darin, die Ungerechtigkeiten des Imperialismus in Worten abzulehnen, sondern
die ArbeiterInnen in Britannien systematisch aufzuklären und den ArbeiterInnen
und BäuerInnen Indiens systematisch beim Kampf gegen die selben Unterdrücker
zu helfen.
Die Labour- und Gewerkschaftsbürokratie hat klar gezeigt, dass sie
Wachhunde der Interessen des britischen Imperialismus sind. Sie sind sogar noch
eifriger dabei als die Imperialisten selbst, den Zugriff der Geier auf Indien
zu verteidigen. Der Verlust Indiens würde für sie das Ende der Privilegien
bedeuten, die die Oberschicht von Labour Party und Gewerkschaften und die
besser bezahlte Schicht der ArbeiterInnen genießen. Diese Privilegien sind
ihnen nur wegen der Superausbeutung der indischen und der kolonialen Massen
als Krümel vom Tisch der Bourgeoisie zugefallen. Der einzige Unterschied
zwischen den Labour-Führern und Churchill in dieser Frage ist, dass erstere
heuchlerischer und weniger ehrlich sind.
In einer kürzlichen Rede ist Bevin zur Verteidigung von Indiens
„Unterprivilegierten“ aufgetreten. Er vergoss Krokodilstränen, er schwor,
dass die Arbeiterbewegung die 50 Millionen Unberührbaren nicht der Gnade der
Mehrheit des indischen Volkes überlassen würde - das heißt der Gnade der
indischen ArbeiterInnen und BäuerInnen! Anscheinend möchte er andeuten, dass
die Briten Indien seit 200 Jahren unterjocht haben, um die Interessen der
ungeschützten „Minderheiten“ zu vertreten. Während der ganzen Periode ihrer
Herrschaft haben es die britischen Imperialisten geschafft, die widerwärtigste
Sklaverei - besonders die Kaste der Unberührbaren - beizubehalten, unter dem
Vorwand, sie könnten sich nicht in indische Bräuche einmischen!
Bevin und seine Gesinnungsfreunde hatten in den Labour-Regierungen 1924
und 1929-31 die Gelegenheit, die Ehrlichkeit ihrer Sorge für das Wohlergehen
von Indiens „Unterprivilegierten“ zu zeigen. Aber sie waren zu sehr damit
beschäftigt, die InderInnen ins Gefängnis zu sperren, zu unterdrücken und zu
erschießen, die forderten, dass sie Labours Versprechen der Freiheit für
Indien in die Tat umzusetzen. Von der zweiten Labour-Regierung wurden nicht
weniger als 60.000 InderInnen eingesperrt.
Die unter dem Banner der „Tribune“ versammelten Labour-Linken spielen
eine noch gefährlichere Rolle. Sie „diskutieren“ mit Churchill und Bevin und
verweisen auf den Nutzen, den Britannien durch Zugeständnisse an Indien haben
würde. Es ist der klassische Ausdruck der Rolle des „linken“ Flügels der Labour
Party, dass die britische Bourgeoisie ihre Drecksarbeit einem von ihnen machen
lassen sollte - Sir Stafford Cripps. Unter den links klingenden Phrasen, die
wie schlechter Lack die Politik der „Tribune“ verdecken, kann man die alten
Schandflecken der offiziellen Labour Party sehen:
„Worum es jetzt geht, ist eine
andere Frage. Es ist die Teilnahme Indiens am Kampf zum Sieg über den
gemeinsamen Feind. Wenn die Japse gewinnen, wird Selbstregierung in Indien
aufhören, auch nur akademisches Interesse zu haben. Daher wiederholen wir: was
jetzt getan werden muss, ist den Betrag an unmittelbarer Selbstregierung zu
bestimmen, der das Erreichen des ersten Zieles ermöglichen wird. Wenn die
indischen Führer ihre Ansprüche über diese Notwendigkeit hinaus steigern,
werden sie ihre eigene Sache verraten. Wenn die britischen Bedingungen hinter
dem zurückbleiben, werden sie das Ziel verfehlen.“
„Gebt den indischen Massen gerade so viel, dass sie die Illusion haben,
sie hätten etwas, wofür sie gegen die Japaner kämpfen müssen“ - das ist die
Politik der Labour-Linken. „Lockert die Ketten des indischen Volkes, damit der
Herr seine Dienste in der Stunde der Not erlangen kann.“
Die Kommunistische Partei verdeckt die wirklichen imperialistischen
Ziele des Krieges statt zu erklären, warum die Geier des britischen
Imperialismus die Ketten nicht abnehmen werden, und statt den betrügerischen
Charakter der Behauptung zu entlarven, dass sie einen Krieg gegen den
Faschismus führen würden. In der nach dem Scheitern der Cripps-Mission veröffentlichten
Partei-Erklärung schreiben sie:
„Die Verhandlungen platzten,
weil die britische Regierung keiner Bildung einer indischen Nationalregierung
zustimmen wird, die allein das Volk Indiens sammeln und alle seine Ressourcen
im Kampf gegen den Faschismus organisieren kann.“
Tatsächlich platzten die Verhandlungen, weil die britische Regierung
nicht bereit ist, auch nur der indischen Bourgeoisie - vom indischen Volk ganz
zu schweigen - den Schein nationaler Unabhängigkeit zu geben. Die Erklärung
fährt fort:
Die britische Regierung hat die
Lehren der Niederlagen in Hong Kong, Malaya, Singapur und Birma noch nicht
gelernt, wo sie es nicht schafften, die Völker für den Kampf Seite an Seite mit
Britannien gegen Japan zu gewinnen.“
Sie haben die Lehren noch nicht gelernt! Als ob die herrschende Klasse
irgend eine andere Politik betreiben könnte. Die erste Voraussetzung, um die
begeisterte Zustimmung der Massen im Kampf gegen Japan zu gewinnen ist, dass
sie etwas haben, wofür sie kämpfen können. Die herrschenden Klassen lieb zu
bitten, ihre Gesinnung zu ändern, heißt, die Vampire des Imperialismus zu
bitten, das Blut saugen bei den kolonialen Massen aus humanitären Gründen
freundlich zu unterlassen.
Man stelle dem Dutts Erklärungen zu Beginn des Krieges gegenüber, als,
die Rolle Britanniens korrekt als imperialistisch charakterisiert wurde.
„Nichts könnt gefährlicher
sein, als wenn der neue Ton der öffentlichen Verlautbarungen zu irgendwelchen
Illusionen führen würde, was die eisernen Realitäten der imperialistischen
Politik und Macht betrifft, oder was die Absicht des Imperialismus betrifft,
mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Macht zu behalten.“
Man kann zu keiner anderen Schlussfolgerung kommen, als dass Palme Dutt
und die Führer der Kommunistischen Partei die völlig in der marxistischen Charakterisierung
des Imperialismus und seiner Kolonialpolitik und Ziele geschult sind, bewusst
die britischen ArbeiterInnen täuschen.
In „World News and
Views“ vom 25. April 1942
schreibt Ben Bradley:
„Der Kongressvorschlag, dass
eine Nationale Regierung errichtet werde, die das Vertrauen des Volkes besitzt,
wurde von der britischen Regierung zurückgewiesen, bekommt aber in Indien große
Unterstützung, selbst von solchen britischen offiziellen Zeitungen wie dem
„Statesman“ in Kalkutta. Alle stimmen der Vertagung größerer Fragen bis nach
dem Krieg zu.“
Alle einschließlich der Kommunistischen Partei. Die Forderung nach einer
„Nationalen Regierung in Indien jetzt“ täuscht die indischen Massen nicht und
wird die britische Arbeiterklasse nicht täuschen. Was ist diese sogenannte
„nationale Regierung“? Soll es eine Koalitionsregierung der Fürsten, des
Kongress, der Moslemliga, von Liberalen, der Hindu Mahasabha, Kommunisten und
anderer sein? Wir wissen, dass die Parole der „nationalen Regierung“ immer
genutzt wurde, um die Massen zu täuschen und glauben zu machen, dass für ihre
Interessen gesorgt sei, während sie in Wirklichkeit ein Deckmantel für die
fortgesetzte Herrschaft der Unterdrücker ist. Die Kommunistische Partei ist
sich wohl bewusst, dass die einzige Methode, durch die die indischen Massen auf
den Weg der Freiheit geführt werden, die Einberufung einer Verfassunggebenden
Versammlung auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts ist. Aber Freiheit für
Indien - das heißt Freiheit für die ArbeiterInnen und BäuerInnen - würde die
Politik der stalinistischen Bürokratie durchkreuzen, Churchill zu
beschwichtigen.
Die KP-Führer versuchen, diese falsche Politik dadurch zu rechtfertigen,
dass sie sagen, sie sei Teil der Politik der Verteidigung der Sowjetunion.
Aber so eine Politik kann dies beileibe nicht erreichen, sondern nur zu einer
Katastrophe für die Sowjetunion und auch für die britischen und indischen
ArbeiterInnen führen.
Statt zu versuchen, die indischen ArbeiterInnen zu erreichen und ihnen
zu helfen, ihr eigene unabhängige Partei zu organisieren, rät ihnen die ILP
(Independent Labour Party) wohlwollend, Rettung bei Nehru zu suchen. Die Rolle
des bürgerlichen Nationalkongresses wurde von der Vierten Internationale lange
im Voraus klar vorhergesehen, besonders die Rolle des Teils, der unter dem
Druck der Bestrebungen der Massen eine „sozialistische“ Färbung annimmt.
Nehru, der auf den linken Flügel des Kongress stand und behauptete, den Sozialismus
zu unterstützen, wurde der eifrigste Befürworter der Kapitulation vor der
knauserigen Zugeständnissen, die Britannien anbietet.
Jahrelang stellten Brockway und andere zentristische Führer der ILP
Nehru sowohl gegenüber den britischen als auch indischen ArbeiterInnen als den
wirklichen Führer des Kampfes nicht nur für nationale, sondern auch für
soziale Freiheit in Indien dar. Wir wiesen konsequent darauf hin, dass Nehru an
keinem von beidem interessiert war. Die Logik seiner Stellung würde ihn in das
offene Lager des Imperialismus Führer. Der „New Leader“ veröffentlichte
Artikel und Bilder von Nehru als ihrem „sozialistischen“ Genossen. Brockway
wird zweifellos seinen Kopf traurig über diesen „unglücklichen“ Verrat
schütteln oder wird sich auf „außerordentliche Umstände“ berufen, um Nehrus
Verrat zu rechtfertigen, so wie Cripps schon jetzt gerechtfertigt wird. In
einer Wahlrede beklagt ihr Kandidat, dass Cripps - ein ehrlicher Mann - von der
Kapitalistenklasse benutzt wurde!
Wie immer lassen sich die Zentristen von der radikalen Bourgeoisie und
Mittelschicht am Nasenring herumführen. De Haltung der ILP zu Indien ist die
unausweichliche Frucht der ganze zentristischen Stellung in der vergangenen
Periode. Solch eine Partei kann keinen wirklichen Kampf für indische Freiheit
führen und kann daher auch keinen Kampf für Arbeitermacht in Britannien führen,
weil die beiden unlösbar verbunden sind.
Indem die Imperialisten den
Krieg auf den ganzen Planeten ausgedehnt haben, haben sie der permanenten
Revolution eine tiefgreifendere Bedeutung gegeben. Indem sie die ganze
koloniale Welt in den Konflikt ziehen, haben sie ihre Existenz selbst
gefährdet. Der letzte Krieg und seine Auswirkungen in der Russischen Revolution
riefen eine ganze Reihe von Kolonialaufständen und Revolutionen hervor: Türkei,
Persien, Indien, Arabien etc. Indem sie diese Gebiete direkt in den
Kampf einbeziehen, haben sie den kolonialen Kampf für nationale Freiheit und
Unabhängigkeit direkt mit dem Kampf der britischen ArbeiterInnen um die Macht
verbunden.
Es war eine Grundannahme revolutionärer Politik, dass das Schicksal der
ArbeiterInnen in Britannien unwiderruflich mit dem der Kolonialvölker
verbunden war - besonders mit der indischen Revolution. Die Ereignisse des
Krieges haben das Schicksal der indischen und britischen ArbeiterInnen
miteinander verknotet und solange die Arbeiterklasse dieses Landes nicht die
dringende Notwendigkeit versteht, mit ihrer Kapitalistenklasse und deren
imperialistischer Politik zu brechen und ihre Bruderhand den unterdrückten
kolonialen ArbeiterInnen und BäuerInnen entgegenzustrecken, werden sie schnell
in die Stellung ihrer kolonialen Brüder [und Schwestern] absinken.
Wenn die britischen ArbeiterInnen die indischen und kolonialen Massen
in eine wirklichen Kampf gegen Unterdrückung als Verbündete gewinnen wollen,
müssen sie den Weg einschlagen, nicht die britischen imperialistischen
Unterdrücker zu unterstützen, sondern gegen sie zu kämpfen und die Macht in
ihre eigenen Hände zu nehmen.
Nur wenn das indische Volk sieht, dass die britischen ArbeiterInnen
einen wirklichen Befreiungskrieg und nicht den gegenwärtigen
imperialistischen Krieg um Weltherrschaft führen, werden sie als begeisterte
Verbündete gewonnen werden.
Die britischen ArbeiterInnen stehen heute vor einer beispiellosen
Gelegenheit - und einer Gelegenheit, die nicht mehr unter so günstigen
Bedingungen wiederkommen wird, wenn sie verpasst wurde. Ein wirkliches Bündnis
zwischen den Arbeitenden Indiens und Britanniens kann heute herbeigeführt
werden durch einen völligen Bruch mit ihrem gemeinsamen Ausbeuter, dem
britischen Imperialismus und durch die Errichtung einer Arbeiterregierung. Nur
so eine Regierung, die auf die Enteignung des britischen Kapitalismus abzielt,
die auf einen völligen Bruch mit ihren brutalen und Generationen alten
Ausbeutern abzielt, kann die Freundschaft der Massen Indiens für einen gemeinsamen
Kampf gegen kapitalistische Reaktion überall gewinnen. Das Programm, auf
dessen Grundlage wir an die organisierte Arbeiterbewegung Britanniens appellieren,
ein Programm von demokratischen Minimalforderungen für Indien, wird jeder
britische Arbeiter unterstützen. Als ersten Schritt zur Vereinigung der Arbeitenden
Indiens mit den britischen ArbeiterInnen ist es notwendig, dass diese um die
Macht in Britannien kämpfen und das folgende Programm umsetzen: (1) Freiheit
für Indien. (2) Eine verfassunggebende Versammlung und volle demokratische
Rechte. (3) Bewaffnung des freien indischen Volkes, um für seine Freiheit zu
kämpfen. (4) Versorgung Indiens mit allen notwendigen Waffen und Material. (5)
Freilassung aller politischen Gefangenen.
[erschienen in Workers International News, 5. Jahrgang, Doppelnummer 3
& 4 (Frühjahr 1942), S. 1-23]